Levensauer Hochbrücke

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Die alte (vorn) und neue Levensauer Hochbrücke, 2017

Unter der Bezeichnung Levensauer Hochbrücke werden heute zwei nebeneinanderliegende Brücken verstanden, die den Nord-Ostsee-Kanal im Kieler Stadtteil Suchsdorf überqueren.

Ausblick nach Westen über den Nord-Ostsee-Kanal, 2017

Alte Levensauer Hochbrücke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die westliche, ältere der beiden Brücken liegt im Verlauf der Eckernförder Straße. Sie wurde in den Jahren 18931894 als kombinierte Eisenbahn- und Strassenbrücke erbaut und hat eine Länge von 180 m. Die Grundsteinlegung erfolgte am 21. Juni 1893, die Einweihung am 3. Dezember 1894. Sie galt damals als größte Schweißeisenbrücke Deutschlands.

Bei der ersten Kanalerweiterung, von 1907 – 1914 sollte die Kanalsohle unter der Brücke, von 22 auf 44 Meter verbreitert werden. Das war für die Bauingenieure ein großes Problem. Die Brückentürme hatten kein tiefgehendes Fundament. Durch das Gewicht der Türme, würden die Erdmassen unter den Türmen in den Kanal gedrückt. Dadurch bestand die Gefahr, dass die Türme zerstört werden. Es mussten zwei Stützmauern erstellt werden, die bis fast auf die Kanalsohle hinunter reichen. Hinter Spundwänden wurde die Baugruben ausgehoben und dann konnten die Stützmauern erstellt werden. Danach wurden die Spundwände gezogen und der Kanal ausgebaggert und somit verbreitert.

Bis 1915 benutzte der Straßenverkehr mit den Zügen eine gemeinsame Trasse; für den Zugverkehr wurde damals die Straße nach Bedarf durch Schlagbäume gesperrt. Bereits 1928 war eine grundlegende Sanierung der Brücke erforderlich, weil sich die Brücke gesenkt hatte und mehrere Zentimeter tiefe Risse im Mauerwerk der Türme entstanden waren. 1938 sollte die Brücke eigentlich 3 km weiter westlich durch eine neue Brücke ersetzt werden. Das konnte kriegsbedingt nicht mehr geschehen.

Im 2. Weltkrieg hatte man Angst, dass durch Bombenabwürfe in der Nähe der Brücke, die Türme wieder instabil werden und das Gewicht der Brücke nicht mehr tragen könnten. Da die Brücke kriegswichtig war, wurden unterhalb der Brücke, auf beiden Seiten, auf über Zweihundert Eisenpfeilern, zwei neue Betonfundamente erstellt. Im Notfall hätte man darauf Stellagen gebaut um die Brücke abzustützen. 1954 nach dem Umbau der Brücke wurden die Betonfundamente entfernt.

1953/54 wurde die Brücke an die Erfordernisse des gestiegenen Straßenverkehrs angepasst, indem die Fahrbahn verbreitert, die Tragfähigkeit der Brücke von 22 auf 60 Tonnen vergrößert und die von Hermann Muthesius entworfenen Portaltürme beseitigt wurden.[1]

Als Straßenbrücke lag die Brücke bis zum Bau der östlichen Brücke (s. u.) im Verlauf der Bundesstraße 76, seitdem führt nur noch die Kreisstraße 27 über die Brücke; als Eisenbahnbrücke ist sie Teil der Bahnlinie Kiel-Eckernförde-Flensburg. Die Brücke hat einen stählernen Fachwerkbogen, der von der Fahrbahntafel geschnitten wird. Sie ist begehbar und bietet in Richtung Westen einen guten Fotografierstandort.[2]

Neue Levensauer Hochbrücke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die östlich danebenliegende "neue" Brücke wurde 1980-1983 erbaut, hat eine Länge von 365 m und ist in Form eines stählernen Hohlkastens erstellt. Sie liegt im Verlauf des vierspurig ausgebauten Olof-Palme-Damms, übernahm mit ihrer Inbetriebnahme die Kanalquerung der Bundesstraße 76 und ist in ihrer Funktion als Kraftfahrstraße nicht begehbar.[3]

Fledermaus-Überwinterungsquartier[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die westliche Brücke büßte 1953/54 zwar ihre Türme ein, soweit sie die Fahrbahn überragten, nicht aber die Turmfundamente. Diese bilden an den beiden Kanalufern gemauerte Widerlager für die Brücke, in denen sich jeweils eine Halle mit Fensteröffnungen befindet. Beide Widerlager dienen Jahr für Jahr etwa 6000 Fledermäusen als Winterquartier. Die Tiere können durch die Fenster einfliegen und überwintern in den Dehnungsspalten des Mauerwerks, die nur etwa 2 cm breit, aber einen Meter tief sind. Das Brückenlager galt als größtes bekanntes Winterquartier für Fledermäuse im Mitteleuropa. Dort überwintern Große Abendsegler, Zwerg-, Wasser-, Teich-, Fransen- und Breitflügelfledermäuse.[4]

Neubauplanung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Modernisierung im Jahr 1954 fielen die burgartigen Turmbauwerke an den Brückenportalen zum Opfer, weil es notwendig geworden war, die Straßendurchfahrt für den gestiegenen Verkehr zu verbreitern. Mittlerweile steht die Brücke aber im Ganzen der geplanten Verbreiterung des Kanals im Wege, der inzwischen den größer gewordenen Containerschiffen nicht mehr genug Ausweichmöglichkeiten bietet. Dafür muss die Brücke bis 2024 vollständig erneuert werden. Der Neubau soll wie die vorhandene Brücke außer der Fahrstraße einen Fuß- und Radweg sowie ein Eisenbahngleis bekommen.

Dabei soll sich die Kanalverbreiterung auf das nördliche Ufer beschränken und das südliche Widerlager erhalten bleiben. Projekte zur Umsiedlung der im Nordlager heimischen Fledermäuse sind noch nicht abgeschlossen, weil inbesondere der Große Abendsegler auf seinem angestammten Platz beharrt.

Verkehrseinschränkungen 2019[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wegen der Sanierung des zu erhaltenden südlichen Widerlagers muss die Brücke zunächst von April bis August 2019 für den Kraftfahrzeugverkehr gesperrt werden. Als Umleitung steht die östliche Brücke zur Verfügung; obwohl eigentlich Kraftfahrstraße, darf sie dann auch von Fahrzeugen unter 60 km/h befahren werden. Für Radfahrer und Fußgänger war sie nur im Frühjahr nicht passierbar, es gab dann aber einen kostenlosen Buspendelverkehr. Statt des Zugverkehrs über die Brücke gibt es während der Sommerferien (1. Juli bis 18. August) zwischen Kiel und Eckernförde einen Schienenersatzverkehr.

Kollision im Dezember 2006[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am Abend des 7. Dezember 2006 rammte der Frachter Wilma mit dem Ausleger eines Bordkrans die östliche (neue) Levensauer Hochbrücke. Bei dem Unfall gab es keine Verletzten, aber Schäden am Kran und einem Lukendeckel des Schiffes sowie beträchtliche Schäden an der Brücke. Die Brücke blieb bis Mitte Februar 2007 für den Fahrzeugverkehr gesperrt.

Der Frachter war unter Ballast auf dem Weg von Gdynia/Polen nach Bremerhaven, wo er gedockt werden sollte. Dafür waren vorbereitende Arbeiten an Bord notwendig, bei denen ein Bordkran eingesetzt werden musste. Diese Arbeiten konnten wegen der Wetterbedingungen nicht bei der vorhergehenden Fahrt über die Ostsee ausgeführt werden und sollten daher bei der Kanalpassage unter ruhigeren Bedingungen vorgenommen werden.

Nach dem Verlassen der Holtenauer Schleuse und der Passage der Holtenauer Hochbrücken wurde mit den Arbeiten begonnen, noch bevor die Levensauer Brücken erreicht waren. Dabei wurde der Kranausleger so hoch ausgefahren ("aufgetoppt"), dass er mit der Brücke kollidierte.

Der Untersuchungsbericht der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung[5] stellt fest, dass die Schiffsführung nicht mit der gebührenden Sorgfalt gehandelt habe und dass der Unfall durch mangelnde Kommunikation zwischen den Schiffsoffizieren und dem Lotsen ausgelöst worden sei.


Bilder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 Commons: Levensauer Hochbrücke – Sammlung von Bildern

Karte „Levensauer Hochbrücke“ auf dem Online-Stadtplan der Stadt Kiel, aufrufbar auf kiel.de

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Kieler Nachrichten vom 16.09.2015
  2. Die Levensauer Hochbrücke auf apt-holtenau.de, abgerufen 03.12.2017
  3. Die Brücken über den Nord-Ostsee-Kanal auf karl-gotsch.de, abgerufen 03.12.2017
  4. Mehr zum Fledermaus-Winterquartier bei nabu.de, gelesen am 11. Oktober 2017
  5. Untersuchungsbericht (Az. 607/06) der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung, abgerufen am 3. Dezember 2022