Albert Einstein: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Albert Einstein''' (* 14. März 1879 in Ulm, † 18. April 1955 in Princeton/New Jersey) war ein deutscher Physiker. Er kam aus einem bürgerlichen jüdischen Elternhaus und ist vor allem durch sein Hauptwerk, die Spezielle und die Allgemeine Relativitätstheorie bekannt.
 
Einstein hatte durch seine gemeinsame Arbeit mit ''Hermann Anschütz-Kaempfe'' an der Entwicklung des Kreiselkompasses, die sich zu einer privaten Freundschaft entwickelte, eine enge Beziehung zu Kiel und hielt sich wiederholt in der Stadt auf.
 
== Kreiselkompass ==
=== Das Prinzip ===
Der Kreiselkompass war in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts von Hermann Anschütz-Kaempfe erfunden worden. Er benutzt für die Bestimmung der Nordrichtung ein vollkommen anderes Prinzip als ein Magnetkompass, der seine Kompassnadel am Magnetfeld der Erde ausrichtet. Das macht ihn auf Stahlschiffen nur beschränkt nutzbar, weil der stählerne Rumpf die Magnetfeldlinien der Erde "verbeult". In U-Booten, wo er vollkommen von Stahl umschlossen ist, ist er überhaupt nicht brauchbar.
 
Der Kreiselkompass nutzt dagegen die beiden Tatsachen, dass ein Kreisel zu taumeln beginnt ("präzediert"), wenn seine Drehachse im Raum verkippt wird, und dass die Erde sich um ihre Nord-Süd-Achse dreht. Eine Kreiselachse wird schon dadurch verkippt, dass er sich mit der gesamten Erde um deren Achse dreht, es sei denn, dass seine Achse gerade parallel zur Erdachse ist. In diesem Fall taumelt der Kreisel nicht und zeigt mit seiner Achsstellung die Nordrichtung an.
 
Anschütz hatte das Prinzip 1904 in Starnberg entwickelt. Er war im selben Jahr nach Kiel gekommen und hatte 1905 in der [[Dammstraße]] 20 eine Fabrik für feinmechanische Präzisionsinstrumente gegründet, die er 1909 in den [[Heikendorfer Weg]] in [[Neumühlen-Dietrichsdorf]] verlegte. Dort arbeitete er an der Vielzahl von technischen Problemen, die für die Einsetzbarkeit eines Kreiselkompasses auf seegehenden Schiffen zu lösen waren. Neben Anschütz gab es weltweit allerdings etliche Ingenieure und Erfinder, die an demselben Thema arbeiteten.
 
=== Patentrechtsstreitigkeiten ===
Der Bostoner Unternehmer Elmer Sperry hatte sich 1909 für eine Lizenzfertigung von Anschütz' Kreiselkompassen interesiert und diesen auch in Kiel besucht. Es kam aber zu keinem Vertrag darüber. Sperry begann, ein eigenes Modell zu bauen. Er versuchte, dieses auch an die deutsche Kaiserliche Marine zu verkaufen, was ihm eine Patentverletzungsklage durch Anschütz einbrachte.
 
Der Prozess dazu begann Ende 1914 vor dem Landgericht in Berlin. Das Gericht bestellte Albert Einstein als gerichtlichen Gutachter. Einstein war damals Direktor des Kaiser-Wilhem-Instituts für physikalische Chemie in Berlin und besaß einschlägige Erfahrungen aus einer Tätigkeit im schweizerischen Patentamt zwischen 1902 und 1908. Im Zuge des Prozesses besuchte Einstein am [[10. Juli]] [[1915]] erstmals Anschütz in Kiel und inspizierte dem Sperry-Kompass. In seinen Gutachten kam Einstein zu dem Schluss, dass dieser zwei Patente von Anschütz verletzte. Sperry wurde der Patentrechtsverletzung schuldig gesprochen. In einem weiteren Prozess über die Höhe des Schadensersatzes wurde er 1918 zu 300.000 RM Schadensersatz verurteilt.
 
Einen weiteren Patentrechtsstreit focht Einstein im folgenden Jahr gegen Franz Drexler, einen ehemaligen Mitarbeiter von Anschütz und Direktor der berliner ''Kreiselbau GmbH'' aus. Hier ging es um den Künstlichen Horizont für Flugzeuge, ein Nebenprodukt des Kreiselkompasses. Während Anschütz in der ersten Instanz obsiegte, rügte die Gegenseite im Berufungsverfahren erfolgreich eine Befangenheit von Einstein als Gutachter, weil dieser inzwischen für Anschütz als Konstrukteur und Berater fungierte. Einstein musste sich als Gutachter zurückziehen und die Berufung endete mit einem Vergleich.
 
Einstein konnte danach nicht mehr für Anschütz als vom Gericht bestellter Gutachter tätig werden, wohl aber als privater Gutachter. Das tat er 1922 in einem weiteren Patentrechtsprozess zwischen der Firma [[Hagenuk]] und Anschütz in Kiel. Er wurde von Anschütz in der mündlichen Verhandlung überraschend als dessen Zeuge und Gutachter präsentiert und Anschütz gewann diesen Prozess problemlos.
 
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== Private Besuche Einsteins bei Anschütz ==
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== Vortrag im Gewerkschaftshaus ==
Im September 1920, ein halbes Jahr nach dem [[Kapp-Putsch]], war in Kiel ein Publikumsvortag von Einstein über seine beiden Relativitätstheorien geplant. Die aufgeheizte politische Situation in der jungen Weimarer Republik war damals nicht nur durch Versuche von rechts geprägt, die erste parlamentarische Demokratie in Deutschland wieder zu beseitigen. Hand in Hand damit ging ein wachsender Antisemitismus.
 
Dies hatte auch Einfluss auf die Wissenschaft. Die antisemitisch geprägte "Deutsche Physik", die sich in jener Zeit entwickelte, hatte mit dem in Kiel tätigen Professor und Nobelpreisträger (1905) ''Philipp Lenard'' einen ihrer führenden Vertreter. Diese Richtung lehnte insbesondere die modernen physikalischen Theorien, Relativitätstheorie und Quantenmechanik, als unanschaulich ab und diffamierte sie als "jüdisch".
 
Einsteins geplanter Vortrag konnte nicht in der Universität durchgeführt werden, weil diese nicht bereit war, ihm als Juden dafür einen Raum zur Verfügung zu stellen. Die Stadt Kiel schloss sich dem an, so dass auch das Stadttheater nicht zur Verfügung stand. Schließlich konnte der Vortrag am [[15. September]] [[1920]] im [[Gewerkschaftshaus]] gehalten werden und zog mehrere tausend Zuhörer an.
 
Am 95. Jahrestag dieses Ereignisses wurde an der Fassade des Gewerkschaftshauses eine Gedenktafel angebracht, die auf diese Vorgänge hinweist.<ref>Bericht in der [https://www.shz.de/lokales/kiel/artikel/warum-kiel-albert-einstein-nach-95-jahren-ehrt-41532936 shz] vom 15.09.2012 zu Einsteins Kieler Vortrag, abgerufen am 25.02.2023</ref>
 
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== Emigration in die USA ==
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== Ehrungen Einsteins in Kiel ==
[[Datei:Gedenktafel zum Besuch von Albert Einstein im Gewerkschaftshaus am 15. September 1920.JPG|mini|right|Gedenktafel am Gewerkschaftshaus]]
In Kiel erinnert eine Reihe von Benennungen und Objekten an Albert Einstein:
* [[Einsteinstraße]] im Stadtteil [[Ravensberg]]
* Bürogeäude "einsteineins" in der Einsteinstraße 1
* Konferenzraum "Einstein" im Wissenschaftszentrum, [[Fraunhoferstraße]] 13
* Gedenktafel am Gewerkschaftshaus, [[Legienstraße]] 22-24
* Zwei Skulpturen von Jörg Plickat an der [[Kiellinie]] (vor dem [[Haus Weltclub]]) und im [[Heikendorfer Weg]] (vor der ''Schmerzklinik Kiel'')
 
== Trivia ==
Das Zwei-Personen-Stück ''Einstein setzt Segel'' des freien Kieler Theaters ''DeichArt'' befasst sich als "relativ historische Tragikomödie" mit der Freundschaft zwischen Einstein und Anschütz.
 
== Literatur ==
* Jenisch, Uwe: "Albert Einstein in Kiel"; Beitrag in'' Mitteilungen der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte'', Band 90, Heft 6, S. 358-371.
 
<!-- https://schmerzklinik.de/ein-denkmal-fuer-hermann-anschuetz-und-albert-einstein/ -->
<!-- Studentenwohnheim ''Albert-Einstein-Haus'' in Dietrichsdorf bei Jenisch genannt (S. 370), aber im Internet nicht auffindbar -->
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
[[Kategorie:Mann]] [[Kategorie:Wissenschaftler]] [[Kategorie:Geboren 1879]] [[Kategorie:Gestorben 1955]] [[Kategorie:Einsteinstraße]]
[[Kategorie:Mann]] [[Kategorie:Wissenschaftler]] [[Kategorie:Geboren 1879]] [[Kategorie:Gestorben 1955]] [[Kategorie:Einsteinstraße]]



Aktuelle Version vom 25. Februar 2023, 21:08 Uhr

Albert Einstein (* 14. März 1879 in Ulm, † 18. April 1955 in Princeton/New Jersey) war ein deutscher Physiker. Er kam aus einem bürgerlichen jüdischen Elternhaus und ist vor allem durch sein Hauptwerk, die Spezielle und die Allgemeine Relativitätstheorie bekannt.

Einstein hatte durch seine gemeinsame Arbeit mit Hermann Anschütz-Kaempfe an der Entwicklung des Kreiselkompasses, die sich zu einer privaten Freundschaft entwickelte, eine enge Beziehung zu Kiel und hielt sich wiederholt in der Stadt auf.

Kreiselkompass[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Prinzip[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Kreiselkompass war in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts von Hermann Anschütz-Kaempfe erfunden worden. Er benutzt für die Bestimmung der Nordrichtung ein vollkommen anderes Prinzip als ein Magnetkompass, der seine Kompassnadel am Magnetfeld der Erde ausrichtet. Das macht ihn auf Stahlschiffen nur beschränkt nutzbar, weil der stählerne Rumpf die Magnetfeldlinien der Erde "verbeult". In U-Booten, wo er vollkommen von Stahl umschlossen ist, ist er überhaupt nicht brauchbar.

Der Kreiselkompass nutzt dagegen die beiden Tatsachen, dass ein Kreisel zu taumeln beginnt ("präzediert"), wenn seine Drehachse im Raum verkippt wird, und dass die Erde sich um ihre Nord-Süd-Achse dreht. Eine Kreiselachse wird schon dadurch verkippt, dass er sich mit der gesamten Erde um deren Achse dreht, es sei denn, dass seine Achse gerade parallel zur Erdachse ist. In diesem Fall taumelt der Kreisel nicht und zeigt mit seiner Achsstellung die Nordrichtung an.

Anschütz hatte das Prinzip 1904 in Starnberg entwickelt. Er war im selben Jahr nach Kiel gekommen und hatte 1905 in der Dammstraße 20 eine Fabrik für feinmechanische Präzisionsinstrumente gegründet, die er 1909 in den Heikendorfer Weg in Neumühlen-Dietrichsdorf verlegte. Dort arbeitete er an der Vielzahl von technischen Problemen, die für die Einsetzbarkeit eines Kreiselkompasses auf seegehenden Schiffen zu lösen waren. Neben Anschütz gab es weltweit allerdings etliche Ingenieure und Erfinder, die an demselben Thema arbeiteten.

Patentrechtsstreitigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Bostoner Unternehmer Elmer Sperry hatte sich 1909 für eine Lizenzfertigung von Anschütz' Kreiselkompassen interesiert und diesen auch in Kiel besucht. Es kam aber zu keinem Vertrag darüber. Sperry begann, ein eigenes Modell zu bauen. Er versuchte, dieses auch an die deutsche Kaiserliche Marine zu verkaufen, was ihm eine Patentverletzungsklage durch Anschütz einbrachte.

Der Prozess dazu begann Ende 1914 vor dem Landgericht in Berlin. Das Gericht bestellte Albert Einstein als gerichtlichen Gutachter. Einstein war damals Direktor des Kaiser-Wilhem-Instituts für physikalische Chemie in Berlin und besaß einschlägige Erfahrungen aus einer Tätigkeit im schweizerischen Patentamt zwischen 1902 und 1908. Im Zuge des Prozesses besuchte Einstein am 10. Juli 1915 erstmals Anschütz in Kiel und inspizierte dem Sperry-Kompass. In seinen Gutachten kam Einstein zu dem Schluss, dass dieser zwei Patente von Anschütz verletzte. Sperry wurde der Patentrechtsverletzung schuldig gesprochen. In einem weiteren Prozess über die Höhe des Schadensersatzes wurde er 1918 zu 300.000 RM Schadensersatz verurteilt.

Einen weiteren Patentrechtsstreit focht Einstein im folgenden Jahr gegen Franz Drexler, einen ehemaligen Mitarbeiter von Anschütz und Direktor der berliner Kreiselbau GmbH aus. Hier ging es um den Künstlichen Horizont für Flugzeuge, ein Nebenprodukt des Kreiselkompasses. Während Anschütz in der ersten Instanz obsiegte, rügte die Gegenseite im Berufungsverfahren erfolgreich eine Befangenheit von Einstein als Gutachter, weil dieser inzwischen für Anschütz als Konstrukteur und Berater fungierte. Einstein musste sich als Gutachter zurückziehen und die Berufung endete mit einem Vergleich.

Einstein konnte danach nicht mehr für Anschütz als vom Gericht bestellter Gutachter tätig werden, wohl aber als privater Gutachter. Das tat er 1922 in einem weiteren Patentrechtsprozess zwischen der Firma Hagenuk und Anschütz in Kiel. Er wurde von Anschütz in der mündlichen Verhandlung überraschend als dessen Zeuge und Gutachter präsentiert und Anschütz gewann diesen Prozess problemlos.

Vortrag im Gewerkschaftshaus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im September 1920, ein halbes Jahr nach dem Kapp-Putsch, war in Kiel ein Publikumsvortag von Einstein über seine beiden Relativitätstheorien geplant. Die aufgeheizte politische Situation in der jungen Weimarer Republik war damals nicht nur durch Versuche von rechts geprägt, die erste parlamentarische Demokratie in Deutschland wieder zu beseitigen. Hand in Hand damit ging ein wachsender Antisemitismus.

Dies hatte auch Einfluss auf die Wissenschaft. Die antisemitisch geprägte "Deutsche Physik", die sich in jener Zeit entwickelte, hatte mit dem in Kiel tätigen Professor und Nobelpreisträger (1905) Philipp Lenard einen ihrer führenden Vertreter. Diese Richtung lehnte insbesondere die modernen physikalischen Theorien, Relativitätstheorie und Quantenmechanik, als unanschaulich ab und diffamierte sie als "jüdisch".

Einsteins geplanter Vortrag konnte nicht in der Universität durchgeführt werden, weil diese nicht bereit war, ihm als Juden dafür einen Raum zur Verfügung zu stellen. Die Stadt Kiel schloss sich dem an, so dass auch das Stadttheater nicht zur Verfügung stand. Schließlich konnte der Vortrag am 15. September 1920 im Gewerkschaftshaus gehalten werden und zog mehrere tausend Zuhörer an.

Am 95. Jahrestag dieses Ereignisses wurde an der Fassade des Gewerkschaftshauses eine Gedenktafel angebracht, die auf diese Vorgänge hinweist.[1]

Ehrungen Einsteins in Kiel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gedenktafel am Gewerkschaftshaus

In Kiel erinnert eine Reihe von Benennungen und Objekten an Albert Einstein:

Trivia[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Zwei-Personen-Stück Einstein setzt Segel des freien Kieler Theaters DeichArt befasst sich als "relativ historische Tragikomödie" mit der Freundschaft zwischen Einstein und Anschütz.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jenisch, Uwe: "Albert Einstein in Kiel"; Beitrag in Mitteilungen der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, Band 90, Heft 6, S. 358-371.


Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Bericht in der shz vom 15.09.2012 zu Einsteins Kieler Vortrag, abgerufen am 25.02.2023