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Als ''Sinti und Roma'' werden in Deutschland die Angehörigen einer ethnischen Minderheit bezeichnet, die früher abwertend und mit rassistischem Unterton ''Zigeuner'' genannt wurden. Dabei bezieht sich ''Sinti'' (Einzahl: männl. Sinto, weibl. Sintiza oder Sinta) auf diejenigen, deren Familien bereits seit dem Mittelalter in | Als ''Sinti und Roma'' werden in Deutschland die Angehörigen einer ethnischen Minderheit bezeichnet, die früher abwertend und mit rassistischem Unterton ''Zigeuner'' genannt wurden. Dabei bezieht sich ''Sinti'' (Einzahl: männl. Sinto, weibl. Sintiza oder Sinta) auf diejenigen, deren Familien bereits seit dem Mittelalter in Mitteleuropa ansässig sind, ''Roma'' (männl. Rom, weibl. Romna) auf solche ost- oder südosteuropischer Herkunft.<ref>[https://zentralrat.sintiundroma.de/sinti-und-roma-zigeuner/ Begriffserläuterungen] bei zentralrat.sintiundroma.de, abgerufen am 7. Juni 2022</ref> | ||
=== Antiziganismus === | === Antiziganismus === | ||
Wegen ihrer eigenen Sprache (Romanes) und ihrer kulturellen Unterschiedlichkeit wurden sie über Jahrhunderte ausgegrenzt und diskriminiert. Diese Ablehnungshaltung wird als ''Antiziganismus'' bezeichnet. Er führte dazu, dass Sinti und Roma meist ohne festen Wohnsitz umherreisten, ihren Lebensunterhalt häufig als Kleinhändler, Schausteller oder mit handwerlichen Dienstleistungen bestritten und generell in prekären Verhältnissen lebten. | Wegen ihrer eigenen Sprache (Romanes) und ihrer kulturellen Unterschiedlichkeit wurden sie über Jahrhunderte ausgegrenzt und diskriminiert. Diese Ablehnungshaltung wird als ''Antiziganismus'' bezeichnet. Er führte dazu, dass Sinti und Roma meist ohne festen Wohnsitz umherreisten, ihren Lebensunterhalt häufig als Kleinhändler, Schausteller oder mit handwerlichen Dienstleistungen bestritten und generell in prekären Verhältnissen lebten. | ||
In Deutschland gipfelte die Ausgrenzung ab 1933 in der nationalsozialistischen Verfolgung mit dem Verlust der Staatsbürgerschaft und der Heranziehung zur Zwangsarbeit. Ab 1940 schloss sich der gezielte Völkermord | In Deutschland gipfelte die Ausgrenzung ab 1933 in der nationalsozialistischen Verfolgung mit dem Verlust der Staatsbürgerschaft und der Heranziehung zur Zwangsarbeit. Ab 1940 schloss sich der gezielte Völkermord (auf Romanes: ''Porajmos'') in den Konzentrationslagern an. | ||
Nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] knüpften die bundesrepublikanische Gesetzgebung und Verwaltung bis in die 1980er-Jahre an die | Nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] knüpften die bundesrepublikanische Gesetzgebung und Verwaltung bis in die 1980er-Jahre an die rassistisch-diskriminierende Sichtweise an. So wurden Sinti und Roma Entschädigungen für nationalsozialistisches Unrecht verwehrt, weil die "die Inhaftierung und Ermordung nicht aus rassischen Gründen, sondern als kriminalpräventive Maßnahme stattgefunden" habe.<!-- HCU_P3_MaroTemm, S. 18 --> | ||
== Wohnsituation der Sinti und Roma in Kiel nach dem Krieg == | == Wohnsituation der Sinti und Roma in Kiel nach dem Krieg == | ||
[[Datei: Wohnlager der Sinti und Roma am Kuckucksweg 5 in Elmschenhagen (Kiel 52.877).jpg|right|mini|Wohnlager am Kuckucksweg, 1972]] | |||
Kieler Sinti und Roma ohne langjährigen festen Wohnsitz in der Stadt, insbesondere Rückkehrer, die den Porajmos überlebt hatten, wurden ab 1946 zunächst im bereits 1939 eingerichteten "Asozialenlager" in der [[Preetzer Straße]] 119, am heutigen Standort der Tennishalle neben der [[Coventryhalle]], untergebracht. Dort lebten sie unter menschenunwürdigen Bedingungen in unzureichenden Notbehausungen ohne Toiletten und Waschgelegenheiten und unter ständiger Überwachung und Razzien durch einen "Feldwachtmeister". In der Verwaltung und der Öffentlichkeit wurden die "Zigeuner" als die Urheber der Zustände im Lager betrachtet <!-- HCU_P3_MaroTemm, S. 20-21 --> | Kieler Sinti und Roma ohne langjährigen festen Wohnsitz in der Stadt, insbesondere Rückkehrer, die den Porajmos überlebt hatten, wurden ab 1946 zunächst im bereits 1939 eingerichteten "Asozialenlager" in der [[Preetzer Straße]] 119, am heutigen Standort der Tennishalle neben der [[Coventryhalle]], untergebracht. Dort lebten sie unter menschenunwürdigen Bedingungen in unzureichenden Notbehausungen ohne Toiletten und Waschgelegenheiten und unter ständiger Überwachung und Razzien durch einen "Feldwachtmeister". In der Verwaltung und der Öffentlichkeit wurden die "Zigeuner" als die Urheber der Zustände im Lager betrachtet <!-- HCU_P3_MaroTemm, S. 20-21 --> | ||
Diese Situation währte bis in die frühen 1960er-Jahre. Mit der schrittweisen Auflösung der Kieler Flüchtlingslager wurden die in der Preetzer Straße untergebrachten Sinti ubnd Roma in das neu geschaffene Lager am [[Kuckucksweg]] umgesiedelt. Dort hatte die Stadt statt Baracken 30 ausrangierte Eisenbahnwaggons als "Zigeunerlager" aufgestellt. Die Wohnsituation verbesserte sich dadurch nicht nennenswert; es gab nach wie vor keine Toiletten, | Diese Situation währte bis in die frühen 1960er-Jahre. Mit der schrittweisen Auflösung der Kieler Flüchtlingslager wurden die in der Preetzer Straße untergebrachten Sinti ubnd Roma in das neu geschaffene Lager am [[Kuckucksweg]] umgesiedelt. Dort hatte die Stadt statt Baracken 30 ausrangierte Eisenbahnwaggons als "Zigeunerlager" aufgestellt. Die Wohnsituation verbesserte sich dadurch nicht nennenswert; es gab nach wie vor keine Toiletten, sondern nur in den Boden gegrabene Löcher, und die Wasserleitungen froren im Winter regelmäßig ein. | ||
1974 siedelte die Stadt 15 Familien aus dem Lager in Reihenhaus-Schlichtwohnungen in drei verschiedenen Stadtteilen um. Dort gab es zum Teil bis in die 1990er-Jahre rassistische Angriffe gegen die neuen Nachbarn. Erst 1995 verließen die letzten beiden Familien das Lager am Kuckucksweg. | 1974 siedelte die Stadt 15 Familien aus dem Lager in Reihenhaus-Schlichtwohnungen in drei verschiedenen Stadtteilen um. Dort gab es zum Teil bis in die 1990er-Jahre rassistische Angriffe gegen die neuen Nachbarn. Erst 1995 verließen die letzten beiden Familien das Lager am Kuckucksweg. |
Version vom 7. Juni 2022, 14:42 Uhr
Maro Temm ist der Name eines Wohnprojekts für Angehörige der nationalen Minderheit der Sinti. Es handelt sich um eine Reihenhaussiedlung für 13 Familien, die nach einer rund zehnjährigen Vorbereitungs- und Bauphase im Dezember 2007 bezogen werden konnte.[1]
Sinti und Roma
Begriff
Als Sinti und Roma werden in Deutschland die Angehörigen einer ethnischen Minderheit bezeichnet, die früher abwertend und mit rassistischem Unterton Zigeuner genannt wurden. Dabei bezieht sich Sinti (Einzahl: männl. Sinto, weibl. Sintiza oder Sinta) auf diejenigen, deren Familien bereits seit dem Mittelalter in Mitteleuropa ansässig sind, Roma (männl. Rom, weibl. Romna) auf solche ost- oder südosteuropischer Herkunft.[2]
Antiziganismus
Wegen ihrer eigenen Sprache (Romanes) und ihrer kulturellen Unterschiedlichkeit wurden sie über Jahrhunderte ausgegrenzt und diskriminiert. Diese Ablehnungshaltung wird als Antiziganismus bezeichnet. Er führte dazu, dass Sinti und Roma meist ohne festen Wohnsitz umherreisten, ihren Lebensunterhalt häufig als Kleinhändler, Schausteller oder mit handwerlichen Dienstleistungen bestritten und generell in prekären Verhältnissen lebten.
In Deutschland gipfelte die Ausgrenzung ab 1933 in der nationalsozialistischen Verfolgung mit dem Verlust der Staatsbürgerschaft und der Heranziehung zur Zwangsarbeit. Ab 1940 schloss sich der gezielte Völkermord (auf Romanes: Porajmos) in den Konzentrationslagern an.
Nach dem Zweiten Weltkrieg knüpften die bundesrepublikanische Gesetzgebung und Verwaltung bis in die 1980er-Jahre an die rassistisch-diskriminierende Sichtweise an. So wurden Sinti und Roma Entschädigungen für nationalsozialistisches Unrecht verwehrt, weil die "die Inhaftierung und Ermordung nicht aus rassischen Gründen, sondern als kriminalpräventive Maßnahme stattgefunden" habe.
Wohnsituation der Sinti und Roma in Kiel nach dem Krieg
Kieler Sinti und Roma ohne langjährigen festen Wohnsitz in der Stadt, insbesondere Rückkehrer, die den Porajmos überlebt hatten, wurden ab 1946 zunächst im bereits 1939 eingerichteten "Asozialenlager" in der Preetzer Straße 119, am heutigen Standort der Tennishalle neben der Coventryhalle, untergebracht. Dort lebten sie unter menschenunwürdigen Bedingungen in unzureichenden Notbehausungen ohne Toiletten und Waschgelegenheiten und unter ständiger Überwachung und Razzien durch einen "Feldwachtmeister". In der Verwaltung und der Öffentlichkeit wurden die "Zigeuner" als die Urheber der Zustände im Lager betrachtet
Diese Situation währte bis in die frühen 1960er-Jahre. Mit der schrittweisen Auflösung der Kieler Flüchtlingslager wurden die in der Preetzer Straße untergebrachten Sinti ubnd Roma in das neu geschaffene Lager am Kuckucksweg umgesiedelt. Dort hatte die Stadt statt Baracken 30 ausrangierte Eisenbahnwaggons als "Zigeunerlager" aufgestellt. Die Wohnsituation verbesserte sich dadurch nicht nennenswert; es gab nach wie vor keine Toiletten, sondern nur in den Boden gegrabene Löcher, und die Wasserleitungen froren im Winter regelmäßig ein.
1974 siedelte die Stadt 15 Familien aus dem Lager in Reihenhaus-Schlichtwohnungen in drei verschiedenen Stadtteilen um. Dort gab es zum Teil bis in die 1990er-Jahre rassistische Angriffe gegen die neuen Nachbarn. Erst 1995 verließen die letzten beiden Familien das Lager am Kuckucksweg.
Wohnprojekt
tbd
Geschichte des Projekts
tbd
Einzelnachweise
- ↑ Ein Wohnprojekt mit Sinti in Kiel Studentische Studienarbeit der HafenCity Universität Hamburg, 2014. Abgerufen am 06. Juni 2022
- ↑ Begriffserläuterungen bei zentralrat.sintiundroma.de, abgerufen am 7. Juni 2022