Luftangriffe auf Kiel
Im Zweiten Weltkrieg wurde Kiel zwischen Juli 1940 und Mai 1945 von 633 Vollalarmen und 90 Bombenangriffen heimgesucht. Dabei starben 2 900 Bürger der Stadt und rund 200 Besatzungsmitglieder abgeschossener Flugzeuge. Am Ende des Krieges waren die Industrie- und Hafenanlagen, die Militäreinrichtungen und die Wohngebiete ebenso wie die Versorgungs- und Verkehrs-Infrastruktur der Stadt weitgehend zerstört oder zumindest schwer beschädigt. Drei Viertel der Häuser waren zerstört oder beschädigt.[1]
Der erste Luftangriff geschah am 2. Juli 1940, knapp ein Jahr nach Kriegsbeginn, und forderte erste Opfer. Der letzte ereignete sich in der Nacht vom 3. auf den 4. Mai 1945, unmittelbar bevor am Folgetag erste britische Einheiten die Stadt erreichten. Wenn Kiel auch ein Inferno wie die Angriffe auf Hamburg (24. Juli bis 3. August 1942) oder Dresden (13. und 14. Februar 1945) erspart blieb, so musste es doch am 26. August 1944 seinen schwersten Angriff erleben, bei dem in einem Flächenbombardement 800 Maschinen rund 300 Luftminen, 1 000 Spreng- und 100 000 Brandbomben abwarfen.
Details zu einzelnen Angriffen
1940
- 2. Juli: Die ersten Bombenabwürfe des Zweiten Weltkriegs über dem Stadtgebiet betreffen die Kieler Bevölkerung; es gibt erste Opfer. Das Gebäude der NSDAP-Kreisleitung in der Gartenstraße wird zerstört.
- 19. Oktober: Bei einem Luftangriff zwischen 2 und 4 Uhr sind keine Opfer zu beklagen und es kommt meist nur zu geringem Schaden. Allerdings richtet der erste Bombentreffer im Schloss schweren Schaden in der Landesbibliothek an,
1941
- 18. März: In der Nacht auf den 19. März erfolgt einer der bis dahin schwersten Luftangriffe; u. a. wird das Gebäude der Landesblindenanstalt im Königsweg 80 durch einen Bombentreffer beschädigt.
- 7. und 8. April:
- Kurz vor Mitternacht beginnt der bisher schwerste Luftangriff auf eine deutsche Stadt während des Zweiten Weltkrieges. Er dauert fünf Stunden und trifft vor allem die Werften.
- Am Abend wird Kiel nach den Angriffen in der vorangegangenen Nacht erneut bombardiert, dieses Mal das Westufer. In den beiden Nächten sterben 213 Bürger; 8 000 werden obdachlos.
- Nacht vom 7. zum 8. Mai: Das Telemannsche Haus in der Haßstraße 1 wird zerstört.
- 25. Juni:
- 48 Bomber (25 Bomber vom Typ Hampden und 23 vom Typ Wellington) der Royal Air Force greifen die Werftanlagen an. Eine Wellington-Maschine stürzt dabei ab.[2]
1942
- 26. Februar: Nach mehreren Wochen Pause gibt es wieder einen Luftangriff. Kunsthalle, Seeburg, Universität und Universitätskliniken werden getroffen.
1943
- 14. Mai: Bei einem Luftangriff erhalten Gebäude der Kriegsmarinewerft Bombentreffer. Der Hauptbahnhof wird erneut schwer beschädigt und das Fördeschiff MS Stadt Kiel wird versenkt. Bei dem nur knapp einstündigen Angriff sterben 368 Menschen.
- 17. Mai: Bei einem Bombenangriff werden die Bauernstellen Horn, Holst und Först durch Brandbomben zerstört.
- 13. Dezember: Die Heiliggeistkirche und das Alte Rathaus werden bei einem Tagesangriff zwischen 12 und 14 Uhr weitgehend zerstört. Das Karstadt-Haus in der Holstenstraße brennt, die Nikolaikirche wird unbenutzbar. Das Stadttheater und daneben das Rathaus werden schwer getroffen.
1944
- 4. Januar: Bei einem Luftangriff in der Nacht auf den 5. geraten unzählige Gebäude in Brand. So erhalten zum Beispiel das Thaulow-Museum und die Nikolaikirche Volltreffer und stehen in Flammen. Schloss, Westbahnhof und Nord-Ostsee-Halle werden schwer getroffen. In der Schule am Philosophengang sterben 45 Menschen (nach anderer Quelle 30), die dort wegen überfüllter Bunker Schutz gesucht hatten.
- 5. Januar: Ein Luftangriff in den Mittagsstunden setzt große Gebiete in der Wik und der Ringstraße in Flammen.
- 18. Mai: Das Museum Vaterländischer Altertümer in der Kattenstraße, im dem das Nydamboot bis zu seiner Evakuierung nach Mölln beheimatet war, wird ein Opfer der Bomben.
- 19. Mai: Das Café Hagen in der Brunswiker Straße 23 brennt nach einem Bomben-Volltreffer, der Schwertträger-Brunnen wird zerstört.
- 22. Mai: Nach dem bis dahin umfangreichsten Tagesangriff brennt das Gebäude der Kieler Spar- und Leihkasse am Lorentzendamm aus; die Kinderkliniken im Lorentzendamm werden zerstört. Am Markt werden die Persianischen Häuser zerstört und die bereits unbenutzbare Nikolaikirche brennt vollständig aus. Mit der Hof Apotheke Rüdel am Markt und der Alten Ratsapotheke in der oberen Holstenstraße werden die ältesten beiden Kieler Apotheken zerstört. Viele ausgebrannte Häuser in der Brunswiker Straße sind so stark beschädigt, dass sie in den folgenden Tagen gesprengt werden.
- 24. Juli: Die Paul-Gerhardt-Kirche am Ivensring wird zerstört und die St.-Heinrich-Kirche in der Feldstraße schwer beschädigt. Die Kirche in Pries (seit 1959: Zum guten Hirten) wird fast vollständig abgedeckt.
- 6. August: Am Vormittag werden die Wik, Projensdorf, der Marinestützpunkt und die Prinz-Heinrich-Brücke bombardiert. Kiel ist schon seit den Angriffen vor drei Wochen ohne Gas und teilweise ohne Strom und Wasser.
- 12. August: Das Gebäude der Hebbelschule in der Waitzstraße wird zerstört.
- 16. August: In der Nacht auf den 17. wird Suchsdorf bei einem Luftangriff auf Kiel zu 80 % zerstört.
- 25. August: Ab kurz vor Mitternacht erleidet Kiel den schwersten Luftangriff im zweiten Weltkrieg. 800 Maschinen werfen rund 300 Luftminen, 1 000 Spreng- und 100 000 Brandbomben ab.
- 27. August: Etliche Einrichtungen der Kieler Stadtmission in der Fleethörn, der Gellertstraße, dem Hasseldieksdammer Weg, dem Kronshagener Weg und der Muhliusstraße werden zerstört.
- 30. August: Über 600 Bomber greifen am Nachmittag in der Wik, von Hassee bis Schulensee, in Ellerbek und Dietrichsdorf an. In der Brommystraße werden alle Häuser bis auf eines zerstört. Gut Schrevenborn bei Heikendorf brennt ab.
1945
- 3. April: Bei dem Angriff werden alleine 12 Schiffe versenkt, darunter der Passagierdampfer New York.
Im Bunker in der Moltkestraße sterben 230 Menschen, sowohl durch eine Sprengbombe am Bunkereingang als auch an Kohlenmonoxidvergiftung wegen der im Bunker umgestürzten Öfen.[3] Nach anderen Quellen handelte es sich nicht um einen Bunker, sondern um einen noch nicht fertiggstellten Luftschutzstollen, in dem sich gar keine Öfen befanden. Demnach sind die Opfer an Sauerstoffmangel und gitigen Gasen gestorben. Außerdem wird dort als Datum der Folgetag angegeben.[4] - 4. April: Die Lutherkirche am Schrevenpark wird zerstört.
- 5. April: Durch ihre Nähe zum Hauptbahnhof wird auch die St. Jürgen-Kirche vollständig ausgebombt.
- 9. April: Der schwere Kreuzer Admiral Scheer kentert nach fünf Bombentreffern im äußeren Bauhafen der Deutschen Werke Kiel. Nach Kriegsende wurde das Wrack nur teilweise entfernt und das Werftbecken mit Trümmerschutt verfüllt; 60 % des Schiffes liegen dort noch heute unter der nicht bebauten Fläche unmittelbar neben der Zufahrt zum Marinearsenal.
Beim gleichen Angriff wird auch das als Freilichtmuseum dienende Ellerbeker Fischerhaus im Werftpark zerstört. Die Vicelinkirche in der Harmsstraße wird getroffen, ein paar Tage später muss der Turm gesprengt werden. - 3. Mai: In der Nacht zum 4. Mai ereignet sich der letzte Bombenangriff des Krieges; eine Bombe durchschlägt den Mittelbau des Rathauses bis zum Keller. Am Folgetag erreichen erste britische Einheiten die Stadt.
Weblinks
- Kiel im Bombenkrieg, Video (14:25 min) von Kay Gerdes auf youtube.com
Einzelnachweise
- ↑ Wikipedia: „Luftangriffe auf Kiel“
- ↑ Tweet von RAF Bomber War: https://twitter.com/RAF_Bomber_War/status/746780858720321536?s=03
- ↑ Bericht zum Luftangriff vom 03. April 1945 bei spurensuchesh.de, gelesen am 23. Juli 2017
- ↑ Luftschutzstollen Sternwarte Moltkestraße bei bunker-kiel.com, gelesen am 23. Juli 2017