Sophie Lützen: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Sophie Lützen''', geb. Hansen (* [[27. November]] [[1885]] in Flensburg, † [[10. November]] [[1955]] in Harrisleefeld oder [[4. Juli]] [[1959]] in Wyk/Föhr) spielte eine wichtige Rolle in der Kieler Arbeiterbewegung und beim Auf- und Ausbau der öffentlichen Wohlfahrtspflege, ausschließlich auf ehrenamtlicher Basis. Ihr beharrlicher Einsatz galt vor allem bedürftigen Kindern und Jugendlichen aus dem Arbeitermilieu. Unter anderem leitete sie mit ihrem Ehemann das Kinderheim im ehemaligen Marine-Sohstheim. Sie hatte den Vorsitz der Kieler Arbeiterwohlfahrt inne, war eine der ersten Jugendschöffinnen und eröffnete Nähstuben, in denen Kleidungstücke hergestellt, ausgebessert oder umgearbeitet wurden, um damit Bedürftige und Mütter mit Säuglingen zu versorgen und zu unterstützen.
'''Sophie Lützen''', geb. Hansen (* [[27. November]] [[1885]] in Flensburg, † [[10. November]] [[1955]] in Harrisleefeld oder [[4. Juli]] [[1959]] in Wyk/Föhr) spielte eine wichtige Rolle in der Kieler Arbeiterbewegung und beim Auf- und Ausbau der öffentlichen Wohlfahrtspflege, ausschließlich auf ehrenamtlicher Basis. ''Sophie Lützen'' war das zweite von 12 Kindern eines Flensburger Kleinbauern. Sie lebte bis 1928 in Kiel und war seit 1908 mit ihrem Kindheitsfreund ''Amandus Lützen'' verheiratet, der in Kiel auf der Kaiserlichen Werft arbeitete.


''Sophie Lützen'' lebte bis 1928 in Kiel und war seit 1908 mit ''Amandus Lützen'' verheiratet, der in Kiel auf einer Werft arbeitete. 1928 zog das Ehepaar nach Harrislee und betrieb seit 1929 in Harrislee das ''Café Waldheim'', das ein Treffpunkt für Sozialdemokraten und Gewerkschafter, aber auch für Sonntagsspaziergänger wurde. Amandus Lützen übernahm dort die Leitung der Arbeiter-Volkshochschule und den zweiten Vorsitz der SPD-Ortsgruppe; seine Frau leitete eine sozialdemokratische Frauengruppe.
Ihr beharrlicher Einsatz galt vor allem bedürftigen Kindern und Jugendlichen aus dem Arbeitermilieu. Unter anderem leitete sie mit ihrem Ehemann das Kinderheim im ehemaligen Marine-Sohstheim, bis dieses 1926 aufgelöst wurde. Im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] organisierte sie im Gaardener [[Kaisersaal]] und im [[Gewerkschaftshaus]] die Kinderspeisung für unterernährte Kinder. Sie hatte von 1921 an in Vertretung der eigentlichen Vorsitzenden [[Toni Jensen]] den Vorsitz der Kieler Arbeiterwohlfahrt inne, weil diese als Abgeordnete im preußischen Landtag häufig in Berlin war. Nach der Schaffung des Jugendgerichtsgesetzes wurde 1923 sie eine der ersten Jugendschöffinnen. Sie eröffnete Nähstuben, in denen Kleidungstücke hergestellt, ausgebessert oder umgearbeitet wurden, um damit Bedürftige und Mütter mit Säuglingen zu versorgen und zu unterstützen.


Nach der Machtübernahme durch die NSDAP stand das Café unter ständiger Beobachtung durch die Gestapo und konnte seine Besitzer nicht mehr alleine ernähren. Dennoch bestand es weiter. Es diente als Ort für geheime Zusammenkünfte und war Teil eines konspirativen Netzwerks, das es Flüchtlingen aus Deutschland ermöglichte, ins skandinavische Exil zu gelangen. Das Café des Ehepaares Lützen war auch Drehscheibe für Informationen aus Deutschland an die sozialdemokratische Exilpresse in Dänemark und Lieferstation für deren Presseerzeugnisse zurück nach Deutschland, bis diese Tätigkeit 1936 zu gefährlich wurde.
1928 zog das Ehepaar nach Harrisleefeld und betrieb seit 1929 in Harrislee das ''Café Waldheim'', das ein Treffpunkt für Sozialdemokraten und Gewerkschafter, aber auch für Sonntagsspaziergänger wurde. Amandus Lützen übernahm dort die Leitung der Arbeiter-Volkshochschule und den zweiten Vorsitz der SPD-Ortsgruppe; seine Frau leitete eine sozialdemokratische Frauengruppe.


Von 1940 bis 1941 waren Amandus und Sophie Lützen inhaftiert und betreiben danach ihr Café weiter. 1942 wurde ihnen die Schankerlaubnis entzogen und im Jahr darauf mussten sie auch den angeschlossenen Gemischtwarenladen schließen. Amandus Lützen starb bereits am 20. Oktober 1945 an den Folgen eines Herzleidens, das er sich während seiner Haft zugezogen hatte. Seine Frau Sophie gab 1951 den wiedereröffneten Laden aus gesundheitlichen Gründen auf. Sie starb unterschiedlichen Quellen zufolge am 10. November 1955 in Harrisleefeld oder am 4. Juli 1959 in Wyk auf Föhr.
Nach der Machtübernahme durch die [[NSDAP]] stand das Café unter ständiger Beobachtung durch die Gestapo und konnte seine Besitzer nicht mehr alleine ernähren. Dennoch bestand es weiter. Es diente als Ort für geheime Zusammenkünfte und war Teil eines konspirativen Netzwerks, das es Flüchtlingen aus Deutschland ermöglichte, ins skandinavische Exil zu gelangen. Das Café des Ehepaares Lützen war auch Drehscheibe für Informationen aus Deutschland an die sozialdemokratische Exilpresse in [[Dänemark]] und Lieferstation für deren Presseerzeugnisse zurück nach Deutschland, bis diese Tätigkeit 1936 zu gefährlich wurde.


In Kiel wurde 2014 der [[Sophie-Lützen-Weg]] nach ihr benannt.
Von 1940 bis 1941 waren Amandus und Sophie Lützen inhaftiert und betrieben danach ihr Café weiter. 1942 wurde ihnen die Schankerlaubnis entzogen und im Jahr darauf mussten sie auch den angeschlossenen Gemischtwarenladen schließen. Amandus Lützen starb bereits am 20. Oktober 1945 an den Folgen eines Herzleidens, das er sich während seiner Haft zugezogen hatte.  


[[Kategorie: Sophie-Lützen-Weg]]
Seine Frau Sophie gründete 1946 in Flensburg die Arbeiterwohlfahrt neu und führte dort wieder Kinderspeisungen ein. 1951 gab sie den wiedereröffneten Laden aus gesundheitlichen Gründen auf. Sie starb unterschiedlichen Quellen zufolge entweder am 10. November 1955 in Harrisleefeld oder am 4. Juli 1959 in Wyk auf Föhr.
 
== Ehrungen ==
* Der Mietertreff der Kieler Immobilienverwaltung (KIV) in der [http://ims.kiel.de/extern/kielmaps/?view=stpl&adresse=PreetzerStraße52& Preetzer Straße 52] heißt etwa seit 2009 ''Sophie-Lützen-Haus''.
* Die Stadt Kiel benannte 2014 den [[Sophie-Lützen-Weg]] in Projensdorf nach ihr.
 
== Weblinks ==
* [https://ratsinfo.kiel.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=16450 Beschlussvorlage] für die Ratsversammlung zur Benennung des Sophie-Lützen-Weges
* Biographie in Nicole Schultheiß: "Geht nicht gibts nicht - 24 Portraits herausragender Frauen aus der Kieler Stadtgeschichte", Kiel (A. C. Ehlers), 2007. [https://www.kiel.de/de/kiel_zukunft/stadtgeschichte/frauenportraits/buch18_portrait_luetzen.php Online] auf kiel.de
* Bericht im [https://www.shz.de/lokales/flensburger-tageblatt/im-zentrum-des-widerstands-id10287641.html Flensburger Tageblatt] über ihre Tätigkeit in Harrislee nach 1928
 
[[Kategorie: Sophie-Lützen-Weg]] [[Kategorie:Frau]] [[Kategorie:Unternehmer]] [[Kategorie:Geboren 1885]] [[Kategorie:Gestorben 1955]]
{{SORTIERUNG:Luetzen, Sophie}}
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|NAME=Lützen, Sophie
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|GEBURTSDATUM=27. November 1885
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Version vom 21. Dezember 2017, 06:32 Uhr

Sophie Lützen, geb. Hansen (* 27. November 1885 in Flensburg, † 10. November 1955 in Harrisleefeld oder 4. Juli 1959 in Wyk/Föhr) spielte eine wichtige Rolle in der Kieler Arbeiterbewegung und beim Auf- und Ausbau der öffentlichen Wohlfahrtspflege, ausschließlich auf ehrenamtlicher Basis. Sophie Lützen war das zweite von 12 Kindern eines Flensburger Kleinbauern. Sie lebte bis 1928 in Kiel und war seit 1908 mit ihrem Kindheitsfreund Amandus Lützen verheiratet, der in Kiel auf der Kaiserlichen Werft arbeitete.

Ihr beharrlicher Einsatz galt vor allem bedürftigen Kindern und Jugendlichen aus dem Arbeitermilieu. Unter anderem leitete sie mit ihrem Ehemann das Kinderheim im ehemaligen Marine-Sohstheim, bis dieses 1926 aufgelöst wurde. Im Ersten Weltkrieg organisierte sie im Gaardener Kaisersaal und im Gewerkschaftshaus die Kinderspeisung für unterernährte Kinder. Sie hatte von 1921 an in Vertretung der eigentlichen Vorsitzenden Toni Jensen den Vorsitz der Kieler Arbeiterwohlfahrt inne, weil diese als Abgeordnete im preußischen Landtag häufig in Berlin war. Nach der Schaffung des Jugendgerichtsgesetzes wurde 1923 sie eine der ersten Jugendschöffinnen. Sie eröffnete Nähstuben, in denen Kleidungstücke hergestellt, ausgebessert oder umgearbeitet wurden, um damit Bedürftige und Mütter mit Säuglingen zu versorgen und zu unterstützen.

1928 zog das Ehepaar nach Harrisleefeld und betrieb seit 1929 in Harrislee das Café Waldheim, das ein Treffpunkt für Sozialdemokraten und Gewerkschafter, aber auch für Sonntagsspaziergänger wurde. Amandus Lützen übernahm dort die Leitung der Arbeiter-Volkshochschule und den zweiten Vorsitz der SPD-Ortsgruppe; seine Frau leitete eine sozialdemokratische Frauengruppe.

Nach der Machtübernahme durch die NSDAP stand das Café unter ständiger Beobachtung durch die Gestapo und konnte seine Besitzer nicht mehr alleine ernähren. Dennoch bestand es weiter. Es diente als Ort für geheime Zusammenkünfte und war Teil eines konspirativen Netzwerks, das es Flüchtlingen aus Deutschland ermöglichte, ins skandinavische Exil zu gelangen. Das Café des Ehepaares Lützen war auch Drehscheibe für Informationen aus Deutschland an die sozialdemokratische Exilpresse in Dänemark und Lieferstation für deren Presseerzeugnisse zurück nach Deutschland, bis diese Tätigkeit 1936 zu gefährlich wurde.

Von 1940 bis 1941 waren Amandus und Sophie Lützen inhaftiert und betrieben danach ihr Café weiter. 1942 wurde ihnen die Schankerlaubnis entzogen und im Jahr darauf mussten sie auch den angeschlossenen Gemischtwarenladen schließen. Amandus Lützen starb bereits am 20. Oktober 1945 an den Folgen eines Herzleidens, das er sich während seiner Haft zugezogen hatte.

Seine Frau Sophie gründete 1946 in Flensburg die Arbeiterwohlfahrt neu und führte dort wieder Kinderspeisungen ein. 1951 gab sie den wiedereröffneten Laden aus gesundheitlichen Gründen auf. Sie starb unterschiedlichen Quellen zufolge entweder am 10. November 1955 in Harrisleefeld oder am 4. Juli 1959 in Wyk auf Föhr.

Ehrungen

  • Der Mietertreff der Kieler Immobilienverwaltung (KIV) in der Preetzer Straße 52 heißt etwa seit 2009 Sophie-Lützen-Haus.
  • Die Stadt Kiel benannte 2014 den Sophie-Lützen-Weg in Projensdorf nach ihr.

Weblinks

  • Beschlussvorlage für die Ratsversammlung zur Benennung des Sophie-Lützen-Weges
  • Biographie in Nicole Schultheiß: "Geht nicht gibts nicht - 24 Portraits herausragender Frauen aus der Kieler Stadtgeschichte", Kiel (A. C. Ehlers), 2007. Online auf kiel.de
  • Bericht im Flensburger Tageblatt über ihre Tätigkeit in Harrislee nach 1928