Gertrud Völcker

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Gertrud Völcker 1978

Gertrud Völcker, geb. Dürbrook (* 27. Oktober 1896 in Hamburg, † 16. April 1979 in Kiel) war eine Kieler Sozialdemokratin. Sie engagierte sich als Sozialpolitikerin in der Weimarer Republik und dann wieder nach dem Zweiten Weltkrieg, vor allem für das Wohl von Kindern und Jugendlichen.[1]

Leben und Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Hamburg geboren, besuchte Gertrud Dürbrook dort eine private Handelssschule. 1909 zog ihre Familie nach Kiel, wo sie eine Ausbildung zur Kontoristin machte. 1915, nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs trat sie als Pazifistin und Kriegsgegnerin der Sozialistischen Arbeiterjugend bei und arbeitete anschließend in der gewerkschaftlichen Rechtsauskunftsstelle für Arbeiterinnen und Arbeiter im Gewerkschaftshaus. Während des Kieler Arbeiter- und Matrosenaufstandes arbeitete sie für die Revolutionäre.

Mit dem Ende des Krieges trat sie in die Sozialdemokratische Partei ein. 1920 machte sie eine Ausbildung zur Sozialfürsorgerin und trat während des Kapp-Putsches dem Arbeiter-Samariter-Bund bei.

1923 heiratete sie Hans Völcker, den sie aus der Arbeiterjugend kannte. 1924 wurde der Sohn Hans geboren. Mit der Heirat musste sie wegen des damals geltenden Doppelverdienerverbotes für Ehepaaare ihre Berufstätigkeit aufgeben und widmete sich fortan verstärkt ehrenamtlichen Aufgaben. Von 1939 bis 1945 war sie dann wieder berufstätig, und zwar als Stenotypistin und später als Büroleiterin in einer Kieler Anwaltskanzlei.

Von 1933 bis 1945 war ihr politische Tätigkeit durch den Polizeipräsidenten untersagt. Wenige Wochen nach dem Stauffenberg-Attentat auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 wurde sie im Rahmen der Aktion Gewitter[2] verhaftet, für drei Tage im Arbeitserziehungslager Nordmark und anschließend für weitere 19 Tage im Polizeigefängnis in der Blumenstraße inhaftiert. Wiederholt drohte ihr währenddessen auch der Transport ins Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück.

Unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nahm sie ihre (sozial)politische Tätigkeit wieder auf. 1978 starb ihr Mann. Sie selber verstarb ein Jahr später in einem Kieler Pflegeheim.

In ihrem letzten Lebensjahrzehnt schrieb sie in mehreren Bänden ihre Lebenserinnerungen nieder. Sie liegen als unveröffentlichtes Typoskript im Kieler Stadtarchiv vor. 2021 veröffentlichte die Arbeiterwohlfahrt Schleswig-Holstein diese anlässlich ihres 125. Geburtstages in einer Buch-Edition.[3]

Politisches und gesellschaftliches Engagement[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1918: Mitglied der Kinderschutzkommission. Die Kommission hat die Aufgabe, Kinder vor illegaler Kinderarbeit zu schützen.
  • ab 1921: Arbeit als Sozialfürsorgerin in Gaarden.
  • 1923-33: Gemeinsam mit ihrem Mann ehrenamtliche Leitung des neu eingerichteten Jugendheims im Werftpark. Nach der Besetzung des Hauses durch die Hitlerjugend lösten die Eheleute Völcker die dort von ihnen geleiteten Jugendgruppen auf, um sie nicht unter der Hakenkreuzfahne betreiben zu müssen.
  • 1920er Jahre: Vorträge für den Norddeutschen Rundfunk zu Fürsorgearbeit, Schulferiengestaltung und politischer Bildung.
  • 1927 und 1929: Gemeinsam mit ihrem Mann Engagement in der Kinderfreundebewegung, welche auf dem Gut Seekamp das legendäre Sommerzeltlager Kinderrepublik Seekamp durchführte.
  • 1928-1933: Stadtverordnete
  • 1929: Delegierte beim Reichsparteitag der SPD
  • Ratsherrin: 1946 von der Militärregierung ernannt, 1950-51 gewählt; danach kandidierte sie nicht erneut, um sich ihren Aufgaben in der Arbeiterwohlfahrt besser widmen zu können.
  • ab 1946: Wesentliche Beteiligung am Wiederaufbau der Arbeiterwohlfahrt in Schleswig-Holstein; bis 1957 erste, ab 1961 zweite Landesvorsitzende
  • 1951-59: Gemeinsam mit ihrem Mann Leitung des Mütterwohnheims Haus Tannenberg der Arbeiterwohlfahrt in den ehemaligen Walterwerken in Projensdorf. Das Haus Tannenberg war ein früher Vorläufer der heutigen Frauenhäuser; es bot allein erziehenden, berufstätigen Müttern eine Wohnmöglichkeit.
  • 1960er Jahre: Vorsitz und Mitarbeit in mehreren Stadt- und Landesausschüssen; Einsatz für die Einrichtung des Jugendhofs Hammer
  • 1970er Jahre: Chronistin des Lebens von Kieler Zeitgenossinnen (ebenfalls als unveröff. Typoskript im Kieler Stadtarchiv)

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Biographie in Schultheiß, Nicole: "Geht nicht gibts nicht - 24 Portraits herausragender Frauen aus der Kieler Stadtgeschichte", Kiel (A. C. Ehlers), 2007. Online auf kiel.de

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Schultheiß, Nicole: "Geht nicht gibt's nicht. 24 Portraits herausragender Frauen aus der Kieler Stadtgeschichte", Kiel (A. C. Ehlers), 2007, S. 25-28; online siehe unter Weblinks
  2. Details zur Aktion Gewitter bei spd-geschichtswerkstatt.de, abgerufen am 19.02.2022
  3. Weber, Jürgen und Fischer, Rolf (Hg.): Unermüdlich helfen. Die Erinnerungen der Gertrud Völcker, Kiel (Wachholtz), 2021, ISBN 978 3 529 05064 0