Gewerkschaftshaus

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Das Gewerkschaftshaus in der Legienstraße 22-24 ist die zentrale Anlaufstelle der Kieler Gewerkschaften und der Kieler SPD. Dort haben heute der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und zahlreiche seiner Einzelgewerkschaften ihren Sitz. Ebenso ist es als Tagungsort für Parteigremien und für öffentliche Veranstaltungen Treffpunkt für die Kieler SPD.

Die Gaststätte im Gewerkschaftshaus heißt "Legienhof", nach Carl Legien bzw. nach der Legienstraße. Diese Bezeichnung wird häufig pars pro toto auch für das gesamte Haus verwendet.

Das 1904 bis 1907 erbaute Kieler Gewerkschaftshaus

Bau- und Nutzungsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts führte das starke Wachstum der Stadt dazu, dass die Räumlichkeiten in Kieler Lokalen für Veranstaltungen der Gewerksschafts- und der Arbeiterbewegung nicht mehr ausreichten. Zur Finanzierung eines eigenen Hauses trug die Kieler Arbeiterschaft in beträchtlichem Maße durch die Zeichnung von Anteilsscheinen bei. Es wurde nach Plänen des Architekten Carl Voss (* 25. Januar 1850 in Altona, † 13. Oktober 1937 in Burg/Fehmarn) als repräsentativer Ziegelbau mit Sandsteinelementen in der damaligen Fährstraße errichtet. Nach der Grundsteinlegung am 4. Oktober 1904 erfolgte die Einweihung am 26. Juli 1907 durch den Gewerkschaftsführer Carl Legien.

Das Haus enthielt von Beginn an eine Herberge für Wanderarbeiter, Büros, Versammlungsräume, eine Bibliothek und eine Gastronomie mit großem Versammlungssaal. Bereits 1926 musste es nach Plänen des Architekten Arnold Bruhn (* 1879 in Lütjenburg, † 1961 in Kronshagen) um einen Anbau zur Muhliusstraße hin erweitert werden. Der Fassade des Anbaus im Stil des Klinkerexpressionismus wurde von Franz Schweighofer (* 1874 in Wien) mit ihrem Figurenschmuck versehen[1].

Nach der Auflösung der Gewerkschaften im Mai 1933 wurden die Gewerkschaftsvermögen beschlagnahmt und auf die gleichgeschaltete nationalsozialistische Arbeiterorganisation "Deutsche Arbeitsfront" (DAF) übertragen. Das Gewerkschaftshaus wurde in "Haus der Arbeit" umbenannt und von der DAF genutzt.

Als am 4. Mai 1945 für Kiel der Zweite Weltkrieg zu Ende war, wurde das Gewerkschaftshaus sofort wieder von Kieler Gewerkschaftern übernommen. Der britische Militärgouverneur genehmigte aber zunächst trotz mehrerer Anträge keine gewerkschaftliche Arbeit und beschlagnahmte das Haus am 9. Juni für Zwecke der Besatzungsmacht. Eine erneute Übernahme durch die Gewerkschaften war erst zum 1. Mai 1947 wieder möglich. Dazu war es im Vorfeld auch nötig gewesen, dass die Gewerkschaften das von den Nationalsozialisten enteignete und später von der Stadt Kiel ersteigerte Haus wieder zurückkauften.

Ab etwa 1949 bis 1969 beherbergte das Haus mit dem Reichshallen-Theater das vorher von 1916 bis zum Zweiten Weltkrieg am Bootshafen ansässige Kino. In denselben Räumen befand sich anschließend mit der "Teppichstraße" ein Fachmarkt für Bodenbeläge. Bei einem Großbrand dieses Geschäfts in der Nacht vom 7. auf den 8. April 1975 wurden die umliegenden Gebäude, darunter auch der Legienhof und das Gewerkschaftshaus schwer beschädigt. Die Schadenssumme betrug 5 Millonen DM. Am 26. April 1978 wurde das Richtfest für den an jener Stelle entstandenen Neubau gefeiert und am 1. Mai 1979 konnte er dann eingeweiht werden.

Eine umfassende Modernisierung des Hauses wurde 2011 abgeschlossen. Dabei wurden unter Erhalt der historischen Substanz die Bürobereiche barrierefrei erschlossen, bauliche und strukturelle Mängel beseitigt und der Eingangsbereich neu gestaltet.

Geschichtliche Ereignisse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gedenktafel am Kieler Gewerkschaftshaus für die Ereignisse im November 1918

Beim Matrosenaufstand und der sich daraus entwickelnden Revolution im November 1918 war das Gewerkschaftshaus Versammlungsort der Kieler Arbeiter- und Soldatenräte. Seit dem 9. November 1978 weist eine Gedenktafel an der Fassade des Hauses darauf hin.

Beim Kapp-Putsch im März 1920 war es der Stützpunkt und das Hauptquartier der republiktreuen Kräfte aus der Arbeiterschaft und den Linksparteien SPD, USPD und KPD. Am 18. März, dem "blutigen Donnerstag", lag es im Zentrum der bürgerkriegsartigen Auseinandersetzungen zwischen Knooper Weg, Dreiecksplatz und Kleinem Kiel.

1933 wurden die Gewerkschaftshäuser reichsweit am 2. Mai von nationalsozialistischen Organisationen besetzt, die Gewerkschaften wurden verboten und aufgelöst. In Kiel war die Besetzung des Gewerkschaftshauses schon am 13. März geschehen. Den Anlass hierfür lieferte ein Flugblatt, das nach dem Mord an Wilhelm Spiegel erschienen war und zwei SA-Männer aus Gaarden als Täter benannte. Der Mord wurde nie aufgeklärt, aber die Vermutung, dass das Flugblatt im Gewerkschaftshaus gedruckt worden sei, diente als Vorwand für die frühzeitige Besetzung.

Sonstiges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 15. September 1920 hielt Albert Einstein im Gewerkschaftshaus einen öffentlichen Vortrag über die Relativitätstheorie, nachdem er als Jude keinen Raum dafür von der Universität zur Verfügung gestellt bekommen hatte.

Die Fährstraße wurde 1923, drei Jahre nach dem Tod von Carl Legien, in Legienstraße umbenannt. Nachdem dies 1933 im Nationalsozialismus rückgängig gemacht wurde, heißt sie seit 1947 wieder Legienstraße.

Bilder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]