Dänischer Gesamtstaat
Als Dänischer Gesamtstaat (dänisch: helstaten) werden die vom Königreich Dänemark regierten Gebiete in den knapp 100 Jahren zwischen 1773 und 1864 bezeichnet. Es handelte sich dabei um einen Vielvölkerstaat. Er umfasste außer dem dänischen Kernland nördlich davon Grönland, Island, die Färöer und Norwegen sowie im Süden die Herzogtümer Schleswig und Holstein. Außerdem eine Reihe von dänischen Besitzungen in Übersee.
Geschichte des Gesamtsstaats[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Entstehung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Gesamtstaat entstand vor dem Hintergrund der komplizierten kleinteiligen Territorial- und Machtverhältnisse in Schleswig und Holstein im 18. Jahrhundert. Das Haus Gottorf war im 17. Jahrhundert zur souveränen Macht aufgestiegen und hatte sowohl Teilgebiete von Schleswig als auch von Holstein besessen.
Nach dem Großen Nordischen Krieg (1700-1721) wurden die Gottorfschen Gebiete zunächst Dänemark zugesprochen. Da die holsteinischen Anteile aber ein deutsches Reichslehen darstellten, mussten sie davon wieder ausgenommen werden, so dass es weiterhin ein Fürstentum Holstein-Gottorf gab. Der Gottorfsche Herzog Carl Friedrich nahm schließlich am 26. August 1727 Residenz auf dem Kieler Schloss.
1773 wurde durch den Vertrag von Zarskoje Selo (russ.: "Des Zaren Dorf", heute Puschkin, 25 km südlich von St. Petersburg) ein Gebietstausch vorgenommen, durch den das Haus Gottorf für seine holsteinischen Anteile die Grafschaften Oldenburg und Delmenhorst erhielt und der dänische König erneut alleiniger Herzog in Holstein wurde. Dies gilt als die eigentliche Gründung des Gesamtstaats.
Zwischenzeitliche Gebietsveränderungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Napoleonischen Kriege dauerten mit wechselnden Koalitionen von 1792 bis 1815 an. Dänemark ging zunächst ab 1800 eine Koalition mit Schweden, Preußen und Russland ein. Das Ziel war eine bewaffnete Neutralität, um den eigenen freien Handel, auch mit beiden Parteien der Napoleonischen Kriege, zu sichern. Allerdings stellte Russland bereits im März 1801 die Seeblockade der Ostsee ein, so dass die britische Flotte schon einen Monat später im Öresund in einem Präventivschlag die dänische vernichtend schlagen konnte. Dadurch war Dänemark für mehrere Jahre zur vollständigen Neutralität gezwungen.
Im August und September 1807 beschoss England erneut die im Kopenhagener Hafen liegende neu gebaute dänische Flotte und unterzog die Stadt einem mehrtägigen Bombardement, das sie zu rund einem Drittel zerstörte. Im Monat darauf koalierte Dänemark mit Frankreich und erklärte England den Krieg. Ein halbes Jahr später erklärte es auch den Krieg gegen Schweden, um bereits 1645 verlorene Gebiete in Norwegen zurück zu gewinnen. Die britische Handelsblockade gegen Dänemark bewirkte, dass Dänemark diesen Vorstoß 1809 erfolglos abbrechen musste. Außerdem wurde Dänemark von Schweden und England im Jahr darauf gezwungen, der Koalition gegen Frankreich beizutreten.
Diese kriegerischen Abenteuer Dänemarks führten schließlich zum dänischen Staatsbankrott von 1813. Der Krieg gegen Schweden dauerte trotzdem an: Nach der Leipziger Völkerschlacht rückten schwedische Landtruppen im Dezember 1813 von Süden nach Kiel vor. Am 7. Dezember 1813 verließen die dänischen Truppen Kiel. Schweden rückte mit 7000 Soldaten in die Stadt ein, die damals selbst nur 5000 Einwohner hatte. Am 9. Januar 1814 kapitulierte Dänemark.
Bereits eine Woche später wurde im Buchwaldschen Hof, dem Hauptquartier des Schwedischen Generals Bernadotte, der Kieler Frieden geschlossen. Mit ihm trat Dänemark Norwegen an Schweden ab, erhielt aber zum Ausgleich die schwedischen Anteile von Pommern. Außerdem behielt Dänemark Grönland, Island und die Färöer sowie seine überseeischen Besitzungen. Im Wiener Kongress tauschte Dänemark schließlich 1815 mit Preußen das gerade erworbene Schwedisch-Pommern gegen das Herzogtum Lauenburg.
Ende des Gesamtstaats[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Nachdem Dänemark in den Napoleonischen Kriegen bereits Norwegen verloren hatte, führten ein halbes Jahrhundert später die beiden Deutsch-Dänischen Kriege zum Verlust von Schleswig und Holstein und damit zum Ende des Gesamtstaats.
Der erste dieser beiden Kriege, die Schleswig-Holsteinische Erhebung, wurde durch die Proklamation einer provsorischen Regierung Schleswig-Holsteins am 24. März 1848 in Kiel ausgelöst. Er dauerte mit Unterbrechungen bis 1851 und endete mit einem Sieg Dänemarks. Das Staatsgebiet des Gesamtstaats blieb dadurch unverändert.
Zu Einzelheiten siehe Hauptartikel: Schleswig-Holsteinische Erhebung
Ein gutes Jahrzehnt später löste eine Verfassungsänderung Dänemarks den Deutsch-Dänischen Krieg aus. Die Kampfhandlungen beschränkten sich auf sieben Monate im Frühjahr und Sommer 1864. Sie fanden ihren Höhepunkt in der Erstürmung der Düppeler Schanzen am 18. April 1864, welche die faktische Niederlage Dänemarks bedeuteten, auch wenn die Waffen erst Anfang August schwiegen.
Im Frieden von Wien musste Dänemark am 30. Oktober 1864 die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg abtreten. Da das Herzogtum Schleswig auch das heute wieder dänische Nordschleswig (dänisch: Sønderjylland) umfasste, verlor Dänemark damit von der Elbe bis zur Königsau (dänisch: Kongeå) rund 40 % der Jütischen Halbinsel.
Zu Einzelheiten siehe Hauptartikel: Deutsch-Dänischer Krieg