Die Kieler Arbeiter- und Soldatenräte

Aus Kiel-Wiki

Obwohl der Begriff Arbeiter- und Soldatenrat auch in Kiel benutzt wurde, gab es hier streng genommen keine gemeinsame Räteorganisation der Arbeiterschaft und der Soldaten. Im Folgenden wird die Entwicklung der Kieler Räte beschrieben und – soweit bekannt – werden die Mitglieder vorgestellt.

Arbeiterrat im Januar 1918[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein erster Arbeiterrat wurde anlässlich der reichsweiten Januarstreiks 1918 gegründet, die in Kiel ihren Anfang nahmen und auf die österreichischen Jännerstreiks folgten. Lothar Popp (USPD) wurde per Akklamation auf dem Wilhelmplatz in einer Versammlung der Streikenden zum Vorsitzenden bestimmt. Ziel war es, die deutsche Oberste Heeresleitung daran zu hindern, von Russland, das aus dem Krieg ausschied, große territoriale und finanzielle Zugeständnisse zu erpressen. Die Streikenden sahen dadurch den Friedensschluss gefährdet. In Kiel wurde eine entsprechende Resolution verabschiedet, die an die deutsche Regierung geschickt wurde. Popp schrieb: „Wir hatten auf dem Wilhelmplatz zunächst einmal als Grundstock des Arbeiterrates 10 Kollegen der Germania-Werft gewählt, die übrigen Betriebe sollten (was nachher auch geschah), die weiteren Wahlen unter sich vornehmen. Uns leitete der Gedanke, daß der Arbeiterrat […] geeignet erscheine, die Interessen der Arbeiter zu vertreten, ohne durch den Parteienstreit in seiner Tätigkeit beengt zu sein.“[1]

Passfoto Lothar Popp, aufgenommen vermutlich Mitte der 1920er Jahre, Hamburger Staasarchiv.

Es ist unklar, ob die Organisation längerfristig existierte, weil Popp und zwei weitere USPD-Führer (Heinrich Strunk und Emil Theil) verhaftet und zu teils mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt wurden. Popp musste zwei Monate in Neumünster einsitzen.[A 1]

Im November 1918 übernehmen die Räte die Kontrolle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Verlauf des Kieler Matrosenaufstands entstand dann zuerst im Kasernengelände der Wik am 4. November 1918 ein Soldatenrat, zu dessen Vorsitzenden Oberheizer Karl Artelt (USPD) gewählt wurde. In der Popp/Artelt Broschüre heißt es dazu: „Nachdem Kamerad Artelt und T[h]ümmel zur Wahl von Soldatenräten aufgefordert hatte, vollzog sich die Wahl kompagnieweise. Jede Kompagnie wählte vier Soldatenräte. […] Die erste Soldatenratssitzung in ganz Deutschland tagte im Speisesaal am Montag, den 4 November. Kamerad Artelt wurde als erster, Kamerad Ehle als zweiter Vorsitzender gewählt.“[2] Als weitere Mitglieder konnten bisher festgestellt werden: Matrose Fritz Fischer, Heizer Schaaf – diese gehörten zur ersten Verhandlungsdelegation beim Gouverneur – und vermutlich noch Matrose Erich Thümmel[A 2](SPD). Zu ihren Forderungen gehörte u. a.: Abdankung des Hohenzollernhauses und die Einführung des allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlrechts für beide Geschlechter.

Karl Artelt ganz links als Angehöriger der I. Werft-Division, (Ausschnittsvergrößerung rechts), gemeinsam mit Kameraden der I. Torpedo-Division in Kiel-Wik, September 1914

.

Kurz darauf entstanden in fast allen militärischen Einheiten ebenfalls Soldatenräte, ohne dass jedoch eine klare Struktur erkennbar gewesen wäre. Sie etablierten sich als direkte Machtorgane der Soldaten anstelle der Offiziere.[3]

Nur wenig später fanden sich Aktivisten der Soldaten im Gewerkschaftshaus zusammen und berieten über die weiteren Schritte. Dabei entstanden festere Gruppen, die sich insbesondere um eine Verteidigung der Stadt gegen von auswärts, zur Niederschlagung des Aufstands, entsandte Truppen kümmerten. So berichtete Popp, als er am frühen Morgen des 5. November von der Verhandlung beim Gouverneur ins Gewerkschaftshaus zurückkam, dass „… es schnell [gelang] eine gewisse Einteilung und ein bestimmtes Kommando zu schaffen. In einigen der Zimmer und Bureaus hatte sich der Soldatenrat niedergelassen, der unverzüglich seine Arbeit begann.“[4] Es wurden Passierscheine ausgegeben, um die Bewegungsfreiheit der Offiziere einzuschränken. Flug-Obermaat Nikolaus Goßrau[A 3] begann im Auftrag der Räte mit dem Aufbau eines zentral organisierten Sicherheitsdienstes.[5] In den Reihen dieser locker strukturierten Soldatenräte genoss Karl Artelt, wie Goßrau andeutet, eine besondere Autorität, weil er die Entwicklung im Militär maßgeblich und mutig vorangetrieben hatte.[6]

Als weitere Mitglieder dieser frühen, sich im Gewerkschaftshaus zusammenfindenden Soldatenräte, nennt Goßrau sich selbst sowie die Kameraden Braune,[A 4] Starke, Hackmann, Falk (Hackmann und Falk konnten nach Aussagen Goßraus über die I., V. und XVII. Halbflottille verfügen), Oberheizer Ruffert,[A 5] Barghahn und den Matrosen Petersen (Theodor).[7] In einem Bericht des Kommandanten der Westfalen, Kapitän zur See Max Loesch, wird ein Obermaat Brandt erwähnt, der im Gewerkschaftshaus als Ansprechpartner für Schiffsbesatzungen fungiert habe.[8] In einem 1958 vermutlich auf Anforderung der SED erstellten Bericht, beschreibt der damalige Unteroffizier Paul Sahnwaldt, dass er dem Soldatenrat der Matrosen-Division angehört hätte.[9]

Etwa Zwei Stunden nach den Soldaten trafen sich auch die Obleute und Vertrauensleute der Betriebe in demselben Saal im Gewerkschaftshaus und beschlossen den Generalstreik zur Unterstützung der Bewegung.

Die 14 Kieler Punkte in der Schleswig-Holsteinischen Volkszeitung (SHVZ)

Um 22 Uhr fand eine nochmalige Beratung im Gewerkschaftshaus statt. Ca. 40 Vertrauensleute verschiedener Schiffe und Formationen sowie sechs Arbeiter kamen zusammen und verabschiedeten schließlich die bekannten Kieler 14 Punkte, die vielen Räten in ganz Deutschland als Richtschnur dienten.[10] Dänhardt sieht in der politischen Kurzsichtigkeit, die in diesem Katalog zum Ausdruck kommt, eine wesentliche Ursache, dass die Soldatenräte nach ca. sechs Monaten wieder abgeschafft werden konnten.[11]

Am frühen Morgen des folgenden Tages (5. November 1918) bildete sich ein Arbeiterrat aus den Obleuten der Großbetriebe, vierzehn Vorstandsmitgliedern beider sozialdemokratischer Parteien und dem Vorsitzenden des Kieler Gewerkschaftskartells Garbe. Letzterer wurde zum Vorsitzenden gewählt.[12]

Foto Gustav Garbes aus dem Kieler Gewerkschaftshaus, aufgenommen vermutlich in den 1920er Jahren.

Nach Untersuchungen Dirk Dähnhardts bestand der Arbeiterrat aus den folgenden Personen:[13]

  • Obleute der Großbetriebe (15, von den meisten ist die Parteizugehörigkeit nicht bekannt, jedoch dürfte die Mehrheit der SPD zuzurechnen sein): Heinrich Bohnsack,[A 6] Fiebig, Glup, Jatow, Kazda, Krause, Künzel, Küpel, Wilhelm Leopold,[A 7] Neumann, Rehle, Huß (SPD), Lintzel (SPD), Wiese (USPD), Eduard Wolke (SPD).[A 8]
  • Vorstandsmitglieder der SPD (7): Balleng, Beckmann, Bindemann, August Biskupek,[A 9] Karl Edler, Fröhlich, Peter Hillbrecht.
  • Vorstandsmitglieder der USPD (7): J. Classen (auch Claßen), Cords, Krogmann, Max Spretke, Springer, Wiechert, Zinser.
  • Vorsitzender des Gewerkschaftskartells: Gustav Garbe (SPD).

Nachdem sich die Macht der Räte im Laufe des 5. November konsolidierte, richtete sich der Blick auch auf weitere drängende Fragen, wie Sicherung der Nahrungsmittelversorgung und Zahlung der Löhnung. Hier bot Gustav Noske, der sich seit dem Vorabend in Kiel befand und an den Verhandlungen teilgenommen hatte, Unterstützung für die Bewegung an, allerdings in der unausgesprochenen Absicht, ihre Ausbreitung zu verhindern. In einer Absprache mit den USPD-dominierten Aktivisten wurde Noskes Angebot angenommen. Dies geschah unter der Bedingung, dass es sich um eine vorläufige Maßnahme handele und dass erst dann weitere politische Entscheidungen getroffen würden, wenn ein mit Noske vergleichbares politisches Schwergewicht der USPD aus Berlin, etwa Hugo Haase[A 10] eingetroffen wäre. Noske wurde dann per Akklamation auf einer großen Versammlung auf dem Wilhelmplatz zum vorläufigen Vorsitzen der Soldatenräte bestimmt. Seine Aufrufe wurden von Karl Artelt mitunterzeichnet. Anordnungen mussten neben Noskes Unterschrift auch die eines weiteren Soldatenrats-Mitglieds tragen.

Beschlüsse des Soldatenrats vom 5. November 1918

Dabei wurde inzwischen auch vom Großen Soldatenrat gesprochen, die Zusammenfassung der Räte hatte Fortschritte gemacht, hatte allerdings nach wie vor keine autorisierte Basis, denn Noske wählte hier nach seinem Bekunden im Stationsgebäude nach Gutdünken einen sieben- oder neuenköpfigen Aktionsausschuss aus einer Schar von 50–60 Anwesenden von verschiedenen Schiffen oder Formationen. Von diesen hätte sich ein Großteil als „Versager“ entpuppt.[14]

Der Arbeiterrat ging sofort daran, mittels so genannter Beigeordneter die Zivilverwaltung zu kontrollieren. Den Beigeordneten mussten alle wichtigen Vorgänge vorgelegt werden, und sie konnten in die Entscheidungen eingreifen.[15] Als erstes fertigte Garbe eine handgeschriebene Ernennungsurkunde für Eduard Adler aus. Adler wurde abgestellt, den erzkonservativen Oberbürgermeister Paul Lindemann, der später auch den Kapp-Putsch unterstützte, zu kontrollieren.

Datei:Garbe ernennung-beigeordneter-adler 1918.jpg
Ernennungsurkunde für den Beigeordneten Eduard Adler (Vorder- und Rückseite), Stadtarchiv Kiel, Sign. 21392.

Am 11. November 1918 wurde Adler durch den Stadtverordneten August Biskupek (ebenfalls SPD) ersetzt (Letzterer wiederum wurde aufgrund von Krankheit am 13. Februar 1919 durch den Stadtverordneten Hermann Adam abgelöst).[16] Adler wurde zusammen mit Paul Greß (auch Gress)[17] Beigeordneter beim Regierungspräsidenten in Schleswig. Auch der Oberpräsident für Schleswig-Holstein, der damals seinen Sitz in Kiel hatte, erhielt einen Beigeordneten des Arbeiterrats. Eingesetzt wurde Heinrich Kürbis (SPD).[18]

Beim Polizeipräsidenten übernahmen Friedrich Brodthuhn (SPD)[A 11] und Wilhelm Schweizer (USPD, später SPD)[A 12] die Kontrolle; bei der städtischen Polizei Wilhelm Leopold (SPD). Zum Post- und Telegraphenamt wurde der später von der SPD zur USPD übergetretene Postinspektor Bertold Brandt[19] abgeordnet. Das Provinzial-Schulkollegium wurde von Dr. Hermann Weller kontrolliert.[A 13] Weitere Beigeordnete waren für die Gewerbe-Inspektion: Jatow, und für den Landeshauptmann: Albert Billian.[A 14]

Peter Hillbrecht (SPD), Metallarbeiter und nach Garbe Vorsitzender des Kieler Arbeiterrats und später des Volksrats für Schleswig-Holstein, sah in einer Rückschau einen großen Mangel darin, dass man es versäumt habe, Beigeordnete für die Justiz zu stellen. Dadurch hätte man „unendlich viel an reaktionären Bestrebungen [hintanhalten]“ können.[20][A 15] Nach einer Meldung in der Schleswig-Holsteinischen Volks-Zeitung (SHVZ) vom 12. Dezember 1918 war jedoch Professor Otto Opet (1866–1941)[A 16] der Justiz als Beigeordneter vorgesetzt. Vielleicht lässt sich dieser Widerspruch dadurch erklären, dass Opet als Einzelperson gegenüber der Phalanx der reaktionären Beamtenschaft keinen Effekt erzielen konnte.

Das Ernährungsamt wurde wegen der herausragenden Bedeutung vom Arbeiterrat durch Fiebig und Richter selbst übernommen. Seit den Hungerprotesten 1917 waren die Arbeiter bereits mit einer größeren Gruppe in der städtischen Lebensmittelkommission vertreten und hatten viel Erfahrung sammeln können.[A 17]

Zur generellen Arbeit der Beigeordneten schreibt Dähnhardt: „Allein im Bereich der Lebensmittelversorgung, die von Anfang an im Mittelpunkt der Tätigkeit des Arbeiterrats stand, konnte dieser eine für die Bevölkerung sichtbare Bedeutung erlangen. Seit Anfang November bot die Lebensmittelversorgung in Kiel keinen Anlaß mehr zu Kritik. Auch Oberbürgermeister Lindemann [...] bezeichnete die dem Lebensmittelamt zur Seite gestellten Beigeordneten [im Mai 1919] sogar als 'brauchbare Mitarbeiter', sicherlich ein hohes Lob, wenn man berücksichtigt, dass Lindemann [...] ein konsequenter Gegner der Sozialdemokratie war.“[21] Martin Rackwitz kam in seiner umfassenden Darstellung des Kieler Aufstands zu dem Ergebnis, dass die erfahrenen sozialdemokratischen Politiker „ein hohes Maß an kommunalpolitischem Sachverstand“ einbrachten.[22]

Trotz der Konsolidierung des Aufstands in Kiel breitete sich jedoch am 6. November eine große Unsicherheit aus, denn Kiel schien isoliert zu bleiben. Noske unternahm jetzt einen gründlich vorbereiteten Versuch, den Kieler Aufstand zu beenden und damit die alten Verhältnisse wiederherzustellen. Nachmittags fand eine große Massenversammlung von etwa tausend Matrosen, an der auch Vertreter der Arbeiterschaft teilnahmen, im „Schloßhof“ statt, dem heutigen metro-Kino. Noske hielt seine sorgfältig vorbereitete Rede und beschrieb die großen Schwierigkeiten, vor der die Bewegung stehe. Die Heranschaffung von Lebensmitteln und Geld mache große Probleme, denn Kiel sei isoliert und der Eisenbahnverkehr eingestellt. Er malte ein düsteres Bild und gab dann bekannt, was die Regierung anbieten würde, wenn der Aufstand abgebrochen würde: Straffreiheit für alle Aufständischen, Amnestie für die anlässlich der Marineunruhen 1917 Verurteilten, beschleunigte Herbeiführung des Waffenstillstandes, Beschleunigung der Abdankungsfrage sowie weitere Reformen und Demokratisierung des Staates. Der Vorsitzende des Arbeiterrats Garbe (SPD) und Popp (USPD) sprachen sich dagegen aus. Auch der Redakteur der SHVZ, Bernhard Rausch (SPD)[A 18] argumentierte dagegen: Die Bewegung dürfte „… nie in dem Sinne abgebaut werden […], daß etwas von dem aufgegeben würde, was durch sie politisch erreichbar war.“[23] In dem Bericht der SHVZ über die Versammlung wurde dies näher erläutert: „Die gegenwärtige schicksalsschwere politische Situation gebietet, dass die entstandenen Machtverhältnisse restlos ausgenützt werden für den politischen und sozialen Fortschritt des Deutschen Reiches. Es gilt das, was im glorreichen Ansturm errungen ist, dauernd zu befestigen.“[24]

Noskes Vorschlag wurde nach Angaben Popps einstimmig abgelehnt. Außerdem wurde Popp auf der Versammlung, nachdem der von Berlin entsandte USPD-Vorsitzende Haase Schwierigkeiten hatte, nach Kiel zu gelangen, zum gleichberechtigten Vorsitzenden des Soldatenrats neben Noske bestimmt.[25]

Die Versammlung verlief teilweise chaotisch, was offenbar mit einer immer noch bestehenden mangelnden Legitimation der Teilnehmer, aufgrund der spontan entstandenen Soldatenräte, zusammen hing. Popp organisierte daraufhin Wahlen von Vertrauensmännern in allen Einheiten, die dann den „Großen Soldatenrat“ wählten, der dann wiederum als Aktionsausschuss am folgenden Tag den Obersten Soldatenrat (OSR) bestimmte. Der OSR, dem auch Karl Artelt angehörte, wählte Lothar Popp zum Vorsitzenden. Weitere Mitglieder waren Maschinistenmaat Ullrich (auch Ulrich), Obermaat Schrader (vom Friedrichsorter Soldatenrat)[A 19] und Obermaat Koch.[A 20] Gemäß einer vorher getroffenen Absprache zwischen SPD und USPD übernahm Noske daraufhin das Gouverneursamt von Admiral Wilhelm Souchon.[26] Bereits eine Woche später werden zwei neue Mitglieder des OSR erwähnt, nämlich Robert Pfaff (SPD)[A 21] und Max Hartig,[A 22] während Schrader vermutlich ausgeschieden war.[27]

Über die Mitglieder des Großen Soldatenrats, die den OSR zu wählen hatten, gibt es bisher nur wenige Informationen: Der Kapitänleutnant Peter Köhler schreibt einem zeitnahen Bericht, dass er selbst zum Soldatenrat auf seinem Wohnschiff Nixe gewählt wurde und damit Mitglied im Großen Soldatenrat war. Köhler diente bis September 1918 auf dem zum III. Geschwader gehörenden Großer Kurfürst und war dann dem Artillerieschulschiff Kaiserin Augusta in Kiel zugeteilt. Er trat für eine Sozialisierung ein, war aber kein Demokrat. Köhler erwähnt auch einen Oberschreiber Haas, der eine bestimmende Rolle im Soldatenrat der I. Werft-Division gespielt hätte.[28] Weitere, von Karl Artelt in späteren Berichten erwähnte Mitglieder des Großen Soldatenrats: Torpedobootmatrose Fritz Steinhoff, späterer Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen sowie der U-Bootfahrer Ernst Wollweber, der von 1953 bis 1957 das Staatssekretariat bzw. das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) in der DDR leitete.[29]

Die Regierung in Berlin (bis zum 9. November 1918 noch vom letzten Reichskanzler des Kaiserreichs, Max von Baden, geführt) bestätigte Noske als neuen Gouverneur. Während Popp den Gouverneur als ausführendes Organ des Soldatenrats ansah, mit dem dieser „den Verwaltungsapparat in Bewegung bringen“ könne, betrachtete Noske den Soldatenrat eher als ein Kontrollgremium. In seinem ersten Tagesbefehl, den er zusammen mit dem OSR noch am selben Abend erstellte, hieß es: „Ich bin […] zum Gouverneur gewählt worden […]. Mir zur Seite steht der ‚Oberste Soldatenrat des Befehlsbereichs der Ostseestation’“ [30]

Der OSR schickte dann jeweils einen Vertrauensmann in alle wichtigen militärischen Stellen. Hierbei handelte es sich meistens um Feldwebel.[31] Die zukünftige Rolle der Offiziere blieb in der Schwebe. Nachdem sich in deren Reihen zunächst eine tiefe Resignation breit gemacht hatte, schöpften die Offiziere wieder Hoffnung, weil Noske signalisiert hatte, dass er auf sie nicht verzichten wollte.

Inzwischen trafen auch Nachrichten von der raschen Ausbreitung der Revolution ein. Noske kam nun zu der Überzeugung, dass „ein Lavieren nicht mehr am Platze sei, sondern es hieß die Zügel fest in die Hand zu nehmen.“ In einer kleinen Runde vereinbarte er mit einigen Kieler SPD-Führern die Ausrufung des Arbeiterrats als provisorische Regierung Schleswig-Holsteins. Der ebenfalls gewünschten Ausrufung der Republik Schleswig-Holstein widersetzte er sich.[32]

Der OSR und der Arbeiterrat einigten sich auf einen gemeinsamen Aufruf, der als Flugblatt verteilt wurde. Die ersten drei Absätze lauteten: „Die politische Macht ist in unserer Hand. Es wird eine provisorische Provinzialregierung gebildet, die in Zusammenarbeit mit den bestehenden Behörden eine neue Ordnung aufrichtet. Unser Ziel ist die freie, soziale Volksrepublik.“

Gemeinsamer Aufruf des Arbeiter- und des Soldatenrats am 7. November 1918.

Die Bewegung stieß auch auf große Zustimmung in der Bevölkerung. Dies zeigte sich nicht nur in der überwältigenden Anteilnahme bei der Beerdigung der Revolutionsopfer am 10. November 1918, sondern auch in der raschen Verbreitung der Räteidee: In weiten Kreisen der Bevölkerung bis ins Bürgertum hinein wurden Räte gegründet. Es gab Beamten- und Angestelltenräte,[33] Studentenräte,[34] Bauernräte[35] und sogar einen Rat des Kirchenchors der Nikolaikirche.[36]

In mehreren Verhandlungen wurde zwischen Vertretern der Offiziere und dem OSR eine Absprache über die Rolle der Offiziere getroffen. Diese sah vor, dass diejenigen Offiziere, die sich dem Soldatenrat unterstellten, im Amt bleiben durften. Wenn sie jedoch ein Kommando ausüben wollten, mussten sie das Vertrauen ihrer Untergebenen haben. Von den Mannschaften abgelehnte Offiziere mussten sich in der Marinestation zur Verfügung halten. Die große Mehrheit der Offiziere ließ sich darauf ein, wobei die Mitteilung, der Kaiser habe sie von ihrem Eid entbunden, eine wichtige Rolle gespielt haben dürfte. Die Ansätze für eine Militärreform wurden jedoch, wie Wolfram Wette schrieb, von Noske im Keim erstickt.[37]

Niedergang der Rätebewegung in Kiel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Kiel begann dieses „Ersticken“ einer möglichen Militärreform damit, dass Noske den Räten gegenüber die Kompetenz der Seeoffiziere, besonders mit Blick auf die Überführung der Flotte nach England, als unverzichtbar darstellte. Kuhl schrieb, dies sei in der neueren Literatur ohne nähere Diskussion akzeptiert worden, aber ein genauerer Blick auf die Aufgaben der verschiedenen Dienstränge zeige, dass Deckoffiziere, Unteroffiziere und Mannschaften ohne größere Probleme in der Lage gewesen wären, ein Schiff zu manövrieren; Steuerleute, Navigationsoffiziere, Maschineningenieure, Funkentelegrafiemeister etc. konnten in ihren Bereichen selbstständig handeln. Die Seeoffiziere waren hauptsächlich dazu da, ein Schiff in der Schlacht zu befehligen. Für andere Aufgaben waren sie nicht unbedingt notwendig. Allerdings war ihre Autorität wichtig für die einigermaßen reibungslose Abfolge aller Arbeiten an Bord und an Land. Diese Autorität aber war stark erschüttert. Eine Auswahl nach demokratischen und republikanischen Kriterien wäre möglich gewesen. Ein entstehender Gruppendruck hätte dann eventuell auch eine Reihe der ehemals kaiserlichen Seeoffiziere zum Einlenken bewegen können. Immerhin war nach der Wahrnehmung des Stabschefs der Marinestation, Küsel, noch Mitte November 1918 „die Stimmung, was das jüngere Seeoffizierkorps anbetrifft, ganz links gerichtet“.[38] Dies wird auch bestätigt von Admiral Gustav Bachmann, dem Vorgänger Souchons als Gouverneur und Chef der Marinestation, der den Kapitänleutnant Thorwald v. Bothmer als einen der radikalsten bezeichnete („… pries die Republik, machte die Monarchie herunter …“).[39] Unter dem Einfluss des Korvettenkapitäns Wilfried von Loewenfeld (s. u.) schlug dies aber schnell wieder um.[40]

Im Zuge der kurz nach dem Umsturz einsetzenden Demobilisierung wuchs der Einfluss der zurückbleibenden Berufssoldaten und hier besonders derjenige der Deckoffiziere. Diese hatten durchaus einen wichtigen Anteil an der erfolgreichen Durchsetzung des Aufstands, denn die standen in deutlicher Opposition zu den Seeoffizieren, von denen sie ebenfalls, wie die Mannschaften, als gesellschaftlich inakzeptable Parias behandelt wurden.[41] Der Deckoffizierbund erkannte die neuen Verhältnisse an und erteilte Bestrebungen, diese zurückzudrehen, eine Absage. Die Seeoffiziere müssten dies ebenfalls anerkennen und es müsse eine Auswahl geben, um reaktionäre Absichten von Seiten der Offiziere auszuschließen. Allerdings wurde nicht erkennbar, welche Mechanismen und Garantien der Bund für eine effektive Auswahl anstrebte.[42]

Ein Großteil der Deckoffiziere erwies sich auch später im Kapp-Putsch als Stütze der Weimarer Republik, sie hatten jedoch deutliche Vorbehalte gegenüber den Soldatenräten, vermutlich weil sie deren totalen Umsturz der militärischen Hierarchien ablehnten. Die Deckoffiziere bekamen einen großen Einfluss in der Sicherheitswehr des Soldatenrats und auch im OSR selbst. Ihre Vorbehalte führten dann vermutlich auch dazu, dass Lothar Popp am 10. Dezember 1918 als Vorsitzender des OSR zurücktrat; zumindest behauptet dies Noske in seiner 1920 erschienen und stark von Rechtfertigungen geprägten Schrift „Von Kiel bis Kapp“.[43] Popp selbst gab später an, er habe nach der Entscheidung für die Nationalversammlung keinen Sinn mehr in seiner Arbeit für den OSR gesehen. Allerdings fiel diese Entscheidung erst später auf der Reichsrätekonferenz 16.–21. Dezember 1918,[A 23] was eher Noskes Darstellung unterstützen würde. Es wäre aber auch denkbar, dass Popps Rücktritt bereits davon bestimmt war, dass keine USPD-Mitglieder aus Kiel zum Reichsrätekongress delegiert wurden. Karl Artelt übernahm nun den Vorsitz des inzwischen auf 14 Mitglieder erweiterten Gremiums, Stellvertreter wurde Robert Pfaff, Schriftführer wurde der Signalmeister und Deckoffizier Franz Riefstahl (SPD). Popp wurde nur noch als politischer Berater des Gremiums aufgeführt. Zum damaligen Zeitpunkt gehörten dem OSR, neben den Genannten, noch die folgenden Personen an: Rudolf Rannow, Erich Thümmel, Schmidtke, Max Hartig, Gräfenstein (auch Grävenstein), Rath, Klaus, Eggers, Rudolph, Widmaier (auch Widmeier) und Feill (insgesamt 14).[44][A 24]

Das Foto zeigt eine Demonstration von Deck- und Unteroffizieren am 22. Dezember 1918 gegen den Beschluss des Reichsrätekongresses und für die Beibehaltung der Rangabzeichen. Dies kennzeichnet den gestiegenen Einfluss der Deckoffiziere.

Die provisorische Regierung Schleswig-Holsteins hatte zunächst der Kieler Arbeiterrat übernommen. Auf einer Konferenz am 12. Dezember 1918 in Neumünster wurden nun auch die anderen Räte in der Provinz einbezogen. Die Konferenz wurde von Garbe eröffnet und zusammen mit Richter aus Neumünster und Schlüter aus Flensburg geleitet. Es herrschte Einigkeit darüber, dass in „nächster Zukunft […] Räterat und National-Versammlung nebeneinander bestehen bleiben und zusammen arbeiten [müssen].“[45] Die provisorische Regierung setzte sich nun aus Vertretern der Räte verschiedener Regionen zusammen. Sie bezeichnete sich später als „Volksrat“.[46]

Am 27. Dezember 1918, mit Beginn der Unruhen in Berlin, kehrte Noske dorthin zurück und übernahm im Rat der Volksbeauftragten, nach dem Rücktritt der USPD-Beauftragten, den Bereich „Heer und Marine“.

Damit verstärkte sich der schleichende und im Laufe der Entwicklung immer offenere Prozess, in dem Noske – inzwischen Reichswehrminister – die Soldatenräte im Juni 1919 schließlich abschaffen konnte.

Wichtige Stationen waren dabei:

  • Die Verkleinerung des 53er Rats, dem Zentralrat der Marine im Berliner Reichsmarineamt,[A 25] auf sechs Personen. Der Rat wollte die neue Marine auf Völkerverständigung und eine reine Verteidigung festlegen. Dies stieß jedoch bei den weiter nach „Weltgeltung“ strebenden „Tirpitzianern“, zu denen die vorgesehenen Führer der Marine (insbesondere v. Trotha)[A 26] gehörten, sowie auch bei Noske selbst, auf großen Widerstand. Aufgrund von Noskes Kritik, der auf dem Reichsrätekongress eine Verschleppung von Entscheidungen bemängelte, wurde der Rat auf sechs Mitglieder verkleinert und damit in seinen Wirkungsmöglichkeiten (bei einem Amt mit etwa 1000 Beschäftigten) stark eingeschränkt. Der stellvertretende Vorsitzende des Kieler OSR, Robert Pfaff (SPD), der auch am Reichsrätekongress teilnahm, unterstützte Noske bei seinem Vorgehen. Wette vermutet, dass Noskes Beanstandungen eher auf die inzwischen USPD-nahe Programmatik des 53er Rats zurückging.[47]
  • Der Aufbau der 1. Marine-Brigade (inoffizielle Bezeichnung: Eiserne Brigade oder Eiserne Division) durch die Deckoffiziere auf Anforderung Noskes Anfang Januar 1919. Im OSR argumentierten die Deckoffiziere damit, dass die Truppe für die Grenzsicherung im Osten gebraucht würde. Sie wurde dann aber bei den Kämpfen in Berlin und danach auch in weiteren Städten, u. a. in Bremen eingesetzt. Dies führte am 6. Januar 1919 zum Rückzug Karl Artelts aus dem OSR. Den Vorsitz übernahm zunächst Max Hartig für 10 Tage dann der Signalmeister und Deckoffizier Franz Riefstahl,[A 27] während Hartig sein Stellvertreter wurde. Hartig schied am 7. Februar aus, auf ihn folgte Bublat als Stellvertreter.[48]
  • Die Neuordnung der Kommandogewalt. Diese hatte bisher weitgehend in den Händen der Soldatenräte gelegen. Gegen einen bekannt gewordenen Entwurf legte der Kieler OSR Protest ein. Dieser Protest wurde auch am 1. Februar 1919 von der Kieler SPD-Zeitung unterstützt. Man sah in Noskes Planungen den Versuch, die Zustände vor der Revolution wieder einzuführen.[49] Der Entwurf war Mitte Januar vom neuen Kriegsminister Oberst Walther Reinhardt vorgelegt, vom Zentralrat der Deutschen Sozialistischen Republik[A 28] geringfügig geändert und dann von der Regierung angenommen worden. Das Verordnungswerk wurde am 19. Januar verabschiedet, gab die Kommandogewalt zurück an die Offiziere und schränkte die Befugnisse der Soldatenräte stark ein. Fronttruppen und Freikorps waren ausgenommen, dort hatten Soldatenräte sowieso einen schweren Stand oder wurden gar nicht geduldet.[50] Im Rahmen verschiedentlicher Proteste der Kieler Räte bei Noske fühlten sich die Delegationsmitglieder Riefstahl, Klaus, Rannow und Thümmel von Noske „wie Handwerksburschen“ behandelt.[51]
  • Der große Protest der Kieler Arbeiterschaft gegen Noskes kompromissloses militärisches Vorgehen gegen die Bremer Räterepublik Anfang Februar 1919; aufgrund der begeleitenden militanten Aktionen der KPD auch als Kieler „Spartakus-Putsch“ bezeichnet. Im Verlauf der bewaffneten Auseinandersetzungen erlaubte Noske dann die Aufstellung der 3. Marine-Brigade durch Wilfried von Loewenfeld, die dann die Sicherheitstruppe des Soldatenrats dominierte.[52] Am 25. Februar erfolgte dann eine Neuwahl des OSR und der erneut zum Vorsitzenden gewählte Riefstahl verkleinerte den bereits auf 12 Mitglieder reduzierten OSR auf nunmehr neun Personen. Dabei handelte es sich neben Riefstahl um Bublat (Stellvertreter), Schlüter (Schriftführer), Klaus, Rannow, Rath, Widmaier, Thümmel und Dräger.[53]
  • Die Einsetzung eines Seeoffiziers als Stationschef wurde von Noske gegen den Widerstand von OSR und Arbeiterrat nach verschiedenen Anläufen durchgesetzt. Dabei verlor Garbe als Noskes Nachfolger auf dem Posten des Kieler Gouverneurs seine militärische Befehlsgewalt und wurde zum „Zivilgouverneur“ herabgestuft. Der OSR wurde nun nur noch als Stationssoldatenrat bezeichnet. Am 10. März 1919 wurde Konteradmiral Meurer als Stationschef eingesetzt. Wenig später verlor Garbe auch seinen Titel als Zivilgouverneur. Am 31. März 1919 schieden Riefstahl, Klaus, Bublat und Thümmel aus dem OSR aus. Neuer Vorsitzender wurde der Oberfeuerwerkermaat Rudolf Rannow (SPD),[A 29] sein Stellvertreter wurde der Feldwebel Paul Dräger.[A 30] Außerdem gehörte nach wie vor der Feldwebel Schlüter[A 31] dem Rat an. Am 12. Mai 1919 wurde das Mitglied im Stationsssoldatenrat, Rath, durch den Feldwebel und Marinefeuerwerker Adolf Schmalix[A 32] ersetzt. Zu diesem Zeitpunkt gehörten dem Rat neben den genannten Rannow, Dräger, Schmalix und Schlüter noch Widmaier und Arnold (Minensuchflottille) an. (BArch RM 31/2375 Bl. 22)

Bereits einige Tage vorher, am 6. März 1919, war das Gesetz über die vorläufige Reichswehr verkündet worden. Es war unter Führung des Kriegsministers von Offizieren erarbeitet worden. In der parlamentarischen Debatte machte Noske deutlich, dass sozialdemokratische Vorstellungen zurzeit zurückgestellt werden müssten, um Deutschland wieder wehrhaft zu machen. Mit dem verabschiedeten Gesetz wurden die Freikorps sanktioniert, republikanische Verbände und Soldatenräte wurden abgeschafft.[54] Am 5. Juni 1919 wurde auch der Kieler Soldatenrat abgeschafft. Es gab jetzt nur noch Vertrauensleute mit Beschwerderechten, die ohne gesetzliche Fixierung lediglich gemäß Marine-Verordnungsblatt MVBl 17, S. 208 und 209 zu wählen waren.[55] Schmalix und Widmaier werden noch im September 1919 als Vertrauensleute erwähnt, wobei sie sich über die ständig weiter eingeengte Bewegungsfreiheit beschweren.[56] Ein weiterer Vertrauensmann war der, als bewährter Deckoffizier von Noske zum Leutnant zur See beförderte, Carl von Seydlitz. Seydlitz wurde nach dem Kapp-Putsch kurzzeitig Stationschef in Kiel, weil die Seeoffiziere wegen Putschbeteiligung suspendiert worden waren oder aus Solidarität den Dienst verlassen hatten.[57] Demokratisch und republikanisch orientierte Soldaten und Offiziere wurden jetzt langsam aber stetig aus dem Militär gedrängt.[58] Auch Seydlitz gab 1923 auf.

Die Räteidee lebte aber im zivilen Bereich weiter. Garbe hatte den Vorsitz im Arbeiterrat mit seiner Ernennung zum Gouverneur abgegeben. Nachfolger wurde Peter Hillbrecht (SPD), zweiter oder gleichberechtigter Vorsitzender J. Claßen (auch Classen geschrieben) von der USPD. Der Rat gab seinen Anspruch, als provisorische Regierung der Provinz Schleswig-Holstein zu fungieren, an den neu gebildeten Volksrat ab. Diesem gehörten auch Vertreter anderer Räte aus Schleswig-Holstein sowie kurzzeitig ein Mitglied des OSR an.[59]

Während der Soldatenrat als wichtigstes Ziel eine Demokratisierung des Militärs verfolgte, stand bei dem Arbeiterrat die Demokratisierung der Wirtschaft im Zentrum. Besonders die Führer der Werften gehörten meist der rechtsradikalen Deutschen Vaterlandspartei an. Sie besaßen einen großen politischen Einfluss.

Mitte März wurden Neuwahlen zu den Arbeiterräten durchgeführt. Die Parität mit der USPD wurde aufgegeben, damit konnte diese nur noch eine marginale Rolle in den Räten spielen. Die Beteiligung an den Wahlen war gering, was zu einem weiteren Bedeutungsverlust führte. Im neu konstituierten Arbeiterrat wurden Peter Hillbrecht zum ersten und Otto Eggerstedt[A 33] zum zweiten Vorsitzenden gewählt. Weitere Mitglieder waren der Redakteur der SHVZ Bernhard Rausch und J. Classen (oder Claßen) für die USPD. Als Aufgaben des Rats wurde benannt: Den Räten sollte nicht die ganze politische Macht übertragen werden, sondern sie sollten „die denkbar wichtigsten wirtschaftlichen Aufgaben“ erhalten: die Mitleitung der Fabrikbetriebe und die Sozialisierung“. Sie sollten politisch fortwirken, solange der Beamtenkörper nicht hinreichend demokratisch erneuert sei.[60]

Schließlich musste der Arbeiterrat im September seine Arbeit einstellen, weil keine Gelder mehr bewilligt wurden. Im Zuge des reformierten – nunmehr demokratischen – Wahlrechts waren jedoch viele seiner Mitglieder und Beigeordneten in die entsprechenden Gremien gewählt worden und konnten so – anders als bei den Soldatenräten – weiter Einfluss ausüben. Für Garbe war diese Entwicklung folgerichtig. Er sagte in seiner Wahlkampfrede anlässlich seiner Kandidatur für die Kommunalwahl Anfang März in Kiel: „Ich bin kein großer Freund der Arbeiterräte, deren Zeit bald vorbei sein dürfte. […] Die Räte sollen im Rathaus sitzen. […] wo sie besser arbeiten können wie heute als Beiräte.“[61]

Die Räteidee war auch von der Nationalversammlung aufgenommen worden, insbesondere, um der in der Arbeiterbewegung weit verbreiteten, immer wieder vorgetragenen Forderung nach Sozialisierung und Demokratisierung der Wirtschaft entgegenzukommen. Eine Kombination von Parlamentarismus und Rätesystem war also durchaus denkbar.[62] Im Gespräch waren etwa Wirtschaftsräte, doch erst 1930 wurde ein Entwurf für die Ausgestaltung des Reichswirtschaftsrats vorgelegt, der jedoch zu der Zeit keine Aussichten mehr auf Umsetzung hatte und nicht die notwendige Zweidrittelmehrheit erhielt. Übrig blieben schließlich nur noch die Betriebsräte. Im Februar 1920 wurde das Betriebsrätegesetz verabschiedet, das allerdings die Mitwirkungsmöglichkeiten nach ursprünglichen Forderungen einer weitgehenden Kontrollfunktion nur noch auf soziale Belange beschränkte. Garbe, der vermutlich hinter der Aussage in der SHVZ stand, dass man den Arbeiterräten die „Mitleitung der Fabrikbetriebe“ übertragen wollte, äußerte sich in seinem Bericht im Jahr 1920 entsprechend enttäuscht über das Betriebsrätegesetz.[63]

Fazit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Damit war die Rätebewegung in Kiel, die die politische Demokratie erkämpft hatte, mit ihren weitergehenden Vorstellungen einer Demokratisierung von Militär und Wirtschaft gescheitert.


Quellen und Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Lothar Popp, Karl Artelt: Ursprung und Entwicklung der November-Revolution 1918. Wie die deutsche Republik entstand. Kiel 1918. Reprint als Sonderveröffentlichung der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, Band 15, S. III 1–30. Im Jahr 2020 leicht gekürzt und kommentiert veröffentlicht in: IG Metall Bezirksleitung Küste (Hrsg.): Matrosenaufstand und Novemberrevolution 1918. Hamburg 2020, S. 96–115, ISBN 978-3-96488-063-5.
  • Gustav Noske: Von Kiel bis Kapp. Zur Geschichte der deutschen Revolution. Berlin 1920 (Digitalisat).
  • Klaus Kuhl: Gustav Garbe – bedeutender Kieler Gewerkschaftsfunktionär, Vorsitzender des Kieler Arbeiterrats und zweimaliger Gouverneur. Mit Vorworten von Frank Hornschu, Geschäftsführer und Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes Kiel Region, und von Stephanie Schmoliner, 1. Bevollmächtigte der IG Metall Kiel-Neumünster. Kiel 2023.
  • Martin Rackwitz: Kiel 1918. Revolution, Aufbruch zu Demokratie und Republik. Kiel 2018, ISBN 978-3-529-05174-6.
  • Dirk Dähnhardt: Revolution in Kiel. Der Übergang vom Kaiserreich zur Weimarer Republik 1918/19. Karl Wachholtz, Neumünster 1978, ISBN 3-529-02636-0.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Es gibt nur einen weiteren Hinweis, dass diese Räte länger Bestand gehabt haben könnten: Julius Bredenbeck, damals 11 Jahre alt, aber durch Vater und Onkel bereits gut über die Arbeiterbewegung orientiert, sagte in einem 1989 geführten Interview: „In einzelnen Betrieben gab es schon Arbeiterräte, die sich selbst gebildet hatten, ohne Rechtsgrundlage, einfach aufgrund der Stärke der Organisation. Die zum Teil also auch mit sehr großem revolutionärem Pathos an die Arbeit gingen. In anderen Betrieben waren auch Arbeiterräte, die aber mehr daran interessiert waren, notwendige Dinge, Schwierigkeiten in der Versorgung mit Lebensmitteln usw. weitgehend mit zu steuern. Man kann nicht sagen, dass es eine einheitliche Stimmung gab. Das wurde anders als damals die Matrosen Befehlsverweigerung machten. […] Da war eine allgemeine Solidarität in der gesamte Kieler Arbeiterschaft feststellbar“. Popp selbst gibt in einem Interview mit Dirk Dähnhardt an, der erste Arbeiterrat habe sich aufgelöst (vgl. Klaus Kuhl: Lothar Popp – Führer des Kieler Matrosenaufstands 1918 im Streitgespräch mit einem 68er. Interviews mit Lothar Popp. Kiel/Hamburg 1970–1978, S. 42. Online zugänglich (aufgerufen am 26. September 2024) unter: [1]). Eventuell liegt bei Bredenbeck eine Verwechselung mit den Arbeiterausschüssen nach dem Hilfsdienstgesetz vom Dezember 1916 vor.
  2. In der SHVZ Jahrgang 1957 (genaues Datum unbekannt) wurde ein Nachruf auf Thümmel veröffentlicht, nachdem dieser im Alter von 64 Jahren verstorben war. Dort heißt es u. a., dass beim Kieler Aufstand „…ein riesiger, schwarzhaariger Torpedobootmatrose mit buschigen Augenbrauen eine führende Rolle [spielte]. Oftmals stand er auf dem großen Kandelaber auf dem Wilhelmplatz und sprach zu den zahlreich versammelten. Schon bald bekam er den Spitznamen ‚Der rote Matrose’. … Bereits lange vor 1918 stand er im Vordergrund der revolutionären Bewegung und auch nach 1945 sah man ihn alljährlich bei der Kranzniederlegung an den Gräbern seiner gefallenen Kameraden der Revolution und des Abwehrkampfes gegen den Kapp-Putsch.“ Thümmel wurde Mitglied des Obersten Soldatenrats. Im Januar 1919 übte er vorsichtige Kritik am Verhalten der inzwischen von den Deckoffizieren dominierten Sicherheitstruppe des Soldatenrats gegenüber einer Arbeitslosenaktion vor und im Rathaus (vgl. OSR: Bekanntmachung. In: Republik, 17. Januar 1919). Im Jahr 1920 war er vermutlich bei der Sicherheitspolizei, wo er sich gegen den Kapp-Putsch engagierte (vgl. Bericht des Sipo-Leutnants Kemsies: Das Verhalten der Sicherheitspolizei Kiel gegenüber der Militärrevolte. 9. April 1920. LAS 301 4458. Online zugänglich (aufgerufen am 26. September 2024) unter: [2]). Von 1938 bis kurz vor seinem Tod war Thümmel Lagermeister des Hansa-Speichers der Schleswig-Holsteinischen landwirtschaftlichen Hauptgenossenschaft.
  3. Goßrau entwickelte in den Folgetagen die ehrgeizige Idee, sich als rechte Hand Noskes über den Soldatenrat zu stellen. Er setzte sich damit zwischen alle Stühle und ließ sich am 14. November 1918 in ein Lazarett einweisen. Vgl. Klaus Kuhl: Die Ereignisse am 6. November 1918 in Kiel. Kiel 2010. Online zugänglich (aufgerufen am 14. September 2024) unter: [3].
  4. Auch Lothar Popp erwähnt Braune in späteren Interviews: In der entscheidenden Nacht hätten er und „ein gewisser Braune …, (der Braune lebt bei Kiel irgendwo)“ nachts im Stationsgebäude gesessen und Telefonanrufe beantwortet. „Da waren noch welche, wo ich geschwitzt habe dabei.“ Klaus Kuhl: Interviews mit Lothar Popp. Kiel/Hamburg 1970–1978, S. 20, 44 und 60. Online zugänglich (aufgerufen am 15. September 2024) unter: PDF.
  5. In den Popp-Interviews wird, ohne nähere Informationen, der Name Düffert mit Fragezeichen erwähnt. Eventuell handelt es sich hier um dieselbe Person. Vgl. Kuhl, Interviews Popp, S. 42.
  6. Bohnsack wurde 1893 geboren, war im Ersten Weltkrieg Soldat, war später DMV-Sekretär, kam während der Nazi-Zeit in das Vorläufer KZ Lichtenberg und emigrierte anschließend nach Schweden. Nach seiner Rückkehr war er 1950–1954 Bezirksleiter der IG-Metall Küste. Vgl. Thomas Pusch: Politisches Exil als Migrationsgeschichte. Schleswig-Holsteiner EmigrantInnen und das skandinavische Exil 1933–1960. Dissertation vorgelegt an der Universität Flensburg 2003. Online zugänglich (aufgerufen am 16. September 2024) unter: [4].
  7. Von 1920 bis 1933 Erster Bevollmächtigter des Kieler Metallarbeiterverbands (DMV).
  8. Wolke stiftete später zusammen mit Karl Edler den Gedenkstein für die Revolutionsopfer auf dem Eichhof-Friedhof; vgl. Johannes Rosenplänter: Zur Entstehung der ‚Ruhestätte der Opfer der Revolution‘ auf dem Kieler Eichhoffriedhof 1918–1924. Ein Werk des Landschaftsarchitekten Leberecht Migge. In: Rolf Fischer (Hrsg.): Revolution und Revolutionsforschung – Beiträge aus dem Kieler Initiativkreis 1918/19. Kiel 2011, S. 101−110, hier S. 105.
  9. Autoren der SPD Geschichtswerkstatt: August Biskupek. SPD-Geschichtswerkstatt. Online zugänglich (Permanentlink aufgerufen am 16. September 2024) unter: [5].
  10. Hugo Haase (1863–1919), Jurist, war von 1911 bis 1916 einer der beiden Vorsitzenden der SPD, und von 1912 bis 1916 einer der beiden Fraktionsvorsitzenden der SPD im Reichstag. Als Gegner der Kriegspolitik der Mehrheit des SPD-Vorstands aus Fraktion und Partei ausgeschlossen, gründete er 1917 die USPD und war deren Vorsitzender bis 1919. Im November/Dezember 1918 war er gleichberechtigter Vorsitzender mit Friedrich Ebert im Rat der Volksbeauftragten. Er starb im November 1919 an den Folgen eines Attentats.
  11. Autoren der SPD Geschichtswerkstatt: Sozialdemokratischer Verein Groß-Kiel - Stadtverordnete. In: SPD-Geschichtswerkstatt wiki. Online zugänglich (aufgerufen am 16. September 2024) unter: [6].
  12. Autoren der SPD Geschichtswerkstatt: Wilhelm Schweizer. In: SPD-Geschichtswerkstatt wiki. Online zugänglich (aufgerufen am 16. September 2024) unter: [7].
  13. Studienrat Hermann Weller, später Stadtverordneter SPD, spielte eine herausgehobene Rolle neben Dr. Hermann Heller und Professor Gustav Radbruch beim Kapp-Putsch in Kiel. Vgl. Dirk Dähnhardt und Gerhard Granier (Hrsg.): Der Kapp-Putsch in Kiel. Eine Dokumentation zum 60. Jahrestag der Märzereignisse von 1920. Kiel 1980 (Mitteilungen der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, Band 66), S. 148.
  14. Autoren der SPD Geschichtswerkstatt: Albert Billian. In: SPD-Geschichtswerkstatt wiki. Online zugänglich (aufgerufen am 16. September 2024) unter: [8]. In Preußen war der Landeshauptmann der vom Provinziallandtag gewählte höchste Beamte eines Provinzialverbands. Er leitete die provinziale Selbstverwaltung, während der vom König ernannte Oberpräsident die Vorbehaltsrechte der Zentralregierung wahrnahm.
  15. Über Hillbrecht ist nur wenig bekannt. Sabine Roß schreibt in ihrem biografischen Handbuch der Reichsrätekongresse 1918/19 (Hillbrecht war ebenfalls Delegierter für Schleswig-Holstein): Hillbrecht wurde am 23. April 1884 in Spliedtsdorf bei Grimmen (Prov. Pommern) geboren, war von Beruf Torpedoschlosser und seit Juni 1921 Angestellter im Eisenbahnerverband. Im selben Jahr meldete er sich nach Köln ab. Sabine Roß (spätere Kuder): Biographisches Handbuch der Reichsrätekongresse 1918/19. Düsseldorf 2000 (Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien Bd. 11). Andreas Zimmer erwähnt einen Peter Hillbrecht (SPD) als Mitglied der Landesleitung des Kulturbunds zur demokratischen Erneuerung Deutschlands in der SBZ/DDR, bei dem es sich evtl. um den hier besprochenen Kieler Vertreter handeln könnte: Andreas Zimmer: Der Kulturbund in der SBZ und in der DDR. Eine Ostdeutsche Kulturvereinigung im Wandel der Zeit zwischen 1945 und 1990. 2013 an der Fakultät für Sozialwissenschaften und Philosophie der Universität Leipzig als Dissertation angenommen. Online zugänglich (aufgerufen am 14. Januar 2023) unter: [9].
  16. Otto Opet lehrte seit 1900 als Privatdozent an der Kieler Universität, wo er 1930 zum Ordinarius berufen wurde. Er zählte zu den Wissenschaftlern, deren Abberufung die Kieler Studentenschaft 1933 kategorisch fordert, da er als Jude galt. Als Mitglied des Reichsbanners, der Liga für Menschenrechte und dem republikanischen Klub und der demokratischen (beziehungsweise radikaldemokratischen) Partei war er außerdem politisch engagiert. Unter dem massiven Druck der nationalsozialistischen Anfeindung lässt Opet sich im April 1933 auf "eigenen Antrag" im Alter von 67 Jahren in den Ruhestand versetzen. Vgl. Christian-Albrechts-Universität zu Kiel: Vertriebene Gelehrte. Online zugänglich (aufgerufen am 14. Juli 2024) unter: [10].
  17. In der Frühphase der Arbeit im Ernährungsamt erklärte der Dreher Wilhelm Schulz, zu der Zeit (6. November 1918) Vorsitzender des gemeinsamen Ernährungsausschusses von Arbeiter- und Soldatenrat und später als Ernährungskommissar (er war auch Beigeordneter für das Lebensmittellabor) bezeichnet: „Der Arbeiterrat hat einen Ernährungsausschuß in Gemeinschaft mit dem Soldatenrat eingesetzt, […]. Die Regelung der Lebensmittelversorgung der Zivilbevölkerung der Stadt Kiel verbleibt nach wie vor dem Magistrat. Der Ernährungsausschuß wird nur auf Ansuchen des Magistrats eingreifen.“ StAK Sign. 21392. Der „Ernährungskommissar Schulz – Kiel“ gab auf der Konferenz der schleswig-holsteinischen Arbeiter- Soldaten- und Bauern-Räte am 30. März 1919 in Neumünster einen Bericht über seine Tätigkeit; vgl. Anonym: Konferenz der schleswig-holsteinischen Arbeiter- Soldaten- und Bauern-Räte. In: SHVZ, 13. März 1919, S. 1 f.
  18. Rausch (1887–1981) war Artillerieleutnant an der Westfront und wurde am 1. Oktober 1918 Redakteur der SHVZ in Kiel. Er folgte Noske nach Berlin und wurde dessen politischer Privatsekretär und Referent im Reichswehrministerium, schied 1920 kurz nach Noskes Rücktritt aus und wechselte später zur deutschnationalen Frontsoldaten-Organsation Stahlhelm; vgl. Wolfram Wette: Gustav Noske. Eine politische Biographie. Düsseldorf 1988, S. 865; sowie Christian Lübcke: Ein Versuch zur Demokratisierung der Reichswehr. Bernhard Rauschs Vorschläge für eine Staatsbürgerliche Unterrichtung, 1919-1920. In: Andreas Braune, Sebastian Elsbach, Ronny Noak, (Hrsg.): Bildung und Demokratie in der Weimarer Republik. Stuttgart 2022, S. 95-109.
  19. Dirk Dähnhardt gibt eine Äußerung Lothar Popps über Schrader in einem 1975 geführten Gespräch wie folgt wider: „Über die Zusammensetzung des Soldatenrates erinnerte sich Herr Popp nur noch an einen Mann namens Schrader, den er selbst vorgeschlagen hatte, der aber ein "Vollidiot" gewesen sei.“ Kuhl, Popp, S. 44 f. Dähnhardt weist dabei auf eine ähnliche Schilderung Noskes hin. Noske nennt allerdings keine Namen und bezieht sich auf einen Tag vorher. Vgl. Noske, Kiel bis Kapp, S. 19.
  20. Martin Rackwitz erwähnt einen Obermatrosen Koch vom Soldatenrat in Holtenau, der dort die Befehlsgewalt ausgeübt habe. Vgl. Rackwitz, Kiel 1918, S. 181 f. Es bleibt unklar, ob es sich um dieselbe Person handelt.
  21. Pfaff (1881–1940) war außerdem Delegierter auf dem 1. Reichsrätekongress für den Wahlbezirk Schleswig-Holstein und wurde dort als Marinevertreter in den Zentralrat gewählt. Ab 1919 war er kommissarischer Landrat für Rendsburg und dort aktiv an der Niederschlagung des Kapp-Putsches beteiligt, dann Entbindung von diesem Amt. Ab 1924 Inhaber eines Immobiliengeschäfts in Neckargemünd. Vgl. Roß, Reichsrätekongresse. Zur Rolle Pfaffs während des Kapp-Putsches vgl. Klaus Kuhl: Abzug des Bataillons Claassen/Detachement Kiel nach dem Kapp-Putsch in Kiel 1920. In: Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Band 146 (2021), S. 241–256.
  22. Hartig, geboren 1887, war Delegierter für den Wahlbezirk Marinestation zum 1. Reichsrätekongress und gehörte zur SPD-Fraktion. Als Wohnort gab er Chemnitz an, und als dortige bisherige Tätigkeit: Sektionsleitung der Modelltischler in Chemnitz. Vgl. Roß, Reichsrätekongresse.
  23. Auf dem ersten Reichsrätekongress wurde Kiel durch die folgenden Delegierten vertreten: Gustav Garbe und Peter Hillbrecht für den Arbeiterrat (Kurt Kaulfers, USPD und Bevollmächtigter des DMV Kiel, fiel bei der Mandatsprüfung durch), sowie Max Hartig und Robert Pfaff für den Soldatenrat. Alle bis auf Kaulfers gehörten der SPD an. Vgl. Dieter Braeg und Ralf Hoffrogge (Hrsg.): Allgemeiner Kongress der Arbeiter- und Soldatenräte Deutschlands. 16.–20. Dezember 1918 Berlin – Stenografische Berichte, Neuausgabe zum 100. Jahrestag. Berlin 2018, S. 561–602. Vgl. auch Roß, Reichsrätekongresse.
  24. Hartig und Thümmel wurden bereits oben beschrieben, Riefstahl und Rannow werden weiter unten als Vorsitzende des OSR beschrieben, zu den anderen Personen ist bisher nichts weiter bekannt.
  25. Dem Rat gehörten die folgenden Kieler Personen an: Bock, Hohmann, Klenke, Lebeck, Manschke, Rösler, Stock, Block und Schumann; vgl. Kriegsakten betreff Revolution 1918 und Märzwirren 1920. BArch RM 8/1013, Bl. 73 f. Im Mai 1919 wurde auch ein Verbandssoldatenrat, in dem die Soldatenräte sich überregional organisiert hatten, der aber offensichtlich keinen größere Bedeutung erlangt hat, erwähnt; vgl. Akten des Reichsmarineamts betreffend Arbeiter und Soldatenrat, Juni 1919–März 1922. BArch RM 20/13 Bl. 27.
  26. Konteradmiral Adolf von Trotha (1868–1940), ab März 1919 Chef der Admiralität, im Oktober 1919 zum Vizeadmiral befördert, unterstützte den Kapp-Putsch und wurde später Propagandist für die NSDAP.
  27. Über Riefstahl ist ebenfalls nur wenig bekannt, obwohl er neben Popp und Artelt eine besonders wichtige Rolle in der Soldatenratsbewegung spielte: Riefstahl war zunächst wohl die zentrale Figur in dem nur bis zum 3. Dezember 1918 existierenden Generalobmannbüro. Neben Riefstahl waren hier noch der Oberheizer Klaus, der Ubootsmaschinistenmaat Tscharutke, der Schreiber Au und der Oberschreiber Rothenbacher tätig. Das Büro wurde parallel zum OSR eingerichtet und diente den Obmännern, wie die von den einzelnen Soldatenräten in den Großen Soldatenrat entsandten Delegierten genannt wurden, als Ansprechstelle. Mit Riefstahls Wahl in den OSR wurde es offenbar aufgelöst. Vgl. Dähnhardt, Revolution, S. 131. Riefstahl gehörte dem OSR von Anfang Dezember 1918 bis Ende März 1919 ununterbrochen an, und war mit 2 ½ Monaten der am längsten auf diesem Posten dienende Vorsitzende. Obwohl Riefstahl der SPD angehörte und deutlich moderater war als Popp und Artelt, verfolgten ihn die Seeoffiziere mit großem Hass. So bezeichnete v. Loewenfeld ihn als „widerlichen, aufgeblasenen roten Gesellen und Offiziershasser“. Der Stabschef Konteradmiral Küsel schrieb über ihn, er habe sich dann besonders hervorgetan, wenn es galt die Seeoffiziere zu bekämpfen. Riefstahl war später Amtmann in Berlin und wird im „Vorwärts“ vom 15. Oktober 1919 (S. 4) unter den „Groß-Berliner Parteinachrichten“ erwähnt. In einer Versammlung für „Sozialdemokratische Beamte, Angestellte und Hülfskräfte der Gemeindebehörden Groß-Berlins“ referierte Riefstahl über „Revolution und Beamtenschaft.“ Das preußische Innenministerium unter Göring ließ 1934 Erkundigungen über Riefstahl einziehen, um ihn aus dem Beamtendienst zu entfernen. Dabei übermittelte Küsel die genannte Denunziation. Wette vermutet, dies habe ausgereicht, um den Stadtamtmann Riefstahl aus dem Beamtendienst zu entfernen. Vgl. Wette, Noske, S. 261 f.
  28. Ein vom Reichsrätekongress im Dezember 1918 eingerichtetes Gremium zur Überwachung und zur Kontrolle des Rats der Volksbeauftragten.
  29. Rannow, geb. 25. Januar 1887 in Oramburg (Pommern), wird in dem Bericht des Kapitänleutnants Peter Köhler am 7. November 1918 als Obmann des Soldatenrats erwähnt; Köhler: Revolutionsereignisse, S. 14. Rannow war im April 1919 Delegierter für den 2. Reichsrätekongress, wo er den Wahlbezirk Ostseestation vertrat. Er organisierte im April 1919 den Zusammenschluss von Berufssoldaten, die sich zur SPD bekannten (im Hinblick auf eine zu gründende republikanische Volkswehr), beteiligte sich an der Abwehr des Kapp-Putsches in Kiel und wurde Kommandeur der gegen den Putsch aufgebauten Arbeiterwehr. In der Personalamtsakte „Wahlen von Stadträten und Bürgermeistern“ im Stadtarchiv Kiel (Sign. 31980) wird er ab 1920 als Stadtsekretär geführt. Im Jahr 1926 meldete er sich nach Lägerdorf ab. Vgl. Wette, Noske, S. 260 und 865; Roß, Reichsrätekongresse, S. 202; Dähnhardt/Granier, Kapp-Putsch in Kiel, S. 110 ff.; BArch 8/1022, Bl. 61 ff.
  30. Dräger war 1920 Führer im Reichswirtschaftsverband deutscher derzeitiger und ehemaliger Berufssoldaten (RdB, Vorläufer des Deutschen Bundeswehr Verbands) in Kiel. Er spielte eine aktive Rolle bei der Niederschlagung des Kapp-Putsches. Vgl. Dähnhardt/Granier, Kapp-Putsch in Kiel, S. 41, 72, 140.
  31. Nachdem Marinewaffen heimlich auf das Gut des Prinzen Heinrich in Hemmelmark verbracht worden waren, wurden dort im April 1919 Durchsuchungen vorgenommen, an denen Schlüter (stellvertretend für Rath) vom OSR, und Otto Eggerstedt vom Volksrat beteiligt waren. Es wurden 30 Gewehre mit Munition gefunden, die Heinrich von einem Seeoffizier geliefert worden waren. Bald darauf beschwerte sich der neue Stationschef Meurer in Berlin bei v. Trotha, dass der Soldatenrat wiederum gegen Vorschriften verstoßen habe, als er sich nach diesen Vorfällen bei weiteren Hausdurchsuchungen des Volksrats in Kitzeberg (Villenviertel auf dem Ostufer der Kieler Förde) beteiligte. Nach Aussagen des Stationssoldatenrats hatte Meurer die Beschwerde auf Anweisung Noskes verfasst. Vgl. Akten des Reichsmarineamts betreffend Arbeiter und Soldatenrat, Juni 1919–März 1922. BArch RM 20/13 Bl. 30–47.
  32. Schmalix (1890–1956) gehörte zur 1. Marine-Division und beteiligte sich am Aufbau des Reichswirtschaftsverbands derzeitiger und ehemaliger Berufssoldaten und des Republikanischen Führerbunds. Er engagierte sich im Kampf gegen den Kapp-Putsch, setzte sich dabei für die Bewaffnung der Arbeiterschaft ein und wurde für mehrere Tage verhaftet. Zu einem von ihm zu verantwortenden Unterschlagungsfall in seiner Abteilung erklärte er, „infolge seines Kampfes mit den höchsten Behörden“ sei es ihm nicht möglich gewesen, den Fall zur Anzeige zu bringen. Er verließ Kiel, entwickelte sich zum „völkisch-antisemitischen Extremnationalisten“ und beteiligte sich am Hitler-Putsch. Ab 1924 lebte er in Erfurt, wo er Schriftleiter und Herausgeber des Wochenblattes "Echo Germania" wurde. In dem Blatt pöbelte er gegen prominente Bürger, mit Vorliebe gegen Juden, Ausländer oder Demokraten, denen er dann anbot, sich freizukaufen, um weiteren Schmähungen zu entgehen. Im Frühjahr 1928 rief er den "Großdeutschen Freiheitsbund" ins Leben, dessen Programm aus einem Sammelsurium gängiger nationalistisch-völkischer Ansichten und Feindbilder bestand. Bei der Kommunalwahl in Erfurt errang er in einer reichsweiten Sensation 10 von 52 Mandaten. Später trat der der NSDAP bei. Nach dem Zweiten Weltkrieg saß Schmalix noch 1956 im Kreistag im Landkreis Roding (Oberpfalz). Vgl. Dähnhardt/Granier, Kapp-Putsch in Kiel, S. 24 f. und 41; Anonym: Ein rehabilitierter Berufssoldat. In: Republik, 26. März 1920; Steffen Raßloff: Erfurt begeht moralischen Selbstmord. Adolf Schmalix und die Großdeutsche Freiheitsbewegung. In: Stadt und Geschichte. Zeitschrift für Erfurt. 13 (2001). S 28 f. Online zugänglich (aufgerufen am 25. Septrember 2024) unter: [11].
  33. Eggerstedt (1886–1933 im KZ Esterwegen ermordet) erlernte den Beruf des Bäckers und war Soldat im Ersten Weltkrieg. Er berichtete, wie er dazu beitrug, dass sich auf dem Rückmarsch von der Front Soldatenräte bildeten (Otto Eggerstedt: Die Revolution im Felde! In: SHVZ, 5. November 1919). Zurück in Kiel engagierte Eggerstedt sich stark bei Versuchen eine demokratische Einwohnerwehr aufzubauen und war während des Kapp-Putsches an führender Stelle am Aufbau der Arbeiterwehr beteiligt. Ab Juli 1919 war er Parteisekretär der SPD in Kiel und von 1919 bis 1924 Stadtverordneter von Kiel. Im März 1921 rückte er für Albert Billian in den Reichstag nach, dem er durchgehend bis 1933 angehörter. Ab 1927 war er in der preußischen Verwaltung tätig, ab April 1928 als Regierungsrat und Leiter des Polizeiamtes Wandsbek. Ab 1929 wurde er, das erste halbe Jahr kommissarisch, Polizeipräsident von Altona-Wandsbek mit Sitz in Altona. In seine Dienstzeit fiel der so genannte Altonaer Blutsonntag, der als Anlass für die Beseitigung der sozialdemokratischen preußischen Regierung, eines der letzten Bollwerke gegen die Machtübernahme durch die Nazis, herhalten musste. Vgl. Autoren der SPD-Geschichtswerkstatt: Otto Eggerstedt. Online zugänglich (aufgerufen am 25. September 2024) unter: [12].

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Lothar Popp unter Mitarbeit von Karl Artelt: Ursprung und Entwicklung der November-Revolution 1918. Wie die deutsche Republik entstand. Kiel 1918 (Reprint als Sonderveröffentlichung der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, Band 15), S. III 1–30, hier S. III 7. Im Jahr 2020 leicht gekürzt und kommentiert veröffentlicht in: IG Metall Bezirksleitung Küste (Hrsg.): Matrosenaufstand und Novemberrevolution 1918. Hamburg 2020, S. 96–115.
  2. Popp/Artelt, Ursprung, S. III 16.
  3. Wolfram Wette: Interview von Klaus Kuhl und Kay Gerdes. Freiburg 2016. In: Klaus Kuhl und Kay Gerdes: Begleitheft für den Dokumentarfilm „In Kiel ist Revolution!“ Kiel 2018, S. 52–60, hier S. 54. Online zugänglich (aufgerufen am 31. August 2024) unter: [13].
  4. Popp/Artelt, Ursprung, S. III 19.
  5. Martin Rackwitz: Kiel 1918. Revolution, Aufbruch zu Demokratie und Republik. Kiel 2018, S. 114.
  6. Flug-Obermaat Nikolaus Goßrau: Privatakten betr. Revolution 1918. BArch RM 8/1024, Bl. 22.
  7. Goßrau, Bericht, Bl. 22.
  8. Max Loesch, Kapitän zur See: Vorgänge an Bord (Kiel). Handschriftlicher Bericht 4. und 5. November 1918. BArch RM 31/2373, Bl. 130–133.
  9. Paul Sahnwaldt: Der Matrosenaufstand in Kiel 1918. Typoskript 1957. Bundesarchiv, SAPMO, SgY 30/0797, S. 4–8.
  10. Vgl. Popp/Artelt, Ursprung, S. III-21.
  11. Dirk Dähnhardt: Revolution in Kiel. Der Übergang vom Kaiserreich zur Weimarer Republik 1918/19. Neumünster 1978, S. 89–93.
  12. Popp/Artelt, Ursprung, S. III-21–23.
  13. Dirk Dähnhardt: Brief an Gundula. Freiburg, 18. Oktober 1975. Wissenschaftlicher Nachlass, StAK Sign. 65496. Die Charakterisierung als „Obleute“ wurde nicht von Dähnhardt vorgenommen, ergibt sich aber daraus, dass SPD und USPD nur jeweils sieben Personen entsandten. Bei der Feststellung der Parteizugehörigkeit wurde Dähnhardt von Gertrud Völcker und Heinrich Bohnsack unterstützt; vgl. Dähnhardt, Revolution, S. 92 f.
  14. Gustav Noske: Von Kiel bis Kapp. Zur Geschichte der deutschen Revolution. Berlin 1920, S. 19 (Digitalisat).
  15. Eine Liste der Beigeordneten findet sich in der Schleswig-HolsteinischenVolks-Zeitung (SHVZ) vom 12. Dezember 1918 (hier nach einer handschriftlichen Aufzeichnung von Dirk Dähnhardt „Beigeordnete für amtliche Stellen“, in seinem wissenschaftlichen Nachlass (Akte 3, Hefter 1), StAK Sign. 65496.
  16. Rackwitz, Kiel 1918, S. 279 f. Zu Adam vgl.: Autoren der SPD Geschichtswerkstatt: Hermann Adam. In: SPD-Geschichtswerkstatt wiki. Online zugänglich (aufgerufen am 16. September 2024) unter: [14].
  17. Vgl. Autoren der SPD-Geschichtswerkstatt: Paul Gress. In: SPD-Geschichtswerkstatt-Wiki. Online zugänglich (aufgerufen am 2. September 2024) unter: [15].
  18. Wikipedia-AutorInnen: Heinrich Kürbis. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Online zugänglich (aufgerufen am 3. September 2024) unter: [16].
  19. Vgl. Rolf Fischer: Mit uns die neue Zeit! Kiels Sozialdemokratie im Kaiserreich und in der Revolution. Kiel 2013 (Geschichte der Kieler Sozialdemokratie Band 2), S. 187–190. Zum Übertritt zur USPD vgl. die USPD-Zeitung „Republik“ vom 3. April 1920.
  20. Peter Hillbrecht: Der Volksrat von Schleswig-Holstein. In: Schleswig-Holsteinische Volks-Zeitung (SHVZ), 5. November 1918, S. 2 f.
  21. Dähnhardt, Revolution, S. 149.
  22. Rackwitz, Kiel 1918, S. 190.
  23. Bernhard Rausch: Am Springquell der Revolution. Die Kieler Matrosenerhebung. Kiel 1918 (Reprint als Sonderveröffentlichung der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, Bd. 15), S. II 1–31, hier S. II-25.
  24. Anonym: Die Lawine im Rollen. In: Schleswig-Holsteinische Volks-Zeitung vom 7. November 1918, S. 1.
  25. Klaus Kuhl: Gustav Garbe – bedeutender Kieler Gewerkschaftsfunktionär, Vorsitzender des Kieler Arbeiterrats und zweimaliger Gouverneur. Mit Vorworten von Frank Hornschu, Geschäftsführer und Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes Kiel Region, und von Stephanie Schmoliner, 1. Bevollmächtigte der IG Metall Kiel-Neumünster. Kiel 2023, S. 29–32.
  26. Kuhl, Garbe, S. 32.
  27. Dähnhardt, Revolution, S. 114 und 136. Schrader wird nur noch einmal von Stabschef Küsel als Teilnehmer bei den Verhandlungen über die Rolle der Offiziere am 8. November erwähnt. Vgl. Klaus Kuhl: Gefangen in Überheblichkeit und Engstirnigkeit: Die führenden Seeoffiziere und der Matrosen- und Arbeiteraufstand in Kiel 1918. Die Berichte der Chefs der Marinestation und Gouverneure von Kiel, Admiral Gustav Bachmann und Admiral Wilhelm Souchon sowie ihres Stabschefs Konteradmiral Hans Küsel. Kiel 2023, S. 180.
  28. Kapitänleutnant Peter Köhler: Revolutionsereignisse in Kiel. Typoskript im Nachlass Carl/Karl Hollweg, BArch RM 3/11682, Bl. 198–226. Transkript online zugänglich (aufgerufen am 25. September 2024) unter: [17].
  29. Karl Artelt: Zwei Briefe an das Institut für Marxismus-Leninismus beim Zentralkomitee der SED – Abteilung Geschichte der Partei und der deutschen Arbeiterbewegung. Nebra, 15. Dezember 1957 und 12. Februar 1957. Bundesarchiv, SAPMO, SGY 30/0022, Bl. 14–19, hier Bl. 15, 17 und 19.
  30. Popp/Artelt, Ursprung, S. III-27 ff.
  31. Rackwitz, Kiel 2018, S. 139 f. Der so genannte Etatmäßige Feldwebel war in der Regel mit dem inneren Dienst und Verwaltungsaufgaben betraut.
  32. Noske, Kiel bis Kapp, S. 25.
  33. Vgl. dazu etwa Klaus Kuhl: Kiel und die Revolution von 1918. Das Tagebuch eines Werftingenieurs, verfasst in den Jahren 1917–1919. Edition und Textanalyse. Berlin 2018, S. 57.
  34. Über Alfred Meusel wird berichtet, dass er Vorsitzender des ersten Studentenrats in Deutschland wurde. Alfred Meusel (1896-1960) besuchte die Oberrealschule in Kiel. Mit Beginn des Ersten Weltkriegs meldete er sich als Freiwilliger, ging an der Front aber bald auf Distanz zum Kaiserreich und kam dort erstmals mit sozialistischen Ideen in Berührung. Im Dezember 1917 wurde er an der Aisne verschüttet, schwer verletzt und behielt zeitlebens ein Nervenleiden als Spätfolge. Von 1918 bis 1922 studierte er in Kiel u. a. Nationalökonomie, Soziologie und Geschichtswissenschaft. Vgl. Mario Kesser und Detlef Siegfried: Alfred Meusel im Spannungsfeld von Wissenschaft und Politik. In: JahrBuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung, Heft III/2010, S. 65–80, hier S. 66 f. Vgl. auch die von Jörg Becker veröffentlichten Berichte von Richard Sorge, der eine sozialistische Studentenorganisation aufbaute.
  35. Nach Gerhard Stoltenberg soll es bereits im Januar 1919 1700 örtliche Auschüsse [Bauernräte] in Schleswig-Holstein gegeben haben; vgl. Gerhard Stoltenberg: Politische Strömungen im schleswig-holsteinischen Landvolk 1918-1933. Düsseldorf 1962, S.29, Fußnote 4. Stoltenberg beruft sich auf eine Meldung der SHVZ vom 15. Januar 1919. Die Zeitung der USPD „Republik“ meldete am 19. Januar 1919, dass in Schleswig-Holstein ein provisorischer Oberster Bauernrat aus sechs Mitgliedern gebildet worden sei. Beigeordnet seien der Ernährungskommissar für Schleswig-Holstein sowie ein Beauftragter der Landwirtschaftskammer. Geschäftsführer sei vorläufig Max Mißfeld, Suchsdorf bei Kiel.
  36. Vgl. den Bericht eines damals 13-jährigen Chorknabens in dem NDR-Film „Matrosen, Räte, Republiken“ von Hartmut Idzko und Jörg Knickrehm, der am 1. November 1978 ausgestrahlt wurde.
  37. Wolfram Wette: Als bei der Torpedo-Division der erste Soldatenrat gebildet wurde. In: Frankfurter Rundschau, 12. Dezember 1988.
  38. Kuhl, Überheblichkeit, S. 186.
  39. Vgl. Klaus Franken (Hg.): Admiral Gustav Bachmann: Lebenserinnerungen und Tagebuch 1915. Paderborn 2022 (Schriften zur Marinegeschichte Band 3), S. 911 f.
  40. Kuhl, Garbe, S. 38 f.
  41. Vgl. Holger H. Herwig: Das Elitekorps des Kaisers. Die Marineoffiziere im Wilhelminischen Deutschland. Hamburg 1977, S. 86.
  42. Vgl. Klaus Kuhl: Analyse und Edition von: Paul Kässner, Oberdeckoffizier a. D.: Zur Geschichte der Deckoffizierbewegung, des Deckoffizierbundes und des Bundes der Deckoffiziere. Kiel 2022, 6 f. und 22. Online zugänglich (aufgerufen am 4. September 2024) unter: [18].
  43. Noske, Kiel bis Kapp, S. 52.
  44. Anonym: Sitzung des obersten Soldatenrates. In: Republik, 11. Dezember 1918.
  45. Einleitendes Referat des Beigeordneten der Regierung in Schleswig Eduard Adlers auf der Konferenz. Protokoll der Konferenz der Arbeiter- und Soldatenräte Neumünster am 12. Dezember 1918. Manuskript. Archiv des Zentralrats der Deutschen Sozialistischen Republik; Sign. B-58. Online zugänglich (aufgerufen am 9. Januar 2023) unter: [19].
  46. Vgl. Kuhl, Garbe, S. 34.
  47. Vgl. Wette, Noske, S. 272–280.
  48. Klaus Kuhl: Die Kieler Eiserne Division – ein besonderer Fall in der militärischen Landschaft der Weimarer Republik. In: Rolf Fischer (Hrsg.): Brennpunkte 1918. Orte der Revolution in Schleswig-Holstein. Kiel 2023, S. 113–132.
  49. Anonym: Neuregelung der Kommandogewalt. In: SHVZ, 1. Februar 1919, S. 1.
  50. Vgl. Wette, Noske, S. 333–339.
  51. Wette, Noske, S. 260.
  52. Kuhl, Garbe, S. 47 f.
  53. Vgl. Rackwitz, Kiel 1918, S. 183; sowie Anonym: Neuwahl des Obersten Soldatenrates. In: Kieler Zeitung vom 1. März 1919, Morgenausgabe.
  54. Wette, Noske, S. 358–368.
  55. Wette, Noske, S. 368.
  56. Akte Reichsmarineamt Juni 1919–März 1922. BArch RM 20/13 Bl. 129 ff.
  57. Vgl. Klaus Kuhl: Leutnant zur See Carl von Seydlitz. Der Kampf für die Demokratisierung der Reichsmarine. In: Rolf Fischer (Hrsg.): Sehnsucht nach Demokratie. Neue Aspekte der Kieler Revolution 1918. Kiel 2020, S. 23-35.
  58. Wette, Noske, S. 560, 697.
  59. Kuhl, Garbe, S. 48 f.
  60. Anonym: Der Kieler Arbeiterrat. In: SHVZ, 24. März 1919.
  61. Kuhl, Garbe, S. 49 f.
  62. Vgl. dazu Peter von Oertzen: Betriebsräte in der Novemberrevolution. Eine politikwissenschaftliche Untersuchung über Ideengehalt und Struktur der betrieblichen und wirtschaftlichen Arbeiterräte in der deutschen Revolution 1918/19. Düsseldorf 1963 (Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Band 25), S. 57–67.
  63. Kuhl, Garbe, S. 50.