Eiderkanal

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Kluvensieker Schleuse (2013)

Der Eiderkanal (ursprünglich "Schleswig-Holsteinscher Kanal", heute auch "Alter Eiderkanal") war eine zwischen 1778 und 1785 gebaute Wasserstraße, welche die Kieler Förde mit der Untereider bei Rendsburg verband. Der Kanal selbst war 34 km lang und ermöglichte mit seiner Anbindung an die Eider, die bei Tönning in die Nordsee mündet, erstmalig einen kurzen Schifffahrtsweg zwischen Ost- und Nordsee. Er war der weltweit erste Kanal, der durchgängig von Seeschiffen der damaligen Zeit befahren werden konnte.

Namensgebung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Kanal wurde ursprünglich als "Schleswig-Holsteinscher Kanal" bezeichnet. Von königlich dänischer Seite wurde er 1853 in "Eiderkanal" umbenannt, um nach der Schleswig-Holsteinschen Erhebung den Anklang an die Forderung nach einem geeinten Schleswig-Holstein zu vermeiden. Als Schleswig-Holstein 1867 nach dem Deutsch-Dänischen Krieg zur preußischen Provinz geworden war, fand eine Rückbenenung statt: Auf dem preußischen Meßtischblatt von 1877 heißt er "Schleswig-Holsteinischer oder Eider-Canal".

Die volkstümliche Bezeichnung "Alter Eiderkanal" ist nicht offiziell und streng genommen auch nicht korrekt, weil es nie einen "Neuen Eiderkanal" gab.

Warentransport zwischen Nord- und Ostsee[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Seeweg um Skagen war bis in die Neuzeit hinein außerordentlich gefährlich. Die Gefahren des Totalverlustes von Schiffen, Mannschaften und Ladungen werden anschaulich durch sogenannte Kaviarkarten (s. Weblinks) illustriert, in welchen jeder Schiffsverlust an den jütischen Küsten durch einen Punkt markiert ist, so dass das Meer um Dänemark herum ähnlich gekörnt wie Kaviar anmutet.

Jüngere Forschungen erklären es zu einem Mythos, dass die Wikinger ihre Schiffe über den Landrücken zwischen der Schlei und der Treene transportierten. Sie halten es für wahrscheinlicher, dass stattdessen das Transportgut für die 18 km zwischen Hollingstedt und der Schlei umständlich auf Wagen und dann wieder auf Schiffe umgeladen wurde. So bestand aber seit jeher der Wunsch nach einer sicheren und durchgängig schiffbaren Verbindung quer über die kimbrische Halbinsel.

Als frühe Lösungen dafür galten der Stecknitzkanal (1398) zwischen Lübeck und Lauenburg sowie der Alster-Beste-Kanal, der im 16. Jahrhundert Hamburg mit Lübeck verband. Schon zu Zeiten der Gründung Kiels (1242) wurde wahrscheinlich die Eider für kleinere Schiffe bis in die Nähe von Kiel genutzt, wo die Waren an Stapelplätzen umgeladen werden und dann auf dem Landweg an die Ostsee gebracht werden konnten. Die dortigen Lagerhäuser wurden als Hude bezeichnet und die Ortsnamen Flemhude (flämische Hude) und Hohenhude (hochgelegene Hude) stützen diese Annahme.

Planung und Bau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schon vor der Gründung des Dänischen Gesamtstaates (1773) hatte es Pläne für einen Kanal zwischen Nord- und Ostsee gegeben, der die wirtschaftliche Entwicklung der Herzogtümer fördern sollte. 1774 wurde durch königlich-dänische Kabinettsorder eine Kanalkommission gebildet, die mit dem Schatzmeister Heinrich Carl Graf Schimmelmann (Vorsitz) und dem Außenminister Andreas Peter von Bernstorff hochrangig besetzt war. Von Bernsdorff war gleichzeitig Leiter der Deutschen Kanzlei in Kopenhagen. Bei der Kanzlei handelte es sich um die leitende Behörde für die Angelegenheiten der Herzogtümer Schleswig und Holstein im dänischen Gesamtstaat.

Das Ziel von König Christian VII. war es ursprünglich gewesen, in den Herzogtümern ein Kanalnetz zu schaffen, um "den Handel zu fördern und auszubreiten sowie alle Gewerbezweige im Lande auszubreiten". Dies ließ sich aus finanziellen Gründen nicht im gewünschten Umfang verwirklichen, so dass es schließlich bei einem Kanal zwischen Rendsburg und Kiel blieb.

Für den Bau des Kanals waren anfangs 1000 Arbeiter angeworben worden, die später auf 2600 aufgestockt wurden. Die Arbeiter waren in Baracken oder Zelten untergebracht oder bei der Bevölkerung einquartiert. Nach zeitgenössichen Berichten herrschten unhaltbare hygienische und medizinische Zustände, die u. a. 1783 in einer Fleckfieber-Epedemie gipfelten, von der 1400 Arbeiter betroffen waren.

Die anfangs auf 620.000 Reichstaler veranschlagten Baukosten stiegen schließlich auf 2,3 Millionen Reichstaler.

Maße[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Fahrstrecke von Holtenau bis Tönning betrug 180,5 km. Lediglich die 34 km lange Strecke bis zum Schirnauer See wurde als künstlicher Kanal gegraben. Unter Einbeziehung der 9 km langen Strecke entlang des Eiderlaufs durch den Schirnauer See bis zur Rendsburger Schleuse hatte der Kanal eine Gesamtlänge von 43 km. Die weitere Fahrt von Rendsburg bis Tönning folgte der Eider ohne weitere Schleusen.

Im östlichen Abschnitt ging das Flüsschen Levensau vollständig im Kanal auf. Er schnitt den Flemhuder See im Norden an und folgte dann soweit möglich dem Eiderverlauf. Der Kanal hatte eine Breite von 28,7 m am Wasserspiegel sowie 18 m an der Sohle und war 3,45 m tief.

Bauliche Ausstattung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Um den Höhenunterschied von 7 m zwischen Holtenau und Rendsburg zu überwinden, besaß der Kanal sechs Schleusen. Die ersten drei Schleusen hoben die von Holtenau kommenden Schiffe auf die Scheitelstrecke im Niveau des Flemhuder Sees, die weiteren drei senkten sie wieder auf des Eiderniveau bei Rendsburg ab. Die Schiffe konnten gesegelt oder getreidelt werden; später wurde der Kanal auch von Dampfschiffen befahren.

Bei den fünf Schleusen in Holtenau, Knoop, Königsförde, Kluvensiek und Rendsburg führten Straßenbrücken über den Kanal, die als holländische Zug- oder Klappbrücken ausgebildet waren. Die Brückenportale bestanden zunächst aus Holz, wurden aber später durch gußeiserne Portale ersetzt, die in der Büdelsdorfer Carlshütte gegossen worden waren. Lediglich die Rathmannsdorfer Schleuse besaß keine Brücke. Eine weitere Brücke gab es bei Levensau für die Landstraße von Kiel nach Eckernförde. Etwas weiter westlich, bei Schwartenbek, entstand um 1880 eine eiserne Fachwerk-Drehbrücke für die Eisenbahnlinie nach Eckernförde.

Parallel zu jeder Schleuse gab es eine 5 m breite Freischleuse. Die Freischleusen waren als Staubecken konzipiert, aus denen die Schleusen durch sogenannte Zapfschütten in der Trennmauer befüllt werden konnten. Die Entleerung erfolgte ebenfalls durch Zapfschütten, die das Wasser in das niedrigere Niveau ableiteten. Dieses Konzept war damals innovativ und vermied die Befüllung und Entleerung durch die Schleusentore. Über die Freischleusen führten gemauerte, feste Steinbrücken.

Allerdings führte das Zapfschüttensystem zu Problemen, weil diese schnell verstopften, vor allem durch Abfall, den die Schiffe hinterließen. Erhaltene Reste der Rathmannsdorfer Schleusentore lassen vermuten, dass nachträglich wieder Schieber in die Tore eingebaut wurden.[1]

In Holtenau, Rendsburg und Tönning wurde jeweils für die Lagerung der Waren ein Packhaus errichtet. Alle drei Gebäude sind erhalten und stehen unter Denkmalschutz. Als weitere Gebäude entstanden an den Schleusen Wohnhäuser für das Personal. In Holtenau, Landwehr, Kluvensiek und Büdelsdorf gab es Pferdestationen; in Kluvensiek wurde zudem ein Gasthaus gebaut.

Auf beiden Seiten des Kanals wurden Treidelpfade angelegt. Zwischen Rendsburg und der Eidermündung fuhren die Schiffe aus eigener Kraft. Die Untereider stand damals unter dem Einfluss der Nordseetide, die bis Rendsburg spürbar war. Ein Treideln war daher wegen der sumpfigen und häufig überschwemmten Eiderufer nicht möglich.

Betrieb und witschaftliche Bedeutung des Kanals[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 18. Oktober 1784 wurde der Kanal nach siebenjähriger Bauzeit mit einer Probefahrt von zwei Schiffen eröffnet. Diese kamen jedoch nach eingen Zwischenfällen wegen gerissener Treidelseile unplanmäßig erst am Folgetag in Rendsburg an.

Üblicherweise dauerte die Fahrt von Holtenau bis Rendsburg 10 bis 12 Stunden, die weitere Fahrt bis Tönning drei bis vier Tage. Gegenüber der Fahrt um Skagen, bot der Kanal eine Streckenersparnis von rund 170 Seemeilen (á 1,852 km). Sie war zwar nicht mit einer Zeitersparnis, wohl aber mit einem deutlich geringeren Risiko verbunden.

Allerdings erfüllten sich die Hoffnungen auf eine wirtschaftliche Belebung der Herzogtümer nicht von vornherein. Der Kanal, der vom König dem "Besten Unserer lieben und getreuen Untertanen" gewidmet war, stand zunächst nur inländischen Schiffen offen. Die 'Zahl der Passagen war gering und der Kanalbetrieb unrentabel. Gut ein halbes Jahr nach der Eröffnung wurde der Kanal daher auch für fremde Schiffe geöffnet.

Damit wurde zwar der Betrieb rentierlich. Weil das ursprünglich geplante weitere Kanalnetz ins Landesinnere aber fehlte, beschränkte sich die wirtschaftliche Belebung auf den Kanal und seine unmittelbare Umgebung.

Etwa drei Viertel des Warentransports auf dem Kanal war bloßer Transitverkehr. Die Packhäuser dienten nicht im geplanten Maß dem inländischen Warenumschlag und wurden darum häufig als Getreidespeicher genutzt. Kleingewerbe und Gasthäuser entlang des Kanals konnten gute Umsätze machen und die Bauern vermieteten gern ihre Pferde zum Treideln. Es wird berichtet, das sogar Ernte liegen geblieben sei, weil mit dem Treideln besseres Geld verdient werden konnte.

Vor allem bedeutete der Kanal aber einen Aufschwung für die Werftbetriebe an der Untereider. In Rendsburg, Nübbel, Friedrichstadt und Tönning wurden Schiffe gebaut; allein in Nübbel gab es zeitweilig bis zu sieben Werften. Mit der Eiderschnigge, der Eidergalioth oder dem Pfahlkuff wurden die damals üblichen Flachboden-Lastensegler an die speziellen Erfordernisse des Eiderkanals angepasst.

Während der Nutzungszeit des Kanals wurde er von knapp 300 000 Schiffen befahren. Abgesehen von Einbrüchen in Kriegszeiten waren es duchschnittlich 3000 bis 5000 Passagen je Jahr, mit einem Maximum von 5222 im Jahr 1872. Zu der Zeit war der Kanal der aufkommenden Dampfschifffahrt längst nicht mehr gewachsen. Gut 100 Jahre nach seiner Inbetriebnahme wurde der Eiderkanal durch den Nord-Ostsee-Kanal abgelöst.

Heutiger Zustand[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Schleusen in Rathmannsdorf, Klein Königsförde und Kluvensiek sind erhalten und stehen unter Denkmalschutz; die letzten beiden Schleusen einschließlich ihrer Brücken.

Die heute durch den Nord-Ostsee-Kanal getrennten Straßen Auberg in der Wik und Gravensteiner Straße in Holtenau waren damals Teil der Landstraße nach Holtenau. Die Holtenauer Schleuse lag mittig dazwischen im heutigen Nord-Ostsee-Kanal. Die Knooper Schleuse lag etwa 200 m südostlich des Herrenhauses Knoop und damit rund 100 m nördlich des heutigen Kanalufers.

Außerdem gibt es heute noch eine Reihe von Kanalabschnitten, die nicht in den Nord-Ostsee-Kanal aufgegangen sind und meist von Wanderwegen, den ehemaligen Treidelpfaden, begleitet werden.

Trivia[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Juni 1881 nutzte Jules Verne den Eiderkanal mit seiner Dampfyacht "Saint Michel III" bei seiner Reise nach Kopenhagen für die Hin- und Rückreise. Sein Bruder Paul nahm an der Hinreise teil. Sein Reisebericht ist der einzige zeitgenössische Bericht, der eine Fahrt durch den Eider-Kanal detailliert wiedergibt.[2]

Bilder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 Commons: Eiderkanal – Sammlung von Bildern
  • Kaviarkarte von J. S. Hohlenberg bei www.jernkysten.dk mit den Schiffsverlusten zwischen 1858 und 1882, abgerufen am 25.11.2022
  • Mehr zum Kanal bei apt-holtenau.de
  • Mehr zum Verkehr auf dem Kanal bei apt-holtenau.de

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Rohweder, Jürgen: "Der Eiderkanal - Ein technischen Denkmal von Weltrang", in: Maritimes Viertel e. V. (Hrsg.): "125 Jahre+1 - Nord-Ostsee-Kanal", Kiel (Selbstverlag) 2021, S. 85-96
  2. Paul Vernes Bericht über die Fahrt durch den Eiderkanal bei apt-holtenau.de