Forschungsschiff Otto Hahn: Unterschied zwischen den Versionen
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Die '''Otto Hahn''' war ein Pilotprojekt für die Nutzung der Kernenergie zum Antrieb von Schiffen. International war sie das dritte nicht militärisch genutzte Schiff mit Kernenergieantrieb und national das erste deutsche Schiff mit dieser alternativen Antriebsvariante. Sie wurde nach dem Entdecker der Kernspaltung und Nobelpreisträger [[Otto Hahn]] benannt. | |||
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Das Schiff , im Volksmund auch das ''Atomschiff'' genannt, blieb das einzige deutsche Schiff mit Kernenergieantrieb.<ref>{{WP|Otto_Hahn_(Schiff)|Otto Hahn (Schiff)}}</ref> Die ''Otto Hahn'' konnte ausländische Häfen nicht in gewünschtem Umfang anlaufen. Aus diesem Grunde wurde das Experiment 1979 eingestellt. Für ein weiteres Forschungsprojekt von GKSS, Interatom und dem Bremer Vulkan konnte trotz staatlicher Förderung kein Reeder gefunden werden. | Das Schiff , im Volksmund auch das ''Atomschiff'' genannt, blieb das einzige deutsche Schiff mit Kernenergieantrieb.<ref>{{WP|Otto_Hahn_(Schiff)|Otto Hahn (Schiff)}}</ref> Die ''Otto Hahn'' konnte ausländische Häfen nicht in gewünschtem Umfang anlaufen. Aus diesem Grunde wurde das Experiment 1979 eingestellt. Für ein weiteres Forschungsprojekt von GKSS, Interatom und dem Bremer Vulkan konnte trotz staatlicher Förderung kein Reeder gefunden werden. | ||
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Die Otto Hahn wurde im Sommer 1982 an einen Hamburger Reeder verkauft und bei der Rickmers-Werft in Bremerhaven bis zum November 1983 zu einem Motorschiff umgebaut. Das Schiff wurde für den Transport von Containern mit drei Bordkränen ausgestattet und der Brückenaufbau wurde nach achtern verlagert. Von 1989 bis 1998 wurde das Schiff von der chinesischen Reederei COSCO betrieben. COSCO verkaufte das Schiff an griechische Eigner, welche die ehemalige Otto Hahn als Mehrzweckfrachter nutzten. Ende 2009 wurde das Schiff dann zum Abbruch verkauft. | Die Otto Hahn wurde im Sommer 1982 an einen Hamburger Reeder verkauft und bei der Rickmers-Werft in Bremerhaven bis zum November 1983 zu einem Motorschiff umgebaut. Das Schiff wurde für den Transport von Containern mit drei Bordkränen ausgestattet und der Brückenaufbau wurde nach achtern verlagert. Von 1989 bis 1998 wurde das Schiff von der chinesischen Reederei COSCO betrieben. COSCO verkaufte das Schiff an griechische Eigner, welche die ehemalige Otto Hahn als Mehrzweckfrachter nutzten. Ende 2009 wurde das Schiff dann zum Abbruch verkauft. | ||
== | == Literatur == | ||
* | * Bruno Bock: ''Gebaut bei HDW'', Koehlers Verlagsgesellschaft, 1988, ISBN 3-7822-0450-6 | ||
* | * Hajo Neumann: ''Oceanum Das maritime Magazin'', Ausgabe 03, 2018, Seite 14 -25 | ||
* | * Christian Ostersehlte: ''Von Howaldt zu HDW'', Koehlers Verlagsgesellschaft, 2004, ISBN 3-7822-0916-8 | ||
* | * Jürgen Rohwedder: ''Beständiger Wandel'', Koehlers Verlagsgesellschaft, 2013, ISBN 978-3-7822-1090-4 | ||
== Weblinks == | |||
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Aktuelle Version vom 27. August 2024, 10:19 Uhr
Die Otto Hahn war ein Pilotprojekt für die Nutzung der Kernenergie zum Antrieb von Schiffen. International war sie das dritte nicht militärisch genutzte Schiff mit Kernenergieantrieb und national das erste deutsche Schiff mit dieser alternativen Antriebsvariante. Sie wurde nach dem Entdecker der Kernspaltung und Nobelpreisträger Otto Hahn benannt.
Das Schiff , im Volksmund auch das Atomschiff genannt, blieb das einzige deutsche Schiff mit Kernenergieantrieb.[1] Die Otto Hahn konnte ausländische Häfen nicht in gewünschtem Umfang anlaufen. Aus diesem Grunde wurde das Experiment 1979 eingestellt. Für ein weiteres Forschungsprojekt von GKSS, Interatom und dem Bremer Vulkan konnte trotz staatlicher Förderung kein Reeder gefunden werden.
Am 15. September 1959 war das erste zivil genutzte Schiff mit einem Kernenergieantrieb, der sowjetische Atomeisbrecher Lenin, in Dienst gestellt worden. Als weitere Erprobungsträger für die Kernenergienutzung bei Handelsschiffen folgten 1962 die US-amerikanische Savannah, 1968 die deutsche Otto Hahn und 1970 die japanische Mutsu. Die Savannah und die Otto Hahn wurden nach acht bzw. elf Jahren wieder reaktiviert. Die Erprobung der japanischen Mutsu wurde nicht abgeschlossen und das Schiff wurde 1973 wieder außer Dienst gestellt.
Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Seit Beginn der 1950er Jahre wurde die Entwicklung der Kernenergie als Schiffsantrieb vorangetrieben. Am 22. April 1955 stellte die US Navy das erste durch Kernenergie angetriebene Unterseeboot, die USS Nautilus, in Dienst. Die Sowjetunion folgte dieser Entwicklung 1958 und stellte im September 1958 das erste sowjetische Atom-U-Boot, die Leninski Komsomol, in Dienst. Die Nutzung der Kernenergie für den Antrieb von militärischen Einheiten hält bis heute an.
Aber man stellte auch Überlegungen an, die Kernenergie für Schiffe im zivilen Bereich zu nutzen. Die Einführung des Kernenergieantriebes hing wesentlich von der Wirtschaftlichkeit dieser Antriebsalternative ab. Sowohl in den USA als auch in den Niederlanden wurden ab 1959 Überlegungen angestellt Tanker für den Kernenergieantrieb umzurüsten. Mit dieser Vorgehensweise wollte man die Entwicklungskosten für Bau und Erprobung eines neuen Reaktors minimieren.[2]
Die Entwicklung in Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In der Bundesrepublik wurde 1956 für die weitere Entwicklung eines Kernenergieantriebes für den Handelsschiffbau die Gesellschaft für Kernenergieverwertung in Schiffbau und Schiffahrt mbH (GKSS) in Geesthacht an der Elbe gegründet. Von 1958 bis 2010 betrieb die GKSS auch für Untersuchungen zur Thematik Reaktorsicherheit den Forschungsreaktor FRG-1.
Im Forschungsbereich der GKSS wurden damals Überlegungen für ein sicheres und wirtschaftliches Schiff angestellt, das von einem Atomreaktor angetrieben wird. Ähnlich wie in den USA und den Niederlanden wurden zunächst Pläne ausgearbeitet, in einen vorhandenen Tanker einen Atomreaktor einzubauen.
Die GKSS plante im Jahre 1959, die 1958 aufgelegte Esso Bolivar als Versuchsschiff für diese neue Antriebsart einzusetzen. Fast wäre dieser damals schon 20 Jahre alte Tanker noch einmal reaktiviert worden, doch wurden die Pläne zugunsten des Neubaus der Otto Hahn dann doch verworfen. Die ESSO Tankschiff Reederei verkaufte daraufhin die Esso Bolivar 1960 zum Abwracken.
Das Hauptprojekt der GKSS war bis zur Stilllegung 1979 der nuklear betriebene Erzfrachter Otto Hahn, der 1964 vom Stapel lief und bis zum Jahr seiner Stilllegung 1979 Forschungszwecken diente. Seitdem spielte der Schiffbau keine Rolle mehr in der Arbeit der GKSS. Der Kernenergieantrieb konnte sich außer als Antrieb von Eisbrechern in der zivilen Schifffahrt nicht durchsetzen.
Exkurs: Esso Bolivar[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Auf der Kieler Germaniawerft fertigte man zwischen den beiden Weltkriegen mehrere Serien von verschieden großen Motortankern. Die Esso Bolivar erhielt die Baunummer 568 und war der letzte Tanker einer vier Schiffe umfassenden Serie. Der Stapellauf fand am 31. März 1937 statt und am 8. Juli 1937 an den Auftraggeber, die Panama Transport Company einer Tochtergesellschaft der deutschen Waried Tankschiffs Rhederei GmbH, abgeliefert.
Die Esso Bolivar war ein Motortanker (8 Zylinder Zweitakt Krupp Dieselmotor) mit einer Tragfähigkeit von 15 256 t. Das Schiff hatte insgesamt 27 Tanks mit einem Fassungsvermögen von 20 000 m³
Das Einsatzgebiet der Esso Bolivar war die Ostküste Amerikas. Der Tanker verkehrte regelmäßig zwischen Aruba auf den Niederländischen Antillen und New York. Neben der Ladung konnten auch bis zu 12 Passagiere auf dieser Strecke befördert werden. Die Besatzung bestand ausschließlich aus deutschen Seeleuten.
Zunächst wurde die Esso Bolivar von der Waried Takschiffs Rhederei im Oktober 1951 gechartert. Aber schon im April 1952 kaufte sie das Schiff von von ihrer Tochtergesellschaft in Panama. Das Schiff wurde in nur vier Wochen von der Lloyd Werft in Bremerhaven generalüberholt. Während einer Gästefahrt auf der Weser wurde am 14. August 1952 die Flagge der Waried Reederei gesetzt. Die Esso Bolivar war nach der Esso Baltic der zweite Tanker, der nach dem Zweiten Weltkrieg wieder die Waried Flagge führte.
Schwesterschiffe der Esso Bolivar waren die zwischen 1935 und 1937 auf der gleichen Werft für englische Rechnung gebauten Tanker W. B. Walker, Narragansett und Henry Dundas.
1958 wurde die Esso Bolivar aufgelegt, da sie nicht mehr rentabel betrieben werden konnte.
Planung und Bau der Otto Hahn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im Jahre 1960 schrieb die GKSS ein nuklear angetriebenes Handelsschiff bundesweit aus. Der Schwerpunkt dieser Ausschreibung beinhaltete neben den schiffbaulichen Anforderung auch die Forschungsaufgaben und Erprobungen für die neue Antriebsanlage.
Wie bereits erwähnt, wurde zunächst als Erprobungsträger ein Tanker vorgesehen. Da die Ausschreibung aber auch Alternativen forderte, wurde von den Kieler Howaldtswerken ein Erzfrachter angeboten. Die GKSS entschied sich für diesen Schiffsentwurf. Im Jahre 1962 wurde die ursprüngliche Lösung des einzusetzenden Reaktortyps von der GKSS verworfen.
Nachdem die Ausschreibungsunterlagen der GKSS bei den Werften vorlagen, ist davon auszugehen, dass auch bei der Kieler Howaldtswerke AG mit Nachdruck an diesem Projekt gearbeitet wurde.
Trotz der noch offenen Reaktorfrage wurde am 27. November 1962 in Hamburg der Bauvertrag zwischen der GKSS und der Howaldtswerke Kiel AG unterzeichnet. Dem deutschen Physiker Erich Bagge wurde die Leitung des neuen Forschungsprojektes übertragen.
Ein Jahr später war dann die offene Reaktorfrage geklärt. Aus den Angeboten verschiedener Reaktorbauer wurde ein Fortschrittlicher Druckwasser-Reaktor (FDR) des Herstellers Interatom in Bensberg als Energiequelle ausgewählt. Der Bauvertrag der Werft wurde 1963 um die Lieferung und den Einbau der Schiffsreaktoranlage erweitert. Die Kieler Howaldtswerke AG bestellten gemäß der Vertragsergänzung den FDR bei der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Babcock & Wilcox Dampfkesselwerke AG, Oberhausen / INTERATOM Internationale Atomreaktorbau GmbH, Bensberg.[3])
Das Forschungsschiff wurde von 1963 bis 1968 bei der Kieler Howaldtswerke AG gebaut. Die Baukosten einschließlich der Reaktoranlage beliefen sich auf 55 Millionen DM (ohne Uran-Brennstoff). Die Euratom förderte den Bau der Schiffsreaktoranlage bis zum Abschluss des ersten Betriebsjahres mit insgesamt 16 Millionen DM.<ref>Howaldtswerke - Deutsche Werft AG, Werkzeitung, Nr. 1, 1968, Seite 10-13)
Fertigungsablauf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Am 17. September 1963 erfolgte bei der Kieler Howaldtswerke AG im Werk Dietrichsdorf auf der Helling II an der Mündung der Schwentine die Kiellegung.
Am 13. Juni 1964 folgten dann Stapellauf und Taufe des Forschungsschiffes Otto Hahn. Der Namensgeber Otto Hahn (1879-1968), der 1938 die Kernspaltung entdeckt hatte, nahm an dieser Zeremonie persönlich teil.
Das Forschungsschiff Otto Hahn war für die kommerzielle Nutzung als Erzfrachter mit sechs großen Laderäumen ausgestattet. Die achtern und mittschiffs angeordneten umfangreichen Aufbauten erlaubten die Unterbringung der Besatzung und des mitreisenden Forschungspersonals. Weiterhin standen auch Labor und Ausbildungseinrichtungen zur Verfügung.
Mit dem in Kiel erbauten Schwimmkran Magnus II wurde im November 1965 das Druckgefäß des Sicherheitsbehälters in das Schiff eingebracht. Im Mai 1967 folgte der Einbau des Reaktordruckbehälters.
Am 14. Dezember 1967 folgte die erste Werftprobefahrt des Neubaus Nr. 1103 mittels einer Hilfsantriebsanlage. Die Übergabe an die GKSS erfolgte im Februar 1968 im Rahmen einer weiteren Probefahrt. Die Erprobungen und Inbetriebnahmen der gesamten Antriebsanlage erfolgten zunächst ohne Uran Brennelemente.
Die GKSS nahm dann in den folgenden Monaten den Reaktor der Otto Hahn in Betrieb und das Schiff absolvierte am 11. Oktober 1968 seine erste Probefahrt mit dem Nuklearantrieb. Am 2. Februar 1969 konnte dann die Kieler Bevölkerung, die am Oslo Kai liegende Otto Hahn besichtigen.
Technische Daten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bauwerft: Kieler Howaldtswerke AG Baunummer: 1103 Heimathafen: Hamburg Länge (Lüa): 172,05 m Breite: 23,4 m Tiefgang: max. 9,22 m Vermessung: 16 870 BRT Tragfähigkeit: 14 079 tdw Besatzung: 63 Mann Antrieb: Druckwasserreaktor / Dampfturbine Maschinenleistung: 11 000 PS (8 090 kW) Höchstgeschwindigkeit: 17 Knoten Propeller vierflügelig 1
Verbleib[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Nach einer zurückgelegten Strecke von rund 250 000 Seemeilen mussten 1972 zum ersten Mal Brennstäbe gewechselt werden. Die Bereederung des Schiffes übernahm am 18. März 1977 die Reederei Hapag-Lloyd in Hamburg von der GKSS . Als Schiff mit einem Kernenergieantrieb war es Otto Hahn nicht möglich, ungehindert ausländische Häfen anzulaufen. Daher wurde das Forschungsvorhaben 1979 eingestellt. Das Schiff hatte bis dahin rund 650 000 Seemeilen zurückgelegt. 1979 wurde der Kernenergieantrieb dann in Hamburg stillgelegt und ausgebaut. Der Druckbehälter und die Brennstäbe konnten 1981 im Helmholtz-Zentrum Geesthacht eingelagert werden.
Die Otto Hahn wurde im Sommer 1982 an einen Hamburger Reeder verkauft und bei der Rickmers-Werft in Bremerhaven bis zum November 1983 zu einem Motorschiff umgebaut. Das Schiff wurde für den Transport von Containern mit drei Bordkränen ausgestattet und der Brückenaufbau wurde nach achtern verlagert. Von 1989 bis 1998 wurde das Schiff von der chinesischen Reederei COSCO betrieben. COSCO verkaufte das Schiff an griechische Eigner, welche die ehemalige Otto Hahn als Mehrzweckfrachter nutzten. Ende 2009 wurde das Schiff dann zum Abbruch verkauft.
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Bruno Bock: Gebaut bei HDW, Koehlers Verlagsgesellschaft, 1988, ISBN 3-7822-0450-6
- Hajo Neumann: Oceanum Das maritime Magazin, Ausgabe 03, 2018, Seite 14 -25
- Christian Ostersehlte: Von Howaldt zu HDW, Koehlers Verlagsgesellschaft, 2004, ISBN 3-7822-0916-8
- Jürgen Rohwedder: Beständiger Wandel, Koehlers Verlagsgesellschaft, 2013, ISBN 978-3-7822-1090-4
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Wikipedia: „Helmholtz-Zentrum Hereon“
- Wikipedia: „Otto Hahn (Schiff)“
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Wikipedia: „Otto Hahn (Schiff)“
- ↑ HANSA Schifffahrt-Schiffbau-Hafen, 96. Jahrgang, 1959, Nr. 33/34, Seite 1761/62.
- ↑ M. von zur Mühlen / H. Schmerenbeck, Kieler Howaldtswerke AG, Werkzeitung Nr. 3, Juni 1966, Seite 18/19.