Ellerbeker Bauverein 1882 bis 1942
Einleitung
Quellen: MKStG Band 55, 1966, Entwicklungsgeschichte Alt-Ellerbeks Von Julius Prange S 17 - 38, SVKStG Band 43 Hrsg. Jürgen Jensen, 2003, Vera Stoy Kiel auf dem Weg zur Großstadt, SVKStG Band 48 Hrsg. Jürgen Jensen, 2004, Dörte Beier Kiel in der Weimarer Republik, S 224ff
Für Ellerbek bedeutete die begonnene Werftansiedlung der Beginn einer Umwälzung und eine schnelle Neuausrichtung des ehemaligen Fischerdorfes. Die Bevölkerung verdoppelte sich mit jedem Jahrzehnt und auch die Fischindustrie entwickelte sich positiv. Mit dem Anwachsen der Flottenpräsenz auf der Förde mussten sich die Fischer neue Fischgründe auf der Ostsee erschließen.
Die Ellerbeker Dorfverwaltung hatte in dieser Zeit mit den größten finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen . Der Ort hatte bei der ungewöhnlichen Vergrößerung sehr hohe Gemeindelasten. Die Steuerkraft des Zuwachses der Bevölkerung entsprach bei weitem nicht dem vermehrten Kostenaufwand, und dazu kam noch, dass die im Dorfgebiet entstandene Werft als fiskalische Anlage gesetzlich zu Beiträgen zu den Gemeindelasten nicht verpflichtet war. So war Ellerbek bis zur erfolgten Eingemeindung auf Unterstützung von Seiten des Fiskus besonders im Schul- und Armenwesen angewiesen.
Das schnelle Anwachsen der Bevölkerung Ellerbeks führte neben wachsenden Ansprüchen an das Schulsystem auch zu einer steigenden Nachfrage nach Wohnraum. Für die Dorfverwaltung stellte der, aus dem weiteren Werftausbau resultierende Bevölkerungszuwachs eine große finanzielle Herausforderung. Bis zur Eingemeindung war Ellerbek auf staatliche Unterstützung angewiesen.
Anmerkung:
Die Kaiserliche Werft war als ein staatliches Unternehmen von der Steuerzahlung befreit.
Der Bevölkerungszuwachs in den ersten beiden Jahrzehnten nach der 1879 erfolgten Inbetriebnahme der Kaiserlichen Werft verlief bis 1890 sehr moderat. Durch den noch nicht abgeschlossenen Werftausbau benötigten zunächst weiterhin fast ungelernte Arbeiter, junge Leute ohne Familie Unterkünfte in Ellerbek und den angrenzenden Orten.
Die Beschäftigungslage auf der Kaiserlichen Werft war Abhängig von den militärischen Forderungen, die an die Kaiserliche Marine gestellt wurden. Da zunächst die Küstenverteidigung die erste Aufgabe der Marine war und auf den Bau von neuen, großen Überwassereinheiten verzichtet wurde, hatte die taktische Anforderung Küstenverteidigung auch auf die Beschäftigungslage der Kaiserlichen Werft.
Erst unter Kaiser Wilhelm II. wurde versucht die Marinerüstung der neuen, weltpolitischen Lage anzupassen. Mit den Flottengesetzen von 1898 und 1900 wurde dieses deutlich. Die Anzahl der auf der Werft beschäftigten Mitarbeiter stieg im Juli 1914 auf über 14.000.
Anmerkung:
Anzahl der Mitarbeiter der Kaiserlichen Werft: 1880 -2.992, 1906 – 6.928, 1914 – 14.000
Auswirkungen der Werftansiedlung
Die im Rahmen der neuen Flottenpolitik notwendige Aufrüstung der Kaiserlichen Marine führte 1878 zunächst zur Ansiedlung der Kaiserliche Werft, die sich dann bis 1903 auf dem Ostufer von der Schwentine-Mündung bis nach Gaarden (angrenzend an die Germaniawerft) ausdehnte.
Das 1892 nicht vom Fiskus zwischen dem Schwanensee und der Dockshöhe (Flurbezeichnung) aufgekaufte sehr hügelige Gelände, das außerhalb der Werftmauer lag, wurde schon ab 1892 vom Ellerbeker Bauverein erworben. Von der heutigen Kreuzung Franziusallee - Werftstraße verlief neben einem Feldweg und der befestigte alte Elmschenhagener Kirchsteig.
Die Siedlungen Schönkirchen, Oppendorf, Wellingdorf und Ellerbek am östlichen Ufer der Kieler Förde waren schon ab Mitte des 13. Jahrhundert über einen befestigten Weg / Straße miteinander verbunden. Dieser Weg/Straße verband somit die Probstei mit der Kieler Förde und kreuzte die Schwentine. An dieser Stelle wurden die im Kieler Stadtbuch erwähnte Wassermühle (1264 / 1289) errichtet. Mit der wachsenden Stadt Kiel nahm auch der Verkehr auf dieser Verbindung zu.
Der Verbindungsweg zwischen Ellerbek und Gaarden (Hemminghestorp) war lediglich ein unbefestigter Ufer- und Strandweg, der bei Hochwasser auch überspült wurde. Dieser Strandweg führte entlang des Röhbarges und des Wittenbarges die den Verbindungsweg sehr einengten. Weiter führte der Weg um die Hörn herum durch feuchtes Wiesengelände und mündete beim Ziegelteich.
Bis 1868 verlief dieser Strandweg von der alten Dörpstrat in Ellerbek in Richtung Sandkrug (Wilhelminenhöhe) in Gaarden. Strandweg. Am Strandweg in Richtung Wilhelminenhöhe befanden sich zwischen Strand und Straße Fischerhäuser. Die Siedlung Op’n Röbarg und der alte Strandweg fielen dem Werftausbau zum Opfer. Das gesamte neue Werftgelände zwischen Ellerbek und Gaarden wurde mit einer roten Werftmauer eingefasst.
Als Ersatz für den alten Strandweg wurde eine neue sechs Meter breite Straße mit zwei, drei Meter breiten Bürgersteigen geplant. Die neue Ringstraße führte von Ellerbek entlang der neuen Werftmauer nach Gaarden bis kurz vor der Wilhelminenhöhe und hier wieder mit der alten Verbindungsstraße (Strandweg) zusammengeführt Von hier wurde sie als Schönberger Straße bis zur Lübecker Chaussee weitergeführt. In Ellerbek verlängerte man die neue Verbindungsstraße in Richtung Wellingdorf ab dem Klausdorfer Weg bis an die Schönberger Straße und stellte so eine Verbindung mit der alten Probsteier Landstraße her. Ab 1910 wurden dann die Schönberger Straße und die neue Ringstraße gemeinsam in Werftstraße umbenannt.
Neue Straßenverläufe zwischen Ellerbek und Gaarden
Schönberger Straße / Werftstraße (Lübecker Chaussee ⟨⟩ Kaiserstraße
1875 erstmals im Adressbuch von Kiel 1875 / S. 76 aufgeführt
1876 Gaarden übernimmt die Schönberger Straße mit der damit verbundenen Straßenunterhaltung vom Klösterlichen Walddistrikt
1910 Umbenennung der Schönberger Straße in Gaarden in "Werftstraße"
1980 Der südlich der Preetzer Straße gelegene Teil der Werftstraße wird in die "Sörensenstraße" einbezogen
Ringstraße / Werftstraße (Gaarden Ost)
1878 erstmals im Adressbuch Kiel 1878 / S.250 aufgeführt
1882 Abnahme der Ringstraße Wilhelminenhöhe ⟨⟩ Elisabethstraße durch die Gemeinde
1910 Umbenennung der Ringstraße und Schönberger Straße in Gaarden in Werftstraße
Verlauf: Kaiserstraße ⟨⟩ Lübecker Chaussee
Um 1910 bekamen die Schönberger Straße in Gaarden und die Ringstraße Gaarden-Ost / Ellerbek gemeinsam die Bezeichnung Werftstraße
Ringstraße / Werftstraße (Gaarden-Ost, Ellerbek)
1878 erstmals im Adressbuch Kiel 1878 /S.250 aufgeführt
1878 Verlauf Annenstraße ⟨⟩ Schönberger Straße (Gaarden)
1910 Umbenennung der Ringstraße in Werftstraße
Verlauf: Wahlestraße ⟨⟩ Lübecker Chaussee
Die Straße führte um die neu erbaute Kaiserliche Werft ringförmig herum.
Nachfolgende Straßen waren ebenfalls von den durchgeführten Änderungen der Straßennamen betroffen:
Ellerbek:
Annenstraße Schönberger Straße ⟨⟩ Klausdorfer Weg, (Ellerbek)
1878 Name durch Gemeinderat beschlossen u. Anerkennung als öffentliche Straße
1909 Umbenennung in Wahlestraße
Gaarden:
Werftstraße / Sandkrug (Gaarden)
Verlauf: Gaarden hinab zur Germaniawerft.
1874 Regulierung / Pflasterung der Werftstraße nach Plänen des Kreisbaumeisters in Plön beschlossen
1875 erstmals im Adressbuch Kiel 1875 / S. 76aufgeführt
1875 Schönberger Straße ⟨⟩ Gaarden
1880 Schönberger Straße ⟨⟩ Elisabethstraße
1880 Schönberger Straße ⟨⟩ Kaiserstraße
1902 Schönberger Straße ⟨⟩ Elisabethstraße
1910 Umbenennung in Sandkrug (Sandkrug ehemaliges Ausflugslokal an der Wilhelminenhöhe)
1910 Werftstraße⟨⟩ Kaiserstraße
Noch bevor der Ellerbeker Bauverein mit den Erschließungsarbeiten des neuen Siedlungsgebietes begann, gab es auf Höhe des Bau- und Ausrüstungs-Bassin der Kaiserlichen Werft an der Ringstraße (Werftstraße), die kleine Siedlung Dockshöhe. Die drei von der Ringstraße ausgehenden Straßen der Siedlung wurden 1878 in das Straßennetz des Ellerbeker Bauvereins integriert.
Ellerbeker Bauverein
Um den Forderungen der Flottengesetze entsprechen zu können, musste auch die Kaiserliche Werft weiter ausgebaut und erweitert werden. Die neuen Arbeitskräfte, die benötigt wurden, waren meist Angestellte oder gelernte Arbeiter, die mit ihren Familien zuwanderten und entsprechenden Wohnraum benötigten. Die steigende Nachfrage nach bezahlbaren Wohnraum war, trotz des sprunghaften Bevölkerungswachstums, im Vergleich zu anderen Großstädten beherrschbar. Die Stadt Kiel stellte ausreichend Bauland für den Wohnungsbau zur Verfügung.
Flankierend für den Wohnungsbau wurden auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Baugenossenschaften verbessert. Ab dem 1. Mai 1889 wurde eine beschränkte Haftung für Genossenschaften eingeführt und so das finanzielle Risiko der einzelnen Mitglieder beschränkt. Weiterhin wurde am 22. Juni 1889 den Versicherungsanstalten die Möglichkeit eingeräumt, bis zu einem Viertel ihrer verfügbaren Gelder den gemeinnützigen Bauvereinen in Form von zinsgünstigen Darlehen zur Verfügung zu stellen. Auch erkannte der Staat seine Verantwortung für die Versorgung mit Wohnraum an und unterstützte den gemeinnützigen Wohnungsbau finanziell. Durch diese Maßnahmen wurden verstärkt Baugenossenschaften gegründet.
Die Nachfrage nach zusätzlichem Wohnraum in Ellerbek und der Einsatz einer aktiven Gruppe um den Kieler Handelskammersekretär Peter Hansen führte schon 1889 zur Gründung des „Arbeiter-Bauverein für Ellerbek und Umgebung". Grundsätzlich sollten Geschäftsanteile des Bauvereins (je 150 RM, max. 10 Anteile) von Belegschaftsmitglieder der Kaiserlichen Werft erworben werden. Die Geschäftsanteile wurden über einen monatlichen Mindestbeitrag von 1 RM angespart und das Guthaben entsprechend verzinst. Um sich den Wunschtraumes nach eigenem Grund und Boden zu erfüllen, erwarben bereits 117 Mitglieder Geschäftsanteile.
Wohnungsbau aber allein mit den Spareinlagen und Geschäftsanteilen der Mitglieder als Eigenkapital war ohne weitere finanzielle Unterstützung nicht möglich. Der Arbeiter-Bauverein für Ellerbek und Umgebung war auf weitere öffentliche Mittel angewiesen. Diese notwendigen Unterstützungen gewährten die LVA Schleswig-Holstein, das Reichsamt des Innern und das Reichsmarineamt.
Die Führungsorgane des Ellerbeker Arbeiter-Bauvereins waren die Generalversammlung, der Aufsichtsrat und der geschäftsführende Vorstand des Vereins. Die Generalversammlung wurde durch Mitglieder des Bauvereins gebildet. Die Versammlung wählte für zwei Jahre den Vorstand des Bauvereins. Die auf drei Jahre berufenen Mitglieder des Aufsichtsrates waren Unternehmer oder höhere Beamte. Die bereits erwähnten Unterstützer des Bauvereins haben sich über den Aufsichtsrat ein Mitspracherecht bei der Entwicklung des Bauvereins gesichert. So ließ sich die Landesversicherungsanstalt jahrzehntelang durch Peter Christian Hansen vertreten.
Anmerkung:
Vorsitzende des Aufsichtsrates:
1890 bis 1899 Marineoberbaurat Gebhardt
1900 bis 1912 Geheimer Admiralitätsrat Georg Ludwig Franzius
1912 bis 1930 Konteradmiral Scheder
Durch den Einfluss der Sozialdemokraten veränderte sich nach der Jahrhundertwende zugunsten der Arbeiterschaft die Zusammensetzung des Aufsichtsrates.
Die ersten Bauvorhaben in Gaarden Ost
Quellen: SVKStG Band 48 Hrsg. Jürgen Jensen, 2004, Dörte Beier Kiel in der Weimarer Republik, S 227/228
Bereits kurz nach seiner Gründung entwickelte der Arbeiter-Bauverein eine rege Bautätigkeit. Die ersten zwei Wohnhäuser wurden an der Preetzer Chaussee bereits 1890 fertiggestellt. Diesem Bauvorhaben folgten ab 1891 vier weitere Häuser an der Preetzer Chaussee.
Der Bauverein hatte nach seiner Gründung zunächst ein 1.500m2 großes Grundstück in Gaarden Ost an der Preetzer Chaussee für 6.000.- Mark erworben. Im Sommer begann man mit dem Bau von 2 Doppelhäusern auf diesem Grundstück. Die das finanzielle Polster des Bauvereins noch nicht ausreichte musste das Bauvorhaben mit einem Darlehen der Betriebskrankenkasse der Marinestation Ostsee in Höhe von 14.000.- Mark finanziert werden. Noch bevor die ersten beiden Häuser bezugsfertig waren, wurden bereits die Grundsteine für vier weitere Dreifamilienhäuser gelegt. Mit diesen Bauprojekt konnte sich der Ellerbeker Bauverein, trotz einiger Anlaufschwierigkeiten etablieren und weitere Bauvorhaben planen.
Erwerb notwendiger Bauflächen
Quellen: SVKStG Band 48 Hrsg. Jürgen Jensen, 2004, Dörte Beier Kiel in der Weimarer Republik, S 228ff
Nach dem Erwerb des Grundstücks an der Preetzer Chaussee verfolgte der Ellerbeker Bauverein, um von Bodenspekulationen verschont zu bleiben, von Beginn an eine vorausschauende Bodenpolitik. Durch diese offene Art gelang es dem Bauverein seinen bereits vorhandenen Grundbesitz um immer neue, günstige Ländereien erheblich zu erweitern. Bis Ende 1909 verfügte der Bauverein über einen Grundbesitz von insgesamt 111,2 Hektar, wobei 68,7 Hektar sich auf Wellingdorfer Gebiet befanden, 36,3 Hektar befanden sich auf Ellerbeker Gebiet und lediglich 6,2 Hektar verblieben noch in Gaarden Ost.
Im Jahre 1892 hatte der Bauverein bereits aus Privatbesitz ein gut 30 Hektar großes Gelände direkt in der Nähe der Kaiserlichen Werft erworben. Dieses Baugelände zunächst begrenzt durch Gebhardstraße / Ringstraße und Irenenallee / Werftpark. Es gelang dem Bauverein weiteres Bauflächen zu erwerben, so dass sich die Ellerbeker Siedlung bis 1909 bis jenseits der Regionalbahn Kiel ⟨⟩ Schönberg bis zum Alten Elmschenhagener Weg bzw. bis zum Alten Ellerbeker Weg erstreckte.
Bereits 1902 erwarb der Ellerbeker Bauverein auf Wellingdorfer Gebiet von privat eine 68,7 Hektar große weitere Baufläche zwischen Schwanenseepark und Klausdorfer Weg. Die Mit diesem umfangreichen Grundbesitz konnte der Ellerbeker Bauverein seinen Mitgliedern (1902 = 2.004 Mitglieder) preiswertes Bauland anbieten.
Anmerkung:
Der größte Teil der im Siedlungsgebiet lebenden Arbeiter waren auf der Kaiserlichen Werft beschäftigt und nur eine kleine Gruppe war bei der Germaniawerft beschäftigt. Das Fischerdorf Ellerbek entwickelte sich sehr schnell zu einem städtisch geprägten Stadtteil. Zwischen 1867 bis 1905 verzehnfachte sich die Bevölkerung Ellerbeks.
Der Erwerb dieser neuen Bauflächen, die mehrheitlich auf Ellerbeker und Wellingdorfer Gebiet lagen und auch noch weiterführenden Wohnungsbau ermöglichten, bewogen den Bauverein seinen Wirkungskreis von Gaarden Ost nach Ellerbek zu verlegen. Als 1901 der Ellerbeker Bauverein dem Revisionsverband Schleswig-Holsteinischer Baugenossenschaften beitrat, wurde die alte Bezeichnung des Bauvereins in „Arbeiterbauverein in Ellerbek“ umgeändert.
Für die Gemeinde Ellerbek war die Zusammenarbeit mit dem Ellerbeker Bauverein sicherlich nicht immer einfach. Die Interessen des Bauvereins und die Interessen des Bauvereins mussten gemeinsam abgeglichen werden. Dieser Abgleich war sicherlich auch für die Gemeinde manchmal sehr belastend. Doch stets wurden von der Ortsverwaltung die Baupläne des Arbeiter Bauvereins positiv unterstützt.
Bis 1900 wurden durch den Ellerbeker Bauverein schon 376 Häuser erstellt. Bis 1905 stieg die Zahl der Neubauten dann auf insgesamt 688 Häuser und bis 1914 sogar stieg die nochmals Anzahl der erbauten Häuser auf 943 an. Das neue Siedlungsgebiet bot den Bewohnern im Vergleich zu den Arbeiterquartieren in Gaarden eine sehr hohe Lebensqualität. Die Ausstattung der neuen Häuser und die Infrastruktur der neuen Siedlung verbesserten grundlegend die Wohnsituation der Arbeiter in Ellerbek.
Anmerkung:
Alle Grundstücke der Siedlung waren an die Kanalisation angeschlossen. Ab 1899 wurde die Siedlung des Bauvereins auch an das Netz der Gaardener Gasanstalt angeschlossen. So konnte für die Bewohner die Straßenbeleuchtung und auch das Kochen mit Gas sichergestellt werden. Der Versuch des Bauvereins die neuen Gebäude an die Wasserversorgung der Stadt Kiel anzuschließen, scheiterte und daher übernahm dann ab 1904 das Wasserwerk der Gemeinde Dietrichsdorf die Wasserversorgung der Ellerbeker Siedlung. Weiterhin wurden ab 1912 alle Grundstücke mit Elektrizität versorgt. Als erste Einkaufsmöglichkeit wurde 1893 ein Geschäft für Kolonialwaren fertiggestellt. Bäckerei, Schlachterei und Räucherei folgten. Der Bauverein bezog im Jahr 1900 ein eigenes Geschäftshaus an der Ecke Ringstraße/Hollmannstraße. Der Neubau beherbergte zur Verwaltung der Vereinsangelegenheiten eine Geschäftsstelle mit einem Sitzungssaal und drei Personalwohnungen. Im Juli 1914 weihte der Werft Frauenverein an der Prinzenstraße einen Kindergarten (Dorotheen Kindergarten) ein.
1914, 25 Jahre nach seiner Gründung hatte der Ellerbeker Bauverein sich als ein wichtiger Faktor auf dem Wohnungsmarkt entwickelt. Die Möglichkeit für Arbeiter und Angestellte über günstige Mieten Eigentum erwerben können, machte die Erwerber sowohl unabhängig vom öffentlichen Wohnungsmarkt als auch unabhängig vom Werkswohnungsbau. Im Jubiläumsjahr lebten bereits 4.922 Einwohner in den vom Bauverein erbauten Siedlungshäusern. Weiterhin gingen sind von den 943 bis 1914 erbauten Häusern bereits 141 Häuser in das Eigentum der Erwerber (Genossenschaftsmitglieder) übergegangen.
Die Erschließung der Siedlung Ellerbek ab 1892 bis 1914
Wie bereits erwähnt erwarb der Ellerbeker Bauverein 1892 rund 30.000qm neues Bauland erwerben, dass direkt an die die neue Werft angrenzte. Dieses Gelände, zwischen Schwanensee und Dockshöhe, war sehr hügelig und musste zunächst noch erschlossen werden und zu geeignetem Baugrund umgewandelt werden. Vierzehn neue Straßen entstanden hier, und rund 5ooo Menschen fanden in neuen, preiswerten Häusern eine neue Bleibe.
Baubeginn
Zunächst wurde das Baugebiet, das zwischen Schwanenseepark im Osten und dem Werftpark im Westen lag, vermessen und planiert. Einen amtlichen Bebauungsplan gab es für die neue Siedlung nicht. Die von privaten Landvermesser durchgeführten Planungen sahen zwölf Meter breite Straßen vor. In Abhängigkeit der vorhandenen finanziellen Mittel wurden dann im Baugebiet die entsprechenden Straßen angelegt.
Anmerkung:
Nachdem der Hufner Stange den größten Teil seiner Doppelhufe am Klausdorfer Weg an die Kaiserliche Werft abgetreten hatte, legte er auf dem ihm verbliebenen Grundbesitz am Erlenbach einen Park mit sechs künstlichen Teichen an und erbaute sich dort eine Villa. Die Bevölkerung nutzte den Park zum Flanieren. Neben der Fischzucht und dem Parkcafé betrieb Stange auch einen Bootsverleih. Später wurde dieses Gelände auch Johannisberg bezeichnet. In der Villa wurde später ein Mädchenpensionat eingerichtet und nach dem Besitzer und der Besitzerin Frau Heuer als Heuers-Adlers-Ruh bezeichnet. Nach dem Ende des ersten Weltkrieges Erwarb die Stadt Kiel das Gelände und gab es als Schwanenseepark für die Öffentlichkeit frei. Quellen: MKStG Band 55, 1966, Entwicklungsgeschichte Alt-Ellerbeks Von Julius Prange S 27 – 28
Mit der Erschließung des angrenzenden Siedlungsgebietes zwischen Schwanenseepark und Dockshöhe wurde auch das Straßennetz der Siedlung Dockshöhe ab 1878 in das Straßennetz (Verbindung Ringstraße-Prinzenstraße) des Bauvereins als Kleine Ziegelstraße, die Verlängerung der Mittelstraße und die Verlängerung der Großen Ziegelstraße integriert.
Kleine Ziegelstraße (Ellerbek)
1878 im Protokoll einer Gemeinderatssitzung erstmals erwähnt
1878 Abnahme der Straßen auf Dockshöhe, u.a. auch die Kleine Ziegelstraße
1897 erstmals im Adressbuch Kiel 1897 /S.542 aufgeführt
Verlauf:
1878 Ringstraße ⟨⟩ Prinzenstraße
1910 Werftstraße ⟨⟩ Prinzenstraße
Name: das Gelände beherbergte früher eine Ziegelei.
Mittelstraße / Klosterstraße (Ellerbek)
1878 im Protokoll einer Gemeinderatssitzung erstmals erwähnt
1878 Abnahme der Straßen auf Dockshöhe, u.a. auch die Mittelstraße
1892 Verlängerung der Mittelstraße auf Dockshöhe bis zur Ringstraße beschlossen
1896 Name (Klosterstraße) durch Gemeinderat festgelegt
1910 Umbenennung in Klosterstraße
Verlauf:
1892 Ringstraße ⟨⟩ Gebhardtstraße
1910 Werftstraße ⟨⟩ Plöner Straße
ab der Gebhardtstraße führte die Klosterstraße diagonal an die Plöner Straße
ab der Plöner Straße wurde die Klosterstraße dann als Sackgasse ausgebaut
damit wurde auf die Realisierung einer dritten Bahnüberführung verzichtet
Name: Ellerbek gehörte früher zum Kloster in Preetz
Große Ziegelstraße (Ellerbek)
1878 im Protokoll einer Gemeinderatssitzung erstmals erwähnt
1878 Abnahme der Straßen auf Dockshöhe, u.a. auch die Große Ziegelstraße
1897 erstmals im Adressbuch Kiel 1897 /S.542 aufgeführt
Verlauf:
1878 Ringstraße ⟨⟩ Gebhardtstraße
1910 Werftstraße ⟨⟩ Plöner Straße
Name: das Gelände beherbergte früher eine Ziegelei.
Parallel zu der, an der Mauer der Kaiserlichen Werft verlaufenden Ringstraße (ab 1910 Werftstraße) und ausgehend von der 1894 parallel zum Schwanenseepark zwischen Ringstraße und Gebhardtstraße angelegten Irenenallee (ab 1910 Franziusallee) wurde 1894 in Richtung Werftpark (Hauptweg) die zunächst Prinzenstraße angelegt.
Prinzenstraße (Ellerbek)
1894 Name durch Gemeinderat festgelegt
Verlauf:
1894 Irenenallee ⟨⟩ Werftpark
1910 Franziusallee ⟨⟩ Werftpark
Name: nach Prinzen Heinrich von Preußen benannt
Als östliche Begrenzung des Siedlungsgebietes legte der Bauverein parallel zu der Ringstraße und Prinzenstraße 1897 die Gebhardstraße an, die dann 1907 bis zur Ernestinenstraße.
Gebhardstraße (Gaarden-Ost, Ellerbek)
1896 Name durch Gemeinderat festgelegt
1897 erstmals im Adressbuch Kiel 1897 /S.528 aufgeführt
Verlauf:
1897 Gebhardstraße (Gaarden-Ost)
1907 Verlängerung der Gebhardstraße mit Kiel Gaarden beschlossen
1907 Gebhardstraße ⟨⟩ Ernestinenstraße
1907 Irenenallee ⟨⟩ Ernestinenstraße
1910 Franziusallee ⟨⟩ Brommystraße
1928 Die unbebaute Brommystraße bis zur Pikkertstraße wird in die Gebhardstraße einbezogen.
1947 Gebhardstraße wird in den Ostring einbezogen
Name: nach Admiralitätsrat Gebhard, Förderer des Ellerbeker Arbeiterbauvereines benannt
Als Verbindungsstraßen zu den zur Ringstraße parallel verlaufenden neuen Straßen in östlicher/westlicher Richtung wurden neu angelegt
Irenenallee / Franziusallee (Ellerbek)
1894 Name durch Gemeinderat beschlossen
1894 die Irenenallee wird zwischen Ringstraße und Hansenstraße parallel zum Schwanenseepark angelegt
Verlauf:
1894 von Ringstraße ⟨⟩ über Hansenstraße hinaus
1903 Franziusallee wird angelegt
1903 Ringstraße ⟨⟩Franziusallee (Irenenallee ⟨⟩ Nissenstraße)
1910 Irenenallee wird einbezogen in die Franziusallee
1910 Werftstraße - Nissenstraße
1903 - 1939 Werftstraße ⟨⟩ Poppenrade
Name: Georg Ludwig Franzius (5.6.1842 - 5.12.1914) Geheimer Admiralitätsrat und Hafenbaudirektor, Förderer des Arbeiterbauvereines
Kirchenweg / Hollmannstraße (Ellerbek)
1894 Vor 1894 Kirchsteig / Elmschenhagener Kirchsteig bezeichnet
1896 bis 1896 Kirchenweg
1896 Name (Hollmannstraße) durch Gemeinderat beschlossen
1896 Umbenennung in Hollmannstraße
1896 Ringstraße ⟨⟩ Gebhardtstraße (Ostring)
1910 Werftstraße ⟨⟩ Gebhardtstraße (Ostring)
Name: Friedrich Hollmann (1842 - 1913), Admiral, 1885 - 1888 Chef des Stabes der Admiralität, Staatssekretär im Reichsmarineamt von 1890 – 1897
Vor der Fertigstellung der Kreuzung Ringstraße (Werftstraße)/ Irenenallee (Franziusallee) führte 1892 ein steiler Pfad (Kirchweg) die Höhe hinauf. Parallel dazu verlief auch der alte Feldweg Elmschenhagener Kirchsteig. Als erste Verbindungsstraße zwischen Irenenallee und Hollmannstraße legte der Bauverein zunächst 1896 die Hansenstraße an. Von einer geplanten Verlängerung der Hansenstraße (Probsteier Straße) bis zum Werftpark musste der Bauverein abrücken.
Hansenstraße / Probsteier Straße (Ellerbek)
1896 Name Hansenstraße durch Gemeinderat beschlossen
1910 Umbenennung in Probsteier Straße**
Verlauf:
1894 Irenenallee ⟨⟩ Hollmannstraße
1910 Franziusallee ⟨⟩ Hollmannstraße
Name: Hansenstraße nach Peter Hansen, Förderer des Ellerbeker Arbeiterbauvereines / Probsteier Straße nach der Landschaft Probstei
Am 6. Juli 1897 nahm die die Regionalbahn Kiel ⟨⟩ Schönberg ihren Dienst auf. Zwischen dem Bahndamm und der Gebhardtstraße wurde nach 1898 die Harmstraße (Plöner Straße) angelegt. Die Mittelstraße und die Große Ziegelstraße wurden bis zur Einmündung in die Plöner Straße verlängert. Als letzte Straße zischen der Hollmannstraße und der Mittelstraße wurde noch die Tirpitzallee bis zur Einmündung in die Harmstraße angelegt.
Harmstraße / Plöner Straße (Ellerbek)
1901 Name Harmstraße durch Gemeinderat beschlossen
1910 Umbenennung in Plöner Straße**
Verlauf:
1903 Irenenallee ⟨⟩ Große Ziegelstraße
1910 Franziusallee ⟨⟩ Große Ziegelstraße
Name: Plön (Stadt in Holstein)
**Anmerkung:
Sowohl die Hansenstraße wie auch die Harmstraße wurden nach der Eingemeindung 1910 von der Stadt Kiel eigenmächtig umbenannt.
Quelle: SVKStG Band 48 Hrsg. Jürgen Jensen, 2004, Dörte Beier Kiel in der Weimarer Republik, S 249
Tirpitzallee / Grabastraße (Ellerbek
1901 Name Tirpitzallee durch Gemeinderat beschlossen
1907 Name Grabastraße durch Gemeinderat beschlossen
Verlauf:
1901 von Prinzenstraße als Tirpitzallee ⟨⟩ Plöner Straße
1907 Tirpitzallee ⟨⟩ Federmannstraße
1907 Tirpitzallee umbenannt in Grabastraße
Name: Großadmiral Alfred v. Tirpitz
Hermann von Graba (17.9.1833-15.6.1908) Landeshauptmann der Provinz Schleswig - Holstein
Nach Absprache mit dem Ellerbeker Bauverein erarbeitete das Kieler Stadtbauamt einen Straßen- und Bebauungsplan für das Siedlungsgelände zwischen Gebhardstraße (Ostring) und der Kiel-Schönberger Eisenbahn. Diesen Entwurf konnte das Stadtbauamt aber nicht durchsetzen und kündigte daher im August 1900 die bisherige Zusammenarbeit auf.
Nach der Kündigung der Zusammenarbeit führte ein privater Landvermesser eine weitere unabhängige Planung durch. Der Bauverein verzichtete auf den von der Stadt geplanten dritten Bahnübergang. Auch auf eine weitere in Nord/Süd Richtung parallel zum Werftpark verlaufende und in die Ringstraße (Werftstraße) einmündende weitere Straße wurde ebenfalls verzichtet.
Anmerkung:
Die im Kieler Straßenlexikon unter „Dockshöhe“ aufgeführte Projektierte Straße (1914) und Verbindungsallee (1939) könnte die Straße sein, auf dessen Realisierung der Ellerbeker Bauverein in seinen Plänen verzichtete.
Quelle: Kieler Straßenlexikon Stand: Januar 2021, Fortgeführt seit 2005 durch: Landeshauptstadt Kiel Amt für Bauordnung, Vermessung und Geoinformation, 9. Auflage
Das Siedlungsgelände südlich der Kiel-Schönberger Eisenbahn wurde noch bis 1912 durch mehrere Straßen erschlossen. Parallel zur Bahnlinie legte man als nördliche Begrenzung die Posadowskystraße an. In Richtung Gaarden wurde als Abgrenzung des Siedlungsgeländes die Drewsstraße angelegt. Die südliche Siedlungsbegrenzung wurde dann durch die Nissenstraße gebildet. Die bis an die Nissenstraße verlängerte Franziusallee begrenzte das Siedlungsgebiet in Richtung Tröndelbach. Ebenfalls wurde ab Plöner Straße die Grabastraße bis zur Nissenstraße ausgebaut. Beim Ausbau der Franziusallee und der Grabastraße wurde bei beiden Straßen jeweils eine Bahnüberführung realisiert. Als mittlere Verbindungsstraße in Luftlinie zur Hollmannstraße wurde noch die Buchholtzstraße zwischen Posadowskystraße und Nissenstraße ausgebaut.
Posadowskystraße (Ellerbek
1903 Name durch Gemeinderat beschlossen
Verlauf:
1903 von Franziusallee parallel zum Bahndamm Richtung Gaarden
1911 Franziusallee ⟨⟩ Drewsstraße(Adb. 1911)
1939 Franziusallee ⟨⟩ Röhbarg
Name: Arthur Graf von Posadowsky 1845-1932), Preuß. Minister, Förderer des Ellerbeker Bauvereines
Federmannstraße_ (Ellerbek)
1904 Name durch Gemeinderat beschlossen
Verlauf:
1904 ab der Franziusallee in Richtung Gaarden Ost
1910 Franziusallee ⟨⟩ Drewsstraße
Name: Heinrich Federmann, Schiffbauer und Vorstandsmitglied des Ellerbeker Bauvereines
Nissenstraße / Poppenrader Weg / Poppenrade (Ellerbek / Gaarden Ost)
1904 Name Nissenstraße durch Gemeinderat beschlossen
1925 Poppenrader Weg erstmals im Adressbuch Kiel 1925 aufgeführt
1939 Umbenennung in Poppenrade (Zusammenfassung von Nissenstraße und Poppenrader Weg. Die Straßennamen Nissenstraße und Poppenrader Weg werden aufgehoben.
Verlauf :
1904 Nissenstraße: von der Franziusallee an in Richtung Gaarden Ost
1925 Poppenrader Weg: von der Stoschstraße in Richtung Ellerbek
1934 Nissenstraße: von Franziusallee ⟨⟩ Poppenrader Weg
1934 Poppenrader Weg: Stoschstraße ⟨⟩ Nissenstraße
1939 Poppenrade: Franziusallee ⟨⟩ Stoschstraße
1975 Poppenrade: Franziusallee - Röhbarg
Name: Julius Nissen (1862-1936), Marineoberingenieur, seit 1892 Vorst.-Mitglied im Bauverein
Poppenrade Flurbezeichnung Ellerbek
Buchholtzstraße (Ellerbek)
1903 Name durch Gemeinderat beschlossen
Verlauf :
1903 von der Posadowskystraße an
1904 Posadowskystraße ⟨⟩ Nissenstraße
1939 Posadowskystraße ⟨⟩ Poppenrade
Name: G. Buchholtz, Marineobermeister und Mitbegründer des Ellerbeker Bauvereines
Drewsstraße_ (Ellerbek)
1910 Name durch städt. Koll. festgelegt
Verlauf :
1910 Posadowskystraße ⟨⟩ Nissenstraße
1939 Posadowskystraße ⟨⟩ Poppenrade
Name: Handelsrichter / Brauereibesitzer Drews, Aufsichtsratsmitglied des Ellerbeker Bauvereines
Der Ellerbeker Bauverein konnte die Erschließung des Siedlungsgebietes Ellerbeker Feldmark bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges abschließen. Insgesamt wurden bis Ende 1914 943 Häuser errichtet. In der neuen Siedlung lebten 4.922 Personen. Seit 1899 wurde die Arbeitersiedlung von der Gaardener Gasanstalt mit Leucht-Gas (Straßenbeleuchtung) und Koch-Gas (Häuser / Wohnung) versorgt. Ab 1904 konnte die Siedlung an die Wasserversorgung des Wasserwerkes Dietrichsdorf angeschlossen werden. Alle Häuser waren an die Kanalisation angeschlossen und ab 1912 dann auch schon mit einer elektrischen Beleuchtung ausgestattet. Weiterhin hatte es der Ellerbeker Bauverein geschafft im Siedlungsgebiet mehr als fünf Kilometer gepflasterte Straßen anzulegen.
Anmerkung:
Da 1923 dem Ellerbeker Bauverein die finanziellen Mittel für notwendige Instandsetzungsmaßnahmen nicht zur Verfügung standen wurden die angelegten 0 Straßen von der Stadt Kiel übernommen. Der Stadt Kiel wurden aus diesem Grunde rund 85.000 qm Bauland übereignet. Dieses Gelände, das zwischen alter Siedlung und neuer, geplanter Siedlung des Bauvereins sich befand wurde zunächst bis zum Tröndelsee aufgeforstet. Der ehemalige Johannisberg und das angrenzende Gelände wurden als Schwanenseepark ein beliebtes Naherholungsgebiet.
Quelle: 75 Jahre GHG Kiel Ost, Abschnitt 1914: der erste stolze Rückblick des jungen Vereins, SVKStG Band 48 Hrsg. Jürgen Jensen, 2004, Dörte Beier Kiel in der Weimarer Republik, S 222/223
Das Siedlungsgebiet des Ellerbeker Bauvereins in Wellingdorf nach 1919
Quellen: SVKStG Band 48, 2004, Kiel in der Weimarer Republik, Dörte Beier S 246 ff, SVKStG Band 29 Hrsg. Jürgen Jensen, 1995, Lutz Wilde, Denkmaltopographie Landeshauptstadt Kiel, S. 76-77
Für das auf Wellingdorfer Gebiet befindliche Bauland südlich der Kiel-Schönberger Eisenbahntrasse wurde ein Stadterweiterungsplan vom Ellerbeker Bauverein bereits 1901 vorgelegt. Dieser Erweiterungsplan wurde sowohl vom Kieler Stadtbauamt wie auch von der Wellingdorfer Gemeindevertretung nicht akzeptiert. Ein weiterer, 1902 vorgelegter Erweiterungsplan wurde erneut sowohl vom Stadtbauamt als auch von der Gemeindevertretung abgelehnt. Nach sich hinziehenden Verhandlungen wurde 1905 von der Stadt die polizeiliche Genehmigung schließlich erteilt.
Studenten der Eckernförder Baugewerkschule erarbeiteten einen Erweiterungsplan für das neue Wellingdorfer Baugebiet und der Bauverein plante spätestens 1912 mit der Erschließung des Geländes zu beginnen. Aber auch der im Mai 1910 bei der Stadt Kiel eingereichte Erweiterungsplan wurde vom Magistrat nicht genehmigt. Nach erfolgter Eingemeindung Ellerbeks zum 1. April 1910 beharrte die Stadt Kiel auf die konsequente Anwendung der stadtplanerischen Grundsätze. Die doch wohl sehr unterschiedlichen Vorstellungen von städtischen Behörden und Arbeiter Bauverein führten dazu, dass vor Kriegsbeginn 1914 mit den Bauarbeiten nicht mehr begonnen wurde.
Die 1910 vollzogene Eingemeindung Ellerbeks wirkte sich für den Bauverein nachteilig aus. Die neuen, hohen städtischen Abgaben führten letztendlich dazu, dass rund 100 Hausanwärter ihre Anwesen aufgeben mussten. Weiterhin beklagte der Bauverein die Umständlichkeit und die Unübersichtlichkeit der Kieler Verwaltung. Eine Genossenschaft wie der Ellerbeker Bauverein war, wegen den eigenen begrenzten finanziellen Möglichkeiten auf städtische Unterstützung angewiesen. Nach dem Kriegsbeginn bis 1920 war die Bautätigkeit des Ellerbeker Bauvereins sehr eingeschränkt. Bis 1925 konnten, bedingt durch Inflation und Einführung der Rentenmark, neue Bauvorhaben zwar geplant aber nicht realisiert werden.
Anmerkung:
Neben den wirtschaftlichen und den sozialen Veränderungen nach Kriegsende deutete sich auch in der Architektur schon vor Kriegsbeginn ein Wandel zur Heimatschutzarchitektur an. Diese neue Ausrichtung der Architektur auf die Heimat, arbeitete zunächst vor allem mit Backstein und wollte die ursprünglichen Formen der Heimat bewahren. In dem bis 1912 erschlossenem Baugebiet an der Drewsstraße realisierte der Ellerbeker Bauverein nach Plänen der Kgl. Baugewerkschule aus Eckernförde diese neuen Ideale der Heimatschutzarchitektur zum ersten Mal.
Quelle: 75 Jahre GHG Kiel Ost, Abschnitt 1914: der erste stolze Rückblick des jungen Vereins, SVKStG Band 48 Hrsg. Jürgen Jensen, 2004, Dörte Beier Kiel in der Weimarer Republik, S 222/223, SVKStG Band 29 Hrsg. Jürgen Jensen, 1995, Wilde, L. Denkmaltopographie Landeshauptstadt Kiel
1920, nach der Direktwahl von Emil Lueken zum Oberbürgermeister und 1922 nach der Ernennung von Willy Hahn zum Stadtbaurat in Kiel keimte neue Hoffnung hinsichtlich einer neuen Städtebaupolitik auf. Bereits 1922 hatte der neue Stadtbaurat ein städtisches Bauprojekt entwickelt, das für das Siedlungsgebiet Klausdorfer Weg zwischen Hangstraße und Hagener Straße 44 Siedlungshäuser des Ellerbeker Bauvereins vorsah. Mit diesen neuen Plan waren sechs Jahre Baustillstand beendet. Die Stadt Kiel (Hochbau- und Siedlungsbauamt) übernahm die Ausführung und Finanzierung der geplanten Häuser. Das Eigentumsrecht an diesen Häusern im Heimatschutzstil behielt ebenfalls die Stadt und dem Bauverein wurde die spätere Verwaltung der Häuser übertragen.
Zwei neue Straßen wurden vom Klausdorfer Weg abgehend in Wellingdorf neu angelegt:
Hangstraße
1925 erstmals aufgeführt im Adb. Kiel 1925
Verlauf:
1925 von Klausdorfer Weg ⟨⟩ Hagener Straße
1936 von Klausdorfer Weg ⟨⟩ Peter-Hansen-Straße
Hagener Straße
1926 Name durch städt. Koll. festgelegt
Verlauf:
1925 von Klausdorfer Weg ⟨⟩ Hangstraße
Der Straßenname bezieht sich auf das Gut Hagen bei Probsteierhagen.
In der Hagener Straße an der Ostseite errichtete der Ellerbeker Bauverein zweigeschossige Vierfamilienhäuser mit Walmdächern und Stallanbauten. Die vom städtischen Hochbau- und Siedlungsamt errichteten Häuser zischen Hangstraße und Hagener Straße gehörten zu der seit 1924 ausgebauten Siedlung Klausdorfer Weg.
Quelle: SVKStG Band 29 Hrsg. Jürgen Jensen, 1995, Wilde, L. Denkmaltopographie Landeshauptstadt Kiel, S. 448, SVKStG Band 48 Hrsg. Jürgen Jensen, 2004, Dörte Beier Kiel in der Weimarer Republik, S 250 ff
Der Ellerbeker Bauverein und Stadtbaurat Hahn planten 1927 als Erweiterung der Siedlung am Klausdorfer Weg auf dem Gelände zwischen dem Ellerbeker Weg und der Kiel-Schönberger Eisenbahnlinie den Bau den Bau einer Arbeitersiedlung mit 2500 Wohnungen. Diese Reihenhaussiedlung sollte architektonisch dem des Dessauer Bauhausstiels entsprechen. Die geplanten Reihenhäuser hatten flache Dächer und verputzte Fassaden. Es gab heftige Diskussionen und der Magistrat lehnte eine Abwendung von der Heimatschutzarchitektur ab. Da 1929 eine knappe Mehrheit gegen die Pläne von Hahn stimmte, konnte das Projekt aber nicht realisiert werden.
In Verbindung mit der Erweiterung / Aufforstung der Schwanensee-Grünanlagen bis an den Tröndelsee und die Nutzung der Grünanlage als öffentliche Parkanlage wurde Ende der 1920er hinter dem Bahnübergang Franziusallee eine durch die Parkanlage führende Verbindungsstraße Jahre bis an den alten Ellerbeker Weg angelegt. Zwischen 1930 – 1935 schaffte der Ellerbeker Bauverein entlang der Lütjenburger Straße weiteren Wohnraum.
Lütjenburger Straße
1930 mit Beschluss der Städtischen Collegien vom 26. Juni 1930 wurde Straßenname festgelegt.
Verlauf:
1930 von Franziusallee ⟨⟩ Ellerbeker Weg
Der Straßenname bezieht sich auf die Stadt Lütjenburg im Kreis Ostholstein
Als erstes Bauvorhaben errichtete der Ellerbeker Bauverein nördlich am Hang der Lütjenburger Straße insgesamt 69 Wohnungen und eine Großwaschanstalt. Hier wich erstmalig der Bauverein von dem bisherigen Siedlungsbau ab und baute moderne Mietwohnungen die landesweit Beachtung fanden. Nach der Machtübernahme wurde die Finanzsituation der Baugenossenschaften zunächst von der neuen Regierung erheblich stabilisiert und verbessert. Durch die nach 1933 einsetzende Aufrüstung und die daraus resultierende erhöhte Zuwanderungen zusätzlicher Arbeitskräfte, steigerte sich auch die Nachfrage nach modernen Wohnraum. Der einsetzende Bauboom erlaubte dem Bauverein eine weitere Erschließung des nördlich der Lütjenburger Straße gelegenen Baugebietes mit neu angelegten Straßen. Der Ellerbeker Arbeiterbauverein erbaute hier das sogenannte Ostholsteinviertel. Von 1934 bis 1939 wurden durch den Ellerbeker Bauverein 220 Häuser, 218 Mietwohnungen und zwei Ladengeschäfte erbaut**.
** Quelle: 75 Jahre GHG Kiel Ost, Abschnitt 1914: der erste stolze Rückblick des jungen Vereins, SVKStG Band 48 Hrsg. Jürgen Jensen, 2004, Dörte Beier Kiel in der Weimarer Republik, S 222/223, SVKStG Band 29 Hrsg. Jürgen Jensen, 1995, Wilde, L. Denkmaltopographie Landeshauptstadt Kiel
Peter-Hansen Straße
1936 Straßenname durch den Kieler Polizeipräsidenten am 30. Januar 1936 genehmigt.
Verlauf:
1936 von Klausdorfer Weg ⟨⟩ Lütjenburger Straße
Der Name erinnert an den Sozialpolitiker Peter Christian Hansen (1853-1935)
Selenter Straße
1938 Straßenname durch den Kieler Polizeipräsidenten am 5. März 1938 genehmigt.
Verlauf:
1936 von Lütjenburger Straße ⟨⟩ Peter-Hansen-Straße
Der Name bezieht sich auf die Gemeinde Selent im Kreis Plön.
Nissenstraße
1939 Straßenname durch den Kieler Polizeipräsidenten am 29. Juni 1939 genehmigt.
Verlauf:
1936 von Klausdorfer Weg ⟨⟩ Selenter Straße
Der Name erinnert an den Marineoberingenieur Julius Nissen (1862-1936), seit 1892 Vorstandsmitglied des Arbeiterbauvereines in Ellerbek.
Als letztes Bauvorhaben begann der Ellerbeker Bauverein noch 1940 mit dem Wohnungsbau an der Nissenstraße Dieses Baugebiet (171 Wohnungen, 1 Bäckerei) wurde noch vor Kriegsende bezugsfertig. Sehr viele der zwischen 1889 und 1939 vom Ellerbeker Bauverein in Wellingdorf, Gaarden und Ellerbek errichteten Siedlungshäuser und Arbeiterwohnungen wurden durch die Bombenangriffe der 40er Jahre zerstört oder schwer beschädigt. Sehr viele der zerstörten Gebäude wurden in der Nachkriegszeit nach den alten Plänen aber wieder aufgebaut.
Auf Anweisung der Regierung mussten sich im Jahre 1942 insgesamt fünf Baugenossenschaften (Dietrichsdorf, Oppendorf, Klausdorf, Kronsburg, Kroog) dem Ellerbeker Bauverein anschließen. Der neue Bauverein erhielt den Namen „Gemeinnützigen Heimstätten-Genossenschaft Kiel-Ost eG“.
Die neue nationalsozialistische Stadtverwaltung regulierte die städtische Bauplanung sehr viel enger als dieses noch in vor 1933 der Fall war. Bauen mit unterschiedlichen Baustilen oder im Stile des Bauhauses wurden unterdrückt. Es wurden nur neue Bauvorhaben genehmigt, die der NS Ideologie nicht widersprachen. Trotz alledem wurde die aufgelockerte Bauweise der 1920er Jahre (höchstens dreigeschossigen Häuser, Wohnhöfe und Grünflächen) und der Heimatschutzstil (Bauformen, Baumaterialien, Bauschmuck) beibehalten. Diese Einschränkungen führten zu einem Rückzug privater Investoren (Bauherren). Der staatliche / kommunale Wohnungsbau, der Werkswohnungsbau und der Wohnungsbau der Baugenossenschaften nahm aber erheblich zu.
Literaturverzeichnis
Briel, J. H. (2009 -2012). Handel und Wandel an der Kieler Schiffbrücke. Kiel: Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, Band 85, Heft 6, Seite 273ff.
Gemeinnützige Heimstätten-Genossenschaft Kiel-Ost, Karl Behnk. (1964). 75 Jahre, Gemeinnützige Heimstätten-Genossenschaft Kiel-Ost e.G.m.b.H. Kiel: Verlag für Wirtschaftswerbung, Elmshorn.
Wilde, L. (1995). Denkmaltopographie Landeshauptstadt Kiel (Bd. Sonderveröffenlichung 29 der GKStG). (J. Jensen, Hrsg.) Neumünster: Wachholtz Verlag.
Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte:
MGKStG, Band 55, 1966, Hg. Sievert, Ellerbek
Entwicklungsgeschichte Alt-Ellerbeks, Von Julius Prange, 1937, Seite 17ff
Alt-Ellerbek, Siedlung, Bevölkerung und Brauchtum 1937, Von Andreas Blass 1937, Seite 39ff
MGKStG, 2004, Band 82, Heft 1, Tillmann, Alt Ellerbek
MGKStG. 1957, Heft 1/2, Radunz, Kieler Werften im Wandel der Zeit
Stadt Kiel:
www.kiel.de Kieler Straßenlexikon, bis 2005 Hans-G. Hilscher, ab 2005 fortgeführt von Dietrich Bleihöfer, ab 2022 von Frank Mönig, Amt für Bauordnung, Vermessung und Geoinformation der Landeshauptstadt Kiel, Stand: Januar 2021.
Weitere Quellen im Text erwähnt.