Kieler 14 Punkte: Unterschied zwischen den Versionen

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# Sämtliche in Zukunft zu treffenden Maßnahmen sind nur mit Zustimmung des Soldatenrates zu treffen.
# Sämtliche in Zukunft zu treffenden Maßnahmen sind nur mit Zustimmung des Soldatenrates zu treffen.
Diese Forderungen sind für jede Militärperson Befehle des Soldatenrates.
Diese Forderungen sind für jede Militärperson Befehle des Soldatenrates.
Der Soldatenrat.
Der Soldatenrat.



Version vom 30. Dezember 2025, 10:20 Uhr

Die Kieler 14 Punkte (vermutlich eine Anspielung auf die 14 Punkte des Friedensplans von Präsident Wilson) wurden in der Nacht vom 4. auf den 5. November 1918, nachdem sich der Matrosen- und Arbeiteraufstand erfolgreich durchgesetzt hatte, von Mitgliedern der sich bildenden Arbeiter- und Soldatenräte im Gewerkschaftshaus ausgiebig diskutiert und am frühen Morgen verabschiedet. Es handelte sich eher um einen Katalog von Sofortmaßnahmen als um ein klares politisches Programm. Damit konnte Geschlossenheit hergestellt werden. In der politischen Kurzsichtigkeit sieht Dirk Dähnhardt jedoch eine wesentliche Ursache, dass die Soldatenräte nach ca. sechs Monaten wieder aufgelöst werden konnten.[1] Die Punkte wiesen jedoch, wie Wolfram Wette feststellte, „in die Richtung eines freiheitlichen, sozialen und demokratischen Staatswesens, in dem insbesondere der Militarismus vergangener Zeiten keinen Platz mehr haben sollte.“[2]

Die Kieler 14 Punkte entwickelten sich schnell zu einer „Blaupause“ für die rasche Ausbreitung der Revolution über ganz Deutschland. Im Zuge des Sturzes der lokalen Autoritäten und der Bildung von Räten wurden sie in vielen anderen Orten als Richtschnur  übernommen.[3]

Die Kieler 14 Punkte

Die 14 Kieler Punkte in der Schleswig-Holsteinischen Volkszeitung

Beschlüsse und Forderungen des Soldatenrates:

  1. Freilassung sämtlicher Inhaftierten und politischen Gefangener.
  2. Vollständige Rede- und Pressefreiheit.
  3. Aufhebung der Briefzensur.
  4. Sachgemäße Behandlung der Mannschaften durch Vorgesetzte.
  5. Straffreie Rückkehr sämtlicher Kameraden an Bord und in die Kasernen.
  6. Die Ausfahrt der Flotte hat unter allen Umständen zu unterbleiben.
  7. Jegliche Schutzmaßnahmen mit Blutvergießen haben zu unterbleiben.
  8. Zurückziehung sämtlicher nicht zur Garnison gehöriger Truppen.
  9. Alle Maßnahmen zum Schutze des Privateigentums werden sofort vom Soldatenrat festgesetzt.
  10. Es gibt außer Dienst keine Vorgesetzten mehr.
  11. Unbeschränkte persönliche Freiheit jedes Mannes von Beendigung des Dienstes bis zum Beginn des nächsten Dienstes.
  12. Offiziere, die sich mit den Maßnahmen des jetzt bestehenden Soldatenrates einverstanden erklären, begrüßen wir in unserer Mitte. Alles übrige hat ohne Anspruch auf Versorgung den Dienst zu quittieren.
  13. Jeder Angehörige des Soldatenrates ist von jeglichem Dienste zu befreien.
  14. Sämtliche in Zukunft zu treffenden Maßnahmen sind nur mit Zustimmung des Soldatenrates zu treffen.

Diese Forderungen sind für jede Militärperson Befehle des Soldatenrates.

Der Soldatenrat.

Diskussion

Flugblatt des Kieler Soldatenrats vom 5. November 1918 (Stadtarchiv Kiel). In der Kieler Zeitung wurden die beiden letzten Absätze weggelassen und die 14 Punkte direkt darunter aufgeführt, so dass der Eindruck entstand, als handele es sich um ein einheitliches Dokument.

Einige Historiker gaben an, dass die Punkte bereits im Laufes des 4. November 1918 verabschiedet worden seien und in den an diesem Tage stattfinden Verhandlungen zwischen den Aufständischen und der Marineführung in Kiel präsentiert worden seien. Sogar eine Annahme der Punkte im Verlauf der letzten Verhandlung am 4. November abends durch den Gouverneur Admiral Wilhelm Souchon wird beschrieben. Dagegen kommt Klaus Kuhl in seiner detaillierten Analyse zu dem Ergebnis, dass diese Darstellungen auf einer verkürzten Wiedergabe des nebenstehenden Flugblatts in der Abendausgabe der Kieler Zeitung vom 5. November 1918, sowie teilweise auf einer ungenauen Darstellung in der Schleswig-Holsteinischen Volks-Zeitung zurückgehen. Die Kieler Zeitung erweckte fälschlich den Eindruck, als wären die 14 Punkte Teil des Flugblatts gewesen. Die zeitnah verfassten Ergebnisberichte von Teilnehmern an den Verhandlungen am 4. November erwähnen jedoch die 14 Punkte nicht. Damit ist vielmehr die Darstellung von Lothar Popp richtig, dass die Punkte in der Nacht ausgiebig diskutiert wurden und erst am Morgen des 5. November verabschiedet wurden.[4]

Quellen und Literatur

  • Lothar Popp unter Mitarbeit von Karl Artelt: Ursprung und Entwicklung der November-Revolution 1918. Wie die deutsche Republik entstand. Kiel 1918 (Reprint als Sonderveröffentlichung der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, Bd. 15), S. III 1-30.
  • Bernhard Rausch: Am Springquell der Revolution. Die Kieler Matrosenerhebung. Kiel 1918 (Reprint als Sonderveröffentlichung der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, Bd. 15), S. II 1–31.
  • Dirk Dähnhardt: Revolution in Kiel. Der Übergang vom Kaiserreich zur Weimarer Republik 1918/19. Neumünster 1978.
  • Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte. Seit 1789. Band V, Weltkrieg, Revolution und Reichserneuerung 1914-1919. Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz 1978, S. 653. Huber macht eine Reihe von Fehlern in wichtigen Details, vgl. Kuhl, 14 Punkte, S. 6.
  • Knut-Hinrik Kollex: Blaupause für die Revolution. Die „Kieler 14 Punkte“. In: Sonja Kinzler, Doris Tillmann (Hrsg.): Die Stunde der Matrosen. Kiel und die deutsche Revolution 1918. Darmstadt 2018, S. 122–127.
  • Klaus Kuhl: Die Kieler 14 Punkte. Kiel 2011. Online zugänglich (aufgerufen am 29. Dezember 2025) unter: [2]
  • Klaus Kuhl: Verhandlungen im Gouvernement Kiel am 4. November 1918, 21:00 – 0:15 Uhr zwischen dem Gouverneur und weiteren Offizieren, dem Soldatenrat, dem Arbeiterrat, Vertretern der sozialdemokratischen Parteien und den von Berlin entsandten Vertretern der Regierung Haußmann und Noske, sowie weiterer Personen. Kiel 2017. Online zugänglich (aufgerufen am 18. November 2025) unter: [3].
  • Martin Rackwitz: Kiel 1918. Revolution, Aufbruch zu Demokratie und Republik. Kiel 2018, S. 99.
  • Wolfram Wette: Die Novemberrevolution. Kiel 1918. In: Carsten Fleischhauer und Guntram Turkowski (Hrsg.): Schleswig-holsteinische Erinnerungsorte. Heide 2006, S. 58-67.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Dirk Dähnhardt: Revolution in Kiel. Der Übergang vom Kaiserreich zur Weimarer Republik 1918/19. Neumünster 1978, S. 89–93.
  2. Wolfram Wette: Die Novemberrevolution. Kiel 1918. In: Carsten Fleischhauer und Guntram Turkowski (Hrsg.): Schleswig-holsteinische Erinnerungsorte. Heide 2006, S. 58-67, hier S. 62.
  3. Knut-Hinrik Kollex: Blaupause für die Revolution. Die „Kieler 14 Punkte“. In: Sonja Kinzler, Doris Tillmann (Hrsg.): Die Stunde der Matrosen. Kiel und die deutsche Revolution 1918. Darmstadt 2018, S. 122–127, hier S. 124 f.
  4. Klaus Kuhl: Die Kieler 14 Punkte. Kiel 2011. Online zugänglich (aufgerufen am 29. Dezember 2025) unter: [1].