Schleswig-Holsteinischer Landesverein für Heimatschutz

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Schleswig-Holsteinischer Landesverein für Heimatschutz war ein Verein zur Förderung der Heimatschutzarchitektur (auch Heimatschutzstil genannt) und der Baupflege in Schleswig-Holstein.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 15. Oktober 1908 gründete sich der Schleswig-Holsteinische Landesverein für Heimatschutz. Gründungsmitglieder waren Gutsherr Paul von Hedemann-Heespen (Deutsch-Nienhof), der Kieler Stadtbauinspektor Carl Meyer, der Stadtverordnetenvorsteher Dr. Ludwig Ahlmann, Museumsdirektor Prof. Dr. Gustav Brandt vom Thaulow-Museum, der Regierungsbaumeister Jean Robert Charton[1] vom Kaiserlichen Kanalamt Kiel und der Architekt Johann Theede.[2] Der Verband bestand vermutlich bis 1933.[3]

Ziele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Schleswig-Holsteinische Landesverein für Heimatschutz war Teil einer Bewegung, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Veränderungen durch Industrialisierung und Serienproduktion hinterfragte. Dahinter stand die Sorge, dass Ästhetik und handwerkliche Qualität von Produkten hinter günstigen Preisen und schneller Verfügbarkeit zurückstehen würden. Die nach der Reichsgründung von 1871 einsetzende Gründerzeit führte zu großen gesellschaftlichen Umbrüchen. Industrielle Massenproduktion und das rasch wachsende Verkehrs- (Eisenbahn) und Kommunikationsnetz begannen in einem bis dahin unvorstellbaren Tempo regionale kulturelle und handwerkliche Traditionen zu verdrängen. Bereits 1904 entstand der Deutsche Bund für Heimatschutz und 1907 in Darmstadt der Deutsche Werkbund, um sich dagegen zu wenden.

Viele deutsche Länder erließen Gesetze für den Denkmalschutz: für Schleswig-Holstein war das Preußische Gesetz gegen die Verunstaltung von Ortschaften und landschaftlich hervorragenden Gebieten ausschlaggebend, das 1907 verabschiedet wurde, und in Kiel setzte der Stadtbaurat Georg Pauly das „Ortsstatut betreffend den Schutz gegen die Verunstaltung des Stadtbildes“ durch.
Der Schwerpunkt des Schleswig-Holsteinischen Landesvereins für Heimatschutz lag vor allem im Bereich der Architektur[4] Sie sollte Beispiele setzen gegen Industriebaustoffe wie Wellblech und Dachpappe, kahle Brandmauern, beliebig aufgeklebten Fassadenschmuck (der übrigens als Fertigware per Katalog angeboten wurde) und die Türmchen- und Erkermanie der Gründerzeit. Mit einer Bauberatungsstelle und Musterentwürfen wollte man Anregungen geben. In kaum mehr als zwei Jahrzehnten entstanden, getragen von einer großen Gruppe junger Architekten in ganzen Land eine große Anzahl von Wohn- und Zweckbauten. Fast durchgängig gelang es dabei, die alte Formensprache aufzunehmen und auf die Wohn- und Funktionsbedürfnisse der damaligen Zeit zu übersetzen. Die Schleswig-Holsteinische Baupflegebewegung genoß in ganz Deutschland einen guten Ruf.[5]

Heimatschutzarchitektur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Heimatschutzarchitektur (auch Heimatschutzstil; fälschlich manchmal auch Heimatstil, nicht zu verwechseln mit Heimatstil im Sinne des Späthistorismus) ist ein Architekturstil der architektonischen Moderne, der vor und nach dem Ersten Weltkrieg seine Blüte in Kiel erlebte. Ziel des Heimatschutzstils war die Weiterentwicklung des Historismus mit traditionellen, regionaltypischen Bauformen. Die Heimatschutzarchitektur versuchte, an die Backstein-Bauweise in Kiel der vorindustriellen Zeit anzuknüpfen. Alle neuen Bauwerke sollten sich harmonisch in die sie umgebende Kulturlandschaft einfügen.

Die wichtigsten Kieler Vertreter der Heimatschutzarchitektur sind Ernst Prinz, Hans Schnittger, Ernst Stoffers (der sich später den Neuen Bauen zuwandte) und Johann Theede.

Ende der 1920er-Jahre machten sich die Nationalsozialisten die Ziele der Heimatschutzarchitektur zu eigen, vor allem im Bereich des Wohnbaus: Im Siedlungsbau, einem der Hauptfelder des Heimatschutzes, wurden meistens einheitliche Normbauten errichtet wie z. B. das Afrika-Viertel in Neumühlen-Dietrichsdorf (erbaut von 1939 bis 1942 vom Architekten Ernst Prinz).

Der Heimatschutzstil ist auch in Kiel manchmal nicht klar von anderen Bauweisen abgrenzbar: einige denken, dass Teile der Heimatschutzarchitektur eher dem Kieler Klinkerexpressionismus nahe stehen und/oder solchen, die von Nationalsozialisten favorisiert worden waren wie das Marineviertel.[6][7]


Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 Commons: Heimatschutzarchitektur in Schleswig-Holstein – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Wikipedia: „Jean Robert Charton“
  2. Heimatschutzarchitektur auf kielarchitektur von Eva-Maria Karpf, Autorin und Kunsthistorikerin in Kiel, aufgerufen am 27. September 2018
  3. Keine Quelle gefunden
  4. Heimatschutzarchitektur auf kielarchitektur von Eva-Maria Karpf, Autorin und Kunsthistorikerin in Kiel, aufgerufen am 27. September 2018
  5. Heimatschutzarchitektur auf der Website der Gesellschaft für Schleswig-Holsteine Geschichte, aufgerufen am 27. September 2018
  6. Wikipedia: „Heimatschutzarchitektur“
  7. Heimatschutzarchitektur auf der Website der Gesellschaft für Schleswig-Holsteine Geschichte, aufgerufen am 27. September 2018