Schleswig-Holsteinische Erhebung
Die Schleswig-Holsteinische Erhebung war eine von 1848 bis 1851 dauernde kriegerische Auseinandersetzung zwischen schleswig-holsteinischen Truppen und dem Königreich Dänemark um die Loslösung der Herzogtümer Schleswig und Holstein aus dem dänischen Gesamtstaat. Sie endete 1851 mit dem Sieg Dänemarks.
Sie wird zur Abgrenzung vom Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 auch als Erster Schleswig-Holsteinscher Krieg bezeichnet. In Dänemark heißt sie Treårskrigen (der Dreijahreskrieg) oder oprør (Aufruhr, Rebellion).
Ausgangssituation
Die Schleswig-Holsteinische Erhebung hatte sowohl den Charakter eines innerdänischen Bürgerkrieges als auch Aspekte eines internationalen Konfliktes.
Der Bürgerkriegscharakter nährte sich aus nationalistischen Motiven wie einem deutsch-dänischen Sprachstreit und aus nicht überbrückbaren Gegensätzen in geschichtlichen, Erbfolge- und Hoheitsfragen.
International wurde der Konflikt durch die Unterstützung der deutschen Staaten Preußen, Hannover und Bayern auf der Seite der Schleswig-Holsteins und durch strategische Interessen der Großmächte Rußland und England, die diplomatisch in den Konflikt eingriffen.
Vor dem Hintergrund der überhitzten innenpolitschen Situation in vielen Ländern Europas, die zu Beginn des Jahres 1848 zu Revolutionen in etlichen Staaten geführt hatte (Januar: Neapel, Februar: Paris, März: Wien und Berlin) bedurfte es nur noch eines relativ geringen Anlasses, um einen militärischen Konflikt zwischen Schleswig-Holstein und der dänischen Krone ausbrechen zu lassen.
Dänischer Gesamtstaat
Als Dänischen Gesamtstaat (dänisch: helstaten) bezeichnet man das dänische Hoheitsgebiet in seinem seit dem Vertrag von Zarskoje Selo (1773) bestehenden Umfang. Es umfasste über das heutige Dänemark hinaus ursprünglich Norwegen mit Island, Grönland und den Färöern. Weiter die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Und schließlich überseeische Kolonien in Amerika, Afrika und Asien. Das norwegische Kernland war durch den Kieler Frieden von 1814 aus dem Gesamtstaat ausgeschieden, nicht aber Grönland und die ehemals norwegischen Gebiete Island und die Färöer.
Die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg besaßen dabei eine jeweils eigene staatsrechtliche Stellung. Sie waren formal kein Bestandteil des Königreichs Dänemark, sondern wurden in Personalunion vom dänischen König als Herzog regiert.
- Das Herzogtum Schleswig war ein dänisches Reichslehen, der König war damit dort sein eigener Lehnsmann.
- Das Herzogtum Holstein gehörte zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, bis dieses 1806 aufgelöst wurde. Der dänische König war dadurch als Herzog von Holstein gleichzeitig Lehnsmann des deutschen Kaisers.
- Im Wiener Kongress war das Herzogtum Lauenburg Preußen zugesprochen worden. Preußen tauschte es jedoch mit Dänemark gegen das ehemalige Schwedisch-Vorpommern.[1] Damit war der dänische König auch Herzog von Lauenburg.
Mit der Gründung des Deutschen Bundes wurden 1815 Holstein und Lauenburg zu dessen Gliedstaaten. Der dänische König erklärte 1816, dass er diese beiden Herzogtümer als zwei eigenständige Gliedstaaten betrachtete, aber keine zweite Stimme dafür im Deutschen Bund beanspruche.[2]
Sprachenkonflikt
Im Herzogtum Holstein wurde ausschließlich Deutsch gesprochen, besonders auf dem Lande vor allem Niederdeutsch ("Plattdeutsch").
Das Herzogtum Schleswig war dagegen ein vielsprachiges Mischgebiet. Im Norden des Herzogtums war der dänische Dialekt Sønderjysk (Südjütisch) vorherrschend, in Angeln und Schwansen dessen Variante Angeldansk (Angeldänisch) und an der Nordseeküste wurden verschiedene lokale friesische Dialekte gesprochen. Das Gebiet südlich der Linie Schleswig-Husum war vorwiegend wie Holstein deutsches Sprachgebiet. Für die überregionale Verständigung diente vor dem Hintergrund dieser Sprachenvielfalt vor allem Deutsch.
Die Verwaltung beider Herzogtümer oblag der Deutschen Kanzlei in Kopenhagen. Die Verwaltungssprache war dort Hochdeutsch, das in den Herzogtümern nur der städtischen Oberschicht als Umgangssprache diente. Hochdeutsch war aber auch Schul- und Kirchensprache. Das führte dazu, dass Hochdeutsch als Bildungsprache galt und die verschiedenen Volksdialekte im Alltag langsam zurückdrängte.
Die Sprachzersplitterung in den Herzogtümern entwickelte sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem Politikum: Nach der Auflösung des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation verfügte 1807 der Dänische König Christian VII., dass die Beamten in den Herzogtümern beide Hochsprachen, Dänisch und Deutsch, beherrschen mussten und dass alle Verfügungen in beiden Sprachen zu veröffentlichen seien. 1810 erließ sein Nachfolger Friedrich VI. ein Gesetz, das Dänisch dort zur Verwaltungs-, Schul- und Kirchensprache machte, wo es auch Alltagssprache war.
Sowohl deutsche als auch dänische nationalistische Kreise propagierten ihre jeweilige Sprache als Bekenntnis zu ihrer Nationalität. König Christian VIII. erließ 1840 ein Gesetz, nach dem im nördlichen Herzogtum Schleswig die Rechts- und Verwaltungssprache sowie die Unterrichtssprache in den höheren Schulen Dänisch sein sollte. Diese Regelung sollte das Herzogtum stärker an Dänemark zu binden, verfehlte aber ihre Wirkung und führte stattdessen zu einer Verstärkung des Sprachen- und Nationalitätsstreits:
- Die nationalliberale Gruppierung der sogenannten Eiderdänen (dän.: Ejderpolitikken, Schlagwort "Danmark til Ejderen") empfand die gesetzliche Regelung als unzureichend. Denn sie verstanden die Eider als Südgrenze des Königreichs und strebten eine Zugehörigkeit des gesamten Herzogtums (und nicht nur seines dänischsprachigen Nordens) an Dänemark an.
- Die nationale deutsche Seite fand häufig Wege, das Gesetz zu umgehen. Sie leitete aus dem Vertrag von Ripen von 1460 (Schlagwort "Up ewig ungedeelt") die Untrennbarkeit der Herzogtümer her und forderte ein vereinigtes Schleswig-Holstein als deutschen Teilstaat.[3]
Die auslösenden Ereignisse
Im März 1948 eskalierte die Situation. Am 11. März hatten die Eiderdänen in Kopenhagen gefordert, dass das Herzogtum Schleswig dem dänischen Staat zugeschlagen werden solle. Als Reaktion darauf forderten am 18. März die Ständeversammlungen beider Herzogtümer und eine gleichzeitige Volksversammlung in Rendsburg, dass das Herzogtum in den Deutschen Bund aufgenommen werden solle. Die Nachricht darüber wurde zwei Tage später in Kopenhagen bekannt und so verstanden, dass in Rendsburg eine Revolution ausgebrochen sei.
Unter dem aktuellen politischen Druck und der revolutionären Situation in Europa war der König genötigt, die Regierung zu entlassen und am 22. März ein neues Kabinett zu berufen, das vorwiegend mit eiderdänischen Vertretern besetzt war. Das bedeutete in der Folge, dass der König einen Tag später das eiderdänische Programm, nämlich die Einverleibung Schleswigs in das Königreich Dänemark, anerkennen musste.
Noch am 23. März verbreiteten sich Gerüchte darüber in Kiel, insbesondere hieß es, dass der König handlungsunfähig und in der Hand des Pöbels sei. In Kiel wurden Waffen an die Bevölkerung ausgegeben, um auf dem Markt ein bewaffnetes Korps zusammenzustellen. Im Rathaus am Markt diskutierten linksliberale und demokratische Politiker die Einsetzung einer provisorischen Regierung, während sich die gemäßigt liberalen Poltiker Hartwig Beseler, Graf Friedrich Reventlou und Prinz Friedrich von Noer in die Kanzlei des Rechtsanwalts Ludolf Bargum in der Vorstadt 6 (später: Holstenstraße 42) zurückgezogen hatten.[4]
Die Verhandlungen beider Gruppen dauerten unter dem Einsatz von Kurieren, u. a. dem Bankier Wilhelm Ahlmann, der maßgeblich an einer Verständigung beteiligt war, bis nach Mitternacht. Dann lag schließlich eine gemeinsame Erklärung vor.
Einzelnachweise
- ↑ Herzogtum Lauenburg bei kreis-rz.de, abgerufen am 19. März 2024
- ↑ Mitgliedsstaaten im deutschen Bund bei Wikipedia, speziell Sonderfälle Holstein, Lauenburg, Schleswig, abgerufen am 19. März 2024
- ↑ Wikipedia: „Mehrsprachigkeit in Schleswig“
- ↑ Kieler Erinnerungstag: 24. März 1848 bei kiel.de, abgerufen am 13. April 2024