Howaldtswerke-Deutsche Werft AG (HDW)

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Die Howaldtswerke-Deutsche Werft AG (HDW) war ein bedeutendes deutsches Schiffbauunternehmen, das von 1967 bis 2012 bestand. Es ging aus der Fusion der drei Werften – Deutsche Werft AG (Hamburg), Howaldtswerke Hamburg AG (Hamburg) und Kieler Howaldtswerke AG hervor.

Gründung und frühe Jahre

Hintergrund und Fusion

Ab Anfang der 1960er Jahre zeichnete sich ein Ende des Schiffbaubooms der 1950er Jahre ab. Die geringere Nachfrage nach Schiffsneubauten und der steigende Konkurrenzdruck der asiatischen Schiffbauindustrie führten zu erheblichen Marktanteilsverlusten für die westdeutschen Werften. Auch die Kieler Howaldtswerke waren von dieser Entwicklung betroffen. Um die internationale Wettbewerbsfähigkeit des bundesdeutschen Schiffbaus wiederherzustellen, wurde die Fusion westdeutscher Werften als Lösungsansatz verfolgt.

Mit Unterstützung der Bundesregierung unterzeichneten die Anteilseigner der drei Werften – Deutsche Werft AG (Hamburg), Howaldtswerke Hamburg AG (Hamburg) und Kieler Howaldtswerke AG – im Mai 1966 eine Absichtserklärung zur Fusion. Am 21. Dezember 1967 wurde die Howaldtswerke-Deutsche Werft Aktiengesellschaft (HDW) mit Sitz in Hamburg und Kiel gegründet.

Erste Schritte und Herausforderungen

Trotz der Fusion befand sich die HDW weiterhin in wirtschaftlich schwierigem Fahrwasser. Die Konkurrenz aus Japan und Südkorea gewann zunehmend an Marktanteilen. Adolf Westphal, der Kieler Werftchef[1], übernahm ab dem 1. Januar 1968 den Vorsitz des neuen Unternehmens, während Dr. Paul Voltz von der Deutschen Werft AG zum stellvertretenden Vorsitzenden ernannt wurde.[2] Ab Oktober 1970 übernahmen Dr. Manfred Lennings und Dr. Norbert Henke die Führungspositionen im Vorstand.[3]

Fertigungsstätten und Aufgabenverteilung

Die HDW verfügte zunächst über drei Fertigungsstätten: das Werk Kiel (Dietrichsdorf/Gaarden), das Werk Ross und das Werk Finkenwerder (Finkenwerder/Reiherstieg). Die Aufgabenverteilung sah wie folgt aus:

  • Werk Finkenwerder/Reiherstieg: Schiffsneubau bis zum Stapellauf und Reparatur.
  • Werk Ross: Reparatur und Schiffsumbauten.
  • Werk Kiel: Schiffsneubau und Reparatur.

Wirtschaftliche Entwicklungen und Restrukturierungen

1970er Jahre

Im August 1971 wurde eine Zusammenarbeit mit der Hamburger Werft Blohm & Voss verworfen. Nach der Übernahme der Anteile der Gutehoffnungshütte im Januar 1972 wurde der Salzgitter-Konzern alleiniger Eigentümer der HDW. Die neuen Eigentümer stellten 1973 den Schiffsneubau auf dem ehemaligen Gelände der Deutschen Werft in Finkenwerder ein. Das Land Schleswig-Holstein beteiligte sich mit 25,1% an der HDW, um weitere Investitionen zu ermöglichen.

Zwischen 1970 und 1974 gelang es dem Vorstand der HDW, das Unternehmen wieder in die Gewinnzone zu führen. Der Schiffsneubau wurde in Kiel konzentriert, und ein neues Dock für Neubauten bis 500.000 tdw wurde in Kiel Gaarden gebaut.

1980er Jahre

Die Ölkrise 1973 führte zum Zusammenbruch des Tankermarktes, was zur Stornierung mehrerer Aufträge für große Tanker führte. Der Vorstandsvorsitzende Dr. Norbert Henke legte ein Sanierungskonzept vor, das die Zusammenlegung des Schiffsneubaus im Werk Gaarden und die Stilllegung weiterer Fertigungsstätten vorsah. Das Werk Ross wurde 1985 an die Blohm + Voss AG verkauft, und der U-Boot-Bau wurde 1989 im Werk Süd geschlossen.

Schiffsneubau in Kiel nach der Fusion

Nach der Fusion zur HDW wurden in Kiel zahlreiche Schiffsneubauten abgewickelt, darunter Atomfrachter, Öltanker, Bulkcarrier und U-Boote. Die HDW etablierte sich als Universalwerft für Handels- und Marineschiffbau und nahm eine führende Position im Markt für Öltanker ein. Ab 1973 begann der Bau eines Großdocks in Kiel Gaarden für Schiffe mit einer Tragfähigkeit von 700.000 tdw.

Bau Nr. Reederei Name Schiffstyp Tonnage

tdw

Heimathafen Ablieferung
1103 GKSS Geesthacht Otto Hahn Atomfrachter 14.040 Hamburg 01.02.1968
1133 Shell Tankers U.K. Murex Öltanker 212.137 London 29.07.1968
1137 Ove Skou Rederi A/S Atlantic Skou Bulkcarrier 25.720 Kopenhagen 10.05.1968
1160 BWB U11 U-Boot Typ 205 419 29.05.1968
1161 BWB U12 U-Boot Typ 205 419 11.12.1968
1191 A/B Tirfing Roland LPG Tanker 14.640 Göteborg 27.08.1968
1196 Rudolf A. Oetker Belgrano Bulkcarrier + PKW 22.715 Hamburg 18.01.1968
1197 Esso Transport Corp. Esso Malaysia Öltanker 193.853 Panama 29.03.1968
1198 Esso Petroleum Comp. Esso Bernica Öltanker 193.650 London 11.10.1968
1200 Shell Tankers U.K. Mactra Öltanker 211.890 London 17.03.1969
1201 Olsen & Ugelstad Dovrefjell (II) Bulkcarrier 42.286 Oslo 08.03.1968
1202 Olsen & Ugelstad Filefjell (II) Bulkcarrier 44.237 Oslo 25.05.1968
1204 Esso Transport Corp. Esso Norway Öltanker 193.040 Panama 27.06.1969
1205 John T Essberger Elsa Essberger Öltanker 101.600 Hamburg 09.10.1968
1206 Ove Skou Rederi A/S Pacific Skou Bulkcarrier 25.750 Kopenhagen 30.10.1968
1207 Texaco Overseas Tanksh. Texaco Hamburg Öltanker 209.400 London 31.07.1969
1208 Texaco Overseas Tanksh. Texaco Frankfurt Öltanker 209.078 London 14.11.1969
1209 Texaco Overseas Tanksh. Texaco North America Öltanker 209.078 London 23.12.1969
1210 Texaco Overseas Tanksh. Texaco Europe Öltanker 209.078 London 20.03.1970
1211 H. Schuldt Artlenburg Kühlschiff 7.570 Hamburg 26.02.1969
1212 H. Schuldt Aldenburg Kühlschiff 7.570 Hamburg 04.06.1969
1221 Griechische Marine S110 Glafkos U-Boot Typ 209 1105 06.09.1971
1222 Griechische Marine S111 Nitrefs U-Boot Typ 209 1105 10.02.1972
1223 Griechische Marine S112 Triton U-Boot Typ 209 1105 08.08.1972
1224 Griechische Marine S113 Proteus U-Boot Typ 209 1105 23.11.1972

HDW im 21. Jahrhundert

Anfang der 1990er Jahre erfolgte die Privatisierung der Salzgitter AG durch die Preussag, die auch die Anteile des Landes Schleswig-Holstein an der HDW übernahm. Die Preussag baute die HDW zu einem international wettbewerbsfähigen Unternehmen um. Im Herbst 1999 verkaufte die Preussag ein Aktienpaket an die Babcock Borsig AG, die aus der HDW einen europäischen Werftenverbund formte.

Ab 2000 verschlechterte sich das wirtschaftliche Umfeld durch eine erneute Schiffbaukrise. Die Babcock Borsig AG verkaufte ihre Anteile an der HDW an den amerikanischen Finanzinvestor One Equity Partners (OEP), der die Werft schließlich an ThyssenKrupp verkaufte. ThyssenKrupp etablierte die Business Unit ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS), die im Januar 2005 ihre Arbeit aufnahm.

Auflösung und Nachfolge

Die anhaltende Krise im internationalen Schiffbau führte zu einer Neuausrichtung des Werftengeschäfts bei ThyssenKrupp. Die HDW gliederte den Handelsschiffbau aus und verkaufte die HDW-Gaarden GmbH an Abu Dhabi MAR, die später in German Naval Yards umbenannt wurde. Im Januar 2013 verschmolzen die Howaldtswerke-Deutsche Werft AG und die Blohm & Voss Naval GmbH zur ThyssenKrupp Marine Systems GmbH, womit der Name HDW der Vergangenheit angehörte.

Zeittafel

  • 04/2008: ThyssenKrupp verkauft seine Beteiligung an der Werft Nobiskrug.
  • 03/2010: ThyssenKrupp verkauft wesentliche Anteile an den Nordseewerken in Emden.
  • 09/2010: ThyssenKrupp trennt sich von 75,1% seiner Anteile an Hellenic Shipyard und verkauft diese an Abu Dhabi Mar.
  • 2011: TKMS verkauft den Handelsschiffbau (HDW Gaarden) an Abu Dhabi MAR.
  • 02/2012: Der Handelsschiffbau der Hamburger Traditionswerft Blohm & Voss wird an private Investoren verkauft.
  • 01/2013: Howaldtswerke-Deutsche Werft AG und die Blohm & Voss Naval GmbH verschmelzen zur ThyssenKrupp Marine Systems GmbH.

Einzelnachweise

  1. gemäß Ostersehlte „Schiffbau in Kiel“ Seite 64: HDW = Helft dem Westphal
  2. HDW Werkzeitung 1-1968 Seite 26/27
  3. HDW Werkzeitung 3-1970 Seite 8