Hornheim
Das Hornheim war eine Nervenheilanstalt, die der Nervenarzt Peter Willers Jessen (1793-1875) am 1. Oktober 1845 in Kiel begründet hatte. Sie befand sich am Nordhang des Vieburger Gehölzes und war Deutschlands erste psychiatrische Privatklinik. Nach seinem Tod wurde die Klinik bis 1898 von seinem gleichnamigen Sohn weitergeführt.
Jessen war bereits von 1820 bis 1845 ärztlicher Leiter der Schleswiger Irrenanstalt gewesen, hatte vorher in Göttingen und Berlin studiert und 1820 in Kiel zum Dr. med. promoviert. Mit dem Namen seiner Klinik ehrte er seine akademischen Lehrer Ernst Horn und Ernst Ludwig Heim. Sie lag, auf das heutige Straßennetz abgebildet, am oberen Ende der Straße Lübscher Baum.
Konzept[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Mit seiner Klinik verwirklichte er ein damals innovatives Therapiekonzept, das von der bloßen Verwahrung der Kranken und der Anwendung von Zwangsmitteln absah. Stattdessen setzte er auf eine differenzierte Therapie, die eine genaue Diagnose voraussetzte und auf einem Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten beruhte.
Die Klinik richtete sich an "Gemüths- und Nervenkranke aus den gebildeten Ständen", also an eine gut situierte Bevölkerungsschicht. Das war insofern neu, als dass wohlhabende Patienten damals die Verhältnisse in "Irrenhäusern" ablehnten und sich lieber zu Hause behandeln ließen.
Das Konzept war erfolgreich. Die Klinik war weitgehend ausgelastet und die Patienten blieben dort im Mittel für fünf bis sechs Jahre.
Bauliche Anlage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Jessen hatte bereits in seiner Schleswiger Zeit ein Kätnerstelle in Moorsee erworben, um dort eine Klinik zu errichten. Die Anlage bestand aus drei Gebäuden und einem französischen Garten.
Jessen wohnte mit seiner Familie im Erdgeschoss des Haupthauses, seitich davon standen baugleich das Männerhaus mit einer Werkstatt und das Frauenhaus mit der Waschküche, beide mit jeweils 23 Krankenzimmern. Die gesamte Anlage war mitsamt dem Garten nach Süden, zum Vieburger Gehölz hin ausgerichtet; Nebengebäude wie Schuppen und Gärtnerhaus befanden sich am Waldrand.
Der Dichter Johann Meyer (1829-1904) hatte selber 1862 am Rondeel, in Sichtweite zum Hornheim, eine "Idiotenanstalt" eingerichtet, die sich allerdings an die einfache Bevölkerung richtete. In seinem Versepos "Kiel" besingt er auch das Hornheim mit einem elegischen Distichon:
- Sieh, und dort oben hinauf, wie grüßet freundlich dich Hornheim's
kleines Türmchen am Wald, rufend die Stunden hinab.[1]
Weitere Nutzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Nach Jessens Tod gab es in Deutschland inzwischen etliche psychiatrische Privatkliniken. Sein Sohn führte die Klinik mit mäßigem Erfolg fort und gab den Betrieb 1898 auf, als die Kieler Universität bereits eine eigene psychiatrische Klinik einrichtete. Die Gebäude verfielen bis 1905 weitgehend ungenutzt. Jessen bewohnte zwar noch das Haupthaus, aber das Gelände diente als Kiesgrube.
1906 wurden die Krankengebäude abgerissen und das Gelände wurde mit Wohnhäusern bebaut. Lediglich das Hauptgebäude blieb stehen. Dort richtete der italienischstämmige Peter Panizzi eine Seidenspinnerzucht ein, später führte sein Bruder Grisante Panizzi dort ein Fuhrunternehmen. 1945 wurde das Hauptgebäude bei einem Bombenangriff zerstört. 1961 wurde die Ruine beseitigt; heute stehen dort Einfamilienhäuser.
Bilder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
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Ruine des Hornheim (unterhalb der Bildmitte, Sept. 1944)
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Zitiert nach Gloy, Arthur: "Aus Kiels Vergangenheit und Gegenwart", Kiel (Robert Cordes) 1925, S. 317; Nachdruck: Frankfurt am Main (Weidlich) 1979, ISBN 3-8035-1017-1.