Thaulow-Museum
Das Thaulow-Museum war ein Kieler Museum, das von 1878 bis zu seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg bestand. Es befand sich im Sophienblatt 2, an der Ecke zum Ziegelteich, die heute mit einem Teil des Karstadt-Kaufhauses (ehemals Hertie) bebaut ist.[1][2]
Museumsgründung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Museum entstand aufgrund einer Schenkung der Privatsammlung von Gustav Ferdinand Thaulow (1817–1883) an die preußische Provinz Schleswig-Holstein. Bedingung der Schenkung war die Errichtung eines Museums, um die Sammlung öffentlich präsentieren zu können. Hierfür stellte die Stadt Kiel am 18. Februar 1876 den Bauplatz zur Verfügung. Er lag auf dem inzwischen zugeschütteten Ziegelteich. Dieser hatte sich in der Tongrube gebildet, welche seinerzeit das Material für die Ziegel der Nikolaikirche geliefert hatte. Die Provinz Schleswig-Holstein stellte das Geld für das Gebäude zur Verfügung.
Zunächst entstand von 1876 bis 1878 durch den Kieler Architekten Heinrich Moldenschardt ein zweistöckiger Backsteinbau mit Renaissanceelementen. Am 10. August 1878 konnte das Museum auf 700 m² Ausstellungsfläche eröffnet werden. Das bald zu klein gewordene Museum wurde später durch einen Anbau, welcher den Altbau des Museums an der West- und Südseite umfasste, um 2800 m² erweitert.
Sammlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Thaulowsche Sammlung umfasste Kunstgegenstände aus mehreren Jahrhunderten, insbesondere Schnitzwerke aus dem 15. bis 18. Jahrhundert wie Möbel und kirchliche Plastiken. In den ersten Jahren fehlte es allerdings an einer fachmännischen Museumsleitung und einem Kurator, so dass die zu Beginn nicht einmal inventarisierte Sammlung in Verfall geriet. Erst zwischen 1893 und 1904 konnte das Museum durch die Kunsthistoriker Adelbert Matthaei (1859–1924)[3], und Gustav Brandt, der die Leitung des Museums 1901 übernahm, reorganisiert werden.
Durch laufende weitere Zugänge wurde zwar schon bald nach der Gründung der erwähnte Erweiterungsbau notwendig. Er konnte aber erst 1911 verwirklicht werden und wurde am 14. Juni dieses Jahres eingeweiht. Die Bautätigkeit in der wachsenden Großstadt führte dazu, dass viele reich ausgestattete Bürgerhäuser aus vergangenen Epochen verschwanden. Das Thaulow-Museum ermöglichte nach der Reorganisation eine wissenschaftlich fundierte Präsentation der Einrichtung und der Kunstgegenstände dieser Häuser in sogenannten Epochenräume[4] mit kompletten Interieurs.
Nach der Abtrennung Nordschleswigs von Schleswig-Holstein im Jahr 1920 veränderte der im gleichen Jahr eingestellte Museumsdirektor Ernst Sauermann (1880–1956) die Konzeption, indem er das bisher auf Kiel fixierte Museum auf die Volksbildung mit Blick auf das ganze Land Schleswig-Holstein ausrichtete. 1930 wurde das Museum daher in Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum umbenannt. In der Kieler Öffentlichkeit behielt es allerdings bis zu seiner Zerstörung den Namen „Thaulow-Museum“.
1940 sorgte Sauermann vor dem Hintergrund der Luftangriffe auf Kiel für die Auslagerung der Bestände, vorwiegend nach Ostholstein. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte Kiel die Rolle der Landeshauptstadt von der preußischen Provinzhauptstadt Schleswig übernommen. Zum Ausgleich dafür bekam Schleswig das Oberlandesgericht, das Landesmuseum und das Landesarchiv, die vorher in Kiel beheimatet waren. So kamen die Bestände des ehemaligen Thaulow-Museums nicht nach Kiel zurück, sondern werden seither im Landesmuseum Schloss Gottorf präsentiert.
Zerstörung und Abriss[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Altbau von 1878 wurde bei zwei Bombenangriffen am 5. Januar und am 19. Mai 1944 zerstört und am 27. Mai 1948 abgebrochen.[5] Der Anbau von 1911 blieb zunächst stehen und beherbergte mehrere Landesbehörden. Er fiel im Oktober 1970 der Spitzhacke zum Opfer, um Platz für den Neubau des Kaufhauses Hertie (heute Karstadt) zu schaffen. Einzelne museale Ausstattungsgegenstände, die fest mit dem abgerissenen Gebäude verbunden waren, sind heute im Stadtmuseum Warleberger Hof zu sehen.
Besonderheiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die barlachsche Skulptur des Geistkämpfers, die den Nationalsozialisten als "entartete Kunst" galt, musste am 20. April 1937 von ihrem Standort an der Heiliggeistkirche entfernt werden. Sie wurde ins Thaulow-Museum verbracht und dort für etwa zwei Jahre in der Eingangshalle aufgestellt, bis sie 1939 zersägt und in Niedersachsen versteckt wurde, um sie vor dem Einschmelzen zu retten.
Bilder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
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Blick ins Sophienblatt in Richtung Bahnhof. Rechts der Anbau des Thaulow-Museums von 1911 im November 1963
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Die Kreuzung Sophienblatt/Ziegelteich mit dem Anbau des Thaulowmuseums von 1911 im Mai 1968
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
„ehemaliger Standort des Thaulow-Museums“ auf dem Online-Stadtplan der Stadt Kiel, aufrufbar auf kiel.de
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Wikipedia: „Thaulow-Museum“
- ↑ Thaulow-Museum. In Doris Tillmann und Johannes Rosenplänter (Hrsg.): Kiel Lexikon. Sonderveröffentlichung der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte e.V., Bd. 63, Neumünster (Wachholtz) 2010, ISBN 978-3-529-02556-3.
- ↑ Kuratorium-Mitglied des Thaulow-Museums, Wikipedia: „Adelbert Matthaei“
- ↑ Wikipedia: „Epochenraum“
- ↑ Erinnerungstag: 27. Mai 1948 auf kiel.de, abgerufen 28. Juni 2018