Fördeschifffahrt, Weiße Dampferlinie (1905)

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Weiße Dampferlinie (1905)

Der weitere Ausbau der Werften auf dem Ostufer und der damit verbundene Bedarf an Arbeitskräften hatte erhebliche Auswirkungen auf die Kieler Bevölkerungsentwicklung. Ab 1910 erreichte die Einwohnerzahl in Kiel die Marke von 200.000. Demzufolge wurde auch der Fährverkehr auf der Förde verstärkt nachgefragt.

Der Kieler Reeder und Schiffsmakler Christian Ivers (Paulsen & Ivers) machte sich, vielleicht im Wettbewerb zur NDC (Sartori & Berger), für die Gründung einer zweiten Fördelinie stark. Das notwendige Kapital sollte durch den Verkauf von Aktien eingeworben werden.

Erste Abstimmungen mit den betroffenen Behörden vielen positiv aus. Ebenfalls kamen aus der Ratsversammlung zustimmende Signale.

Als dann auch noch die Nachbargemeinde Holtenau sich finanziell an der geplanten neuen Gesellschaft beteiligte, wurde am 7. September 1905 die Hafenrundfahrt AG notariell eingetragen. In Kiel gab es jetzt ein zweites Schifffahrtsunternehmen das 1906 den Betrieb aufnahm. Nach dem 7 September 1905 beteiligten sich auch die Gemeinden Alt-Heikendorf, Möltenort und Wellingdorf an der Hafenrundfahrt AG. Die Hafenrundfahrt AG blieb bis 1937 aktiv und wurde ab 11. Februar 1937 als Kieler Verkehrs A. G. weitergeführt.

Die Schiffe der neuen Gesellschaft, aber auch der nachfolgenden Betriebsgesellschaften erhielten alle einen weißen Schiffsrumpf und wurden als Weiße Dampferlinie bezeichnet. Dieses war ein Synonym sowohl für die Hafenrundfahrt AG Harufag und auch für die nachfolgende Gesellschaft, die Kieler Verkehrs A. G. KVAG.

Hafenrundfahrt AG (Harufag)

Die am 7. September 1905 in Kiel mit der Absicht den Fähr- und Schleppverkehr auf der Förde zu verbessern, hatte zwar noch keine eigenen Fördedampfer hielt aber am 26. Oktober 1905 die erste Generalversammlung ab. Der auf der Versammlung gewählte Aufsichtsrat der neuen Gesellschaft setzte sich aus sieben Personen zusammen und die Herren Ivers und Ströh zum Vorsitzenden bzw. Stellvertreter des Aufsichtsrates gewählt wurden. Der Aufsichtsrat ernannte den Ingenieur Stellter zum Vorstand der Harufag.

Auf der Versammlung wurde vom Vorstand die Beauftragung von zwei Dampfer bei der Werft J. H. N. Wichhorst, Hamburg und drei Dampfern bei der Werft Stocks & Kolbe, Kiel bestätigt. Die Dampfer sollten im April 1906 geliefert werden, da ab Mai die Aufnahme eines regelmäßigen Betriebes angestrebt wurde.

Die drei in Kiel gebauten Dampfer (Heikendorf, Dietrichsdorf und Holtenau) und zwei der in Hamburg gebauten Dampfer (Kitzeberg, Möltenort) wurden 1906 verspätet abgeliefert. Somit konnte die Hafenrundfahrt AG den regelmäßigen Betrieb erst am 30.06.1906 aufnehmen. Die weißen Dampfer waren 1906 die einzigen Fördedampfer die vom / zum Bahnhof über Gaarden bis Falckenstein fuhren.

Auf der Aktionärsversammlung am 4. Oktober 1906 zeigte sich der Aufsichtsrat mit der Entwicklung der neuen Gesellschaft sehr zufrieden. In den ersten Monaten wurden bereits 540.000 Fahrgäste befördert.

Weiterhin sollten ab Frühjahr 1907 auch Seegarten (Brücke 1) und Mönkeberg angelaufen werden. Die dünne Kapitaldecke der Hafenrundfahrt AG machte eine Erhöhung des Grundkaptals um 250.000 Mark notwendig. Diese Kapitalerhöhung wurde ohne Widerspruch von den Aktionären bewilligt und die Hafenrundfahrt AG konnte ihre Flotte um drei zusätzliche Dampfer erweitern.

Wegen ständig steigender Fahrgastzahlen bestellte die Hafenrundfahrt A. G für Ablieferung im Jahr 1907 einen etwas größeren Dampfer, die Mönkeberg bei der Werft Wichhorst in Hamburg und um den Fahrgästen mehr Komfort zu bieten zwei Dampfer mit einem Promenadendeck, bei Stocks & Kolbe, Kiel den Dampfer Kiel und bei der Gebr. Sachsenberg GmbH, Köln-Deutz den Dampfer Friedrichsort.

Um das Ostufer besser an Fördeschifffahrt und einsetzenden Tourismus anzubinden, war es erforderlich, dass die Hafenrundfahrt AG neue Seebrücken einrichtete. Neue Dampferbrücken entstanden in Mönkeberg, Kitzeberg, Heikendorf und Möltenort. Somit konnten die Weißen Dampfer auf dem Weg nach Falckenstein außer Laboe alle Ostufergemeinden anlaufen.

Als der erste Weltkrieg 1914 ausbrach, verfügte die Hafenrundfahrt AG über insgesamt acht eigene Fördedampfer. 1917 lieferte die Dresdner Maschinenfabrik und Schiffswerft Übigau AG, Dresden einen weiteren Dampfer mit Promenadendeck die Gaarden, somit verfügte die Gesellschaft zu Beginn der Weimarer Republik über insgesamt neun Fördedampfer.

Nach Kriegsende als Folge der politischen (Matrosenaufstand, Kapp Putsch) und wirtschaftlichen (Inflation, Arbeitslosigkeit, Erfüllung des Versailler Vertrages) Schwierigkeiten trübten sich die Zukunftsaussichten der Hafenrundfahrt AG ein, obwohl die Gesellschaft durch die kleinere Flotte gegenüber der Konkurrenz einen nicht so hohen Kostendruck hatte.

Steigende Kohlepreise und Kohlenmangel sowie zurückgehende Fahrgastzahlen konnten trotz einer Fahrpreiserhöhung nicht zufriedenstellend kompensiert werden. Daher fuhren ab Mai 1920 die Weißen Dampfer nur noch im inneren Hafenbereich und liefen sowohl West- und Ostufer an.

Um neue Einnahmen zu generieren, wurde der Dampfer Heikendorf zunächst zum Schlepper umgebaut und entsprechend eingesetzt, dann aber 1926 an die Kieler OHG Lafferentz & Lehmann verkauft. Der weiterhin bestehende Kostendruck machte es 1923 weiterhin notwendig einem Kaufangebot aus Holland zu entsprechen und den Dampfer Kiel zu verkaufen. Eine Vercharterung der beiden Dampfer Gaarden und Friedrichsort trug zu einer Verbesserung der Einnahmen nicht bei.

Durch den Einsatz der Friedrichsort und der Holtenau in der Viehfahrt und durch Einnahmen aus der Schleppschifffahrt konnte man das Krisenjahr 1923 überstehen.

Die Stadt Kiel konnte den Fährverkehr zwischen Kiel und Gaarden ab Dezember 1922 nicht mehr garantieren. Ab Februar 1923 bis Herbst 1924 übernahm die Hafenrundfahrt AG diese Verbindung zwischen Gaarden und dem Schumachertor.

Die weiterhin steigenden Kohlepreise führten dazu, dass ab 17. Dezember 1922 die Hafenrundfahrt AG ihre Fördeschifffahrt einstellen musste. Eine Wiederaufnahme der Personenschifffahrt war für 1923 geplant. Dieser angestrebte Termin konnte aber nicht eingehalten werden, lediglich in den Sommerferien bot die Hafenrundfahrt AG Erst nach Einführung der Rentenmark, Ende 1923, setzte eine leichte wirtschaftliche Erholung ein. Erst am 1. Oktober 1924 nahm die Hafenrundfahrt AG die Passagierfahrt ab Bahnhof nach Friedrichsort wieder auf. Die Dampferbrücken in Mönkeberg und Kitzeberg konnten die Weißen Dampfer aber nicht anlaufen. Die Gemeinden Mönkeberg und Kitzeberg wollten so die wirtschaftlichen Interessen der neuen Motorschiffsgesellschaft Mönkeberg schützen.

Das Jahr 1925 brachte der Hafenrundfahrt einen wirtschaftlichen Aufschwung in der Fördeschifffahrt aber auch gleichzeitig einen Einbruch in der Schleppschifffahrt auf dem Kanal. Bei dieser Entwicklung kam es der Hafenrundfahrt AG gerade recht, dass die Stadt Kiel ihr den Fährdienst auf dem Kanal zwischen der Wik und Holtenau übertrug. Der Dampfer Dietrichsdorf (Baujahr 1906) und der Dampfer Holtenau (Baujahr 1906) wurden auf dem Kanal als Fähren eingesetzt. Die Holtenau versah ihren Dienst bis 1955 und wurde dann von der MS Wik abgelöst.

Nachdem die NDC ab 1927 wieder direkte, schnelle Fährlinien Kiel – Friedrichsort – Laboe und Kiel – Möltenort – Laboe etablierte stellte die Hafenrundfahrt AG 1928 Ringverkehr ein und ab 1934 liefen dann die Weißen Dampfer auch regelmäßig Laboe an.

Ab 1930, in der Weltwirtschaftskrise, kam es erneut zu einem wirtschaftlichen Einbruch, von dem auch die Hafenrundfahrt AG betroffen war. Vor allem vor dem Hintergrund das die Schiffe der Gesellschaft Baujahr 1906/1907 waren, lediglich die Friedrichsort war 1917 der letzte Neubau, machte sich auch jetzt die geringe Eigenkapitaldecke bemerkbar. Die Hafenrundfahrt AG musste 1932 erneut ihren Fährverkehr auf der Innenförde einschränken.

Die dünne Finanzdecke und die schlechte wirtschaftliche Lage ermöglichten es der Stadt Kiel und der Germania-Werft Anteile an der Hafenrundfahrt AG zu erwerben. Gleichzeitig führte diese Entwicklung aber auch dazu, dass Dampfer jetzt durch Motorschiffe ersetzt wurden. Da auch das Reich für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen noch Zuschüsse zur Verfügung stellte, bestellte die Hafenrundfahrt AG bei der Germania-Werft 1934 zwei neue Motorschiffe, Stadt Kiel und Heikendorf und 1936 nochmals zwei Motorschiffe, Möltenort und Kitzeberg. Gleichzeitig wurde die Friedrichsort 1935 bei den Deutschen-Werken zu Motorschiff umgebaut.

Gleichzeitig war für die Stadt Kiel die Übernahme von Anteilen an der Hafenrundfahrt AG ein wichtiger Schritt, um ein städtisches Verkehrsunternehmen aufzubauen.

Für die Kieler Fördeschifffahrt brachen ab 1930 wirtschaftlich schwierige Zeiten an. Der Ausbau der städtischen Autobuslinien nahm an Tempo zu und wirkte sich auf die Fahrgastzahlen der Fördeschifffahrt nicht positiv aus. 1933 wurde in Kiel die Holsteinische Autobusgesellschaft mbH von privaten Geldgebern gegründet. Die Stadt Kiel beteiligte sich mit 500 RM an dem Busunternehmen. Das neue Unternehmen befuhr mit zwölf Bussen u.a. die Linien Kiel – Schilksee, Kiel – Holtenau und Kiel – Laboe.

1937 wurde unter Beteiligung der Stadt Kiel die Holsteinische Autobusgesellschaft mbH durch die Hafenrundfahrt AG übernommen. Die Übernahme erfolgte im Rahmen einer Kapitalerhöhung. Das bisherige Aktienkapital von 180.000 Mark wurde um 360.000 Mark erhöht.

Am 29. Dezember 1937 beschlossen die Aktionäre der Hafenrundfahrt A. G den Namen der Gesellschaft in Kieler Verkehrs A.G. zu ändern. Diese Umbenennung wurde am 11. Februar 1938 rechtskräftig.