Anschar-Krankenhaus: Unterschied zwischen den Versionen

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Das '''Anschar-Krankenhaus''' in der [[Wik]]  war zuerst ein Marine- und Garnisonslazarett; nach den [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] wurde das Krankenhaus für zivile Patienten geöffnet und in "Anschar-Krankenhaus" umbenannt.
Das '''Anschar-Krankenhaus''' in der [[Wik]]  war zuerst ein Marine- und Garnisonslazarett; nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] wurde es für zivile Patienten geöffnet. Im Volksmund wurde es seitdem - nach der [[Anschar-Heinrich-Schwesternschaft]], die den Pflegebereich abdeckte - "Anschar-Krankenhaus" genannt.<ref>Mehdorn, Maximilian: ''Das Marinekrankenhaus Wik''. In: Maritimes Viertel e.V. (Hrsg.): ''125 Jahre Eingemeindung der Wik in die Stadt Kiel 1893-2018 (Kiel 2018)'', S. 34</ref>


 
== Geschichte ==
== Geschichte ==
===  Marine- und Garnisionslazarett ===
===  Marine- und Garnisonslazarett ===
Das Marine- und Garnisionslazarett wurde zwischen 1903 und 1907 nach den Plänen des Berliner Baurats Georg Schwartzkopff (* [[8. März]] [[1852]] in Berlin, † [[4. Oktober]] [[1904]] in Berlin) im Stil des Historismus und Jugendstils in der Kaiserzeit errichtet.<ref>[http://www.glass-portal.privat.t-online.de/hs/s-z/schwartzkopff_georg.htm Schwartzkopff, Georg] auf der Website des Forschungsprojektes [http://www.glass-portal.privat.t-online.de/cwhase/index.htm Conrad Wilhelm Hase (1818–1902)], aufgerufen am 29. September 2018</ref>
Das Marine- und Garnisonslazarett wurde zwischen 1903 und 1907 nach den Plänen des Berliner Baurats Georg Schwartzkopff (* [[8. März]] [[1852]] in Berlin, † [[4. Oktober]] [[1904]] in Berlin) im Stil des Historismus und Jugendstils in der Kaiserzeit errichtet.<ref>[http://www.glass-portal.privat.t-online.de/hs/s-z/schwartzkopff_georg.htm Schwartzkopff, Georg] auf der Website des Forschungsprojektes [http://www.glass-portal.privat.t-online.de/cwhase/index.htm Conrad Wilhelm Hase (1818–1902)], aufgerufen am 29. September 2018</ref>
   
   
Das Lazarett war damals technisch und medizinisch fortschrittlich. Das ca. 60&nbsp;ha große Gelände war vor seiner Bebauung eine Mulde, die mit Aushub aus dem Bau des Nord-Ostsee-Kanals aufgefüllt wurde. Das Lazarett umfasste rund 20 Gebäude:<br>
Das Lazarett war damals technisch und medizinisch fortschrittlich. Das ca. 60&nbsp;ha große Gelände war vor seiner Bebauung eine Mulde, die mit Aushub aus dem Bau des [[Nord-Ostsee-Kanal]]s aufgefüllt wurde. Das Lazarett umfasste insgesamt 16 Gebäude: die Villa für den Direktor, Häuser für Ärzte, Inspektoren, Unterbeamte und Bedienstete, ein Operationshaus, Badehaus, Pförtnerhaus, Kiosk, Verwaltungshaus und Wirtschaftsgebäude (Haus 8) sowie Bettenhäuser und das Kesselhaus für die Fernwärme (Haus 15). Für das damals fortschrittliche Fernwärmesystem waren alle Gebäude durch begehbare Versorgungstunnel miteinander verbunden. Außerdem gab es einen Tierstall, einen Gemüsegarten und einen Park mit streng geometrisch angelegten Wegen zur Erholung für die Patienten, die in den vier Pavillons in Sälen mit 14 bis 16 Betten untergebracht waren. In den für Schwerkranke vorgesehenen Krankenblocks A und B standen wesentlich kleinere Zimmer für 1 bis 5 Patienten zur Verfügung.<ref>Mehdorn, Maximilian: ''Das Marinekrankenhaus Wik''. In: Maritimes Viertel e.V. (Hrsg.): ''125 Jahre Eingemeindung der Wik in die Stadt Kiel 1893-2018 (Kiel 2018)'', S. 37</ref>  
Die Villa für den Direktor, Häuser für Ärzte, Inspektoren, Unterbeamte und Bedienstete, ein Operationshaus, Badehaus, Pförtnerhaus, Kiosk, Verwaltungshaus und Wirtschaftsgebäude (Haus 8) sowie Bettenhäuser und das Kesselhaus für die Fernwärme (Haus 15). Für das damals fortschrittliche Fernwärmesystem waren die Gebäude alle mit Versorgungstunneln verbunden. Außerdem gab es einen Tierstall, einen Gemüsegarten und einen Park mit streng geometrisch angelegten Wegen zur Erholung der Patienten, die in Sälen mit bis zu 20 Betten untergebracht waren.   


In einem der sechs sogenannten Krankenhauspavillons war am Rande des Areals in der [[Weimarer Straße]] das Absonderungshaus (Haus 7) untergebracht: Da es damals noch keine Antibiotika gab, wurden dort Menschen mit ansteckenden und psychischen Krankheiten untergebracht.
Am Rande des Areals war zur [[Weimarer Straße]] hin das Absonderungshaus (Haus 7) untergebracht: Da es damals noch keine Antibiotika gab, wurden dort Menschen mit ansteckenden und psychischen Krankheiten untergebracht. Daneben lagen Haus 12, die Leichenhalle bzw. die Pathologie, in der damals Tote obduziert und aufgebahrt wurden, und das später gebaute Haus 13, eine kleine Kapelle.


Haus 12 war die Leichenhalle, bzw. die Pathologie, in der damals Tote obduziert und aufgebahrt wurden, und Haus 13 eine kleine Kapelle.
Im Wirtschaftsgebäude Haus 8 (jetzt das [[Atelierhaus]]) war die damals hochmoderne Großküche mit einer Dampf-, Koch- und Bratküche nebst Vorbereitungsräumen und Spülküche untergebracht. In den oberen Stockwerken lagen der Speisesaal für die Mannschaft und der Speiseraum für Sanitätsunteroffiziere. Im östlichen Gebäudeteil befanden sich die Waschanstalt, die Plättstube und die Wohnung des Plättmeisters.
 
Im Wirtschaftsgebäude Haus 8 (jetzt das [[Atelierhaus]]) war die damals hochmoderne Großküche mit einer Dampf-, Koch- und Bratküche nebst Vorbereitungsräumen und Spülküche untergebracht. In den oberen Stockwerken lagen der Speisesaal für die Mannschaft und der Speiseraum für Sanitätsunteroffiziere. Im östlichen Gebäudeteil befand sich die Waschanstalt, die Plättstube und die Wohnung des Plättmeisters.


Die Gebäude waren entlang zweier Achsen angelegt - eine führte vom Operationsgebäude zu den Bettenhäusern und eine vom Haus 1 durch das Operationsgebäude zum Wirtschaftsgebäude. Daneben waren die Wohngebäude angeordnet. Das Gelände war zum Marinestützpunkt nach Norden geöffnet - nicht zur Stadt nach Süden.
Die Gebäude waren entlang zweier Achsen angelegt - eine führte vom Operationsgebäude zu den Bettenhäusern und eine vom Haus 1 durch das Operationsgebäude zum Wirtschaftsgebäude. Daneben waren die Wohngebäude angeordnet. Das Gelände war zum Marinestützpunkt nach Norden geöffnet - nicht zur Stadt nach Süden.


Im Zweiten Weltkrieg bekam das Gelände mehrere Bombentreffer. Die Chefarzt-Villa und das Operations- und Badehaus wurden zerstört. Ein Bettenhaus wurde weitestgehend zerstört. Die meisten anderen Gebäude hatten nur leichtere Schäden an den Dächern und Giebeln.
Im Zweiten Weltkrieg erhielt das Lazarett mehrere [[Luftangriffe auf Kiel|Bombentreffer]]. Die Chefarzt-Villa und das Operations- und Badehaus wurden vollständig zerstört, der Krankenblock B weitestgehend. Die meisten anderen Gebäude erlitten nur leichtere Schäden an den Dächern und Giebeln. Nicht zuletzt deswegen konnten im Krieg und in der Nachkriegszeit viele Kliniken aus der [[Universitätsklinikum Schleswig-Holstein|weitgehend zerstörten Uniklinik]] und auch Teile des [[Städtisches Krankenhaus|Städtischen Krankenhauses]] in die Wik ausgelagert werden.<ref>Mehdorn, Maximilian: ''Das Marinekrankenhaus Wik''. In: Maritimes Viertel e.V. (Hrsg.): ''125 Jahre Eingemeindung der Wik in die Stadt Kiel 1893-2018 (Kiel 2018)'', S. 37 f.</ref>


=== Anschar-Krankenhaus ===
=== Anschar-Krankenhaus ===
Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm die [[Anschar-Schwesternschaft]] den größten Teil des Pflegedienstes im Lazarett. 1950 pachtete die Schwesternschaft das Lazarett, das fortan Anschar-Krankenhaus hieß. Damit war das Krankenhaus auch für zivile Patienten geöffnet.<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm die [[Anschar-Heinrich-Schwesternschaft]] den größten Teil des Pflegedienstes. 1950 pachtete die Schwesternschaft das Lazarett und öffnete es auch für zivile Patienten. In Kiel wurde der Komplex fortan als Anschar-Krankenhaus bezeichnet. Die Marine zog sich in den kommenden Jahrzehnten zurück: In [[Kronshagen]] nahm 1974 das Bundeswehrkrankenhaus Kiel mit den bereits in den Jahren 1936 bis 1942 errichteten Hauptgebäuden seinen Betrieb auf.
Die Marine zog sich in den kommenden Jahrzehnten zurück: In [[Kronshagen]] nahm 1974 das Bundeswehrkrankenhaus Kiel mit den bereits in den Jahren 1936 bis 1942 errichteten Hauptgebäuden seinen Betrieb auf.


Zum Anschar-Krankenhaus kamen mehrere Bereiche der [[Universitätsklinikum Schleswig-Holstein|Kliniken der Uni Kiel]] hinzu: die Zahnklinik, die Neurochirurgie sowie die Neurologie und Psychiatrie. Im Haus 3 gab es Hörsaal, Bettensaal, Forschungslabor und Räume für Professoren. Einer von ihnen war [[Hans-Gerhard Creutzfeldt]], von 1938 bis 1953 Direktor der Neurologie und Psychiatrie.<br>
Das Anschar-Krankenhaus belegte nur einen Teil der Gebäude. In anderen waren noch mehrere Bereiche der [[Universitätsklinikum Schleswig-Holstein|Kliniken der Uni Kiel]] und des [[Städtisches Krankenhaus|Städtischen Krankenhauses]] untergebracht: die Zahnklinik, die Neurochirurgie sowie die Neurologie und Psychiatrie. Im Haus 3 gab es Hörsaal, Bettensaal, Forschungslabor und Räume für Professoren. Einer von ihnen war [[Hans-Gerhard Creutzfeldt]], von 1938 bis 1953 Direktor der Neurologie und Psychiatrie.
Bis in die 1990er-Jahre waren auf dem unter Denkmalschutz stehenden Gelände noch Teile der Uniklinik untergebracht, aber die Krankenhausgebäude waren unzeitgemäß. Als letztes war das Toxikologische Institut von Professor Otmar Wassermann in Haus 3.
1988 wurde das Anschar-Krankenhaus zu Gunsten eines Neubaus des [[Städtisches Krankenhaus|Städtischen Krankenhaus]] geschlossen<ref>[https://www.anschar-schwestern.de/schwesternschaft/chronik/ Chronik] auf der Website [https://www.anschar-schwestern.de/ www.anschar-schwestern.de/], aufgerufen am 29. September 2018</ref>


Im Laufe der Zeit änderten sich die baulichen Anforderungen an Krankenhaus-Gebäude. Die Statik der Betondenken war dazu nicht mehr ausreichend. 1996/97 wurde beschlossen, die Gebäude in ihrer Funktion als Krankenhaus nicht zu sanieren. Nach und nach wurden die Gebäude angefangen mit dem Haus 3 außer betrieb genommen. Die Gebäude begannen zu verfallen.  
Im Laufe der Zeit änderten sich die baulichen Anforderungen an die Krankenhaus-Gebäude; die Statik der Gewölbedecken aus Beton wurde als nicht mehr ausreichend angesehen. Deswegen durfte seit etwa 1989 der Hörsaal nicht mehr benutzt werden.<ref>Mehdorn, Maximilian: ''Das Marinekrankenhaus Wik''. In: Maritimes Viertel e.V. (Hrsg.): ''125 Jahre Eingemeindung der Wik in die Stadt Kiel 1893-2018 (Kiel 2018)'', S. 37 f.</ref>
 
== Wohnen im "Anscharpark" ==
1988 wurde das Anschar-Krankenhaus zu Gunsten eines Neubaus im [[Städtisches Krankenhaus|Städtischen Krankenhaus]] geschlossen.<ref>[https://www.anschar-schwestern.de/schwesternschaft/chronik/ Chronik] auf der Website [https://www.anschar-schwestern.de/ www.anschar-schwestern.de/], aufgerufen am 29. September 2018</ref> 1996/97 wurde beschlossen, die Gebäude in ihrer Funktion nicht zu sanieren. Für ein Krankenhausgebäude wurden sie als nicht mehr zeitgemäß angesehen. Diese Auffassung teilte der letzte Chefarzt nicht:
Eine Umnutzung ermöglichte den Bau von Wohnungen und kulturellen Einrichtungen des [[Maritimes Viertel|Maritimen Viertels]].<ref>[http://www.kn-online.de/Kiel/Serie-Maritimes-Viertel-Wik-Altes-Lazarett-soll-ueberleben KN-Serie Maritimes Viertel Wik: Altes Lazarett soll überleben] und [http://www.kn-online.de/Kiel/Serie-Maritimes-Viertel-Wik-Im-Haus-3-des-Marinelazaretts-sollen-nun-Designer-arbeiten KN-Serie Maritimes Viertel Wik: Der Nerv der medizinischen Forschung] auf [http://www.kn-online.de kn-online.de], aufgerufen am 29. September 2018</ref><ref>[http://atelierhaus-im-anscharpark.de/historie-marinelazarett/ Atelierhaus im Anscharpark - Historie], aufgerufen am 29. September 2018</ref><ref>[http://www.maritimesviertel.de/?page_id=77 Der Anscharpark – Ein Meilenstein kreativer Stadtentwicklung] auf http://www.maritimesviertel.de, aufgerufen am 29. September 2018</ref>
: "Leider war es aufgrund des Votums des Wissenschaftsrates, der der Neurochirurgie eine zentrale Rolle bei der modernen Patientenversorgung und Forschung auf dem Klinikumsgelände zuerkannte, nicht möglich, die Klinik in der Wik weiter auszubauen und für die nächsten Jahrzehnte wetterfest zu machen, obwohl Pläne gemeinsam mit der Klinik für Neurologie und dem Architektenüro Schnittger erarbeitet wurden."<ref>Mehdorn, Maximilian: ''Das Marinekrankenhaus Wik''. In: Maritimes Viertel e.V. (Hrsg.): ''125 Jahre Eingemeindung der Wik in die Stadt Kiel 1893-2018 (Kiel 2018)'', S. 40</ref>
 
In Absprache mit dem Denkmalschutz wurden die neuen Gebäude nicht im Stil des alten Krankenhauses gebaut, sondern deutlich unterschiedlich - zum Beispiel durch den anderen Stein und die Flachen Dächer. Maßgabe war aber, dass alle neuen Gebäude im gleichen Stein gebaut werden sollten. Die Gebäude an der [[Adalbertstraße]] und die in der [[Kühlungsborner Straße]], der [[Boltenhagener Straße]] und der [[Reriker Straße]] sind alle von unterschiedlichen Bauträgern gebaut, und dennoch im gleichen Stein errichtet. Auch die Verzierungen der Balkone sind gleich. Aus Respekt vor den alten Gebäuden sollte die neuen Gebäude nicht höher sein - einzige Ausnahme ist das Haus in der [[Kühlungsborner Straße]] 1 - das passt sich in der Höhe an das Feldwebelhaus auf dem Marinegelände an.
 
Das Ensemble (historische Gebäude, Gelände und Einfriedung) ist eingetragen in der Denkmalliste Kiel.<ref>[[Datei:Flag of Schleswig-Holstein.svg|15px]] Liste der [https://www.schleswig-holstein.de/DE/Landesregierung/LD/Downloads/Denkmallisten/Denkmalliste%20Kiel.pdf?__blob=publicationFile&v=7 Kulturdenkmale in Kiel], als PDF-Datei abrufbar beim Landesamt für Denkmalpflege auf schleswig-holstein.de</ref> An der Stelle des alten Operations- und Badehauses war in den 1950ern ein schlichter Ersatzbau entstanden. Der wurde nicht denkmalgeschützt und abgerissen, damit das Grundstück als Anscharpark zum Herz des neuen Quartiers werden konnte.


Bei der Errichtung der neuen Häuser mussten die ebenfalls denkmalgeschützen Bäume erhalten werden. Außerdem wurde der Schornstein des Kesselhauses als neue Heimat für die Fledermäuse aus den Krankenhaus-Tunneln hergerichtet.
Nach und nach wurden die Gebäude, angefangen mit dem Haus 3, außer Betrieb genommen und begannen zu verfallen.  


Die alten Gebäude Haus 1, Haus 3 und Haus 8 gehören heute dem Verein, der das Atelierhaus betreibt. Das Quartier im Anscharpark gehört vier Baugenossenschaften: Baugenossenschaft Mittelholstein, WoGe, Wankendorfer und Genossenschaftliches Wohnungsunternehmen Eckernförde.  
Zuletzt waren auf dem unter Denkmalschutz stehenden Gelände noch das Toxikologische Institut von Prof. Dr. [[Otmar Wassermann]] in Haus 3 und die Klinik für Neurochirurgie, ab 1991 geleitet von Prof. Dr. [[Maximilian Mehdorn]], untergebracht. Letztere begann nach einer letzten neurochirurgischen Operation am [[8. Juni]] [[2004]] mit dem Umzug ins neu erbaute Neurozentrum im Komplex des Universitätsklinikums an der Feldstraße.<ref>Mehdorn, Maximilian: ''Das Marinekrankenhaus Wik''. In: Maritimes Viertel e.V. (Hrsg.): ''125 Jahre Eingemeindung der Wik in die Stadt Kiel 1893-2018 (Kiel 2018)'', S. 40</ref>


In Erinnerung an das [[Anschar-Krankenhaus]] und das parkähnlich Areal, das im Volksmund mit ''Anscharpark'' bezeichnet wird, wurde die dort neu gebaute Straße mit den neuen Wohngebäuden als [[Im Anscharpark]] im Jahr 2011 benannt.<ref>{{Kieler Straßenlexikon}}</ref>
Heute liegt auf dem Gelände das Wohngebiet [[Anscharpark]], in das einige der ehemaligen Lazarettbauten integriert sind.<ref>Mattsson, Peter: ''Der Anscharpark - ein Meilenstein kreativer Stadtentwicklung''. In: Maritimes Viertel e.V. (Hrsg.): ''125 Jahre Eingemeindung der Wik in die Stadt Kiel 1893-2018 (Kiel 2018)'', S. 31-33</ref>


== Bilder ==
== Bilder ==
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Marinelazarett in der Wik (Kiel 80.494).jpg|um 1910
Lageplan Marinelazarett Kiel-Wik.png|Lageplan Marinelazarett um 1914
Marinelazarett in der Wik (Kiel 80.529).jpg|Haus 3, Heiligendammer Straße um 1910
Marinelazarett in der Wik (Kiel 80.494).jpg|um 1910, vorn das Chefarzthaus
Weimarer Strasse Kiel Pfoertnerhaus.jpg|Ehemaliges Pförtnerhaus
WikWeimarerStrasse8 msu2017-9277.jpg|Haus 1, ehemaliges Verwaltungsgebäude, Weimarer Str. 8
Marinelazarett in der Wik (Kiel 80.529).jpg|Haus 3, ehemaliger Pavillon I, Heiligendammer Straße, um 1910
Anscharpark Krankenpavillon I.jpg|Haus 3, Restaurierung erwartend, 2018
Marinelazarett in der Wik (Kiel 70.979).jpg|Operationshaus etwa 1910
Marinelazarett in der Wik (Kiel 70.979).jpg|Operationshaus etwa 1910
Anscharpark Ehem Absonderungshaus Vorderfront.jpg|Haus 7, ehemaliges Absonderungshaus, von vorn 2018
Anscharpark Ehem Absonderungshaus Rückfront.jpg|Haus 7, ehemaliges Absonderungshaus, von hinten 2018
Adalbertstrasse 6 Kiel.jpg|Ehemaliges Inspektorenhaus, Adalbertstraße 6
Adalbertstrasse 4 Kiel.jpg|Ehemaliges Unterbeamtenhaus, Adalbertstraße 4
Adalbertstrasse 4 Kiel.jpg|Ehemaliges Unterbeamtenhaus, Adalbertstraße 4
WikWeimarerStrasse8 msu2017-9277.jpg|Ehemalige Verwaltunggebäude (Haus 1), Weimarer Str. 8
Heiligendammer Strasse Kiel Atelierhaus.jpg|Haus 8, ehemaliges Wirtschaftsgebäude, jetzt Atelierhaus, Heiligendammer Str. 15
Kiel-Wik, Kesselhaus.JPG|Ehemaliges Kesselhaus
Kiel-Wik, Kesselhaus.JPG|Ehemaliges Kesselhaus
Weimarer Strasse Kiel Pfoertnerhaus.jpg|Ehemaliges Pförtnerhaus
Anscharpark Modernes Wohngebäude.jpg|Modernes Wohnhaus 2018, Kühlungsborner Straße
Adalbertstrasse 6 Kiel.jpg|Ehemaliges Inspektorenhaus, Adalbertstraße 6
Lageplan Anschar-Krankenhaus.png|Lageplan Neurochirurgische Klinik um 1990
Heiligendammer Strasse Kiel Atelierhaus.jpg|Ehemaliges Wirtschaftsgebäude (Haus 8), jetzt Atelierhaus (Heiligendammer Str. 15)
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* [[Anschar-Schwesternschaft]]
* [[Anschar-Schwesternschaft]]
* [[Maritimes Viertel]]
* [[Maritimes Viertel]]
==Literatur==
*Mattsson, Peter: ''Der Anscharpark - ein Meilenstein kreativer Stadtentwicklung''. In: Maritimes Viertel e.V. (Hrsg.): ''125 Jahre Eingemeindung der Wik in die Stadt Kiel 1893-2018 (Kiel 2018)'', S. 31-33
*[[Maximilian Mehdorn|Mehdorn, Maximilian]]: ''Das Marinekrankenhaus Wik''. In: Maritimes Viertel e.V. (Hrsg.): ''125 Jahre Eingemeindung der Wik in die Stadt Kiel 1893-2018 (Kiel 2018)'', S. 34-40


== Weblinks ==  
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[[Kategorie:20. Jahrhundert]] [[Kategorie:Krankenhaus]] [[Kategorie:Kulturdenkmal]] [[Kategorie:ehemaliges Marinegebäude]]  [[Kategorie:Historisches Unternehmen]]
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Aktuelle Version vom 30. September 2020, 03:52 Uhr

Anschar-Krankenhaus

Aktiv
Nein
Rechtsform
gemeinnützig, Träger: DRK-Anschar-Schwesternschaft e. V.
Gegründet
1950
Beendet
1988
Adresse
Weimarer Straße 8
24106 Kiel
Stadtteil
Wik
Branche
Gesundheitsunternehmen
Anschar-Krankenhaus


Das Anschar-Krankenhaus in der Wik war zuerst ein Marine- und Garnisonslazarett; nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es für zivile Patienten geöffnet. Im Volksmund wurde es seitdem - nach der Anschar-Heinrich-Schwesternschaft, die den Pflegebereich abdeckte - "Anschar-Krankenhaus" genannt.[1]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Marine- und Garnisonslazarett[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Marine- und Garnisonslazarett wurde zwischen 1903 und 1907 nach den Plänen des Berliner Baurats Georg Schwartzkopff (* 8. März 1852 in Berlin, † 4. Oktober 1904 in Berlin) im Stil des Historismus und Jugendstils in der Kaiserzeit errichtet.[2]

Das Lazarett war damals technisch und medizinisch fortschrittlich. Das ca. 60 ha große Gelände war vor seiner Bebauung eine Mulde, die mit Aushub aus dem Bau des Nord-Ostsee-Kanals aufgefüllt wurde. Das Lazarett umfasste insgesamt 16 Gebäude: die Villa für den Direktor, Häuser für Ärzte, Inspektoren, Unterbeamte und Bedienstete, ein Operationshaus, Badehaus, Pförtnerhaus, Kiosk, Verwaltungshaus und Wirtschaftsgebäude (Haus 8) sowie Bettenhäuser und das Kesselhaus für die Fernwärme (Haus 15). Für das damals fortschrittliche Fernwärmesystem waren alle Gebäude durch begehbare Versorgungstunnel miteinander verbunden. Außerdem gab es einen Tierstall, einen Gemüsegarten und einen Park mit streng geometrisch angelegten Wegen zur Erholung für die Patienten, die in den vier Pavillons in Sälen mit 14 bis 16 Betten untergebracht waren. In den für Schwerkranke vorgesehenen Krankenblocks A und B standen wesentlich kleinere Zimmer für 1 bis 5 Patienten zur Verfügung.[3]

Am Rande des Areals war zur Weimarer Straße hin das Absonderungshaus (Haus 7) untergebracht: Da es damals noch keine Antibiotika gab, wurden dort Menschen mit ansteckenden und psychischen Krankheiten untergebracht. Daneben lagen Haus 12, die Leichenhalle bzw. die Pathologie, in der damals Tote obduziert und aufgebahrt wurden, und das später gebaute Haus 13, eine kleine Kapelle.

Im Wirtschaftsgebäude Haus 8 (jetzt das Atelierhaus) war die damals hochmoderne Großküche mit einer Dampf-, Koch- und Bratküche nebst Vorbereitungsräumen und Spülküche untergebracht. In den oberen Stockwerken lagen der Speisesaal für die Mannschaft und der Speiseraum für Sanitätsunteroffiziere. Im östlichen Gebäudeteil befanden sich die Waschanstalt, die Plättstube und die Wohnung des Plättmeisters.

Die Gebäude waren entlang zweier Achsen angelegt - eine führte vom Operationsgebäude zu den Bettenhäusern und eine vom Haus 1 durch das Operationsgebäude zum Wirtschaftsgebäude. Daneben waren die Wohngebäude angeordnet. Das Gelände war zum Marinestützpunkt nach Norden geöffnet - nicht zur Stadt nach Süden.

Im Zweiten Weltkrieg erhielt das Lazarett mehrere Bombentreffer. Die Chefarzt-Villa und das Operations- und Badehaus wurden vollständig zerstört, der Krankenblock B weitestgehend. Die meisten anderen Gebäude erlitten nur leichtere Schäden an den Dächern und Giebeln. Nicht zuletzt deswegen konnten im Krieg und in der Nachkriegszeit viele Kliniken aus der weitgehend zerstörten Uniklinik und auch Teile des Städtischen Krankenhauses in die Wik ausgelagert werden.[4]

Anschar-Krankenhaus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm die Anschar-Heinrich-Schwesternschaft den größten Teil des Pflegedienstes. 1950 pachtete die Schwesternschaft das Lazarett und öffnete es auch für zivile Patienten. In Kiel wurde der Komplex fortan als Anschar-Krankenhaus bezeichnet. Die Marine zog sich in den kommenden Jahrzehnten zurück: In Kronshagen nahm 1974 das Bundeswehrkrankenhaus Kiel mit den bereits in den Jahren 1936 bis 1942 errichteten Hauptgebäuden seinen Betrieb auf.

Das Anschar-Krankenhaus belegte nur einen Teil der Gebäude. In anderen waren noch mehrere Bereiche der Kliniken der Uni Kiel und des Städtischen Krankenhauses untergebracht: die Zahnklinik, die Neurochirurgie sowie die Neurologie und Psychiatrie. Im Haus 3 gab es Hörsaal, Bettensaal, Forschungslabor und Räume für Professoren. Einer von ihnen war Hans-Gerhard Creutzfeldt, von 1938 bis 1953 Direktor der Neurologie und Psychiatrie.

Im Laufe der Zeit änderten sich die baulichen Anforderungen an die Krankenhaus-Gebäude; die Statik der Gewölbedecken aus Beton wurde als nicht mehr ausreichend angesehen. Deswegen durfte seit etwa 1989 der Hörsaal nicht mehr benutzt werden.[5]

1988 wurde das Anschar-Krankenhaus zu Gunsten eines Neubaus im Städtischen Krankenhaus geschlossen.[6] 1996/97 wurde beschlossen, die Gebäude in ihrer Funktion nicht zu sanieren. Für ein Krankenhausgebäude wurden sie als nicht mehr zeitgemäß angesehen. Diese Auffassung teilte der letzte Chefarzt nicht:

"Leider war es aufgrund des Votums des Wissenschaftsrates, der der Neurochirurgie eine zentrale Rolle bei der modernen Patientenversorgung und Forschung auf dem Klinikumsgelände zuerkannte, nicht möglich, die Klinik in der Wik weiter auszubauen und für die nächsten Jahrzehnte wetterfest zu machen, obwohl Pläne gemeinsam mit der Klinik für Neurologie und dem Architektenüro Schnittger erarbeitet wurden."[7]

Nach und nach wurden die Gebäude, angefangen mit dem Haus 3, außer Betrieb genommen und begannen zu verfallen.

Zuletzt waren auf dem unter Denkmalschutz stehenden Gelände noch das Toxikologische Institut von Prof. Dr. Otmar Wassermann in Haus 3 und die Klinik für Neurochirurgie, ab 1991 geleitet von Prof. Dr. Maximilian Mehdorn, untergebracht. Letztere begann nach einer letzten neurochirurgischen Operation am 8. Juni 2004 mit dem Umzug ins neu erbaute Neurozentrum im Komplex des Universitätsklinikums an der Feldstraße.[8]

Heute liegt auf dem Gelände das Wohngebiet Anscharpark, in das einige der ehemaligen Lazarettbauten integriert sind.[9]

Bilder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Mattsson, Peter: Der Anscharpark - ein Meilenstein kreativer Stadtentwicklung. In: Maritimes Viertel e.V. (Hrsg.): 125 Jahre Eingemeindung der Wik in die Stadt Kiel 1893-2018 (Kiel 2018), S. 31-33
  • Mehdorn, Maximilian: Das Marinekrankenhaus Wik. In: Maritimes Viertel e.V. (Hrsg.): 125 Jahre Eingemeindung der Wik in die Stadt Kiel 1893-2018 (Kiel 2018), S. 34-40

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 Commons: Marinelazarett Kiel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Kiel „Anschar-Krankenhaus“ auf dem Online-Stadtplan der Stadt Kiel, aufrufbar auf kiel.de

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Mehdorn, Maximilian: Das Marinekrankenhaus Wik. In: Maritimes Viertel e.V. (Hrsg.): 125 Jahre Eingemeindung der Wik in die Stadt Kiel 1893-2018 (Kiel 2018), S. 34
  2. Schwartzkopff, Georg auf der Website des Forschungsprojektes Conrad Wilhelm Hase (1818–1902), aufgerufen am 29. September 2018
  3. Mehdorn, Maximilian: Das Marinekrankenhaus Wik. In: Maritimes Viertel e.V. (Hrsg.): 125 Jahre Eingemeindung der Wik in die Stadt Kiel 1893-2018 (Kiel 2018), S. 37
  4. Mehdorn, Maximilian: Das Marinekrankenhaus Wik. In: Maritimes Viertel e.V. (Hrsg.): 125 Jahre Eingemeindung der Wik in die Stadt Kiel 1893-2018 (Kiel 2018), S. 37 f.
  5. Mehdorn, Maximilian: Das Marinekrankenhaus Wik. In: Maritimes Viertel e.V. (Hrsg.): 125 Jahre Eingemeindung der Wik in die Stadt Kiel 1893-2018 (Kiel 2018), S. 37 f.
  6. Chronik auf der Website www.anschar-schwestern.de/, aufgerufen am 29. September 2018
  7. Mehdorn, Maximilian: Das Marinekrankenhaus Wik. In: Maritimes Viertel e.V. (Hrsg.): 125 Jahre Eingemeindung der Wik in die Stadt Kiel 1893-2018 (Kiel 2018), S. 40
  8. Mehdorn, Maximilian: Das Marinekrankenhaus Wik. In: Maritimes Viertel e.V. (Hrsg.): 125 Jahre Eingemeindung der Wik in die Stadt Kiel 1893-2018 (Kiel 2018), S. 40
  9. Mattsson, Peter: Der Anscharpark - ein Meilenstein kreativer Stadtentwicklung. In: Maritimes Viertel e.V. (Hrsg.): 125 Jahre Eingemeindung der Wik in die Stadt Kiel 1893-2018 (Kiel 2018), S. 31-33