Bearbeiten von „Büttel“
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Der '''Büttel''', in Kiel auch | Der '''Büttel''', in Kiel auch [[Rackerstraße|''Racker'']] und [[Frohn|Fro(h)n]] genannt, war ein Vollstreckungsbeamte der [[Magistrat|Stadtrates]].<ref>{{WP}};{{WP|Fronbote|Fronbote}}</ref><br> | ||
Der ''Büttel'' | Der ''Büttel'' war meistens zugleich [[''Schinder'']] und [[''Nachrichter'']], die verschiedene [[Historischer Amt|(historische) Berufe]] waren, aber häufig von derselben Person ausgeübt waren. Durch die weitere Spezialisierung von Aufgaben und Funktionen und wurden die Tätigkeiten von anderen Ämter übernommen, im Kiel vor allem 19. Jahrhundert.<br> | ||
In einen Kleinstadt wie Kiel ernährte das untergeordnetem Amt des Büttels nicht seine Familie. So fiel in den Zuständigkeitsbereich des Büttels auch die Reinigung des [[Alter Markt|Markt]] und die Straßen. Entsprechend der niedrigeren Tätigkeiten war die sozialen Anerkennung gering. | |||
<ref>[https://archive.org/details/bub_gb_wt0OAAAAYAAJ/page/n253 Die Chronik des Asmus Bremer, Bürgermeister von Kiel. Im Auftrage der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte herausgegeben von Moritz Stern, S. 57] und [https://archive.org/details/bub_gb_wt0OAAAAYAAJ/page/n259 S. 64] in: Mitteilungen der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte Heft 18, Kiel 1901</ref><br> | |||
== Büttel Hans Schlöner == | == Büttel Hans Schlöner == | ||
Ein Beispiel für | Ein Beispiel für den Alltags des Büttös vermittelt der Posten im Schoßregister 1576/79:<br> | ||
''Hans Schlöner dem frohnen vor 5 Jahr denste des jahres 7 daler for besoldung und ene tonne flesch macht 70 Mark.''<br> | ''Hans Schlöner dem frohnen vor 5 Jahr denste des jahres 7 daler for besoldung und ene tonne flesch macht 70 Mark.''<br> | ||
Besondere Bezahlung neben seiner Besoldung:<br> | Besondere Bezahlung neben seiner Besoldung:<br> | ||
Als Nachrichter bekam ''Hans Schlöner'' für jede Hinrichtung 1 Mark und für das Stäupen (Auspeitschen bei Verhören und als Strafe) 6 Schilling.<br> | Als Nachrichter bekam ''Hans Schlöner'' für jede Hinrichtung 1 Mark und für das Stäupen (Auspeitschen bei Verhören und als Strafe) 6 Schilling.<br> | ||
Wurde einer friedlos gelegt (infolge der Verurteilung wegen einer Straftat Verlust allen bürgerlichen und Vermögensrechte und Achtung<ref>{{WP|Friedlosigkeit|Friedlosigkeit}}</ref>), muss der Büttel den Verurteilten ausläuten (mit | Wurde einer friedlos gelegt (infolge der Verurteilung wegen einer Straftat Verlust allen bürgerlichen und Vermögensrechte und Achtung<ref>{{WP|Friedlosigkeit|Friedlosigkeit}}</ref>), muss der Büttel den Verurteilten ausläuten (mit eine Glocke öffentlich bekannt machen) und der Nachrichter führte die Verurteilten aus der Stadt Kiel zur Stadtgrenze.<br> | ||
Als Schinder bekam ''Hans Schlöner'' für jedes Stück Vieh, das er eingegraben hatte, 4 Schilling.<br> | Als Schinder bekam ''Hans Schlöner'' für jedes Stück Vieh, das er eingegraben hatte, 4 Schilling.<br> | ||
Jedes Vierteljahr bekam er ferner als Vergütung für die Reinigung des Marktes 1577 8 Schilling (1495 | Jedes Vierteljahr bekam er ferner als Vergütung für die Reinigung des Marktes 1577 8 Schilling (1495 betrug 5 Schilling). | ||
Außerdem ließ der Rat noch mehrere Male im Jahr den Straßenschmutz vom Markt fahren. | Außerdem ließ der Rat noch mehrere Male im Jahr den Straßenschmutz vom Markt fahren. | ||
Er hatte auch bei Schlägereien einzugreifen, jedoch nur, wenn ein Schaden ''in blawe ofte blut'' geschehen war. | Er hatte auch bei Schlägereien einzugreifen, jedoch nur, wenn ein Schaden ''in blawe ofte blut'' geschehen war. | ||
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== Büttelfamilie Pickel == | == Büttelfamilie Pickel == | ||
Bei dem letzten Hexenprozess im Kiel [[1676]] gegen [[Ein Metjen nahmens Preetzen|Trinke Preetzen und Hinrich Busch]] hießt der Büttel ''Paul Möller''. | |||
Bei dem letzten Hexenprozess im Kiel [[1676]] gegen [[Ein Metjen nahmens Preetzen|Trinke Preetzen und Hinrich Busch]] hießt der Büttel ''Paul Möller'', | Fast 200 Jahren, etwa zwischen 1630 und 1829, übte die ''Familie Pickel'' die Ämter des Büttels, Nachrichters und Schinders, in die ''Paul Möller'' eingeheiratete, und bis zum seinen Tod 1689 diese Ämter ausübte.<br> | ||
Danach übernahm sein Stiefsohn Christian-Albrecht Pickel und seine Nachfahren diese Ämter wieder.<br> | Danach übernahm sein Stiefsohn Christian-Albrecht Pickel und seine Nachfahren diese Ämter wieder.<br> | ||
In den Kieler Akten stehen:<br> | In den Kieler Akten stehen:<br> | ||
Um 1700 Scharfrichtergerechtigkeit der Familie Pickel für die Ämter Kiel und Hütten und die Stadt Eckernförde nebst den dazu gehörigen Abdeckereien, die Gebühren des Scharfrichter, das Verfahren bei der Beerdigung der Scharfrichter und Scharfricherknechte sowie das Verfahren bei Hinrichtungen und die Abschaffung der Tortur. (Klassifikation: Scharfrichter und Abdeckerei)<ref | Um 1700 Scharfrichtergerechtigkeit der Familie Pickel für die Ämter Kiel und Hütten und die Stadt Eckernförde nebst den dazu gehörigen Abdeckereien, die Gebühren des Scharfrichter, das Verfahren bei der Beerdigung der Scharfrichter und Scharfricherknechte sowie das Verfahren bei Hinrichtungen und die Abschaffung der Tortur. (Klassifikation: Scharfrichter und Abdeckerei)<ref>[https://www.kiel.de/de/bildung_wissenschaft/stadtarchiv/index.php Stadtarchiv Kiel], Signatur 921 Magistrat</ref><br> | ||
1765 Unterhaltung eines Gliedes an der Grundstücksgrenze zwischen den Gärten von Herrn Pickel und Bürgermeister ''Gerhard Samuel Benisch''<ref>[https://www.kiel.de/de/bildung_wissenschaft/stadtarchiv/index.php Stadtarchiv Kiel], Signatur 56873 Magistrat</ref> (von 1757 zu seiner Tod 26.01.1766), vermutlich der Frohngarten am Haßturm.<br> | 1765 Unterhaltung eines Gliedes an der Grundstücksgrenze zwischen den Gärten von Herrn Pickel und Bürgermeister ''Gerhard Samuel Benisch''<ref>[https://www.kiel.de/de/bildung_wissenschaft/stadtarchiv/index.php Stadtarchiv Kiel], Signatur 56873 Magistrat</ref> (von 1757 zu seiner Tod 26.01.1766), vermutlich der Frohngarten am Haßturm.<br> | ||
1772 Von dem Scharfrichter Pickel beansprucht freie Weide für die Pferde auf dem [[Stadtfeld|Stadtfelde]] | 1772 Von dem Scharfrichter Pickel beansprucht freie Weide für die Pferde auf dem [[Stadtfeld|Stadtfelde]]<ref>[https://www.kiel.de/de/bildung_wissenschaft/stadtarchiv/index.php Stadtarchiv Kiel], Signatur 56873 Magistrat</ref><br> | ||
Zwischen 1817 – 1827 Gesuch des ''Christian Albrecht Pickel'' um Übertragung des Scharfrichteramts nebst Abdeckereigerechtigkeit (Klassifikation: Polizei- und Gewerbesachen) | Zwischen 1817 – 1827 Gesuch des ''Christian Albrecht Pickel'' um Übertragung des Scharfrichteramts nebst Abdeckereigerechtigkeit (Klassifikation: Polizei- und Gewerbesachen)<ref>[https://www.kiel.de/de/bildung_wissenschaft/stadtarchiv/index.php Stadtarchiv Kiel], Signatur 17489 Kieler Amtshaus; http://www.einmetjennahmenspreetzen.de/wordpress/paul-moeller-und-sein-stiefsohn-christian-albrecht-pickel/</ref><br> | ||
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1728 erfolgte eine Untersuchung der städtischen Angelegenheiten durch eine landesherrliche Kommission, u. | 1728 erfolgte eine Untersuchung der städtischen Angelegenheiten durch eine landesherrliche Kommission, u.a. speziell das Amt des Scharfrichter und die Frohnerei.<ref>[https://www.kiel.de/de/bildung_wissenschaft/stadtarchiv/index.php Stadtarchiv Kiel], Sign. 4915 Magistrat ''Untersuchung der städtischen Angelegenheiten durch eine 1725 - 1729 landesherrliche Kommission, speziell das städtische Schulwesen; den Vermögensstand und die Verwaltung der Kirchen, Klöster und Armenhäuser; die Brückensachen; Regulierung der städtischen Finanzen und des Schuldenwesens der Stadt; die Regulierung des Polizeiwesens und den Erlaß einer neuen Bettelordnung und eines Schulreglements; das Stadtrechnungswesen; Straßenpflasterung; Erhöhung und Bebrückung der Straßen zum besseren Abfluß des Wassers; Hökerei von Victualien und Lebensmitteln; Fischerei auf der Kieler Föhrde; Straßenreinigung; verbotenen Handel mit Fischen nach auswärts; Fuhrleute; Erlaß einer Feuerordnung; Stadtmusikanten; Scharfrichter und Frohnerei; Stadtrestanten (Stadtschuldner); Wahl der Kirchenjuraten (Kirchengeschworene); Gnadenjahr der Witwe des Stadtschreibers Baasch''</ref> Die herzoglichen Kommissare verlangten von der Stadt Kiel, dass "...''der Scharfrichter (Büttel), welcher nicht allein ein freies Haus, sondern auch ein kleines Jahresgehalt habe, solle, wie es anderwärts üblich, auf seine Kosten eine Büttelei bauen und die Gefangenen dort auf seine Kosten unterbringen, auch nur mäßige Entschädigung für die Beköstigung bekommen. Die schon hinreichend üble Zustand des Haßturms sollte aber noch über 100 Jahre erhalten bleiben''“ (<ref>Walter Wendrich, Die alte Kieler Stadtmauer. Mitteilungen der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte Nr. 47, Kiel 1955, S. 60</ref>.<br> | ||
Die Büttelei in dem Haßturm und | Die Büttelei in dem Haßturm und in dem Schuldturm wurde Mitte des 19. Jahrhunderts abgerissen. | ||
Mit der [[Schleswig- | Mit der [[Schleswig-Holsteinischen Erhebung|Schleswig-Holsteinischen Erhebung]] [[1848]] wandelte sich grundlegend die Kommunalverfassung: die Provisorische Regierung verabschiedete am [[18. Oktober 1848]] für die Herzogtümer Schleswig und Holstein die Allgemeine Städteordnung. Nach dem '''Preußisch-österreichischer Krieg'' 1866 wurde Schleswig-Holstein preußische Provinz und die Städte wie Kiel galten Gemeinde-Ordnung für den Preußischen Staat. Damit wandelten sich auch die Ämter für Sicherheit und Ordnung. | ||
== Einzelnachweise == | == Einzelnachweise == | ||
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[[Kategorie:Geschichte]] [[Kategorie: | [[Kategorie:Geschichte]] [[Kategorie:Historische Amt]] [[Kategorie:Polizei]] |