Neumühlen-Dietrichsdorf 1864-1970

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Neumühlen-Dietrichsdorf liegt am nördlichen Ufer der Schwentinemündung und an der Stadtgrenze nach Mönkeberg (Kreis Plön). Der Ort wurde zum 1. Mai 1924 ein Stadtteil der Landeshauptstadt Kiel. Zum Stadtteil gehört außerdem die Siedlung Oppendorf.

Neumühlen

In Neumühlen lebten die Bewohner von den zahlreichen Mühlen an der Schwentine. Im Gegensatz dazu war Dietrichsdorf ein landwirtschaftlich geprägter Ort. Die selbständigen Gemeinden Neumühlen und Dietrichsdorf wurden am 26. April 1907 zur Gemeinde Neumühlen-Dietrichsdorf, Kreis Bordesholm zusammengelegt

Die Ortschaft Neumühlen lag am Ufer der Schwentine dort wo der Mühlendamm nicht nur eine Verbindung zwischen Südufer (Wellingdorf) und Nordufer (Neumühlen) ermöglichte, sondern auch für ausreichende Wassermengen für den Betrieb der Mühlen sorgte. Gleichzeitig war der Mühlendamm das Tor in die Probstei. Neumühlen wurde erstmalig 1224 als "Zwentinemunde" erwähnt, Ab 1470 bürgerte sich dann die Bezeichnung "Neue Mühle" oder "Neumühlen" ein. Die neue Mühle am südlichen Schwentineufer war eine Wassermühle und die Stadt Kiel sowie die umliegenden Dörfer waren hier mahlpflichtig. 1540 ging die Kornwassermühle in landesherrlichen Besitz über. Am nördlichen Schwentineufer befand sich seit 1772 eine Ölmühle. In Neumühlen lebten um 1871 rund 589 Einwohner.

Das Nachbardorf Dietrichsdorf lag abseits der Verkehrswege oberhalb der Ortschaft Neumühlen auf einem Plateau um den heutigen Ivensring und Langen Rehm herum. Die Siedlung wurde 1420 als "Diderichstorppe", das heißt: "Dorf des Dietrich", erstmals genannt. Die Verbindung zwischen Neumühlen und Dietrichsdorf erfolgte über den Heikendorfer Weg oder den noch steileren Hohlen Weg und war mühevoll. In Dietrichsdorf lebten um 1871 rund 337 Einwohner.

Dietrichsdorf

Im oberhalb von Neumühlen gelegene Dietrichsdorf prägte die Bauern der Familie Ivens das bäuerliche Leben. Ab 1870 war es aber dann mit der bäuerlichen Beschaulichkeit auch in Dietrichsdorf vorbei. Der Staat erwarb nach Gründung der Kaiserlichen Werft in Ellerbek ein direkt an der Förde gelegenes, rund 32 Hektar großes Grundstück zwischen dem Salzredder und der Gemeindegrenze nach Mönkeberg. Auf diesem Grundstück entstand, abgetrennt durch eine Backsteinmauer vom Gemeindegebiet, das Marineartilleriedepot.

Ein weiterer Strukturwandel in der Gemeinde erfolgte am 1. Oktober 1876. Georg Howaldt übernahm am Nordufer der Schwentine die kleine Werft des Schiffbaumeisters Rudolf Reuters, um in Dietrichsdorf seinen in Ellerbek begonnenen Eisenschiffbau fortzusetzen. Auf dem rund 440 qm großen Grundstück standen für den Schiffbau lediglich eine Helling und eine Halle zur Verfügung.

Anfangs waren lediglich 75 Mitarbeiter auf der Werft beschäftigt. Bereits im August 1883 lief mit der Bau Nummer 100 der Frachtdampfer Emma für die Reederei Sartori & Berger vom Stapel. Mittlerweile beschäftigte die Werft an der Schwentine rund 1200 Mitarbeiter und das Werftgelände umfasste rund 6.600 qm.

Zwischen 1880 und 1884 wurde die in Kiel ansässige Maschinenfabrik Gebrüder Howaldt auf das erweiterte Werftgelände verlegt. Dazu wurde u. a. der Eekberg, ein Hügel am Schwentineufer, abgetragen.

Eine ab 1884 einsetzende Flaute im Schiffbau ließ dann bis 1886 die Zahl der Mitarbeiter auf 200 schrumpfen.

Arbeitersiedlung Neu-Dietrichsdorf

Die Gebrüder Howaldt errichteten ab 1883 vor dem Werftgelände eine Werkswohnungen und Häuser nach den Entwürfen des Architekten Moldenschardt. Zunächst erbaute man für 46 Familien Doppelhäuser. Zehn Jahre später gab es in der Arbeiterkolonie bereits 120 Wohnhäuser. 1895 erfolgte in Neu-Dietrichsdorf der Neubau einer Schule. Weiterhin hatte der Bau der Arbeitersiedlung eine umfangreiche Ansiedlung von Geschäften am Heikendorfer Weg und entsprechenden Handwerksbetrieben zur Folge.

Die Beschäftigungslage auf den Howaldtswerken verbesserte sich ab 1897. Im Jahre 1898 herrschte sogar Vollbeschäftigung. Eine Erweiterung der Werft bis an die Kieler Förde wurde notwendig. Die Zahl der Mitarbeiter auf der Werft betrug nun rund 2.500.

Durch diesen personellen Aufwuchs stieg aber auch die Einwohnerzahl der Gemeinde Dietrichsdorf auf rund 2.900 Bewohner. Bedingt durch eine eingetretene Wohnungsknappheit mussten viele Mitarbeiter der Mühle, des Munitionsdepots und der Werft lange Arbeitswege auf sich nehmen.

Straßenverzeichnis Neu-Dietrichsdorf

Quelle: www.kiel.de Kieler Straßenlexikon, bis 2005 Hans-G. Hilscher, ab 2005 fortgeführt von Dietrich Bleihöfer, ab 2022 von Frank Mönig, Amt für Bauordnung, Vermessung und Geoinformation der Landeshauptstadt Kiel, Stand: Januar 2021.

Werftstraße / Grenzstraße

Die 1894 erstmals erwähnte Werftstraße verlief am nördlichen Schwentine Ufer zwischen dem Heikendorfer Weg und der Schwentinestraße. 1925 wurde die Werftstraße in Grenzstraße umbenannt.

Verlauf:

1894 – 1925 als Werftstraße zwischen Schwentinestraße (A. C. Hansen, Anlegestelle Dietrichsdorf) ⟨⟩ Heikendorfer Weg, Zufahrt zur Hauptverwaltung der Howaldtswerke.

1925- weiter als Grenzstraße zwischen Schwentinestraße (A. C. Hansen, Anlegestelle Dietrichsdorf) ⟨⟩ Heikendorfer Weg, Zufahrt zur Hauptverwaltung der Howaldtswerke.

Schwentinestraße

Die Schwentinestraße wurde 1894 angelegt. Sie verlief an der Grenze der Howaldtswerke von der Schwentine (A. C. Hansen, Anlegestelle Dietrichsdorf) bis zum Werft Tor an der Katharinenstraße.

Verlauf:

1894 – 1925 Schwentine ⟨⟩ Katharinenstraße

1925- weiter Schwentine ⟨⟩ Eichenbergskamp

Diogenesstraße

Die Diogenesstraße wurde ab 1902 als Privatstraße geführt, sie lag auf dem Werftgelände. Sie war die Verlängerung der Schwentinestraße ab Katharinenstraße / Eichenbergskamp in Richtung Norden und verlief parallel zur Sokratesstraße. Benannt nach einem 1881 bei Howaldt für Peru erbauten Schiff. Die Straße wurde 1966 aufgelöst.

Verlauf:

1902 – 1923 ab Katharinenstraße in Richtung Artillerie Depot.

1923 – 1925 ab Katharinenstraße (Gegenüber der Einmündung Schwentinestraße) ⟨⟩ Howaldtswerke.

1925 – 1966 ab Eichbergskamp ⟨⟩ Heikendorfer Weg.

Augustenstraße / Moorblöcken

1894 wurde die Augustenstraße erstmals erwähnt. Sie wurde von dem Doppelhufner August Möller angelegt und nach seiner Ehefrau benannt. 1925 wurde die Augustenstraße in Moorblöcken umbenannt.

Verlauf:

1894 – 1925 als Augustenstraße zwischen Schwentinestraße ⟨⟩ Heikendorfer Weg.

1925 - weiter als Moorblöcken zwischen Schwentinestraße ⟨⟩ Heikendorfer Weg.

Nanthingasse

1894 wurde die, nach dem für China 1884 bei Howaldt erbauten Kanonenboot Nan Thin benannte Nanthingasse erwähnt. 1902 wurde sie zur Privatstraße.

Verlauf:

1894 – 1925 zwischen Werftstraße ⟨⟩ Katharinenstraße.

1925 – 1960 zwischen Grenzstraße ⟨⟩ Eichenbergskamp.

1960 – weiter zwischen Moorblöcken ⟨⟩ Eichenbergskamp.

Katharinenstraße / Eichenbergskamp

Die Katharinenstraße wurde 1888 von August Möller angelegt. Er benannte diese Straße nach seiner Schwester Katharina Falck. Ab 1902 wurde die Katharinenstraße zwischen Werft Tor / Schwentinestraße bis zur Einmündung Schulstraße zur Privatstraße erhoben.1925 in Eichenbergskamp umbenannt. Der Eichenbergskamp war lange Jahre die direkte Verbindung zu den Howaldtswerken.

Verlauf:

1888 – 1894 als Katharinenstraße vom Werft Tor ⟨⟩ Schulstraße (heute Langensaal)

1894 – 1925 als Katharinenstraße Schwentinestraße (am Werft Tor) ⟨⟩ Heikendorfer Weg

1925 – weiter als Eichenbergskamp Schwentinestraße (am Werft Tor) ⟨⟩ Heikendorfer Weg

Schulstraße / Langensaal

Die Schulstraße wurde 1904 erstmalig erwähnt. Sie verlief von der Katharinenstraße in nördlicher Richtung zum Heikendorfer Weg. In der Schulstraße 18 – 26 befand sich die Knabenvolksschule. 1925 wurde die Schulstraße in Langensaal umbenannt.

Verlauf:

1904 – 1925 als Schulstraße von Katharinenstraße ⟨⟩ Heikendorfer Weg

1925 – weiter als Langensaal von Eichenbergskamp ⟨⟩ Heikendorfer Weg

Luisenstraße

Die Luisenstraße wurde 1894 erstmalig erwähnt. Sie wurde nach Frau Luise Steffen aus Neumühlen - Dietrichsdorf benannt.

Verlauf:

1894 – 1925 Werftstraße ⟨⟩ Katharinenstraße.

1925 - weiter Grenzstraße ⟨⟩ Eichenbergskamp.

Sokratesstraße / Sokratesplatz

Die 1894 erstmalig erwähnte Sokratesstraße, war ab Katharinenstraße / Eichenbergskamp die Verlängerung der Luisenstraße in nördlicher Richtung. Sie war nach einem 1881 von den Howaldtswerken für die Vereinigten Staaten erbauten Kreuzer benannt. 1902 zur Privatstraße erhoben.

Verlauf:

1894 – 1925 Katharinenstraße ⟨⟩ Bismarckstraße

1925 – 1933 Eichenbergskamp ⟨⟩ Bismarckstraße

1933 – 1996 Eichenbergskamp ⟨⟩ Klein Ebbenkamp

1996 – weiter Eichenbergskamp ⟨⟩ Sokratesplatz

Bismarckstraße / Klein-Ebbenkamp

Die Bismarckstraße wurde 1894 erstmals erwähnt. Im Jahre 1902 wurde sie eine Privatstraße und im Jahre 1919 wurde die Strandstraße in die Bismarckstraße integriert. 1929 Aufhebung der Bismarckstraße zwischen Langensaal und Heikendorfer Weg als öffentliche Straße. 1933 Umbenennung in Klein-Ebbenkamp.

Verlauf:

1894 – 1929 als Bismarckstraße zwischen Sokratesstraße ⟨⟩ Heikendorfer Weg.

1929 – 1933 als Bismarckstraße zwischen Sokratesstraße ⟨⟩ Langensaal

1933 - weiter als Klein-Ebbenkamp zwischen Sokratesstraße / Sokratesplatz ⟨⟩ Heikendorfer Weg.

Strandstraße

1894 erstmalig als Strand erwähnt. 1911 dann umbenannt in Strandstraße und ab 1919 in die Bismarckstraße integriert. Über die Verbindung konnte man den Dietrichsdorfer Strand erreichen.

Bauverein - Eine weitere Arbeitersiedlung in Dietrichsdorf

In Neu-Dietrichsdorf standen für den Wohnungsbau keine freien Flächen mehr zur Verfügung und im Ortskern von Dietrichsdorf, am Ivensring lehnte die Gemeinde Dietrichsdorf den Bau von Arbeiterwohnungen ab. Trotz dieser Beschränkungen planten Georg und Hermann Howaldt den Bau einer neuen Arbeitersiedlung in Dietrichsdorf. Sie erwarben zunächst für rund 30.000.- Mark eine Koppel von 72.000qm auf dem Elbenkamp. Der Elbenkamp lag zwischen Mönkeberger Chaussee, dem heutigen Langen Rehm und dem Heikendorfer Weg.

In den folgenden Jahren entstand eine neue Siedlung, die im Volksmund auch Bauverein genannt wurde. Die Straßen bekamen die Namen der drei Brüder Howaldt, Georg, Hermann und Bernhard, sowie den der Ehefrau des Werftbesitzers, Helene. Erst ab 1905 gab es in der neuen Siedlung Anschlüsse für Wasser und 1909 dann auch für Strom.

Am 2. Juli 1898 wurde im Dietrichsdorfer Hof der Arbeiter Bauverein für Dietrichsdorf und Umgebung gegründet. Bereits im August 1899 konnten die ersten sechs Häuser unter den ersten 34 Genossenschaftsmitgliedern verlost werden. Mit einer günstigen Miete konnten die Genossenschaftsmitglieder nach 10 Jahren eine Eigentumsübertragung erreichen. Das Finanzierungsmodell hatte eine rege Bautätigkeit zur Folge und die Grundstücke an der Herrmannstraße waren im Jahre 1900 alle bebaut. Ab 1901/1902 erfolgte die Bebauung der Georgstraße. Nach 1902 lebten bereits rund 100 Familien in der neuen Siedlung. Zwischen 1902/1903 bebaute man auch dann die Bernhardstraße.

Aufgrund von Bauauflagen (einstöckige Gebäude, feuerfeste Bedachung) konnten im Elbenkamp nur beschränkt Dienstwohnungen für die Mitarbeiter des Marine Artillerie Depots errichtet werden. Im Jahre 1903 gewährte der Staat einen Kredit für den weiteren Ausbau am Elbenkamp. Zunächst wurden 6 Wohnungen mit Garten für Depotmitarbeiter errichtet.

Straßenverzeichnis Bauverein-Dietrichsdorf

Quelle: www.kiel.de Kieler Straßenlexikon, bis 2005 Hans-G. Hilscher, ab 2005 fortgeführt von Dietrich Bleihöfer, ab 2022 von Frank Mönig, Amt für Bauordnung, Vermessung und Geoinformation der Landeshauptstadt Kiel, Stand: Januar 2021.

Bernhardstraße / Lettow-Vorbeck-Straße / Hertzstraße

Die Bernhardstraße wurde vom Arbeiterbauverein angelegt und 1904 erstmalig im Kieler Adressbuch erwähnt. Katharinenstraße wurde 1888 von August Möller angelegt. Die Straße wurde nach dem Werftbesitzer Bernhard Howaldt benannt. Die Privatstraße wurde 1907 von der Gemeinde übernommen. Die Bernhardstraße als Nordsüdachse war zunächst die westliche Begrenzung des neuen Baugebietes. Mit den beginnenden Planungen für das Afrika-Viertel wurde die Bernhardstraße in Lettow-Vorbeck-Straße umbenannt. 1947 benannte man dann die Straße in Hertzstraße um.

Verlauf als Bernhardstraße:

1904 – 1938 Ab Hermannstraße ⟨⟩ über Helenenstraße bis an Einmündung der Wißmannstraße

1938 – 1939 Bernhardstraße ab Dietrichsdorfer Höhe (Hermannstraße) ⟨⟩ Einmündung der (heutigen) Wißmannstraße

Verlauf als Lettow-Vorbeck-Straße:

1939 – 1947 Lettow-Vorbeck-Straße ab Dietrichsdorfer Höhe (Hermannstraße) ⟨⟩ am südlichen Wendehammer mit Blickkontakt Adolf-Reichwein-Schule.

Verlauf als Hertzstraße:

1947 – weiter als Hertzstraße ab Dietrichsdorfer Höhe (Hermannstraße) ⟨⟩ Wendehammer vor der 1963 erbauten Andreas-Gayk-Schule

Elbenkamp

Der Elbenkamp wurde zunächst 1902 erstmals in einer Gemeinderatsitzung als Privatstraße erwähnt und wurde 1906 in das Adressbuch der Stadt Kiel übernommen. Der Straßenname lehnt sich an alte Flurbezeichnung (Elben - Elfen) an.

Verlauf:

1906 – weiter Herrmannstraße ⟨⟩ Heikendorfer Weg

Georgstraße

Die Georgstraße wurde 1901 als Privatstraße angelegt und 1904 im Adressbuch von Kiel zum ersten Mal erwähnt. Die Straße wurde nach dem Gründer der Howaldtswerke, Kommerzienrat Georg Howaldt benannt. Ab 1907 wurde die Privatstraße von der Gemeinde übernommen.

Verlauf:

1901 – 1939 Langer Rehm ⟨⟩ Bernhardstraße

1939 – 1947 Langer Rehm ⟨⟩ Lettow-Vorbeck-Straße

1939 – 1947 Langer Rehm ⟨⟩ Hertzstraße

Helenenstraße

Die Helenenstraße wird 1910 zum ersten Mal erwähnt. Sie wurde nach der Ehefrau des Kommerzienrates Georg Howaldt, Helene Howaldt benannt. 1918 wurde einen Teil vom Heikendorfer Weg (zwischen Elbenkamp und Bernhardstraße) in die Helenenstraße integriert.

Verlauf:

1910 – 1918 Langer Rehm ⟨⟩ Bernhardstraße

1918 – weiter Langer Rehm ⟨⟩ Kreuzung Elbenkamp – Heikendorfer Weg

Hermannstraße

Die Hermannstraße wurde 1901 erstmalig erwähnt und 1902 als Privatstraße angelegt. 1904 erschien dann der neue Straßenname auch im Kieler Adressbuch. 1907 wurde die Herrmannstraße von der Gemeinde übernommen. Die Straße wurde nach Hermann Howaldt, Leiter der Maschinenfabrik Gebr. Howaldt benannt.

Verlauf:

1907-weiter Kreuzung Hasselfelde / Elbenkamp ⟨⟩ Bernhardstraße ⟨⟩ Langer Rehm

Hasselfelde

Die Straße Hasselffelde wurde erstmalig 1894 im Adressbuch Gaarden -Ost aufgeführt. 1907 wurde der Straßenname von dem Gemeinderat bestätigt. Hasselfelde war die Bezeichnung für ein, als Wohnplatz genutztes Flurstück.

Verlauf:

ab 1894 Mönkeberger Landstraße ⟨⟩ Elbenkamp

ab 1910 Mönkeberger Chaussee ⟨⟩ Elbenkamp

ab 1937 Heikendorfer Landstraße ⟨⟩ Elbenkamp

ab 1970 Heikendorfer Landstraße ⟨⟩ Kraftwerk Kiel Ost

Die Entwicklung der Gemeinde Dietrichsdorf nach 1898

Durch die positive Entwicklung der Howaldtswerke und dem Artillerie-Depot entwickelte sich Dietrichsdorf zu einem aufstrebenden, industriel geprägten Vorort. Der bisherige ehrenamtliche Gemeindevorsteher Johann Gabriel Ivens legte am 31. März 1899 sein Amt nieder. Wegen der eingangs erwähnten Entwicklung beschloss die Gemeindevertretung, dass die Stelle des Gemeindevorstehers zukünftig hauptberuflich ausgeübt werden sollte.

Zum 1. April 1899 übernahm der erste besoldete Gemeindevorsteher in Dietrichsdorf die Dienstgeschäfte. Aber bereits zum 1. April 1901 legte Dr. Moritz seine Amtsgeschäfte nieder. Die Nachfolge trat der Gemeindevorsteher Schoepe am 2. Oktober 1901 an.

Mit dem Wechsel vom ehrenamtlichen (bis 1899) zum besoldeten Gemeindevorsteher (ab 1899) veränderte sich auch der bis dahin noch existente bäuerliche und dörfliche Charakter von Dietrichsdorf. In Neu-Dietrichsdorf wurde die Bautätigkeit fortgesetzt. Durch den Bau von neuen Häusern (3 Stockwerke/6 Wohnungen) konnten rund 50 Familien angesiedelt werden.

Weiterhin muss erwähnt werden, dass die Gemeinden Neumühlen und Dietrichsdorf seit Ende der 1890er Jahre mit Gas von der Gaardener Gasanstalt versorgt wurden. Einen weiteren Schritt in die Zukunft wagte die Gemeinde Dietrichsdorf im Jahre 1903 mit dem Ausbau eines eigenen Wassernetzes. Als dann das von Bernhard Howaldt an der Schwentine erbaute Wasserkraftwerk seinen Betrieb aufnahm, wurde auch Dietrichsdorf ab 1908/1909 von dort mit Strom versorgt.

Der Anschluss von Neu-Dietrichsdorf an das obere Dietrichsdorf

Eine dringendes Problem war für die Gemeinde Dietrichsdorf die Anbindung der Arbeitersiedlung Neu Dietrichsdorf an den alten Ortskern von Dietrichsdorf. Der bisherige genutzte Zugang zum Ivensring über den Bocksberg war zu schmal war. Die Gemeinde ließ bis 1903 eine neue Verbindungsstraße zwischen Ortskern und Arbeitersiedlung, die Bergstraße, heute Eekberg anlegen. Die Bergstraße verlief vom Heikendorfer Weg bis an die noch 1903 in Planung befindliche heutige Tiefe Allee. Die Bergstraße war sehr steil und in der Gemeinde umstritten.

Die in Planung befindliche Tiefe Allee verlief vom Hohlen Weg in Neumühlen an bis an die Einmündung in den Boksberg in Dietrichsdorf. Ab 1904 begann man dann die Tiefe Allee, zwischen Schönberger Straße und Boksberg auszubauen. Mit dem Bodenaushub dieses Bauvorhabens konnte man dann auch die Helenenstraße erschließen und die Grundstücke auch dort bebauen.

Die Umgestaltung des alten Ortszentrums

Zwischenzeitlich (vor 1903) erwarb die Gemeinde Dietrichsdorf die bisher landwirtschaftlich genutzte Quittenkoppel. Die Gemeinde ließ von der Dorfstraße (heute Ivensring) aus nach Süden eine neue Straße in Richtung des heutigen Probsteier Platzes, die Quittenstraße anlegen. Sie verlief zunächst vom Ivensring aus bis an das seit 1903 geplante und 1908 eingeweihte neue Feuerwehrhaus.

Ab 1906 plante die Gemeinde eine Bebauung der Quittenkoppel. Das neue Baugebiet wurde durch nachfolgende Straßen begrenzt:

- Hohler Weg

- Tiefe Allee

- Ivensring

Zentral in dem neuen Baugebiet wurde ein Marktplatz (heute Probsteier Platz) geplant. Um diesen Platz herum wollte man ein neues Ortszentrum gruppieren. Als erstes begann die Gemeinde mit der Realisierung des geplanten neuen Marktplatzes. Im Jahre 1907 konnte der um die 3.000 qm große Patz an die Gemeinde übergeben werden. Gleichzeitig ließ die Gemeinde auch die Quittenstraße bis zum Probsteier Platz verlängern. Die weiteren ausgewiesenen Grundstücke wurden Landesweit angeboten. Zur Überraschung der Gemeinde war das Interesse Grundstücke in Dietrichsdorf zu erwerben sehr gering.

Der auf dem Quittenberg, angelegte Platz, als neuer Marktplatz und neues Ortszentrum geplant, konnte diese Anforderungen nicht erfüllen. Nach und nach änderte die Gemeinde die Planungen wieder. Die geplante Kirche am Platz wurde aus finanziellen Gründen nicht gebaut. Auch das geplante neue Dietrichsdorfer Rathaus wurde nicht realisiert. Die Gemeinde erwarb im Juni 1908 ein zweistöckiges Gebäude am Ivensring 15 und nutzte dieses Haus für die Gemeindeverwaltung, in der ersten Etage befand sich der Sitzungssaal der Gemeindevertretung und das Amtszimmer des Amtsvorstehers, der gleichzeitig im Dachgeschoß seine Dienstwohnung nutzte.

1907 wurde mit dem Bau des neuen Spritzenhauses für die Dietrichsdorfer Feuerwehr an der Quittenstraße begonnen. Nach erfolgter Abnahme wurde das neue Feuerwehrhaus im August 1908 an die Gemeinde übergeben.

Im August 1910 beschloss die Gemeinvertretung den Bau einer öffentlichen Volksbadeanstalt und Turnhalle. Das neue Gebäude wurde nach Plänen des Architekten Johannes Garleff erbaut. Das Gebäude umfasste zwei Stockwerke und wurde entgegen den Planungen abseits vom neuen Markplatz auf der östlichen Seite der verlängerten Quittenstraße mit Freifläche (Turnplatz) und Kastanienallee erbaut.

1913-15 wurde dann nach Plänen des Architekten Ernst Prinz die Mädchenschule an der Tiefen Allee erbaut. Die Adolf-Reichwein-Schule war zur Tiefen Allee hin on einer Schulhofmauer eingefasst. Vom Reichweinweg hinter der Schule führte eine Treppe zur Tiefen Allee. Von der Tiefen Allee gelangte man an der Nordseite der Schule über eine Freitreppe und dem Haupteingang in das Schulgebäude.

Diese beiden öffentlichen Gebäude waren die letzten Neubauten im Wohnquartier vor dem Ersten Weltkrieg. Außer der Fertigstellung von privaten Mietshäusern an der Quittenstraße (Nr. 3 bis 11) wurde die weitere Bebauung des Quartiers, auch wegen des Kriegsbeginns 1914 erst einmal beendet.

Anmerkung:

Nach langen und schwierigen Verhandlungen wurden die Gemeinden Dietrichsdorf am 27. Mai 1907 zur Landgemeinde Neumühlen -Dietrichsdorf vereinigt

Trotz aller Beschränkungen durch den Ersten Weltkrieg schritt die Entwicklung, hin zu einem modernen Vorort, weiter voran. Die Wohnbebauung wurde weiter fortgeführt. Es wurden Straßen gepflastert, Fußwege mit Gaslaternen angelegt. Der Heikendorfer Weg entwickelte sich nach der vollzogenen Vereinigung zu einer für die Gemeinde wichtigen Einkaufsstraße.

Am Probsteier Platz wurden noch vor dem Ersten Weltkrieg die Brodersdorfer Straße parallel zur Quittenstraße angelegt und über die Turnstraße mit ihr verbunden.

Neue Impulse für den Wohnungsbau in Neumühlen-Dietrichsdorf nach 1920

Anmerkung:

Quelle: www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_13/Demokratische_Geschichte_Band_13_Essay_9.pdf, Daniel Roth: Gefolgschaftsbetreuung Zur betrieblichen Sozialpolitik der Deutsche Werke Kiel AG im „Dritten Reich“

Der anhaltende Zuzug von weiteren Arbeitskräften verschärfte Mitte der 30er Jahre in Kiel die Situation auf dem Wohnungsmarkt.

Quelle: 100 Jahre Howaldt, 1938, Howaldtswerke AG, Seite 209, letzter Absatz

Zitat: Neue Arbeitskameraden strömen aus allen Teilen des Reiches herbei, - aber die Stadt ist zu eng geworden, -die Wohnungsnot lastet schwer auf den Betroffenen; vorübergehende Hilfsmaßnahmen wie Auslösung und gelegentliche Heimreisen sind keine Lösung des Problems.

Ab Juli 1938 versuchten die Stadt Kiel, Provinzialbehörden, Kriegsmarine und Werften gemeinsam das Problem der Wohnungsknappheit zu lösen. Von der Kriegsmarine wurde der kurzfristige Bedarf an neuen Wohnungen für Wehrmachtsangehörige und Rüstungsarbeiter allein auf dem Kieler Ostufer auf gut 8.500 beziffert. Für die folgenden Jahre bis 1945 sah man sogar den Neubau von über 14.000 Wohnungen auf dem Ostufer für notwendig an. Um die Wohnungsnot erfolgreich bekämpfen zu können mussten aber auch die Gemeinden ausreichende Baugrundstücke zur Verfügung stellen.

Der sich zuspitzende Wohnungsmangel wurde unter anderem dadurch hervorgerufen, dass die Deutschen Werke erst sehr spät, im Gegensatz zu den Howaldtswerken und der Germaniawerft, mit dem Bau eigener Werkswohnungen begann. Im April 1937 gründete die Werksleitung der DWK eine werkseigene Wohnungsbaugesellschaft, die Kieler Werkswohnungen GmbH (KWW). Bereits Ende 1938 konnten in der Bielenbergstraße und den im Stadtteil Gaarden neu angelegten Straßen von der KWW 523 errichtet werden.

Quelle: 100 Jahre Howaldt, 1938, Howaldtswerke AG, Seite 209, letzter Absatz

Zitat: Verzweifelt ringt die Werft, von den Deutschen Werken vorbildlich unterstützt, um ihre großen Wohnungsbauvorhaben;

Neben den Bauvorhaben

·         in Gaarden Bielenbergstraße, Werftstraße, Bothwellstraße, Mühlenstraße und Georg-Pfingsten-Straße

·         in Ellerbek Poppenraderweg

·         in Friedrichsort Gorch-Fock-Str.

·         in Elmschenhagen-Süd

errichtete die KWW noch ab 1938 im Auftrag der Kriegsmarinewerft 104 Werkswohnungen in Dietrichsdorf. Auch wurde der Siedlungsbau fortgesetzt und 289 neue Siedlungshäuser wurden errichtet. Die KWW konnte bis 1940 für die Kriegsmarinewerft insgesamt 1651 Wohnungen errichten.

Ab dem Beginn des Ersten Weltkrieges ruhte in der Gemeinde zunächst der Wohnungsbau. Erst ab Mitte der 1920er Jahre nahm der Wohnungsbau wieder Fahrt auf. So wurde, neben dem 1925 gebauten Neubau Probsteier Platz 11, im gleichen Jahr am Poggendörper Weg 2 -28 ein Wohnblock mit 11 Reihenhäuser nach Plänen von Arnold Bruhn erbaut.

Auch die nördliche Siedlung, der Bauverein (Hermannstraße / Georgstraße) wurde zwischenzeitlich erweitert. Die neu erschlossenen Grundstücke wurden dann entsprechend mit Doppelhäusern bebaut.

Zwischen 1936 und 1937 erfolgte dann auch der weitere Wohnungsbau im Umkreis des Probsteier Platzes.

Ab 1938 begann die Kieler Werkswohnungen GmbH mit der Bebauung der freien Fläche zwischen Langem Rehm und Heikendorfer Weg. Das Afrika Viertel wurde auch noch während des Zweiten Weltkrieges weiter gebaut. Die meisten Neubauten wurden zerstört bzw. beschädigt aber nach Kriegsende nach den ursprünglichen Plänen wieder aufgebaut.

Dietrichsdorfer Höhe

Ab 1938 wurden dann auch von der KWW die zur Bebauung freigegebenen Flächen nördlich der Hermannstraße erschlossen. Zunächst legte man ab der Einmündung Bernhardstraße / Hermannstraße eine neue Straße im Bogen in Richtung Norden bis zum Langen Rehm an. Die neu erschlossenen Grundstücke wurden dann entsprechend mit Reihenhäusern bebaut. Die Siedlung wurde als Dietrichsdorfer Höhe bezeichnet. Für die neu angelegte Straße zwischen Bernhardstraße und Langer Rehm wurde 1938 ebenfalls der Name Dietrichsdorfer Höhe festgelegt.

Quelle: www.kiel.de Kieler Straßenlexikon, bis 2005 Hans-G. Hilscher, ab 2005 fortgeführt von Dietrich Bleihöfer, ab 2022 von Frank Mönig, Amt für Bauordnung, Vermessung und Geoinformation der Landeshauptstadt Kiel, Stand: Januar 2021.

Dietrichsdorfer Höhe

Namensfestlegung 1938. Die Straße führte ab der Einmündung Bernhardstraße / Hermannstraße nach Norden und mündet am höchstgelegenen Punkt Dietrichsdorf (Höhe 31-39 m) in den Langen Rehm.

Verlauf:

ab 1938 Bernhardstraße / Hermannstraße ⟨⟩ Langer Rehm

ab 1938 Lettow-Vorbeck-Straße / Hermannstraße ⟨⟩ Langer Rehm

ab 1947 Hertzstraße / Hermannstraße ⟨⟩ Langer Rehm

Bild links / Bild rechts

1938, Wohnhäuser an der Dietrichsdorfer Höhe 1-89

Bildnachweis links:

Signatur: 82.697 Bestand: 2.1 - Städtische Lichtbildstelle Titel: Wohnhäuser an der Dietrichsdorfer Höhe 1-89 in Neumühlen-Dietrichsdorf Beschreibung: Blickrichtung Langer Rehm. Datierung: um 1938, Fotograf: Unbekannt Nutzungsrechte: Stadtarchiv Kiel

Bildnachweis rechts:

Signatur: 82.696 Bestand: 2.1 - Städtische Lichtbildstelle Titel: Wohnhäuser an der Dietrichsdorfer Höhe 1-89 in Neumühlen-Dietrichsdorf Beschreibung: Blickrichtung Lettow-Vorbeck-Straße (später Hertzstraße). Datierung: um 1938, Fotograf: Unbekannt Nutzungsrechte: Stadtarchiv Kiel

Bild

1935, Wohnhäuser an der Dietrichsdorfer Höhe 34-35

Bildnachweis:

Signatur: 82.698 Bestand: 2.1 - Städtische Lichtbildstelle Titel: Wohnhäuser an der Dietrichsdorfer Höhe 34-35 in Neumühlen-Dietrichsdorf Beschreibung: Eingang. Architekt Müller. Datierung: um 1935, Fotograf: Unbekannt Nutzungsrechte: Stadtarchiv Kiel

Ausbau der Wohnsiedlung Probsteier Platz nach 1920

Quelle: Denkmaldatenbank Schleswig-Holstein, Quartier am Probsteier Platz, 24149 Kiel, Ortsteil: Neumühlen-Dietrichsdorf Wohnsiedlung Objektnummer: 23969

Anmerkung:

Am 30. Mai 1924 beschließt der Preußische Landtag die Eingemeindung der Gemeinde Neumühlen-Dietrichsdorf in die Stadt Kiel rückwirkend zum 1. Mai 1924. Somit war Neumühlen-Dietrichsdorf ein weiterer Kieler Stadtteil.

Mitte der 1920er Jahre wurde die Bautätigkeit im Quartier wieder aufgenommen. Nach der Eingemeindung ließ 1925 die Stadt Kiel die Baulücke an der Quittenstraße schließen. Das städtische Hochbau- und Siedlungsamt (Ltg. Willy Hahn) realisierte dieses Bauvorhaben (Wohnhaus, 4 Etagen, Probsteier Platz 6 / 11 / 12) nach eigenen Plänen.

Zwischen 1936-1938 im Rahmen eines großen Wohnungsbauprogramms erweiterte die Kieler Wohnungsbaugesellschaft mbH das Quartier am Probsteierplatz. Die einheitlich gestalteten Backsteinhäuser waren so angeordnet, dass der Blick Richtung Süden auf Schwentinemündung und Wellingdorf nicht eingeschränkt wurde. Gleichzeitig legte man am südlichen Hang zur Tiefen Allee eine Treppe an.

Quelle: Lageplan_Probsteier_Platz.pdf, Landeshauptstadt Kiel, Sachgesamtheit: Quartier am Probsteier Platz, Landesamt für Denkmalpflege Schleswig-Holstein Stand: 18. Februar 2022 Projektion: Gauß-Krüger Kartenhintergrund: DTK 5

Straßenverzeichnis Probsteier Platz

Quelle: www.kiel.de Kieler Straßenlexikon, bis 2005 Hans-G. Hilscher, ab 2005 fortgeführt von Dietrich Bleihöfer, ab 2022 von Frank Mönig, Amt für Bauordnung, Vermessung und Geoinformation der Landeshauptstadt Kiel, Stand: Januar 2021.

Bergstraße / Eekberg

Die Bergstraße wurde 1903 zum ersten Mal erwähnt und war eine steil ansteigende Straße. 1925 wurde die Bergstraße dann in Eekberg nach einem landwirtschaftlich genutzten Flurstück Eekberg (Eichberg) umbenannt

Verlauf als Bergstraße:

1903-1925 Heikendorfer Weg ⟨⟩ Quittenstraße

Verlauf als Eekberg

1925-weiter Heikendorfer Weg ⟨⟩ Quittenstraße

Boksberg

Die Straße Boksberg wurde 1893 erstmalig als Gemeindeweg erwähnt und 1906 zur Straße ausgebaut. Der Name entspricht einer landwirtschaftlichen Fläche (Buchenhölzung, Bok = Buchecker). Ab 1979 wurde der obere Teil der Straße Boksberg in die Tiefe Allee integriert.

Verlauf Boksberg (Gemeindeweg):

1893-1906 Heikendorfer Weg ⟨⟩ an den Dorfteich

Verlauf Boksberg:

1906-1979 Heikendorfer Weg ⟨⟩ Ivensring

1979-weiter Heikendorfer Weg ⟨⟩ Tiefe Allee

Brodersdorfer Straße

Die Brodersdorfer Straße wurde 1929 das erste Mal namentlich erwähnt. Die Straße beginnt oberhalb der tiefer liegenden Tiefe Allee in Nord Süd Richtung parallel zur Straße Hohler Weg. Zunächst konnte die Brodersdorfer Straße nur über die Turnstraße erreicht werden. Im Jahre2001 wurde die Straße verlängert und mündet an der Kreuzung Tiefe Allee / Quittenstraße. Benannt wurde die Straße nach der Gemeinde Brodersdorf bei Laboe.

Verlauf:

1929-2001 oberhalb Tiefe Allee, parallel zum Hohlen Weg in Nord Süd Richtung, Zufahrt nur über Turnstraße

2001- Brodersdorfer Straße in nördliche Richtung weiter ausgebaut bis Kreuzung Tiefe Allee / Quittenstraße

Dorfstraße / Ivensring

Die Straße um den Dorfteich wurde bereits 1892 als Dorfstraße aufgeführt, 1894 als Ringstraße angelegt und im Adressbuch Gaarden-Ost erwähnt. 1906 erfolgte dann die Umbenennung in Ivensring. Sie wurde nach der am Dorfteich ansässigen Familie Ivens benannt.

Verlauf:

Ringstraße um den Dorfteich

Hohler Weg

Bereits 1893 wurde der Weg als Gemeindeweg erwähnt. Als Hohler Weg erstmals im Adressbuch Gaarden-Ost erwähnt. Die Straße Hohler Weg war ursprünglich ein ansteigender Feldweg in Richtung Kirschberg / Margarethenhöhe. Heute ist der Hohle Weg ein Fußweg zwischen Ivensring und Tiefe Allee parallel zum heutigen Ostring.

Verlauf:

1789-1907 von der Schönberger Straße (heute Strohredder) Feldweg in Richtung Margarethental

1907-weiter von Strohredder in Richtung Ivensring

Quittenstraße

1894 erstmals im Adressbuch Gaarden-Ost aufgeführt. Ursprünglich ein Fußweg vom Dorfteich (altes Spritzenhaus) in Richtung Schönberger Straße. Der Weg wurde als Quietenweg (Twiete = Gang). Der Gemeinderat legte 1903 als Straßennamen der neu angelegten Straße den Namen Quittenstraße fest.

Verlauf:

1894-1906 von der Dorfstraße Richtung Süden zur Schönberger Straße

1906-1914 vom Ivensring Richtung Süden bis zum neuen Spritzenhaus

1914-1925 vom Ivensring Richtung Süden zum Markt

1925-weiter vom Ivensring Richtung Probsteier Platz

Probsteier Platz

Der Probsteier Platz wurde 1914 erstmals als Markt im Adressbuch der Stadt Kiel aufgeführt und 1925 in Probsteier Platz umbenannt. Der ausgewählte Name entspricht der Landschaft Probstei im Kreis Plön.

Verlauf

1914-1925 Quittenstraße ⟨⟩ Bergstraße

1925-weiter Quittenstraße ⟨⟩ Eekberg

Tiefe Allee

Der Name Tiefe Allee wurde 1907 durch den Gemeinderat festgelegt. Die Tiefe Allee wurde 1907 angelegt und wurde die bequemste Verbindungsstraße zwischen Neumühlen und Neu-Dietrichsdorf nach Alt-Dietrichsdorf und weiter in Richtung Laboe.

Verlauf:

1907-1925 von der Schönberger Straße in Richtung Boksberg (bis an den Dorfteich)

1925-1968 von der Schönkirchener Straße in Richtung Boksberg (bis an den Dorfteich)

1968 -1979 vom neuen Ostring in Richtung Boksberg (bis an den Dorfteich)

1979-weiter vom neuen Ostring an den Ivensring

Reichweinweg

Hinter der Adolf-Reichwein-Schule auf der Südseite befand sich eine Treppe, die in den Verbindungsweg zwischen Quittenstraße und Tiefe Allee mündete. Dieser Weg war der Zugang zu den 1936-1938 erbauten zweigeschossigen Mietshäusern. 1979 wurde dieser Weg nach Adolf Reichwein (1898-1944) benannt.

Turnstraße

Für die Verbindungsstraße zwischen Brodersdorfer Straße und Quittenstraße legte der Gemeinderat 1907 den Namen Turnstraße fest.

Verlauf:

1907-1925 vom Markt nach Brodersdorfer Straße

1925-weiter Probsteierplatz nach Brodersdorfer Straße

Turnplatz

Der Name Turnplatz für den Platz vor der damals einzigen Turnhalle in Dietrichsdorf wurde im Jahre 2000 von der Kieler Ratsversammlung festgelegt. Bis in die 60er Jahre wurde dieser Platz auch als Wochenmarkt genutzt.

Probsteier Platz 1936 bis 1938

Quelle: Denkmaldatenbank Schleswig-Holstein Denkmal-Bezeichnung: Sachgesamtheit: Quartier am Probsteier Platz Kreis/kreisfreie Stadt: Kiel Gemeinde: 24149 Kiel, Landeshauptstadt Wohnplatz/Ortsteil: Neumühlen-Dietrichsdorf Straße: Probsteier Platz u. a. Denkmal-Art: Wohnbau Denkmal-Funktion: Wohnsiedlung Objektnummer: 23969

1936 wurde ein umfangreiches neues Wohnungsbauprogramm begonnen und das Wohngebiet rund um den Probsteier Platz wurde einheitlich bebaut. Die Südseite des Platzes blieb unbebaut und erlaubte einen freien Blick Richtung Süden. Gleichzeitig wurde am südlichen Ende am Hang zur Tiefen Allee eine Treppe angelegt. Der eben angelegte Probsteier Platz wurde am westlichen Ende durch eine Mauer abgestützt. Von Norden und Süden war er über eine Treppe erreichbar. Auf der östlichen und westlichen Seite wurden Bäume angepflanzt.

Die neue Bebauung um den Probsteier Platz wurde einheitlich ausgeführt, wobei die die Eingänge durch rotbraune Keramikplatten (Entwurf Fritz During) hervorgehoben wurden. Die moderne Wohnbebauung war auf die einzelnen Straßenräume abgestimmt.

Afrika-Viertel ein weiteres Wohngebiet

Nach einem ab 1935 vom Kieler Stadtplanungsamt unter dem Magistrat-Oberbaurat Herbert Jensen (1900-1968) erarbeiteten Konzeptes sollte nördlich des alten Dietrichsdorfer Ortskerns ein neues Wohngebiet für Arbeiter der Kieler Howaldtswerke (April 1939 – Juli 1943 Kriegsmarinewerft Kiel) erbaut werden.

Mit der Realisierung dieses Bauvorhabens auf einem leicht abfallenden Gelände zwischen Langem Rehm und Heikendorfer Weg wurde die Kieler Werkswohnungen GmbH beauftragt. Planung und Entwurf dieser neuen Wohnsiedlung wurden unter Leitung des Architektenbüros Ernst Prinz* erarbeitet. Ernst Prinz und eine weitere Gemeinschaft Kieler Architekten (Otto Bade, Arnold Bruhn, Otto Christophersen, Karl Doormann, Robert Resch, Ernst Stoffers und Diedrich Suhr). Das Büro Ernst Prinz schaffte es, dass ab 1938 die Bauarbeiten begannen und auch nach Kriegsbeginn fortgeführt wurden.

*Bereits 1924 war Herbert Jensen im Architektenbüro von Ernst Prinz angestellt

Um das neue Baugebiet zu erschließen, wurden insgesamt sechs neue Straßen angelegt. Der damalige von der NSDAP beherrschte Magistrat verfügte, die neuen Straßen nach führenden Vertreter der deutschen Kolonialpolitik in Afrika des Deutschen Kaiserreiches zu benennen. Dies geschah auch vor dem Hintergrund, den durch die Reichspropaganda im Reich vorhandenen Kolonialrevisionismus zu unterstützen. Die Tatsache, dass diese Namen für Völkermord, Sklaverei und persönlicher Grausamkeit stehen, wurde ignoriert oder verdrängt. Die Straßennamen wurden im April 1939 durch den Polizeipräsidenten Kiel in den entsprechenden Straßenbenennungsakten festgelegt. Nachfolgend eine Aufzählung in alphabetischer Reihenfolge der festgelegten Straßennamen (inzwischen wieder umbenannte Straßen sind kursiv markiert):

Nachdem die Straßen festgeschrieben waren, ist es verständlich, dass das gesamte neu zu erbauende Wohngebiet als "Afrika-Viertel" bezeichnet wurde.

Die Nachtigalstraße wurde als zentrale Achse zwischen Langer Rehm und einer gegenüber der Einmündung in die Lettow-Vorbeck-Straße angelegten Aussichtsplattform konzipiert. Die Nachtigalstraße, vom Langen Rehm nach Westen durchlaufend war und ist die zentrale West-Ost-Achse im Afrika-Viertel.

Als westliche Nord-Süd Achse im neuen Wohngebiet wurde die nach dem Werftbesitzer Bernhard Howaldt seit 1904 benannte Bernhardstraße 1939 durch den Polizeipräsidenten in Lettow-Vorbeck-Straße umbenannt. Am südlichen Ende der Straße bestand eine Sichtverbindung zur Adolf-Reichwein-Schule. 1947 wurde dann die Lettow-Vorbeck-Straße in Hertzstraße umbenannt.

Die ebenfalls 1939 neu angelegte Ritter-von-Epp-Straße kann als östliche Nord-Süd-Achse im neuen Wohngebiet angesehen werden. Am Ende der Straße (Bauernhof) bestand Sichtkontakt zum Schulgebäude an der Tiefen Allee.[1][2][3]

Straßenbezeichnungen und Verläufe

Carl-Peters-Straße / Albert-Schweitzer-Weg

Die Carl-Peters-Straße wurde 1939 zum ersten Mal erwähnt. Sie verlief von der Lettow-Vorbeck-Straße / Hertzstraße in westlicher und dann nördlicher Richtung parallel zur Lettow-Vorbeck-Straße / Hertzstraße und der Wendehammer der Carl-Peters-Straße befand sich kurz vor dem Heikendorfer Weg. 2007 wurde dann die Carl-Peters-Straße in Alber-Schweitzer-Weg umbenannt.

Bernhardstraße / Lettow-Vorbeck-Straße / Hertzstraße

Die Bernhardstraße wurde nach dem Werftbesitzer Bernhard Howaldt benannt und 1904 in Kiel erstmals aufgeführt. Sie war eine Privatstraße des Arbeiterbauvereins und wurde 1907 von der Gemeinde übernommen.

Verlauf:

1904 – 1911 Bernhardstraße ab Hermannstraße ⟨⟩ Einmündung der (heutigen) Wißmannstraße in die Bernhardstraße

1911 – 1938 Bernhardstraßen ab Hermannstraße ⟨⟩ Einmündung der (heutigen) Wißmannstraße

1938 – 1939 Bernhardstraße ab Dietrichsdorfer Höhe (Hermannstraße) ⟨⟩ Einmündung der (heutigen) Wißmannstraße

1939 – 1947 Lettow-Vorbeck-Straße ab Dietrichsdorfer Höhe (Hermannstraße) ⟨⟩ am südlichen Wendehammer mit Blickkontakt Adolf-Reichwein-Schule.

1947 – weiter als Hertzstraße ab Dietrichsdorfer Höhe (Hermannstraße) ⟨⟩ Wendehammer vor der 1963 erbauten Andreas-Gayk-Schule

Lüderitzstraße

Wie auch viele andere Straßen im Afrika Viertel erhielt die Lüderitzstraße 1939 ihren Namen. Sie verlief vom Langen Rehm in westlicher Richtung, kreuzte die Ritter-von-Epp-Straße / Verdieckstraße und mündete in die Woermannstraße. 2002 wurde die Lüderitzstraße vom Langen Rehm in Richtung Ostring verlängert.

Nachtigalstraße

Namensfestlegung 1939. Verlauf vom Langen Rehm in westlicher Richtung bis zur Einmündung in die Lettow-Vorbeck-Straße / ab 1947 in die Hertzstraße

Ritter-von-Epp-Straße / Verdieckstraße

Namensfestlegung 1939. Verlauf von der Nachtigalstraße, kreuzt die Lüderitzstraße und am Ende der Straße (Bauernhof) Sichtkontakt zur Adolf Reichwein Schule. Ab 1947 umbenannt in Verdieckstraße.

Wißmannstraße

Namensfestlegung 1939. Verlauf Einmündung südlich in die Lettow-Vorbeck-Straße / ab 1947 in die Hertzstraße nördlich mündet sie dann in die Nachtigalstraße

Das nördlich des alten Dietrichsdorfer Ortskerns leicht abfallende Gelände zwischen Langem Rehm und Heikendorfer Weg wurde als Wohnsiedlung für Arbeiter der Howaldtswerke angelegt. Der Bau der Siedlung begann 1938 und wurde bis in den Zweiten Weltkrieg hinein fortgesetzt. Die Mehrheit der Wohnhäuser wurde bei Luftangriffen zerstört oder beschädigt, jedoch weitgehend nach ursprünglichen Plänen nach 1945 wieder aufgebaut.

Die zwei- bis fünfgeschossigen ausgeführten Wohnblocks, aus Backstein mit Walmdächern, wurden im Afrika Viertel unterschiedlich gruppiert und mit unterschiedlichen Fassaden erbaut. Die Wohnblocks boten den späteren Mietern sowohl Zwei- als auch Dreizimmerwohnungen.

Die Wohnblocks an der Lüderitzstraße, Woermannstraße und Verdieckstraße umfassen einen großen, begrünten Innenhof. Dieser Innenhof ist von der Verdieckstraße über drei Zugänge mit Backsteintorpfosten erreichbar. Der Zugang hat zwei den Pfosten mit aufgesetzten Antilopenfiguren (Entwürfe Erich Schmidt-Kabul und Alwin Blaue). Der Zugang von der Woermannstraße aus erfolgt über Torbogen gestaltete Arkaden.

Die Eckhäuser wurden besonders ausgestaltet. Bei den Eckhäusern, die einen nach hinten versetzten Laden hatten, wurde die Front mittels Rundbogen und Arkaden aufgelockert. Bei anderen Ladenzeilen versuchte man die Auflockerung der Fassade mit einem Giebelabschluss. Die ursprüngliche geplante Sichtverbindung von der Verdieck- und Hertzstraße in Richtung Tiefe Allee wird heute durch die Andreas-Gayk-Schule verhindert.

Afrika Viertel

Das neue Wohngebiet für die Arbeiter der Howaldtswerke zwischen Langem Rehm und Heikendorfer Weg wurde auch im Geist des Neokolonialismuses ab 1938 als Afrika-Viertel bezeichnet. Die Straßennamen wurden im April 1939 durch den Polizeipräsidenten Kiel in den entsprechenden Straßenbenennungsakten festgelegt. Die so festgelegten Straßennamen erinnern an Persönlichkeiten der deutschen Kolonialgeschichte deren Namen im gleichen Atemzug mit Völkermord, Sklaverei und persönlicher Grausamkeit zu erwähnen sind.

Zum Verständnis der nachfolgenden Abschnitte ein Auszug aus einer Reichstagsdebatte von 1889 in der August Bebel (1840-1913), Deutschlands führender Sozialdemokrat, es sehr deutlich machte welche Auswirkung der Kolonialismus auf die annektierten Völker eigentlich hat. Bebel und die Sozialdemokraten im Reichstag brachten so, schon 1889 ihren heftigen Widerstand gegen die deutsche Kolonialpolitik zum Ausdruck.

Zitat:

Im Grunde genommen ist das Wesen aller Kolonialpolitik die Ausbeutung einer fremden Bevölkerung in der höchsten Potenz. Wo immer wir die Geschichte der Kolonialpolitik in den letzten drei Jahrhunderten aufschlagen, überall begegnen wir Gewalttätigkeiten und der Unterdrückung der betreffenden Völkerschaften, die nicht selten schließlich mit deren vollständiger Ausrottung endet. Und das treibende Motiv ist immer, Gold, Gold und wieder nur Gold zu erwerben. Und um die Ausbeutung der afrikanischen Bevölkerung im vollen Umfange und möglichst ungestört betreiben zu können, sollen aus den Taschen des Reichs, aus den Taschen der Steuerzahler Millionen verwendet werden, soll die Ostafrikanische Gesellschaft mit den Mitteln des Reichs unterstützt werden, damit ihr das Ausbeutegeschäft gesichert wird. Dass wir von unserem Standpunkt aus als Gegner jeder Unterdrückung nicht die Hand dazu bieten, werden Sie begreifen.[4]

Afrika ?

Zum Ende des 19. Jahrhunderts in den 1880er-Jahren beteiligte sich auch das Deutsche Kaiserreich an der Kolonialisierung des afrikanischen Kontinents. Die Reichsregierung erwarb Schutzgebiete in Ostafrika, in Südwestafrika und in Westafrika. Das deutsche Kolonialreich umfasste weiterhin Gebiete in China, Papua-Neuguinea, mehrere Inseln im Westpazifik und Mikronesien. Die Deutschen Kolonien waren nicht Teil des Deutschen Kaiserreiches, sondern wurden lediglich als überseeischer Besitz angesehen. Das Deutsche Kolonialreich umfasste zu Beginn des ersten Weltkrieges flächenmäßig nach England und Frankreich das drittgrößte annektierte Kolonialgebiet.

Mit dem Inkrafttreten des Versailler Vertrages im Januar 1920 musste Deutschland alle seine Kolonien aufgeben und alle deutschen Staatsbürger mussten - mit Ausnahme von Deutsch-Südwestafrika - die Kolonien verlassen.

Deutscher Kolonialismus nach 1918

Nach Ende des Ersten Weltkriegs verabschiedete die Weimarer Nationalversammlung am 1. März 1919 eine Resolution, dass die erzwungene Abtretung der Kolonien Unrecht sei und Deutschland ein Recht auf die Kolonien habe. In der Resolution wurde die Rückgabe der Kolonien gefordert. Lediglich sieben Abgeordnete der USPD stimmten gegen diese Resolution.

Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung lehnten die Begründung im Versailler Vertrag hinsichtlich der Abtretung der deutschen Kolonialgebiete ab. Die Abtretung wurde in der Öffentlichkeit als Diebstahl empfunden. Ab 1924 wurde im Auswärtigen Amt eine Kolonialabteilung eingerichtet. Nach Meinung der Experten wurde die Rückgabe der Kolonien Togo und Kamerun als sehr wahrscheinlich angesehen. Leiter der neuen Kolonialabteilung war Edmund Brückner, der ehemalige Gouverneur von Togo. Ab 1920 begann die Reichsregierung Kolonialunternehmen finanziell zu unterstützen, um den Rückkauf ihrer abgetretenen Besitzungen zu ermöglichen. Die meisten Pflanzungen in Kamerun konnten 1924 von den ehemaligen Besitzern wieder erworben werden.

Die Stimmen, die eine Rückgabe der Kolonien forderten, wollten auch schon in der frühen Phase der deutschen Demokratie nicht verstummen. Zu diesen Stimmen zählte auch der Kölner Bürgermeister Konrad Adenauer. Von 1931–1933 war er stellvertretender Präsident der Deutschen Kolonialgesellschaft.

Das Thema Kolonien wurde in der Weimarer Republik weiterhin in der Bevölkerung diskutiert. Zunächst wurde 1925 die Dachorganisation Koloniale Reichsarbeitsgemeinschaft (Korag) gegründet, aus der ab 1933 der Reichskolonialbund hervorging. Ebenfalls 1925 wurde von Johannes Bell (ehemaliger Kolonialminister) Interfraktionelle koloniale Vereinigung, der Parteimitglieder von der NSDAP bis zur SPD angehörten.

Im Falle einer Rückgabe der Kolonien sollte für eine erneute Besiedelung genügend Fachpersonal zur Verfügung stehen. Daher wurde mit staatlicher Unterstützung 1926 die Koloniale Frauenschule Rendsburg und 1931 an der Forstlichen Hochschule Tharandt das Institut für ausländische und koloniale Forstwirtschaft gegründet.

Deutscher Kolonialismus nach 1933

Viele Deutsche empfanden die Übernahme der Kolonien durch die Alliierten als Diebstahl. Dieser Eindruck verstärkte sich vor allem, nachdem der südafrikanische Premierminister Louis Botha alle Behauptungen, die von den Alliierten über die Deutschen als Kolonialherren aufgestellt wurden, als haltlos und erfunden bezeichnete. Deutsche Kolonialrevisionisten sprachen von einer "Kolonialen Schuldlüge". Viele dieser Kolonialrevisionisten schöpften nach der Machtergreifung der NSDAP am 30. Januar 1933 erneut neue Hoffnung, dass das Deutsche Reich erneut zu einer Kolonialmacht aufsteigen wird. Mehr als eine Million Mitglieder waren 1933 im neu gegründeten Reichskolonialbund organisiert. Der Reichskolonialbund wurde bis 1936 von Heinrich Schnee (1871-1949) und zwischen 1936 und 1943 dann von Franz Ritter von Epp (1868-1947) geleitet.

Ab 1933 versuchte das nun von der NSDAP regierte Deutsche Reich den Bedingungen des Versailler Vertrags hinsichtlich der Abtretung der Deutschen Kolonien zu ändern. So gründete man 1934 in München ein eigenes Kolonialpolitisches Amt. Franz Ritter von Epp wurde 1934 von Hitler zum Reichsleiter des Kolonialpolitischen Amtes der NSDAP ernannt. Mit der Amtsübernahme wurde von Epp zu einer Schlüsselfigur des Kolonialrevisionismus im Deutschen Reich nach 1933.

Gleichzeitig musste sich der Reichskolonialbund auf Anweisung des Propagandaministeriums auf die Widerlegung der sogenannten "kolonialen Schuldlüge" und auf die Wiedererlangung der ehemaligen Kolonien zur Rohstoffversorgung zu beschränken. Die kolonialen Jugendabteilungen und Pfadfindergruppen wurden aufgelöst und in die Hitlerjugend eingegliedert.

Im Rahmen des im Deutschen Reich nach 1933 praktizierten Kolonialrevisionismusses kam es zur Umbenennung vieler öffentlicher Straßen und Plätze nach Persönlichkeiten der kurzen deutschen Kolonialgeschichte. Es wurden auch entsprechende Denkmäler aufgestellt und regelmäßig Gedenkfeiern und Ausstellungen organisiert. Auch im Film und den Druckmedien spiegelte sich diese Entwicklung wider. Selbst Kolonialschulen nahmen ihren Lehrbetrieb wieder auf und bildeten Fachkräfte für einen späteren Einsatz in den Deutschen Kolonien aus.

Wer waren die Namensgeber der Straßennamen

Quelle: Wikipedia.de

Franz Ritter von Epp; Paul von Lettow-Vorbeck; Adolf Lüderitz; Carl Peters

Gustav Nachtigall; Hermann von Wissmann; Adolph Woermann

Weiter Quellen siehe Literaturverzeichnis

Wer war Franz Ritter von Epp (1868-1947)

Franz Epp wurde im Oktober 1868 in München geboren. Nach dem Abitur trat er im August 1887 in die Bayrische Armee ein. Von 1900 bis 1901 versah Epp seinen Dienst in China. Im Juli 1904 wurde er Kompanieführer in der Kaiserlichen Schutztruppe in Deutsch-Südwestafrika und nahm an den Kämpfen gegen die Herero und Nama teil. Nach 1906 erhielt Epp dann seine nächste Verwendung in Bayern.

Ab 1914 nahm Epp am Ersten Weltkrieg teil und wurde 1916 in den persönlichen Adelsstand erhoben. Er nannte sich ab 1916 Ritter von Epp. Zum Ende des Ersten Weltkrieges bekleidete er den Rang eines Oberst.

Im Auftrag von Gustav Noske (Reichswehrminister) stellte von Epp ein bayrisches Freikorps auf. Dieses Freikorps war an der blutigen Niederschlagung der Münchner Räterepublik beteiligt. Anschließend wurden von Epp und das Freikorps in die Reichswehr übernommen.

1920 sorgte von Epp während des Kapp-Putsches für den Sturz der bayrischen Staatsregierung. Seiner Entlassung aus dem militärischen Dienst wegen Förderung und enger Kontakte zu rechtsradikalen Kreisen kam er zuvor und schied freiwillig als Generalleutnant im Oktober 1923 aus der Reichswehr aus. 1928 schloss sich von Epp dann der NSDAP an. 1928 wurde von Epp für die NSDAP in den Reichstag gewählt.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Bayern im März 1933 wurde von Epp Reichskommissar für Bayern eingesetzt. Im April 1933 wurde von Epp zum Reichsstatthalter in Bayern ernannt. Von Epp wurde im Mai 1934 von Hitler zum Reichsleiter des Kolonialpolitischen Amtes der NSDAP und im Mai 1936 zum Bundesführer des Reichskolonialbundes ernannt. Beide Ämter wurden 1943 abgeschafft.

Von Epp wurde Anfang Mai 1945 von der US-Armee in Salzburg verhaftet und in Luxemburg bis August 1945 interniert. Am 31. Januar 1947 starb Franz Ritter von Epp im Alter von 78 Jahren in Internierungshaft in einem Münchner Krankenhaus

Wer war Adolf Lüderitz (1834-1886)

Adolf Lüderitz wurde am 16. Juli 1834 in Bremen geboren. Er war Sohn eines Tabakhändlers aus Hannover. Nach ersten Versuchen im Tabakanbau übernahm er 1878 das väterliche Tabakgeschäft. Ab 1881 entwickelte Lüderitz eigene, aber auch glücklose Auslandsprojekte. Zusammen mit dem Bremer Kaufmann Vogelsang gründete Adolf Lüderitz die Firma Lüderitz und fasste den Entschluss in Südwestafrika eine Kolonie zu gründen.

Ab 1882 hielt sich Vogelsang in Südafrika auf, um mit der Erkundung des südwestlichen Teiles Afrikas zu beginnen. Der Sohn des deutschen Missionars Hahn empfahl Vogelsang die Bucht von Angra Pequena anzulaufen. Bereits am 1. Mai 1884 erwarb er von einem Nama-Kaptein im Namen der Firma Lüderitz an der Bucht ein Gelände von geographischen Meilen für 100 Pfund in Gold und 200 Gewehre. Im August 1884 wurde noch ein zweiter Vertrag (500 Pfund in Gold und 60 Gewehre) geschlossen, der der Firma Lüderitz weitere Gebiete zwischen dem Oranje-Fluss und dem 26. Breitengrad sicherten.

Die Firma Lüderitz ließ ihre Vertragspartner bewusst im Ungewissen, ob die vertraglich vereinbarte Maßeinheit sich auf englische Meilen (1,6 km) oder deutsche Meilen (7,5 km) bezog. Lüderitz wies Vogelsang an, den Namas im Glauben zu lassen, dass es sich um englische Meilen handelte, Lüderitz aber weiterhin von deutschen Meilen ausging. Dieser Meilenschwindel brachte Lüderitz auch den Namen Lügenfritz ein.

Der Versuch auch von den ansässigen Hereros Land zu erwerben scheiterte.

Im Jahre 1884 versuchte die britische Regierung die Küste von Südwestafrika bis nach Portugiesisch-Westafrika (Angola) in Besitz zu nehmen. Diese Absicht der Briten führte dazu das die deutsche Regierung einen Reichskommissar für Westafrika zu ernennen. Wie bereits erwähnt ernannte Bismarck Gustav Nachtigal zum Reichskommissar in Westafrika.

Zum Schutz der von Lüderitz erworbenen Siedlungsgebiete schickte die Kaiserliche Marine Kriegsschiffe und Landungstruppen. Am 7. August 1884 wurde in Anwesenheit von Vertretern der Firma Lüderitz und den Namas in Deutsch-Südwestafrika die deutsche Fahne gehisst und die Gebiete unter deutschen Schutz gestellt.

Deutsch Südwestafrika war von 1884 bis 1915 deutsche Kolonie.

Nach 1885 erwarb die Firma unter fragwürdigen Umständen weitere Siedlungsgebiete von den Namas. Fragwürdig darum, weil ein Teil der Vertragspartner gar nicht Eigentümer der übereigneten Siedlungsgebiete war. Bis auf das von den Briten kontrollierte Gebiet Walvis Bay befand sich das gesamte Küstengebiet Namibias im Besitz der Firma Lüderitz. Weitere Annexionen der Firma Lüderitz scheiterten aber an einer zurückhaltenden Politik Bismarcks, der eine direkte Konfrontation mit England ablehnte.

Ab 1885 geriet die Firma Lüderitz in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Im April 1885 musste die Deutsche Kolonialgesellschaft das von Adolf Lüderitz erworbene Lüderitzland mit allen Verbindlichkeiten und Rechten übernehmen. So konnte die Gesellschaft verhindern, dass die deutschen Niederlassungen in britische Hände fielen. Gleichzeitig wurde Adolf Lüderitz finanziell abgefunden.

Im Oktober 1886 auf einer Erkundung mit einem Faltboot vor der Orange Mündung verunglückte Adolf Lüderitz. Seine Leiche wurde nie gefunden.

Das Ergebnis:

Massive Landkäufe der Deutschen Kolonialgesellschaft und skrupellose Händler waren der Grund das die Herero im Januar 1904 einen Aufstand wagten. Diesen Aufstand schlossen sich im Oktober auch die Nama an. Der Aufstand endete erst endgültig 1907/1908. Der Aufstand kostete nach Schätzung zwischen 24.000 und 64.000 Herero, etwa 10.000 Nama sowie 1365 Siedlern und Soldaten das Leben.

Wer war Paul von Lettow-Vorbeck (1870-1964)

Paul von Lettow-Vorbeck wurde im März 1870 in Saarlouis geboren. Im Februar 1888 trat als Offiziersanwärter in die Kaiserliche Armee ein.

Bereits 1900/1901 nahm er an der Niederschlagung des Boxeraufstandes in China teil. 1904-1906 nahm er in Deutsch-Südwestafrika unter dem Kommandeur der Schutztruppe Lothar von Trotha an der Vernichtung der Herero und Nama (u. a. Schlacht am Waterberg) teil. Nach einer Verwundung kehrte Lettow-Vorbeck im Herbst 1906 nach Deutschland zurück. Nach der Beförderung zum Oberstleutnant wurde er im Oktober 1913 zum Kommandeur der kaiserlichen Schutztruppe in Kamerun ernannt. Lettow-Vorbeck wurde aber noch vor Dienstaufnahme nach Deutsch-Ostafrika als Vertretung des Kommandeurs der Schutztruppe kommandiert. Ab April 1914 wurde er auch dann offiziell zum Kommandeur ernannt.

Im Ersten Weltkrieg gelang es Lettow-Vorbeck Deutsch-Ostafrika mit der Schutztruppe bis 1916 erfolgreich gegen die Briten zu verteidigen. Nach verschiedenen weiteren militärischen Operationen musste Lettow-Vorbeck am 25. November 1918 die Waffen niederlegen. Von der Bevölkerung wurde er und die Schutztruppe, da militärisch nicht besiegt, als Helden gefeiert als Lettow-Vorbeck und Gouverneur Heinrich Schnee am 2. März 1919 an der Spitze der Schutztruppe durch das Brandenburger Tor in Berlin marschierten.

Im April 1919 fand er in der Reichswehr wieder eine militärische Verwendung. Lettow-Vorbeck mit dem Korps Lettow schlug einen Aufstand Hamburger Bürger im Juli 1919 mit großer Brutalität nieder. Durch sein eingreifen stieg die Zahl der Todesopfer von 15 auf 80.

Es ist anzunehmen, dass Lettow-Vorbeck seit 1919 in die Pläne zum Kapp-Putsch eingeweiht war. Während des Putsches setzte er die Regierung von Mecklenburg-Schwerin ab, verhängte den Belagerungszustand und setzte Standgerichte ein. Nach dem Scheitern des Putsches und der Rückkehr der Reichsregierung versuchte er seine Handlungen zu entschuldigen und sich dieser wieder anzudienen. Jedoch wurde er umgehend beurlaubt und eine Untersuchung gegen ihn eingeleitet. Diese Untersuchung gegen Lettow-Vorbeck wurden im September 1920 eingestellt. Nach Beförderung zum Generalleutnant wurde Lettow-Vorbeck unter Beibehaltung seiner Pensionsansprüche am 20. Oktober 1920 aus der Reichswehr entlassen.

Nach der Entlassung aus der Reichswehr betätigte sich Lettow-Vorbeck als Autor, kolonialrevisionistischer Aktivist und Politiker. Von 1928 bis 1930 war er Reichstagsabgeordneter der nationalkonservativen Deutschnationalen Volkspartei (DNVP). Entgegen seiner nach dem Zweiten Weltkrieg behaupteten Gegnerschaft distanzierte sich Lettow-Vorbeck nicht vom Nationalsozialismus, sondern warb etwa unter seinen „Ostafrikanern“ für das neue Regime. Lettow-Vorbeck verstarb 1964 in Hamburg

Wer war Carl Peters (1856-1918)

Carl Peters wurde 1856 als achtes von elf Kindern in Neuhaus an der Elbe geboren. Nach dem Abitur, er wurde aus gesundheitlichen Gründen vom Wehrdienst befreit, studierte Peters an verschiedenen Universitäten.

Neben dem Studium der Geschichte, Philosophie und Geografie schrieb er auch noch journalistische Beiträge. Peters promovierte 1879 zum Doktor der Philosophie. Ab 1881 hielt Peters sich u. a. zu für weitere Studien in London und Paris auf. Während dieser Zeit machte er erste Bekanntschaft mit dem britischen Kolonialismus.

Nach seiner Rückkehr nach Deutschland 1882 schloss er sich der deutschen Kolonialbewegung an. Er gründete 1884 die Gesellschaft für deutsche Kolonisation (GfdK)

Im September 1884 erteilte die GfdK Peters und zwei Begleitern den Auftrag Siedlungsgebiete in Ostafrika zu erwerben. 1884/185 begann Peters dann mit den Herrschern der Regionen Usagara, Useguha, Nguru und Ukami Verträge abzuschließen. Vertragsverhandlung, meist nach reichlichem Alkoholgenuss, war die Vorlage eines deutschsprachigen Dokumentes, das mit drei Kreuzen gezeichnet wurden. Eine Nachfrage ob der Vertragspartner das Dokument verstanden habe, gab es nicht.

Nun war das Ziel von Peters für die erworbenen Gebiete Schutzbriefe (Sicherheitsgarantien) vom Kaiserreich zu erhalten. Nach zähen Verhandlungen mit Bismarck lenkte dieser ein und stellte der zwischenzeitlich gegründeten Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft (DOAG) einen Schutzbrief für die Gebiete Usagara, Nguru, Useguha und Ukami aus. Der Versuch der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft Deutsch-Ostafrika zu beherrschen scheiterte 1888/1889 am Aufstand der ostafrikanischen Küstenbevölkerung. Das Deutsche Reich musste die unmittelbare Kontrolle über das Schutzgebiet übernehmen.

1891 wurde Carl Peters zum Reichskommissar am Kilimandscharo ernannt. Seine Amtsführung war gekennzeichnet von willkürlichen Todesurteilen und Grausamkeit gegenüber den Bewohnern. Seine rassistische Einstellung und sein brutales Vorgehen gegen die Bevölkerung kosteten Peters das Amt.

1882 wurde er nach Deutschland zurückbeordert und nach Abschluss der gegen ihn geführten Ermittlungen 1897 unehrenhaft entlassen.

Um einem möglichen Verfahren zu entgehen, zog Carl Peters 1896 nach London und kehrte erst 1914 nach Deutschland zurück. Im September 1918 verstarb Peters in Woltorf bei Peine.

Wer war Gustav Nachtigal (1834-1885)

Gustav Nachtigal wurde am 23. Februar 1834 in Eichstädt (Altmark) geboren und verstarb am 20. April 1885 auf einer Schiffsreise vor Westafrika. Er erkundete Afrika und war Beamter im Auswärtigen Dienst des deutschen Kaiserreichs. Als Reichskommissar vollzog er die Gründung deutscher Kolonien in Westafrika.

Nach Abitur und Medizinstudium und wurde er 1858 Militärarzt in der preußischen Armee. Zur Ausheilung einer TBC Erkrankung begab er sich nach Nordafrika. Ab 1863 hielt er sich in Tunis auf, erlernte die arabische Sprache und wurde Leibarzt des Beys.

1869 trat er seine er seine erste Afrikareise an. Nach Durchquerung der Sahara erreichte er im Juli 1870 Kuka und übergab dem Sultan von Bornu Geschenke des preußischen Königs. Er setzte seine Erkundungsreisen fort und erreichte 1874 Khartum im Sudan. Von Khartum reiste Nachtigall über den Nil nach Kairo und erreichte 1875 schließlich Berlin. Ab 1875 dokumentierte Nachtigal in sachlicher Form die Erkenntnisse seiner Erkundungsreisen.

In Anerkennung seiner Leistung wurde er Vorsitzender verschiedener Gesellschaften und 1878 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt. Letztendlich sah Gustav Nachtigal seine Erkundungen als Grundlage für ein zu errichtendes deutsches Kolonialreich an, wobei er sich für eine Kooperation von Wissenschaft, Mission und Handel aussprach.

1882 ernannte Reichskanzler Otto von Bismarck Gustav Nachtigal zum Generalkonsul in Tunis. Konsul Nachtigal wurde aber von der deutschen Exportwirtschaft stark kritisiert, da dieser die deutschen Handelsinteressen zu wenig unterstützte.

1884 wird Gustav Nachtigal zum Reichskommissar für Deutsch-Westafrika ernannt. Er erhielt den Auftrag von der Reichsregierung, die von hanseatischen Kaufleuten erworbenen Siedlungsgebiete und Handelsstützpunkte in Deutsche Kolonien zu überführen.

Mit Unterstützung der Kaiserlichen Marine (Kanonenbootpolitik) versegelte Gustav Nachtigal in den Golf von Guinea und stellte im Juli 1884 Togoland und Kamerun unter den Schutz des Deutschen Kaiserreiches. Ebenfalls 1884 beglaubigte er die betrügerisch erworbenen Siedlungsgebiet (Meilenschwindel) der Firma Lüderitz im Lüderitzland (heute Namibia) und stellte diese ebenfalls unter den Schutz des Kaiserreiches.

Um die ursprünglichen Bewohner der annektierten Gebiete zum Abschluss der Verträge zu zwingen drohte Nachtigall auch mit Gewalt und Geiselnahmen. Daher kam es in allen annektierten Schutzgebieten zu Protesten und Aufständen.

Auf der Rückreise nach Europa erkrankte Gustav Nachtigal erneut an Tuberkulose. Er starb am 20. April 1885 an Bord des Kanonenbootes Möwe. Am 21. April 1885 wurde er auf Kap Palmas beigesetzt.

Wer war Hermann von Wissmann (1853-1905)

Hermann Wissmann wurde im September 1853 in Frankfurt (Oder) geboren. Nach dem Abitur trat er 1871 in die Armee ein. Er war wegen verschiedener Exzesse und Duelle als „toller Wissmann“ bekannt. Wegen eines Pistolenduells wurde er sogar zu vier Monate Haft verurteilt.

Wissmann beteilige sich an der Kartierung Zentralafrikas. Bereits 1880 durchquerte er Afrika von Angola bis zur Ostküste. Dieser Reise folgten im Auftrag des belgischen Königs Leopold II weitere Reisen in den Kongo. 1886 erhielt er den Auftrag als Befehlshaber einer Söldnertruppe die einheimische Bevölkerung militärisch zu unterwerfen. Dieses geschah mit rücksichtsloser Gewalt. 1887 kehrte Wissmann mit gesundheitlichen Problemen nach Europa zurück.

1888 wurde Herrmann Wissmann von der deutschen Regierung zum Reichskommissar ernannt. Er erhielt den Auftrag, eine Privatarmee aufzustellen, um den Widerstand der ostafrikanischen Küstenbevölkerung gegen die Deutsche Ostafrika-Gesellschaft (DOAG) niederzuschlagen. Diesen Auftrag erfüllte er bis 1890.

Die Wissmann-Truppe, deutsche Offiziere und afrikanischen Söldner, war die erste deutsche Kolonialtruppe, die in Afrika einen Landkrieg führte. Auch hier ging Wissmann erneut mit äußerster Brutalität vor. Mit einem neuen Maschinengewehr wurden Massaker verübt, wer nicht kooperierte wurde ermordet. Die gesamte Küste von Deutsch-Ostafrika war 1890 erneut in deutscher Hand. Wissmann wurde anschließend nach Deutschland zurückbeordert, weil es begründete Zweifel an der Loyalität Wissmanns gab.

1890 wurde Wissmann zum Major befördert und durch Wilhelm II. in den erblichen Adelsstand erhoben

Im Mai 1895 wurde Wissmann zum Gouverneur von Deutsch-Ostafrika ernannt, musste aber Krankheitsbedingt Mitte 1896 nach Deutschland zurückkehren. In seiner Zeit als Gouverneur lieferte die Kolonialverwaltung die Grundlagen für den späteren Maji-Maji-Aufstand.

Wissmann ließ sich 1896 auf eigenen Wunsch in den einstweiligen Ruhestand versetzen. Ab 1899 lebte er auf seinem Landsitz, wo er im Juni 1905 durch eine Gewehrkugel aus dem eigenen Gewehr verstarb.

Wer war Adolph Woermann (1847-1911)

Adolph Woermann wurde im Dezember 1847 in Hamburg geboren. Er war der zweite Sohn des Hamburger Kaufmanns und Reeders Carl Woermann. Nach Schulabschluss und folgte eine längere kaufmännische Ausbildung u. a, auch in den westafrikanischen Niederlassungen der Firma Woermann.

1874 wurde er Adolph Woermann Teilhaber an dem Handelshaus C. Woermann in Hamburg, dem er ab 1880 als alleiniger Inhaber vorstand.

Die Firma Woermann handelte ursprünglich in Afrika mit westfälischen Leinen. Mit der fortschreitenden Kolonialisierung tauschte man dann aber Branntwein, Waffen und Schießpulver gegen Palmöl und Kautschuk. Adolph Woermann forcierte besonders den Handel mit Alkohol.

Im Juni 1883 verfasste Adolph Woermann eine Denkschrift, die eine neue Afrikapolitik und den Schutz der Niederlassungen durch das Reich forderte. Diese Denkschrift wurde auch der Reichsregierung vorgelegt. Gleichzeitig war Woermann ab 1883 auch Berater von Reichskanzler Bismarck und konnte so seine Ziele umsetzen.

Zwischen 1884 bis 1890 wurde Woermann in den Reichstag gewählt. 1890 berief man ihn dann in den Kolonialrat, ein Gremium, das die Ziele der Kolonialpolitik des Deutschen Reiches mitbestimmte.

Adolph Woermann richtete ab 1882 mit den sog. Woermanndampfer regelmäßige Schiffsverbindungen nach Westafrika ein. Die Woermann-Linie richtete 1891 einen Liniendienst nach Deutsch-Südwestafrika und 1896 einen Dienst entlang der ganzen Westküste Afrikas ein. Im April 1890 gründete man die, vom deutschen Reich gewünschte und subventionierte Deutsche-Ost-Afrika-Line (DOAL), die eine regelmäßige Verbindung nach Deutsch-Ostafrika garantierte.

Während des Herero-Aufstandes war Woermann die einzige Reederei, die eine Linienverbindung nach Deutsch-Südwestafrika betrieb. Durch zusätzliche Militärtransporte verdoppelten sich die Gewinne Woermanns nicht unerheblich.

Im März 1906 wurde im Reichstag in Berlin festgestellt, dass die Woermann-Linie ihr Transportmonopol schonungslos ausgenutzt hat. Nach dieser Erkenntnis lehnte der Kaiser Wilhelm II weiteren Kontakt zu Adolph Woermann ab.

Nach Adolph Woermanns Tod im Mai 1911 führte zunächst Eduard Woermann (1863–1920), der Halbbruder von Adolph Woermann und anschließend sein zweiter Sohn Kurt Woermann (1888–1951) die Geschäfte der Firma fort.

Der politische Kontext zwischen den Straßennamen im Afrika Viertel und der damaligen Kolonialpolitik

Um Verhaltensweisen und Aktivitäten der Namensgeber, die in der neokolonialistischen Epoche des Deutschen Reiches als Helden von Afrika in der Öffentlichkeit dargestellt und bejubelt wurden, nachfolgend eine Beschreibung des damaligen politischen Umfeldes zum Thema Deutsche Kolonialpolitik. Dieser Kontext sollte mit den heutigen Werten für Menschenrechte, Toleranz und Akzeptanz beurteilen und bewertet werden.

Kolonialpolitik des Deutschen Reiches nach 1871

Bereits im Februar 1885 hatte Carl Peters (1856-1918) einen Schutzbrief vom Deutschen Reich für Deutsch-Ostafrika erhalten. Das menschenverachtende Verhalten der von Peters vertretenen Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft führte zu einem Aufstand der heimischen Bewohner im Schutzgebiet.

Im Januar 1889 war Bismarck gezwungen eine Gesetzesvorlage in den Reichstag einzubringen, um die staatliche Verwaltung des Schutzgebietes Deutsch-Ostafrika übernehmen zu können. Die Vorlage sah eine Entsendung deutscher Truppen, mit der Begründung der Bekämpfung des Sklavenhandels, vor. Das wahre Ziel war aber die Niederschlagung der Rebellion und die Übernahme der geschäftlichen Tätigkeit von Carl Peters.

In der Reichstagsdebatte brachte August Bebel (1840-1913), Deutschlands führender Sozialdemokrat, seinen heftigen Widerstand gegen die deutsche Kolonisation zum Ausdruck.

Deutsche Kolonien vor der Reichsgründung 1871

Ab 1848 wurden im Zuge der Bemühungen einer neuen Reichsgründung in der Frankfurter Paulskirche in mehreren deutschen Städten Kolonialvereine gegründet. Die sich ab den 1840er Jahren gebildete Kolonialbewegung glaubte auch ihre Vorstellungen verwirklichen zu können. Der Staat hatte aber zunächst kein Interesse an einer solchen Entwicklung. Nach 1848 wuchs aber private Druck auf die Politik. So wurde 1849 in Hamburg der Colonisations-Verein gegründet.

In der Paulskirchenverfassung vom 28. März 1849, Paragraf 102 konnten grundsätzlich nach einem Reichstagsbeschluss Gebiete annektiert werden. Da aber das neue Reich sich 1849 wieder auflöste konnten die kolonialen Träume nicht umgesetzt werden.

1848, im Rahmen des Aufbaus einer Reichsflotte forderte Adalbert von Preußen, Leiter der Technischen Marinekommission in seiner „Denkschrift über die Bildung einer deutschen Kriegsflotte“ zum Schutz des Überseehandels, die Einrichtung von mehreren Marinestützpunkten in Übersee. Als Oberbefehlshaber der Marine des Norddeutschen Bundes konnte Adalbert von Preußen diese Pläne ab 1867 dann realisieren. Diese Marinestationen waren letztendlich die militärische Voraussetzung für den Erwerb von Kolonien.

Ab 1864, nach dem Deutsch-Dänischen Krieg entstanden in Preußen Bestrebungen die von Dänemark kolonialisierte Inselgruppe der Nikobaren im Golf von Bengalen in Besitz zu nehmen. Um in den Friedensverhandlungen den Verlust des Herzogtums Schleswig zu verhindern war Dänemark bereit seine Kolonie Dänisch Westindien an die Siegermächte abzutreten.

Bismarcks Ablehnung jeglichen Kolonialerwerbs (1862–1878)

Die 1867 verabschiedete Verfassung des Norddeutschen Bundes erklärte in Artikel 4.1 die Kolonisierung zu einer Bundesangelegenheit und stelle diese unter die Beaufsichtigung des Bundes. Diese verfassungsrechtliche Bestimmung wurde unverändert in die Verfassung des Deutschen Reichs von 1871 übernommen.

Der Norddeutsche Bund richtete seine Politik nicht auf den Erwerb von Kolonien aus. Sondern war an der Errichtung von Marinestützpunkten interessiert. Ab 1867 begann man mit der Einrichtung von insgesamt fünf Auslandsstationen. Von diesen Stationen aus sollte mit einer Kanonenbootpolitik die Interessen des Reiches und der Schutz der Handelswege militärisch gewährleistet werden. So wurde 1868 in der Nähe von Yokohama Land für ein deutsches Marine-Krankenhaus gekauft, das bis 1911 bestand. Dieser erste Auslandsstützpunkt in Yokohama, die Ostasiatische Station war der erste Stützpunkt der ständig mit deutschen Kriegsschiffen besetzt war, dieses erwies sich später beim Erwerb der Kolonien im Pazifik und von Kiautschou als nützlich. Bis das 1897 vom Reich erworbene Tsingtau in China als Kriegshafen zur Verfügung stand, blieb Yokohama Stützpunkt für die deutsche Flotte in Ostasien.

Mit Einverständnis des Auswärtigen Amtes und des Marineministeriums wurde für den Winter 1867/1868 die Korvette Augusta nach Westindien entsandt. Die Revolutionswirren in Mexiko, Kolumbien und Venezuela gefährdeten den Handel gefährdeten und die Regierung musste auf Gesuche deutscher Bewohner und Vertretungen der Hansestädte entsprechend reagieren. Die Augusta sollte im Golf von Mexiko die Flagge des Norddeutschen Bundes zeigen. Ohne Zustimmung des Auswärtigen Amtes (Bismarck) aber auf Druck des Oberbefehlshabers der Marine (Prinz Adalbert von Preußen) handelte der Kommandant der Augusta (Franz Kinderling) einen Vertrag mit Costa Rica über die Einrichtung einer Marinestation in Puerto Limon aus. Vor dem Hintergrund der Monroe Doktrin den Vereinigten Staaten lehnte Bismarck diesen Vertrag und ein weiteres Angebot aus den Niederlanden ab.

1868 hatte Bismarck in einem Brief an den preußischen Kriegs- und Marineminister Albrecht von Roon seine Ablehnung jeglichen Kolonialerwerbs deutlich gemacht:

Einerseits beruhen die Vorteile, welche man sich von Kolonien für den Handel und die Industrie des Mutterlandes verspricht, zum größten Teil auf Illusionen. Denn die Kosten, welche die Gründung, Unterstützung und namentlich die Behauptung der Kolonien veranlasst, übersteigen sehr oft den Nutzen, den das Mutterland daraus zieht, ganz abgesehen davon, dass es schwer zu rechtfertigen ist, die ganze Nation zum Vorteil einzelner Handels- und Gewerbezweige zu erheblichen Steuerlasten heranzuziehen. – Andererseits ist unsere Marine noch nicht weit genug entwickelt, um die Aufgabe nachdrücklichen Schutzes in fernen Staaten übernehmen zu können.

Ein französischer Kompensationsvorschlag, nach dem Deutsch-Französischen Krieg nicht Elsass-Lothringen, sondern die französische Kolonie Cochinchina zu übernehmen, wurde von Bismarck und der Mehrheit der Abgeordneten des Reichstags des Norddeutschen Bundes 1870 abgelehnt. Auch nach der Reichsgründung 1871 beharrte Bismarck auf seinem Standpunkt.

Nach 1870 wurde aber das Thema Kolonialisierung in der breiten Öffentlichkeit immer intensiver diskutiert. Parallel zu der laufenden Diskussion wurden aber auch Vereine und Gesellschaften gegründet, die den Traum von deutschen Kolonien mit Nachdruck unterstützen sollten. 1873 wurde die Afrikanische Gesellschaft in Deutschland gegründet, 1878 folgte die Gründung des Centralvereins für Handelsgeografie und Förderung deutscher Interessen im Ausland, dann 1881 der Westdeutsche Verein für Colonisation und Export, 1882 folgte der Deutsche Kolonialverein und 1884 gründete man die Gesellschaft für deutsche Kolonisation. Aus dem Verein für Colonisation und Export und der Gesellschaft für deutsche Kolonisation wurde 1887 die Deutsche Kolonialgesellschaft.

Von diesen Vereinen/Gesellschaften wurden hauptsächlich wirtschaftliche, soziale und ethnische Argumente für den Erwerb von Kolonien vorgebracht. Auch gegen diese Argumente hatte Bismarck seine Vorbehalte. Bismarck war zwar für den privaten Ausbau der Handelsbeziehungen aber nicht für die Okkupation der Handelspartner. So beschränkte man sich auch nach der Reichsgründung lediglich zunächst auf die Einrichtung von Kohlestationen und Stützpunkten für die kaiserliche Flotte.

Bismarcks Kolonialpolitik (1879–1890)

1878 wurde zum Wendepunkt der Kolonialpolitik des Reichskanzlers und Staatssekretär des Äußeren Otto von Bismarck. Gleichzeitig führte Bismarck 1878 eine Schutzzollpolitik zur Sicherung der deutschen Wirtschaft gegenüber ausländischer Konkurrenz ein. Erstmals erkannte Bismarck 1879 einen Freundschaftsvertrag mit Samoa an, um deutsche Wirtschaftsinteressen abzusichern. 1899 wurden dann die westlichen Inseln Samoas deutsches Kolonialgebiet.

Auf Samoa war ein privates, deutsches Handelsunternehmen in finanzielle Schwierigkeiten geraten und erwartete vom Deutschen Reich eine entsprechende Unterstützung / Absicherung. Die sogenannte Samoa Vorlage wurde von Bismarck dem Reichstag vorgelegt. Der Bundesrat in Berlin stimmte der Vorlage zu, aber der Reichstag lehnte die Unterstützung für das Unternehmen ab.

Im März 1883, in der Sierra Leone Convention, teilten Großbritannien und Frankreich im Alleingang ihre politischen und wirtschaftlichen in Westafrika auf. Die deutsche Regierung forderte von den politisch Verantwortlichen in Lübeck, Bremen und Hamburg eine Stellungnahme zur Vorgehensweise der beiden Nachbarstaaten auf. In ihrer Antwort verlangten u. a. die Hamburger Kaufleute den Erwerb von Kolonien in Westafrika.

Nach der Samoa Vorlage erwarteten Bremer Tabakhändler Adolf Lüderitz im November 1882 von der Regierung militärischen Schutz für eine seiner Handelsniederlassungen an der südwestafrikanischen Küste und der Hamburger Kaufmann und Reeder Adolph Woermann, als Reaktion auf die Sierra Leone Convention und einer evtl. damit verbundenen Erhebung von Zöllen, verhandelte seit März 1883 mit dem Auswärtigen Amt über den Erwerb einer Kolonie das Reich in Westafrika. Man war in Hamburg der Meinung, dass nur politischer/militärischer Schutz dem laufenden Handel garantieren könnte.

Bismarck entschied sich, für die Sicherung des deutschen Handels, einen kaiserlichen Kommissar nach Westafrika zu entsenden. Die Aufgaben für den kaiserlichen Kommissar definierte Bismarck gemeinsam mit dem Hamburger Kaufmann Adolph Woermann. Bismarck ernannte im März 1884 Gustav Nachtigal zum Reichskommissar für die westafrikanische Küste. Seine Hauptaufgabe war es die durch hanseatische Kaufleute erworbenen Territorien und Handelsstützpunkte in Deutsche Kolonien zu überführen.

Zunächst entsandte Bismarck aber 1884 die Glattdeckskorvette Sophie, 1881 in Danzig erbaut, an die Westafrikanische Küste, um ein Lagebild über den Zustand der dort angesiedelten deutschen Handelsniederlassungen zu erhalten. Die vor Ort auf der Sophie getroffenen Maßnahmen waren die ersten Schritte zur Errichtung des Schutzgebietes Togo.

Nachtigal reiste im Frühjahr 1884 auf dem Kanonenboot Möwe, 1879 bei Schichau in Elbing gebaut, nach Westafrika. Am 5. Juli 1884 errichtete Nachtigal die sogenannte deutsche „Schutzherrschaft“ über das Gebiet von Togoland (heute Togo bzw. Teilgebiet von Ghana). Am 14. Juli stellte er Kamerun „unter deutschen Schutz“. Die Möwe setzte ihre Reise nach Südwestafrika fort. Dort beglaubigte Nachtigal den eigentlich illegal angeeigneten Landbesitz der Firma Lüderitz (Lüderitz Land) im heutigen Namibia. Auf der Rückreise, nach einem erneuten Aufenthalt in Kamerun, erkrankte Nachtigal an Tuberkulose und verstarb am 20. April 1885.

Mit der Endsendung von Reichskommissar Nachtigal 1884 beginnt, obwohl bereits ab 1876 schon Besitz- und Rechtsansprüche in Übersee bestätigt wurden, das Deutsche Reich mit der Annexion von Kolonien. Innerhalb eines Jahres lag das deutsche Kolonialreich flächenmäßig international nach Großbritannien und Frankreich an dritter Stelle. Entsprechend der damaligen britischen Vorbilder gewährte das Reich mehreren Besitzungen deutscher Kaufleute in Übersee seinen Schutz.

Schutzgebiete in Afrika

Im April 1884 wurden die von Lüderitz erworbenen Besitzungen an der Lüderitzbucht und das angrenzende Lüderitz Land als Deutsch-Südwestafrika unter den Schutz des Deutschen Reichs gestellt. Im Juli folgten Togoland und die Besitzungen von Woermann in Kamerun. Es folgten im Januar 1885 Kapitaï und Koba an der westafrikanischen Küste, die aber bereits im Dezember 1885 an Frankreich abgetreten wurden. Es folgte im Februar 1885 das von Carl Peters und dessen Gesellschaft für deutsche Kolonisation erworbene ostafrikanische Gebiet und im Mai 1885 übernahm das Reich den Schutz über das, von den Brüdern Denhardt erworbenen, Wituland im heutigen Kenia. Damit war die erste Phase deutscher Kolonialerwerbungen in Afrika weitgehend abgeschlossen.

Kongokonferenz

Von November 1884 bis Februar 1885 fand auf Einladung von Reichskanzler Bismarck in Berlin die Kongo- oder auch Westafrika-Konferenz statt. Vor dem Hintergrund der beginnenden Kolonialisierung des afrikanischen Kontinents wollten die Konferenzteilnehmer zunächst ihre bisherigen und zukünftigen Eroberungen (völker-)rechtlich abzusichern, aber auch freien Handel und freie Schifffahrt auf den Flüssen Kongo und Niger festschreiben. Teilnehmer der Konferenz waren unter anderem Vertreter der USA, des Osmanischen Reiches und der europäischen Mächte Österreich-Ungarn, Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande, Portugal, Russland, Spanien und Schweden-Norwegen. Die Ergebnisse der Konferenz beeinflussten und beschleunigten weitestgehend die weitere Kolonialisierung Afrikas. Innerhalb von rund dreißig Jahren wurde Afrika von den europäischen Kolonialherren beherrscht. Die vereinbarten Bestimmungen hinsichtlich eines Freihandels in Zentralafrika öffneten zwar der europäischen Wirtschaft diesen neuen Wirtschaftsraum führten aber auch zu einer uneingeschränkten Raubwirtschaft und unterwarf das Land einem brutalen Kolonialregime Leopold II von Belgien.

Nach 1885 nahm Bismarck die Thematik weiterer Kolonialerwerbungen von der Agenda. Er widmete sich außenpolitisch wieder der Pflege der Beziehung zu England und Frankreich zur Absicherung der 1871 errungenen nationalen Einheit.

Zitat Bismarck:

……, aber meine Karte von Afrika liegt in Europa. Hier liegt Russland, und hier liegt Frankreich, und wir sind in der Mitte, das ist meine Karte von Afrika.

Um die Belastung des Staates durch die neuen Kolonien so gering als möglich zu halten, übertrug Bismarck durch staatliche Schutzbriefe den Handel und die Verwaltung der Kolonien an private Organisationen. Für die deutschen Schutzgebiete übernahm das Deutsche Reich übernahm lediglich außenpolitisch den Schutz. Zunächst verwalteten im Auftrag des Reiches die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft (1885–1890), die Deutsche Witu-Gesellschaft (1887–1890), die Neuguinea-Kompagnie (1885–1899) und die auf den Marshallinseln tätige Jaluit-Gesellschaft (1888–1906) die Schutzgebiete. Für die deutschen Kolonien in Südwest- und Westafrika fand sich aber keine private Organisation. Die Strategie des Reiches, das staatliche Engagement sowohl finanziell als auch organisatorisch so gering wie möglich zu halten, scheiterte innerhalb weniger Jahre.

Die Sicherheitslage der Schutzgebiete, in Südwestafrika und Ostafrika drohten ab 1888 Aufstände und in Kamerun und Togo bestand die Gefahr von Grenzstreitigkeiten mit den benachbarten britischen Kolonien, überforderten die privaten Gesellschaften. So waren Bismarck und seine Nachfolger gezwungen, alle Kolonien formell der staatlichen Verwaltung des Deutschen Reich zu unterstellen.

Rückblickend zeigt sich, dass Bismarck seinen Grundsätzen in der Kolonialpolitik, also Kolonialisierung durch privatwirtschaftliche Initiativen, treu blieb. Auch die ausgestellten, staatlichen Schutzverpflichtungen änderten eigentlich seinen politischen Kurs. Im Gegenteil im Jahre 1889 erwog Bismarck sogar einen Rückzug Deutschlands aus der Kolonialpolitik.

Kaiser Wilhelm II (1890–1918)

Nach dem Rücktritt von Reichskanzler Otto von Bismarck im März 1890 verzichtete das Deutsche Reich im Helgoland-Sansibar-Vertrag auf weitere Gebietsansprüche nördlich des Schutzgebietes Deutsch-Ostafrika. Unter dem neuen Kaiser Wilhelm II. (1888 – 1918) wurde versucht den deutschen Kolonialbesitz weiter auszubauen.

Die Befürworter einer expansiven Kolonialpolitik (Deutsche Kolonialgesellschaft, Alldeutscher Verband) wurden nach dem der Lotse das Schiff verlassen hatte zu einem starken innenpolitischem Faktor. Die deutsche Kolonialbewegung versuchte nun aber auch das Thema Sklavenhandel und Befreiung der einheimischen Bevölkerung von den muslimischen Sklavenhändlern mit dem Thema einer expansiven Kolonialpolitik (Das Deutsche Reich, der Nachzügler, sollte jetzt den ihm zustehenden Anteil vom Kuchen einfordern) miteinander zu verknüpfen.

Diesen Forderungen verschloss sich die Reichsregierung nicht und der Reichskanzler von Bülow forderte im Reichstag im Dezember 1897 für das Deutsche Reich einen „Platz an der Sonne“. Diese neue Politik war das Gegenteil der von Bismarck zu Verantwortenden Kolonialpolitik der Jahre 1884/1885. In Deutsch-Ostafrika wurden die Königreiche Burundi und Ruanda kolonialisiert. 1911 wurde ein Teil des französischen Kongogebiets als Neukamerun erworben. Die Neuerwerbungen führten in den neu erworbenen Gebieten zu weiteren Aufständen der einheimischen Bevölkerung. Gleichzeitig führte aber auch die aggressivere Kolonialpolitik zu einer zunehmenden Isolierung des Deutschen Reiches im Kreis der Weltmächte.

1896 wurde, für die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung in den Schutzgebieten das Kolonialwirtschaftliche Komitee gegründet. Es folgten 1898 die deutsche Kolonialschule (Witzenhausen) und 1900 das Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten (Hamburg).

Verwaltung der Kolonien durch die Reichsregierung

Fast alle Schutzgebiete (die Marshallinseln erst ab 1906) seit 1899 als Kolonien unter direkter Verwaltung durch die Reichsregierung. Die oberste Instanz zwischen 1890 und 1907 war die Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes, dass wiederum dem Reichskanzler direkt unterstellt war. Aus der Kolonialabteilung wurde 1907 das, als eigenständiges Ministerium, Reichskolonialamt. Das Reichskolonialamt wurde von einem Staatssekretär (Bernhard Dernburg) geleitet.

Auf kaiserliche Anordnung vom 10. Oktober 1890 wurden sowohl der Kolonialabteilung wie auch dem späteren Reichskolonialamt ein Beratergremium der Kolonialrat den beiden Behörden zur Seite gestellt. Der Kolonialrat setzte sich aus Vertretern der Kolonialgesellschaften und vom Reichskanzler berufene Sachverständige zusammen.

Lediglich das Pachtgebiet Kiautschou wurde durch das Reichsmarineamt verwaltet.

Verwaltung in den afrikanischen Kolonien

Der oberste Verwaltungsbeamte in einer Kolonie war Gouverneur, der diesem Rang folgende Beamte war ein Kanzler. Die Hauptaufgabe des Kanzlers war die Vertretung des Gouverneurs und die Rechtspflege. Der Kanzler wurde von weiteren Sekretären und Beamte unterstützt.

Die größte koloniale Verwaltungseinheit war der Bezirk. Jeder Bezirk wurde von einem Bezirksamtmann verwaltet. Den Bezirken unterstanden teilweise Bezirksnebenstellen. Eine weitere Verwaltungseinheit in den Kolonien waren die Residenturen. Von der Größe her waren sie den Bezirken gleichzusetzen. Aber in der Verwaltung der Residenturen wurden, um die Kosten der deutschen Verwaltung möglichst gering zu halten, den einheimischen Landesherren weit größere Machtbefugnisse zugestanden als in den Bezirken.

Militärische Schutztruppen sorgten für die Sicherheit in den Kolonien Kamerun, Deutsch-Südwestafrika und Deutsch-Ostafrika. In Togo gab es lediglich Polizeieinheiten. Aber auch Polizeikräfte in den Kolonien waren militärisch organisiert.

In den Kolonien gab es Schutzgebietsgerichte. Die Gerichtsbarkeit über die einheimische Bevölkerung, insbesondere in Strafrechtssachen, wurde den Kolonialbeamten in den Kolonien übertragen. In zivilrechtlichen Angelegenheiten wurden zudem einheimische Autoritäten zur Gerichtsbarkeit über ihre Gemeinschaften ermächtigt, die nach dem lokalen Recht urteilen sollten.

Die Gerichte in den Schutzgebieten für die deutsche Bevölkerung und den gleichgestellten Europäern umfasste zwei Instanzen. Es wurden Bezirksgerichte (1. Instanz) und Obergerichte (2. Instanz) eingerichtet. Erstmals 1886 mit dem „Gesetz betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete“ wurde die Rechtslage geregelt. Ab 1900 nach mehreren Änderungen/Anpassungen wurde das Gesetz auch als Schutzgebietsgesetz bezeichnet. In den Kolonien existierte eine Rechtsordnung für Deutsche und Europäer und eine Rechtsordnung für die einheimische Bevölkerung.

Allgemein kann man aber sagen, dass das Strafrecht in den Kolonien für die einheimische Bevölkerung nicht dem europäischen Standard entsprach. Prügelstrafe oder Gefängnis mit Zwangsarbeit waren nicht ungewöhnlich.

Aufstände im Kolonialreich

Die deutschen Kolonialisten waren der einheimischen Bevölkerung weit überlegen. Die Deutschen wollten ihren Herrschaftsanspruch gegenüber der einheimischen Bevölkerung mit Gewalt durchsetzen was vielfach zu Aufständen in den Kolonien führte. Wegen der dünnen Bevölkerungsdichte in den Kolonien wandte die einheimische Bevölkerung Guerillataktiken im ungleichen Kampf an. Die deutschen Schutztruppen nahmen keine Rücksicht auf die einheimische Bevölkerung und antworteten mit einer Strategie der verbrannten Erde. Die Dörfer wurden verbrannt, die wirtschaftliche Betätigung der Bevölkerung wurde verhindert und die Menschen der Natur ausgeliefert. Mit dieser Strategie wurden ganze Landstriche entvölkert und für einen längeren Zeitraum unbewohnbar.

In den afrikanischen Kolonien waren die bedeutendsten Aufstände

- 1904/05 in Deutsch-Südwestafrika der Aufstand der Herrero und Nama

- 1905/07 in Deutsch Ostafrika der Aufstand der Maji-Maji

Der erste Genozid des Jahrhunderts

Nach einer Viehseuche im Jahre 1897 kam es zu Streitigkeiten hinsichtlich des Viehbesitzes und den Weiderechten zwischen den deutschen Großgrundbesitzern und den Hereros. Der aus diesen Streitigkeiten 1904 resultierende Aufstand der Herero und Nama konnte von der Schutztruppe in Deutsch-Südwestafrika nicht eigedämmt werden. So musste die Reichsregierung ein Expeditionskorps und auch noch eine Verstärkung für die Schutztruppe nach Deutsch-Südwest entsenden.

Nach Abberufung des Gouverneurs von Deutsch-Südwestafrika, Theodor Leutwein, am 3. Mai 1904 wurde der deutsche General Lothar von Trotha (1848–1920) zum Oberbefehlshaber, trotz charakterlicher Mängel (er galt als ausgesprochen machthungrig und beratungsresistent), in Deutsch Südwest ernannt. Er hatte den Auftrag den Aufstand der Herero umgehend zu beenden. Die Ernennung Trothas hatte auch zur Folge, dass sich die Namas ab Oktober 1904 den Herero anschlossen.

Unter der Führung von Trotha konnte die verstärkte Schutztruppe den Aufstand der Herero im August 1904 in der Schlacht am Waterberg niedergeschlagen. Zunächst in seinem „Aufruf an das Volk der Herero“ verlangte Trotha die Auslieferung der Anführer und kündigte zu gleich die Tötung der männlichen Herero und die Vertreibung des Volkes der Herero an. Nach der Schlacht am Waterberg flohen die besiegten Herero und Namas in die Trockensavanne (Wüste) der Omaheke. Die Deutschen verjagten die Flüchtlinge dort von den wenigen umliegenden Wasserstellen, Zehntausende verdursteten auf der Flucht.

Das von Kaiser Wilhelm II und dem Chef des Generalstabs, Alfred von Schlieffen unterstützte Vorgehen der Kaiserlichen Schutztruppen unter Trotha gegen die Herero gilt als der erste Völkermord des 20. Jahrhunderts. Die Vernichtung der Herero und Namas mittels, Sperrung der Wasserstellen, der Weigerung Gefangene zu machen und der damit verbundene Schießbefehl kostete rund 80.000 Herero und Namas das Leben. Die dennoch Überlebenden wurden weitab von ihren ursprünglichen Siedlungsgebieten in Konzentrationslagern interniert, die nur rund jeder zweite Insasse überlebte.

Der Maji-Maji Aufstand in Deutsch-Ostafrika

Von 1905 bis 1907 war der Maji-Maji Aufstand in Deutsch-Ostafrika eine Erhebung der afrikanischen Bevölkerung im Süden Deutsch-Ostafrikas gegen die deutsche Kolonialherrschaft. Zugleich gilt er als einer der größten Kolonialkriege in der Geschichte des afrikanischen Kontinents. Bei dessen Niederschlagung kamen etwa 75.000 bis 300.000 Afrikaner, durch Hunger um.

Auf den europäischen Besitzungen herrschten die Kolonialherren wie absolutistische Herrscher. walten konnte. Arbeitsrechtlich waren Prügel, Nahrungsentzug und lange Arbeitszeiten an der Tagesordnung. Viele Siedler unterhielten daneben eine Privatarmee, die für ihre Sicherheit sorgen sollte.

Mit der Amtseinsetzung Graf von Götzens (1886-1910) als Gouverneur im März 1901 verschärfte sich die Lage. Eine Reihe von Gesetzen und Verordnungen sollte dafür sorgen, dass zum einen den europäischen Siedlern beständig genug Arbeitskräfte zur Verfügung standen, zum anderen die Kolonie Gewinn abwarf oder wenigstens die eigenen Kosten deckte.

Der Maji-Maji Aufstand in Deutsch-Ostafrika wurde von einer breiten Allianz verschiedener ethnischer Gruppen geführt. Der Aufstand dehnte sich über ein Gebiet von der Größe Deutschlands aus. Der religiöse Kult des Maji-Maji, ermutigte die Aufständischen, sich über ethnische Grenzen hinweg zu verbünden und sich gegen die militärisch weit überlegene Kolonialmacht zu wenden.

Götzen mobilisierte daraufhin die in der Region verfügbaren Truppen. Sie bestanden neben den Askari aus afrikanische Söldnern, so genannte Rugaruga, die den Militärdienst als Möglichkeit verstanden, sich durch Plünderungen zu bereichern, eine Praxis, die von den Deutschen nicht unterbunden wurde. Plünderungen wurden bald die Hauptstrategie der kolonialen Truppen, um die die wirtschaftliche Basis der Einheimischen zu zerstören. Dieser Strategie setzten die afrikanischen Truppen eine Guerillataktik der Kolonialarmee entgegen. Die Kolonialtruppen raubten Dörfer und Erntespeicher aus, und wenn man die Beute nicht transportieren konnte, vernichtete man die Vorräte und verbrannte die Felder. Die Kolonialtruppen hinterließen sprichwörtlich verbrannte Erde. Somit ist es nicht verwunderlich, dass die Mehrheit der Opfer des Aufstandes nicht durch Waffen, sondern an Hunger verstarben. Am Ende lagen ganze Gebiete brach und waren ausgestorben. Der Maji-Maji Aufstand endete für die afrikanische Bevölkerung mit einer verheerenden Niederlage. Die Niederschlagung des Aufstandes und die Hungersnot rafften etwa ein Drittel der Bevölkerung dahin.

Neue Kolonialpolitik seit 1905

In Berlin erkannte man das die Ursache für die Aufstände in Deutsch-Südwestafrika und in Deutsch-Ostafrika in einer falschen Behandlung der einheimischen Bevölkerung lag. Man begann daher mit einer Neuordnung der Kolonialverwaltung in Berlin. Die Kolonialabteilung wurde aus dem Außenministerium ausgegliedert und 1907 zum Reichskolonialamt erhoben. Weiterhin wurde erkannt, dass man die Lebensbedingungen der einheimischen Bewohner unbedingt verbessern muss. Der notwendige Umbau der Kolonialverwaltung, die Verbesserung der Lebensbedingungen aber auch die Verbesserung der wirtschaftlichen Effizienz in den Kolonien sollte wissenschaftlich unterstützt werden.

Als Gestalter dieser neuen Kolonialpolitik wurde 1907 Bernhard Dernburg (1865-1937), ein erfolgreicher Firmensanierer aus der Privatwirtschaft, für das Amt als Staatssekretär berufen. Dernburg führte bereits seit September 1906 die Kolonialabteilung. Er ging auf Reisen in die Kolonien, um vor Ort die Probleme zu erkunden und Lösungen zu finden. Für die Einheimischen wurde die medizinische Versorgung verbessert, Schulen gebaut und die Prügelstrafe wurde abgeschwächt. Straßen, Eisenbahnen und Häfen wurden im erweiterten Maße angelegt, um die Kolonien wirtschaftlich zu erschließen.

Im Reich wurden wissenschaftliche und technische Institute für koloniale Zwecke gegründet. Aus dem Hamburgischen Kolonialinstitut und der Deutschen Kolonialschule entstanden etwa Teile der heutigen Universitäten von Hamburg und Kassel.

Mit Dernburg ist eine grundlegende neue deutsche Kolonialpolitik verbunden. Nach Alkohol- und waffenhandelnde Kompanien sollten zukünftig soziale Einrichtungen, die Eisenbahn und die Wissenschaft das prägende der Kolonisation sein. Das Wohlergehen und die Erhaltung der Arbeitskraft der einheimischen Bevölkerung wurde das Ziel der Kolonisation. Das Ziel dieser überseeischen Wirtschaftsförderung blieb aber die größtmögliche Ausschöpfung der heimischen Arbeitskräfte. Dernburg betrieb zahlreiche Disziplinarverfahren, zog mächtige und berüchtigte Kolonialbeamte wie Gouverneur Jesko von Puttkamer zur Rechenschaft und entließ für den Neustart ältere Beamte. 1910 trat er als Staatssekretär zurück.

Nachfolger von Staatsekretär Dernburg wurde der Kolonialstaatssekretär Wilhelm Solf (1862-1936). Wilhelm Solf war von 1911 bis 1918 Staatssekretär. Nach seinen Afrikareisen 1912 und 1913 erweiterte er die Kompetenzen der Gouverneure und hob den Arbeitszwang für die einheimische Bevölkerung in den afrikanischen Kolonien auf. Um weniger Lastenträger zu beschäftigen, sprach Solf sich für eine Erweiterung des Straßennetzes in den afrikanischen Kolonien aus.

Die vergleichsweise friedfertige Kolonialpolitik von Solf orientierte sich nicht an militärischer Stärke, sondern an Diplomatie und Machtpolitik.

Als Ergebnis dieser neuen Politik von Dernburg und Solf gab es nach 1905 keine großen Aufstände in den deutschen Kolonien mehr und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Überseebesitzungen Deutschlands steigerte sich schnell.

Literaturverzeichnis / Quellen

Sönke Petersen, Arbeiterbewegung, Kommune und Howaldtswerke, Ein Geschichtsbild von Neumühlen-Dietrichsdorf 1864 bis 1924

Berlin: Pro BUSINESS 2016, ISBN 978-3-86460-427-0, 1. Auflage 2016

Kastner, Tradition und Aufbruch im Schwentinetal, Sonderveröffentlichung der GKStG Band 38, Seite 28 - 36, Sönke Petersen, Die Handwerker- und Bauerndörfer Neumühlen und Dietrichsdorf auf dem Weg in die neue Zeit

Quelle:

Gisela Graichen / Horst Gründer, Deutsche Kolonien, Traum und Trauma,

Ullstein Taschenbuch 36940, ungekürzte Ausgabe

ISBN 978-3-548-36940-2

Denkmaltopographie Landeshauptstadt Kiel, Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, Sonderveröffentlichung 29

Bearbeitet von Lutz Wilde, Herausgeber Jürgen Jensen, 1995, Wachholtz Verlag Neumünster

ISBN 3-529-02520-8

Seite: 89-92 / 168-169

Denkmaltopographie Landeshauptstadt Kiel, Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, Sonderveröffentlichung 29

Bearbeitet von Lutz Wilde, Herausgeber Jürgen Jensen, 1995, Wachholtz Verlag Neumünster

ISBN 3-529-02520-8

Seite: 456-466

Quelle: Wikipedia.de

Deutsche Kolonien; Deutscher Kolonialismus in der Zeit des Nationalsozialismus; Deutsche Kolonien in Westafrika

Kamerun (Kolonie); Togo (Kolonie); Deutsch-Südwestafrika; Deutsch-Ostafrika

Quelle: www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_13/Demokratische_Geschichte_Band_13_Essay_9.pdf, Daniel Roth: Gefolgschaftsbetreuung Zur betrieblichen Sozialpolitik der Deutsche Werke Kiel AG im „Dritten Reich“

Weitere im Text erwähnt

Einzelnachweise

  1. Sönke Petersen: Arbeiterbewegung, Kommune und Howaldtswerke, Ein Geschichtsbild von Neumühlen-Dietrichsdorf 1864 bis 1924. ISBN 978-3-86460-427-0 (1. Auflage 2016)
  2. Gisela Graichen / Horst Gründer: Deutsche Kolonien, Traum und Trauma, Ullstein Taschenbuch 36940, ISBN 978-3-548-36940-2
  3. Denkmaltopographie Landeshauptstadt Kiel, Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte: Sonderveröffentlichung 29, bearbeitet von Lutz Wilde, Herausgeber Jürgen Jensen, 1995, Wachholtz Verlag Neumünster, ISBN 3-529-02520-8, Seite: 89-92 / 168-169 / 456-466.
  4. Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags. Berlin, 1889, 7. Legislaturperiode, 4. Sitzung 1888/89, 1. Bd., 26. Januar 1889, S. 627-31. Abgedruckt in August Bebel, Ausgewählte Reden und Schriften, Bd. 2, Erster Halbband, 1878 bis 1890, Hg. Ursula Herrmann et al. Berlin: Dietz Verlag, 1978, S. 523-33