Haßturm

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Plan von der Bütterleÿ in Kiel (Handzeichnung von den Baumeister Rudolph Matthias Dallin, 1750

Der Haßturm lag in der Haßstraße bei dem Haßtor am Ende der Rackerstraße. Im Kieler Rente- und Erbebuch im Jahr 1423 wurde der Haßturm als turris captivorum, der Gefangenenturm, erwähnt.[1]

Der Haßturm war die Büttelei mit dem dritten Gefängnis in Kiel. Es ist stärker gesichert als die Veste am Markt und der Schuldturm, auch eine Frohnerei, in der Pfaffenstraße.[2]

Am Haßturm lag auch die Abdeckerei mit dem angrenzenden Frohner-Garten.

Der Büttel und seiner Familie wohnten in Räumen im Erdgeschoss, wo auch die Folterkammer war. In den zwei Obergeschossen waren die Gefängniszellen für die Schwerverbrecher.

Im Jahr 1676 sind das unter anderem Trinke Preetzens und Hinrich Busch, die der Hexerei angeklagt und hingerichtet wurden.[3]

1728 verlangten die Herzogliche (Spar-)Kommissare, mit dabei vermutlich auch der Bauinspektor von Holstein, der Baumeister Rudolph Matthias Dallin (* um 1680 in Schwedisch-Vorpommern; † 1743 in Kiel)[4], von der Stadt Kiel, dass der schon hinreichend üble Zustand des Haßturms aber noch über 100 Jahre erhalten bleiben sollte und der Büttel, wie es anderwärts üblich, auf seine Kosten eine Büttelei bauen und die Gefangenen dort auf seine Kosten unterbringen habe.[5]

Über 100 Jahre, im Jahr 1854, gab Friedrich Pahl eine „getreue Schilderung“ vor dem Abriss im Jahr 1855:

Eine Reihe kleiner enger Gemächer laufen ringsum und schauen mit ihren niedrigen Fenstern theils die Haßstraße hinauf, theils auf den kleinen Kiel. Dies war die Wohnung des früheren Scharfrichters; - sie bildet gewissermaßen einen Mantel um die Hauptsache, - nämlich um den alten Thurm, das eigentliche Gefängniß. Eine schwere eisenbeschlagene Thür von Eichenbohlen führt gleich links in das Hauptgewölbe, durch eine Brandmauer von 5 Fuß Dicke. Kein Fenster, nicht das geringste Luftloch nach außen lässt auch nur einen Strahl des Lichts zu; - nur durch das sehr kleine Eisengitter in besagter Eichenthür ist eine Idee von Luftzug nach der dunklen Diele hin, möglich. Grabesluft umweht ein Eintretenden. Schwarz und feucht ringsumher alles. In der Mitte des Gemaches steht ein starker Eichenpfahl vom Fußboden bis zur Decke hinauf; an demselben hängt der Rest einer Kette, deren einzelne Gelenke wohl über ein Pfund schwer wiegen mögen, stark genug, einen Elephanten zu fesseln. Eine große eiserne Krampe, welche in einer Höhe von ungefähr 7 bis 8 Fuß angebracht ist, zeigt deutlich die frühere Bestimmung dieses schrecklichen Pfahls.

Es ist dies nämlich der Pfahl, an welchen noch im Anfange dieses Jahrhunderts diejenigen Verbrecher, welche die entehrende Strafe des Staupbesens und des Brandmarks durch Henkers Hand erleiden sollten, an Händen und Füßen festgekettet wurden. Kaum drei Schritte davon befindet sich noch der Herd, auf welchen man das gräßliche Eisen glühend machte, um es seinem verirrten Mitbruder christlich - milde auf Stirn oder Nacken einzubrennen und dadurch das Ebenbild Gottes tief, tief unter das Thier herabzuwürdigen. In noch früherer Zeit war hier die sogenannte Marterkammer, wo die brutale Gewalt, mißbrauchend den Namen der Gerechtigkeit, unter dem Deckmantel des Gesetzes durch die Tortur jedes beliebige Geständniß erpreßte, was ihr zu ihren Zwecken eben dienlich schien.

Eine kleine Treppe aufwärts führt in die Region des ersten Stocks. … Hier treten wir in ein Gefängniß, welches für leichtere Verbrecher oder für in Untersuchungshaft Befindliche scheint bestimmt gewesen zu sein. Der Rest einer schweren Eisenkette in der Mitte dieses Käfigts befestigt, zeigt, daß auch hier eben keine milde Hand des Gesetzes waltete. Ein kleines Fenster wirft durch die 5 Fuß dicke Brandmauer ein kümmerliches Licht in die Zelle und zeigt uns die in die Mauer eingegrabenen Namen einiger der ehemaligen unglücklichen Bewohner derselben.

Steigen wir jetzt noch eine Treppe hinan, so gelangen wir auf einen kleinen dunklen Vorplatz. Nur mit Mühe finden wir durch Hülfe unseres Lichts hier eine dicke, mit Eisen beschlagene Tür, die etwa 4 Fuß hoch und 1 ½ Fuß breit ist und in die 3te Zelle – das schauerlichste aller Gefängnisse – führt. Ein Loch von kaum 6 Fuß Höhe, Breite und Tiefe, dem der Zugang der Luft und des Lichts total abgeschnitten ist, starrt uns unheimlich entgegen. Hat man sich mit Mühe durch den engen Eingang hindurch gezwängt, tritt man sogleich auf das verfaulte Stroh, worauf wohl der letzte Unglückliche gelegen hat, bis er dem Beile des Nachrichters übergeben wurde. Außerdem findet man noch einige vermoderte Bretter, die ihm als Pritsche dienten, mehrere Tonscherben und die Reste schwerer Ketten. Das Atmen wird uns nach einigen Minuten schon schwer und selbst das Talglicht in unseren Hand ist vor Dunst dem Erlöschen nahe. Voll Abscheu wenden wir diesem Schreckensorte den Rücken und freuen uns, wieder in Gottes frische Luft hinaus zu treten."

(Chronica der Städte und Flecken in den Herzogthümern Schleswig und Holstein, nach den besten Quellen bearbeitet, nebst einem historisch-humoristischen Volks-Kalender Herausgegeben von Friedrich Pahl, Kiel 1856, S.15 f.)[6]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Walter Wendrich, Die alte Kieler Stadtmauer. Mitteilungen der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte Nr. 47, Kiel 1955, Seite 59
  2. Stadtarchiv Kiel; Sign 4915 Magistrat Frohnerei im Schuldturm: Nutzung; Verkauf des Grundstücks
  3. http://www.einmetjennahmenspreetzen.de/wordpress/buettelei/
  4. Wikipedia: „Rudolph Matthias Dallin“
  5. Walter Wendrich, ebd., S.60
  6. google.book