Landgericht Kiel: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 19. November 2013, 14:01 Uhr
Das Landgericht Kiel ist eines von vier Landgerichten des Bundeslandes Schleswig-Holstein und somit Teil der schleswig-holsteinischen ordentlichen Gerichtsbarkeit.
Gerichtssitz und -bezirk
Sitz des Gerichts ist Kiel. Der Gerichtsbezirk umfasst die Kreise Plön, Rendsburg-Eckernförde, Kreis Segeberg sowie die kreisfreien Städte Kiel und Neumünster. In dem Bezirk leben rund 980.000 Einwohner; er ist etwa 4.800 km² groß.
Personal, Kammern, Geschäftsverteilung
Das Landgericht Kiel hat im Geschäftsjahr 2007 22 Zivilkammern, 13 Strafkammern (davon acht große und fünf kleine), zwei Schwurgerichtskammern), zehn Strafvollstreckungskammern (davon eine große und neun kleine), drei Kammer für Handelssachen, eine Kammer für Baulandsachen und eine Kammer für Steuerberatersachen.[1] Seit September 2005 bietet das Landgericht Kiel auch eine gerichtliche Mediation an.
Präsidentin des Landgerichts ist Ulrike Hillmann als Nachfolgerin von Emil Schmalfuß.
Geschichte
Mit der Aufnahme Schleswig-Holsteins in das Königreich Preußen am 1. Oktober 1867 wurde in Kiel eines von fünf Kreisgerichten (neben Altona, Flensburg, Itzehoe und Schleswig) eingerichtet, dem 16 Amtsgerichte zugehörten. Im Zuge der Reichsjustizreform im Oktober 1879 wurden die Kreisgerichte wieder aufgelöst und die Landgerichte Kiel, Flensburg und Altona gebildet. Der erste Präsident des Landgerichts Kiel, Isenbart, übte dieses Amt bis zum 30. September 1897 aus.[2]
Während des „Dritten Reichs“ wurde beim Landgericht Kiel ein Sondergericht eingerichtet.[3]
Gebäude
Das Landgericht war im königlichen Gerichtsgebäude in der Ringstraße 19–31, Ecke Königsweg, untergebracht. Dort befanden sich außerdem das Amtsgericht (Collegialgerichte), die Staatsanwaltschaft und im Anbau das Gefängnis. Aus Platzmangel wurde bis 1919 ein neues Gefängnis in der Faeschstraße erbaut. In der Folgezeit verursachte der Gefangenentransport zu und von den Gerichten allerdings zusätzliche Kosten und verleitete zu Fluchtversuchen.
Von 1922 bis 1926 wurde deshalb ein Backsteinneubau am Schützenwall 31–35 errichtet. Der Eingangsbereich am Schützenwall wurde mit Halbsäulen, rundbogigen Portalen und Balkonen repräsentativ gestaltet. Um Verbindungen nach außen und Fluchtversuche unmöglich zu machen, führten abgeschlossene Gänge vom Gefängnis direkt zu den einzelnen Gerichtssälen.
Durch die Zerstörung des Gerichtsgebäudes in der Ringstraße und den steigenden Geschäftsanfall entstand auch im Neubau, den sich Landgericht, Staatsanwaltschaft und die Strafgerichtsbarkeit des Amtsgerichts teilten, bald drängende Raumnot. Die Erhöhung des Hauptflügels um ein Stockwerk im Rahmen der Beseitigung von Bombenschäden reichte zur Entlastung nicht aus. Mehrere Optionen wie die Nutzung des 1948 frei werdenden Gebäudes des Oberlandesgerichtes oder der Wiederaufbau des Gerichtsgebäudes in der Ringstraße wurden erwogen, bevor in der Harmsstraße direkt neben dem Neubau – über eine Brücke verbunden – ein weiteres Haus errichtet wurde.
Ende der 1980er Jahre zog das Amtsgericht Kiel in neues Gebäude in der Deliusstraße 22. Zuletzt wurde 1996 im Innenhof, an der Rückseite der Justizvollzugsanstalt, ein zusätzlicher Flügel von der Staatsanwaltschaft bezogen.
Gedenktafel
Im ersten Stock des Gebäudes in der Harmsstraße erinnert im Treppenhaus eine Gedenktafel an den am 12. März 1933 erschossenen Kieler Rechtsanwalt und Notar Wilhelm Spiegel.
Verkehrsanbindung
Das Gerichtsgebäude befindet sich am Schützenwall 31–35, Ecke Harmsstraße. Der Schützenwall ist die Verlängerung der A 215. Am Gericht stehen nur wenige Parkplätze zur Verfügung. In der parallel zur Harmsstrasse verlaufenden Deliusstrasse gibt es ein kostenpflichtiges Parkhaus. Die nächstgelegene Bushaltestelle Harmsstraße wird ab dem Hauptbahnhof von den Buslinien 51, 52, 81 und 82 bedient. Ein rollstuhlgerechter Eingang befindet sich im Innenhof.
Über- und nachgeordnete Gerichte
Dem Landgericht Kiel ist das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht in Schleswig übergeordnet. Nachgeordnet sind die Amtsgerichte Bad Segeberg, Eckernförde, Neumünster, Norderstedt, Plön und Rendsburg. Das Amtsgericht Kiel steht zwar im Instanzenzug unter dem Landgericht Kiel, ist aber als Präsidialgericht in seiner Verwaltung unmittelbar dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht unterstellt.
Staatsanwaltschaft
Dem Landgericht Kiel ist eine Staatsanwaltschaft zugeordnet. Sie untersteht der Generalstaatsanwaltschaft beim Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht.
Juristen, die am Landgericht Kiel tätig waren
- Wolfgang Fränkel (Staatsanwalt 1933–1936)
- Bernhard Leverenz (Staatsanwalt 1947–1949)
- en:Ludwig Krämer (Richter 1969–2004)
- Kay Nehm (Staatsanwalt)
- Karin Graßhof (Richterin)
- Frieder Henf (Richter 1974–1977)
- Sophus Pohl-Laukamp (Richter)
Bekannte Strafprozesse
- Strafverfahren gegen Karl-Heinrich Hagemann
- Anklage gegen Carl Clauberg
- Strafverfahren gegen Fritz Schmidt
- Asche-Prozess[4]
- Fall Lucona[5]
- Hagenuk-Prozess[6]
- Mobilcom-Prozess
Bekannte Zivilprozesse
- Beweissicherung durch die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen
- Subventionen für Ryanair
- Sperrung von Internetseiten[7]
- Das in Deutschland zu dieser Zeit höchste Schmerzensgeld in Höhe von 500.000 € zuzüglich einer monatlichen Rente von 500 € wurde im Jahr 2003 einem Kleinkind zugesprochen,[8] das seit einem Verkehrsunfall querschnittsgelähmt war und das Sprachvermögen vollständig verloren hatte.[9]
Weblinks
- Webauftritt des Landgerichts Kiel
- Urteil vom 22. Januar 1998, Az. 8 S 160/97 (NJW 1998, 2539): Rechtlicher Charakter der Tischreservierung
- Entscheidungen des Landgerichts Kiel auf der Entscheidungsplattform openjur.de
- Übersicht der Rechtsprechung des Landgerichts Kiel
Einzelnachweise
- ↑ Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts
- ↑ Geschichte des Landgerichs Kiel
- ↑ Klaus-Detlev Godau-Schüttke: Justizalltag im „Dritten Reich"
- ↑ Informationen zum Asche-Prozess (PDF; 517 kB)
- ↑ Fall „Lucona“ geht zu Ende (Rhein-Zeitung vom 11. Juni 1997)
- ↑ Erneut Strafprozess um Pleite von Telefonhersteller Hagenuk, heise online, 7. September 2007
- ↑ Urteil vom 23. November 2007, Az. 14 O 125/07
- ↑ Urteil vom 11. Juli 2003, Az. 6 O 13/03 (VersR 2006, 279)
- ↑ Jaeger hält Entscheidung des LG Kiel über "Rekord-Schmerzensgeld" für richtig, wkdis.de, 14. August 2013