PAECH-Brotfabrik: Unterschied zwischen den Versionen

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1968 wandelte man das Familienunternehmen in eine Kommanditgesellschaft um. Kurze Zeit später übernahm die Bäckerei das Berliner Unternehmen „Paech-Brot“<ref>{{WP|Paech-Brot|Paech-Brot}}</ref> und produzierte bis zur Schließung der Wiker Brotfabrik im Jahr 1985  dort als eine Filiale Backwaren, bis in die 1970er auch das „Flügge-Brot“.<br>
1968 wandelte man das Familienunternehmen in eine Kommanditgesellschaft um. Kurze Zeit später übernahm die Bäckerei das Berliner Unternehmen „Paech-Brot“<ref>{{WP|Paech-Brot|Paech-Brot}}</ref> und produzierte bis zur Schließung der Wiker Brotfabrik im Jahr 1985  dort als eine Filiale Backwaren, bis in die 1970er auch das „Flügge-Brot“.<br>
1986 verkaufte der Gründer Eberhard Paech (* 1910, † 2000) sein Unternehmen an die Großbäckerei Wendeln.
1986 verkaufte der Gründer Eberhard Paech (* 1910, † 2000) sein Unternehmen an die Großbäckerei Wendeln.
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[[Datei:Adalbertstrasse 7 Kiel Schornstein.jpg|mini|hochkant|links|Schornstein]]


== Gebäude der Brotfabrik ==
== Gebäude der Brotfabrik ==

Version vom 26. August 2019, 05:35 Uhr

Paech-Brot
auch "Kieler Brotfabrik Wilh. Nehlsen & Sohn, Kieler Brot- und Gebäckfabrik Wilhelm Nehlsen"

Hist. Namen
Bäckerei Flügge, Brotfabrik Flügge
Aktiv
Nein
Rechtsform
KG
Gegründet
1833 / 1906
Beendet
1986
Adresse
Adalbertstraße 7 - 9
24108 Kiel
Stadtteil
Wik
Geschäftsführung
Ernst Flügge, Ernst Lorenz Flügge, Wilhelm Nehlsen, Lina Pohl
Branche
Bäckerei
Paech-Brot

Das Gebäude der Kieler PAECH-Brotfabrik in der Adalbertstraße 7-9 wurde 1906 gebaut.
Die Wiker Brotfabrik als industrielles Kulturdenkmal ist eingetragen in die Liste der Kulturdenkmale in Kiel.[1]
Mittlerweile wurde das Gebäude umfassend saniert und dient nun als Wohngebäude.

Geschichte des Unternehmens

Der Brotfabrik entstand aus der Bäckerei Flügge:
Ernst Flügge (* 1807, † 1882) gründete nach seinen Umzug nach Kiel 1833 seinen ersten Betrieb in der Schevenbrücke.
Sein Sohn Ernst Lorenz Flügge (* 1839, vermutlich in Kiel) übernahm die Bäckerei und verlegte diese 1872 in die Waisenhofstraße 22.
1865 heiratete Wilhelm Nehlsen die Tochter von Ernst Lorenz Flügge, trat 1889 in den Betrieb der Bäckerei Flügge ein und wurden Nachfolger.

Mit dem „Komißbrot“ (heute Kommissbrot geschrieben)[2] für die Marine begann der wirtschaftliche Aufschwung der kleinen Bäckerei zu einer Großbäckerei:
Durch die Marine und den Werftbetrieben nahm die Einwohnerzahl zu (1875: 37245, 1900: 197,972, 1910: 211637) und der Bäckereibetrieb in der Waisenhofstraße genügte den steigende Nachfragen nicht mehr.

Wilhelm Nehlsen kauften 1905 das Gelände zwischen Knorrstraße und [[Wiker Straße[]] strategisch nah am Rande des Lazaretts und der Kaserne der Kaiserlichen Marine und beauftragten den Hamburger Architekt Friedrich Theodor Speckbötel (1861-1936) für den Bau.
Die Brotfabrik diente anfangs hauptsächlich der Versorgung der Marine mit Brot und Zwieback.
Die Großbäckerei bezog ihr Mehl aus der Holsatiamühle an der Schwentine in Neumühlen.

Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges verlor die Brotfabrik die Marine als ihren Hauptabnehmer.
Trotz der schon im Ersten Weltkrieg begonnenem Inflation gelangt es der Bäckerei, die Existenz durch die wieder wachsende Rüstungsindustrie, allen voran die Werften, bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges zu sichern.

In den 1950er und 1960er gelangt es die Geschäftsführerin Lina Pohl das in Kiel bekannte „Flügge-Brot“ (Foto) zu einem Markenartikel zu machen und damit zu einen neuen Wirtschaftsaufschwung der Brotfabrik,

1968 wandelte man das Familienunternehmen in eine Kommanditgesellschaft um. Kurze Zeit später übernahm die Bäckerei das Berliner Unternehmen „Paech-Brot“[3] und produzierte bis zur Schließung der Wiker Brotfabrik im Jahr 1985 dort als eine Filiale Backwaren, bis in die 1970er auch das „Flügge-Brot“.
1986 verkaufte der Gründer Eberhard Paech (* 1910, † 2000) sein Unternehmen an die Großbäckerei Wendeln.

Schornstein

Gebäude der Brotfabrik

In seiner Gestaltung der Fabrikbauten orientierte sich der Architekt Speckbötel an den gegenüberliegenden Bauten des Garnisonslazaretts, die seit 1903 in Stil des Historismus dort entstanden.
Ende der 1920er Jahre folgte eine zweite größere Bauphase mit Neu- und Umbauten, die teilweise schon in den Entwürfen von Speckenbötel vorhanden waren.

Zum Fabrikkomplex gehörten u. a. die Villa von Wilhelm Nehlsen, das Lagerhaus, südlich davon die Bäckereihalle, flankiert von den zwei Schornsteine, und die eigentliche Bäckerei mit Öfen beiderseits eines Ganges. Östlich und westlich daran öahen die Heiz- und Kohlenräumean, die an den Schornsteinen angeschlossen waren.
Im Lagerhaus waren die Arbeits-, Material- und Personalräume untergebracht sowie in den Obergeschossen die Speicherböden für das Mehl, welches über einen heute noch sichtbaren Kranerker und Ladeluken hinauf transportiert wurde. An der Westfassade lag ein Trafogebäude. Östlich des Speicherhauses lag ein Auslieferungsgebäude.

Im Zweiter Weltkrieg wurden die Anbauten aus den 1920er und die Villa zerstört. Nach der Stilllegung 1985 wurden auch die meisten die An- und Nebenbauten und einer der Schornstein abgerissen. Als letztes wurde das Trafogebäude in den zweiten Hälfte der 1990er Jahre im Rahmen der Sanierung abgetragen.

Von den Betriebsanlagen der Brotfabrik ist nur das Lagerhaus, der östliche Anbau und ein Schornstein erhalten.

Umnutzung der Brotfabrik

1985 wurden die Fabrikgebäude anfangs nur als „einfaches Kulturdenkmal“ klassifiziert. In dieser Zeit war wohl das Interesse an industriellen Kulturdenkmale gering.
Schon 1984 schrieb der Historiker Dr. Urs Justus Diederichs an das Landesamt für Denkmalpflege S.-H.:
„(…) Auch im Stadtgebiet von Kiel scheinen die wenigen erhaltenen Gebäude dieser Art (sieht man von Speicherbauten einmal ab) nun unterzugehen, obwohl sie einst das Gesicht der Stadt prägten. Die Eiche-Brauerei ist bereits verschwunden. Die unter Denkmalschutz stehende Margarinefabrik Seibel soll nach dem Willen des Besitzers so schnell wie möglich abgerissen werden. Ein weiterer typischer Bau, die Kieler Brotfabrik W. Nehlsen beziehungsweise Flügge, noch zur Paechbrotgruppe gehörend, wird demnächst den Besitzer wechseln und soll im nächsten Jahr vom Erdboden verschwinden. Angesichts dieser Sachlage möchte ich Sie bitten, zu prüfen, ob das Gebäude der Brotfabrik nicht unter Denkmalschutz gestellt werden kann (…)."“ (vermerkt in den Denkmalschutz-Akten „Kiel Adalbertstraße 7“, Dezember 1984, im Landesamt für Denkmalpflege, zitiert nach Prietzel 2009, S. 221[4]

Es gab viele Vorschläge und Projekte der Umnutzung der Wiker Brotfabrik, u. a. als Wohngebäude, als soziale Einrichtung oder als Kulturzentrum, die teils wegen der wirtschaftliche Interessen der Eigentümer und Investoren, teils wegen Auflagen des Denkmalschutzes nicht realisiert wurden:
so z. B. sah im Konzept „Ars Baltica - Kulturelle Begegnung am Ort der Revolution 1918“ (1988, ein Vorläufer des Konzeptes Maritimes Viertel)) von Friedemann Prose die „Malerei und Grafik in der Brotfabrik“ vor.[5]

Ostfassade der Brotfabrik mit Anbau (2015)

Erst 1990 erfolgte die Eintragung der ehemalige Brotfabrik Paech als Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung. In den 12 Jahren Leerstand verschlechterte sich die Bausubstanz. Erst im Jahre 1997 fing ein neuer Investor an, Instandsetzungsarbeiten zu beauftragen. Die Brotfabrik wurde mach Plänen der Architekturbüro Bock & Bock (Rendsburg) zu einem Mietwohnhaus umgebaut, wobei zumindest das alte äußere Erscheinungsbild weitgehend (besonders die Nordfassade) erhalten wurde.[6]

In ihrer Dissertation schreibt Cathrin Prietzel:
Die Brotfabrik in Kiel ist ein industrielles Denkmal mit hohem Identifikationswert für die Kieler Bevölkerung (vielen Kielern ist das „Flügge-Brot“ noch ein Begriff).526 Die Fabrikanlage des beginnenden 20. Jahrhunderts repräsentiert als eines der letzten Beispiele ihrer Art den industriellen Werdegang Kiels von einer kleinen Handelsstadt zum Reichskriegshafen in eindrucksvoller Weise. Die von Kriegszerstörungen und späterem Abbruchwahn stark heimgesuchte Stadt weist nur noch sehr wenig ihrer damaligen Industrie-Architektur auf und umso wichtiger ist es daher, die letzten Zeugen dieser für Kiel so wichtigen Epoche zu bewahren und einen weiteren Denkmalverlust industriellen Erbes zu vermeiden. Die ehemalige Brotfabrik ist ein bedeutendes Zeugnis der Kieler Industriegeschichte und somit eine Anlage von besonderem architekturhistorischen und wirtschaftgeschichtlichen Wert.
...

526 „Die Spatzen pfeifen es vom Dach: Flügge-Brot macht keiner nach! Kieler Brotfabrik Wilh. Nehlsen und Sohn; „Kenner verlangen Flügge-Brot. Flügge-Brot ist gut und billig“, Kieler Brotfabrik Wilhelm Nehlsen & Sohn (Ernst Lor. Flügge Nachf.) (Informationsschrift 1997)" (Prietzel 2009, S.222[7])

Weblinks

Karte „PAECH-Brotfabrik“ auf dem Online-Stadtplan der Stadt Kiel, aufrufbar auf kiel.de

Weitere Beispiele der Umnutzung von Kulturdenkmalen (Auswahl)

Einzelnachweise