Brandtaucher

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Neben dem Fliegen galt die Fortbewegung des Menschen auf und im Meer, verbunden mit der Möglichkeit einer kontrollierten Unterwasserfahrt in den unbekannten Tiefen des Meeres, zu den lang ersehnten Wünschen des Menschen. Auch in Deutschland gab es mehrere Versuche, ein funktionsfähiges Tauchboot zu entwickeln. Die entscheidenden Schritte zur Realisierung eines tatsächlich tauchfähigen Bootes wurden aber erst ab 1849 von dem bayrischen Artillerie Unteroffizier Wilhelm Bauer eingeleitet.

Seine Entwicklung, der Brandtaucher gilt als das erste deutsche Unterseeboot.

Wilhelm Bauer, eine Idee wird Realität[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wilhelm Bauer wurde am 23. Dezember 1822 in Dillingen geboren. Als Soldat des bayrischen Hilfskorps nahm Wilhelm Bauer 1849 am Schleswig-Holsteinischen Krieg teil. Die deutsche Seite war bereits am 5. Juni 1848 an der Erstürmung der Düppeler Schanzen gescheitert[1]. Im zweiten Kriegsjahr mussten die dänischen Truppen sich jedoch am 13. April 1849 bei erneuten deutschen Angriffen von Düppel zurückziehen. Den deutschen Kräften gelang jedoch wiederum kein Übergang auf die Insel Alsen.[2] Vor diesem Hintergrund entwickelte Bauer nach eigenen Angaben die ersten Ideen eines Tauchbootes, um unter Wasser bei Sonderburg die Brücke über den Alsensund zu sprengen.

Nach dem Vertrag von Malmö vom 26. August 1848 hatte Dänemark am 2. Februar 1849 den Waffenstillstand aufgekündigt und die Feinseligkeiten zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark waren erneut aufgeflammt. Die Großmächte setzten am 24. Juli 1849 erneut einen Waffenstillstand durch. Preußen und die Frankfurter Zentralgewalt schieden aus der Koalition gegen Dänemark aus. Die Schleswig-Holsteiner standen somit allein den dänischen Streitkräften gegenüber. Das bayrische Hilfskorps zog sich entsprechend der vertraglichen Regelung nach Bayern zurück. Bauer glaubte aber weiter an seine Ideen. In Bayern aber war die Unterstützung für diese Ideen sehr gering. Nach dem Ende seiner Dienstzeit in der Bayrischen Armee konnte Bauer am 30. Januar 1850 als Unteroffizier in die Schleswig-Holsteinische Armee in Rendsburg eintreten und seine Vorstellungen eines Tauchbootes weiterentwickeln.

1850 stellte Bauer seine Ideen dem schleswig-holsteinischen Kriegsministerium vor. Das Marineministerium erstellte nach eingehender Prüfung der von Bauer vorgestellten Pläne ein positives Gutachten. Bauer wurden 30 preußische Taler für den Bau eines Modells seines Tauchbootes aus dem Marineetat zur Verfügung gestellt. Im März wurde Bauer für den Bau eines Modells seines Tauchbootes nach Kiel kommandiert.

Mit dem bewilligten Geld und mit der Hilfe eines Mechanikers wurde ein Modell des Brandtauchers angefertigt. Dieses Modell wurde einer Marinekommission vorgestellt. Im Modell waren bereits alle Merkmale späterer Tauchboote integriert. Obwohl die Marinekommission Bauer die Voraussetzungen für den Bau des Brandtauchers bestätigten, konnte aus Kostengründen ein Original des Brandtauchers nicht beauftragt werden. Einer Aufforderung, das Modell des Brandtauchers an den Auftraggeber abzuliefern, kam Bauer nicht nach. Er zerstörte sein Modell und wurde daraufhin zunächst wieder nach Rendsburg und dann nach Heiligenhafen versetzt.

Die Baukosten für den Brandtaucher wurden auf gut 9.000 Mark Courant geschätzt. Die Generalität der Schleswig-Holsteinische Armee sah in dem Projekt eine Verstärkung für die Küstenverteidigung. Aber das fehlende Geld und die Tatsache, dass im Juli 1850 die Dänen den Waffenstillstand brachen, führten zu weiteren Verzögerungen im Genehmigungsverfahren.

Daher konnten erst ab August 1850 Offiziere der schleswig-holsteinischen Flottille mit dem Versuch beginnen, Bauers Brandtaucher doch noch zu verwirklichen. Das Armeekommando konnte keine Finanzmittel zur Verfügung stellen, genehmigte aber eine öffentliche Spendensammlung (Subskription). Da die Spendensammlung in Schleswig und Holstein nicht den gewünschten Erfolg brachte, wurde die Sammlung auf ganz Deutschland ausgedehnt. Bis Ende September 1850 konnten etwa 2.100 Mark Courant eingesammelt werden. Im November 1850 beteiligte sich dann doch noch das Departement des Krieges mit 3.000 Mark Courant am laufenden Projekt.

Schon während der laufenden Spendensammlung wurden in der Eisengießerei Holler, der späteren Karlshütte in Rendsburg, erste Bauteile für den Brandtaucher gefertigt. Bauer verlegte aber die Fertigung des Brandtauchers aus verschiedenen Gründen zur Maschinenfabrik und Eisengießerei Schweffel & Howaldt nach Kiel. Hier konnte dann ab September 1850 der Bau des Brandtauchers begonnen werden.

In der Kesselbauhalle der Maschinenfabrik Schweffel & Howaldt an der Kieler Förde entstand so das erste an der Ostseeküste gebaute Eisenschiff. Am 18. Dezember 1850 konnte der Brandtaucher in Kiel vor der Rosenwiese am Eisenbahndamm zu Wasser gelassen werden.

Die Technik des Brandtauchers[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Brandtaucher war 8,07 Meter lang, 2,02 Meter breit und 3,51 Meter hoch und hatte eine Verdrängung von ungefähr 27,5 Tonnen. Das Tauchboot war für drei Mann Besatzung konzipiert und wurde allein durch Muskelkraft angetrieben und manövriert. Der Entwurf von Wilhelm Bauer war während der Bauphase auf Empfehlung der Marine Kommission verlängert worden.

Durch zwei seitlich am Bug befindliche Öffnungen die durch einen Gummihandschuh verschlossen waren, sollten im getauchten Zustand Haftladungen oder Brandsätze an gegnerischen Schiffen angebracht werden. Aus dieser Einsatzmöglichkeit resultierte der Name Brandtaucher.

Die Schraube des Tauchbootes wurde mit zwei großen Treträdern angetrieben. In der Bilge befanden sich lose Ballastgewichte und die über die gesamte Bootslänge verschiebbaren Trimmgewichte.

Da für das Projekt nicht genügend Finanzmittel zur Verfügung standen, wurde der Entwurf von Wilhelm Bauer mehrfach geändert. So reduzierte man die Stärke der Außenhaut des Brandtauchers auf 6 mm und verringerte die Anzahl der Spanten, indem man ihren Abstand vergrößerte.

Die folgenreichste Einsparung war aber, gegenüber dem ursprünglichen Konzept, der Entfall der beiden Tanks für das Ballastwasser. Das Ballastwasser konnte zwar, wie geplant durch Ventile eingelassen und durch handbetriebene Schwengelpumpen wieder hinausgepumpt werden. Aber aus Kostenersparnis wurde das notwenige Ballastwasser direkt in die Bilge eingelassen. Weil das Boot durch Wegfall der Ballasttanks so nicht mehr trimmbar war, integrierte man in die Bilge das bereits erwähnte Trimmgewicht.

Stapellauf und Erprobung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Brandtaucher wurde am 18. Dezember 1850 auf dem Gelände der Maschinenfabrik Schweffel & Howaldt auf Gleitschienen aus der Halle der Kesselschmiede gezogen. Zur Unterstützung dieser Aktion waren Matrosen der schleswig-holsteinischen Marine abkommandiert. An der Kaimauer am Eisenbahndamm wurde dann mit Hilfe von Seilwinden des Raddampfers Bonin der Brandtaucher zu Wasser gelassen.

Ob Wilhelm Bauer noch am gleichen Tag mit dem Boot die erste Überwasserfahrt durchführte, ist entgegen seinen persönlichen Aufzeichnungen fraglich, da das Boot ohne Ballast zu Wasser gelassen wurde und für eine stabile Schwimmlage aber eine bestimmte Mindestmenge an Ballast notwendig gewesen wäre.

Weiterhin ist auch wohl davon auszugehen, dass die weitere Erprobung des Brandtauchers von dem Marineplatz in Ellerbek aus durchgeführt wurde. Das Grundstück kaufte die schleswig-holsteinische Marinekommission im November 1849. Auf diesem Bauplatz wurden für die schleswig-holsteinische Marine Ruderkanonenboote gebaut. Das Gelände der ehemaligen Schleswig-Holsteinischen Marinewerft auf dem Ostufer bei Ellerbek wurde 1861 von der Stadt Kiel an Wilhelm Ahlmann verkauft.

Während der laufenden Erprobung machte der Brandtaucher am Raddampfer Bonin fest. Durch einen Bedienungsfehler oder durch Sabotage lief der Brandtaucher eines Morgens langsam voll. Um sein Schiff nicht zu gefährden, ließ der Kommandant der Bonin die Verbindung zum Brandtaucher kappen und dieser versank in der ungefähr 8 m tiefen Förde.

Auf Kosten der Marine Kommission wurde der Brandtaucher innerhalb von 16 Tagen gehoben und wieder instandgesetzt. Er war damit wieder betriebsbereit.

Letzter Tauchversuch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es zeichnete sich ab, dass die schleswig-holsteinische Erhebung vom 24. März 1848 kurzfristig ihr Ende finden würde (am 2. Februar 1851 wurde eine neue oberste Zivilbehörde eingesetzt). Wilhelm Bauer wollte daher unbedingt noch einen Tauchversuch mit dem Brandtaucher durchführen. Am Morgen des 1. Februar 1851 unternahm Wilhelm Bauer gemeinsam mit zwei Mitarbeitern (Witt und Thomsen) den ersten Tauchversuch im Kieler Hafen. Der Brandtaucher legte gegen 9 Uhr ab und Bauer manövrierte das Boot dicht unter der Wasseroberfläche zur tiefsten Stelle das Hafens.

Nach zwei erfolgreichen Tauchversuchen wollte Bauer die mögliche Tauchtiefe des Bootes nachweisen. Während des Tauchvorganges wurde der Brandtaucher achterlastig, der lose Ballast verrutschte und das Boot sank mit dem Heck zuerst bis auf den Grund. Nach der Grundberührung in ungefähr 15 m Tiefe richtete sich der Brandtaucher wieder auf ebenem Kiel (waagerecht) aus. Die Außenhaut hielt dem Wasserdruck nicht stand, die Innenkonstruktion aus Eichenbalken zersplitterte und es sickerte Wasser ein.

Gegen 11 Uhr wurde das gesunkene Boot von Hilfskräften gefunden. Mehrere Versuche, es mit Seilen und Ketten schnell zu heben, scheiterten jedoch. Die Situation für Bauer, Witt und Thomsen erschien ausweglos. Das Wasser im Inneren des Bootes stieg ständig. Aber erst, wenn Außen- und Innendruck gleich waren, konnte der Ausstieg gelingen. Die Luftblase im inneren wurde immer kleiner.

Erst gegen 15 Uhr gelang es mit letzter Kraft, die Luke aufzustemmen. Die drei Besatzungsmitglieder wurden aus dem Boot an die Wasseroberfläche katapultiert. Nur einer der beiden Gehilfen Bauers verletzte sich, weil er gegen ein Schiff geschleudert wurde.

Ende der Erprobung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wilhelm Bauer hinterließ bei den verantwortlichen der Schleswig-Holsteinischen Armee einen positiven Eindruck und die Marinekommission in Kiel stellte ihm ein anerkennendes Zeugnis aus. Am 15. Februar 1851 übernahm die schleswig-holsteinische Flottille das auf dem Grund der Förde liegende Wrack des Brandtauchers. So konnten das gesammelte Geld und die genehmigten Finanzmittel der Marine ausgezahlt werden. Für Howaldt & Schweffel blieb der Bau des Brandtauchers bei Kosten von insgesamt 8.000 Mark Courant ein herber Verlust.

Der Bau und der Untergang des Brandtauchers machten Wilhelm Bauer berühmt. Er verstand es aber auch, dass seine Erlebnisse und Erfahrungen mit dem Brandtaucher überall in Deutschland bekannt wurden. Die Bergung seines Bootes erlebte Wilhelm Bauer aber nicht mehr, er verstarb bereits am 20. Juni 1875 in München.

Verbleib des Bootes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mehrere Bergungsversuche blieben erfolglos. So versuchte die schleswig-holsteinische Flottille bereits im April 1851, ihren Brandtaucher zu heben. Auch die dänische Marine unternahm 1855 und 1856 zwei erfolglose Bergungsversuche.

12 Jahre nach dem Tode Wilhelm Bauers und 36 Jahre nach dem Untergang wurde das Wrack des Brandtauchers bei Baggerarbeiten für den Ausbau des neuen Torpedoboothafens der Kaiserlichen Werft vor Ellerbek zufällig am 5. Juli 1887 wiedergefunden und gehoben.

Das Wrack wurde gereinigt und notdürftig instandgesetzt. Für einige Jahre wurde es im Eingangsbereich der Kaiserlichen Werft und im Garten der Marineakademie in Düsternbrook aufgestellt. 1906 wurde der Brandtaucher auf Anweisung des Kaisers im Berliner Meereskundemuseum aufgestellt. Dort überstand er auch den Zweiten Weltkrieg, wurde aber verschüttet und stark beschädigt.

In den 1950er Jahren wurde versucht, den Brandtaucher aus Potsdam zurück nach Westdeutschland zu bringen. Die DDR verweigerte sich jedoch. Von 1963 bis 1965 wurde das Wrack auf der Neptunwerft in Rostock rekonstruiert. Auf der Neptun Werft wurde von Auszubildenden der Werft unter fachkundiger Anleitung der Bootskörper neu aufgebaut und mit Fenstern versehen, damit Museumsbesucher auch das Innere des Bootes betrachten konnten. Anschließend wurde der rekonstruierte Brandtaucher zunächst in Potsdam, im Außengelände das Deutschen Armeemuseums, gezeigt. Anschließend wurde er dann in Dresden im Innenbereich des Deutschen Armeemuseums, heute Militärhistorisches Museum der Bundeswehr, ausgestellt.

Von 1999 bis zur Kieler Woche 2022 wurde der Brandtaucher nach Kiel ausgeliehen und in einem Anbau des Kieler Schifffahrtsmuseums ausgestellt.

Der Brandtaucher im Militärhistorischen Museum Dresden

Literaturverzeichnis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Herold, Klaus: Der Kieler Brandtaucher, Bernard & Graefe Verlag, Bonn 1993, ISBN 3-7637-5918-2
  2. Rössler, Eberhard: Geschichte des deutschen U-Bootbaus, Band 1, Bernard & Graefe Verlag, Bonn ISBN 3-86047-153-8

Büste von Wilhelm Bauer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Büste am neuen Aufstellungsort am Germaniahafen

Seit 2004 stand vor dem Schifffahrtsmuseum eine von Manfred Sihle-Wissel, Kulturpreisträger des Landes Schlwswig-Holstein, geschaffene Bronzebüste von Wilhelm Bauer. Den Sockel bildete der rostige Ambosstisch eines Schmiedehammers, der dort schon vorher ausgestellt war. Die Büste wurde bei der Umgestaltung des Museumsvorplatzes im Jahr 2014 entfernt; nach Auskunft des Schifffahrtsmuseums war sie in das Depot verbracht worden, eine dauerhafte Wiederaufstellung nicht geplant.[3] Nach weiteren Presseberichten und Nachfragen wurde die Wiederaufstellung des Kunstwerks an einem prominenten Standort auf dem Ostufer in Aussicht gestellt.[4] Dies geschah am 31. März 2020 am Germaniahafen in Anwesenheit des Künstlers.[5]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Schlacht bei Düppel (1848) bei da.wikipedia.org (dänisch)
  2. Schlacht bei Düppel (April 1849) bei da.wikipedia.org (dänisch)
  3. Küppers, Jürgen: Berühmter Kieler verstaubt im Magazin, kn-online.de, 11. April 2019, abgerufen 11. April 2019
  4. Geist, Martin: U-Boot-Pionier Wilhelm Bauer soll wieder auftauchen, Kieler Nachrichten, 07. November 2019
  5. Mitteilung der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte e.V. zur Wiederaufstellung