Eiderkanal

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Kluvensieker Schleuse (2013)

Der Eiderkanal (ursprünglich "Schleswig-Holsteinscher Kanal", heute auch "Alter Eiderkanal") war eine zwischen 1778 und 1785 gebaute Wasserstraße, welche die Kieler Förde mit der Untereider bei Rendsburg verband. Der Kanal selbst war 34 km lang und ermöglichte mit seiner Anbindung an die Eider, die bei Tönning in die Nordsee mündet, erstmalig einen kurzen Schifffahrtsweg zwischen Ost- und Nordsee. Er war der weltweit erste Kanal, der durchgängig von Seeschiffen der damaligen Zeit befahren werden konnte.

Namensgebung

Der Kanal wurde ursprünglich als "Schleswig-Holsteinscher Kanal" bezeichnet. Von königlich dänischer Seite wurde er 1853 in "Eiderkanal" umbenannt, um nach der Schleswig-Holsteinschen Erhebung den Anklang an die Forderung nach einem geeinten Schleswig-Holstein zu vermeiden.

Die volkstümliche Bezeichnung "Alter Eiderkanal" ist nicht offiziell und streng genommen auch nicht korrekt, weil es nie einen "Neuen Eiderkanal" gab.

Warentransport zwischen Nord- und Ostsee

Der Seeweg um Skagen war bis in die Neuzeit hinein außerordentlich gefährlich. Die Gefahren des Totalverlustes von Schiffen, Mannschaften und Ladungen werden anschaulich durch sogenannte Kaviarkarten (s. Weblinks) illustriert, in welchen jeder Schiffsverlust an den jütischen Küsten durch einen Punkt markiert ist, so dass das Meer um Dänemark herum ähnlich gekörnt wie Kaviar anmutet.

Jüngere Forschungen erklären es zu einem Mythos, dass die Wikinger ihre Schiffe über den Landrücken zwischen der Schlei und der Treene transportierten. Sie halten es für wahrscheinlicher, dass stattdessen das Transportgut für die 18 km zwischen Hollingstadt und der Schlei umständlich auf Wagen und dann wieder auf Schiffe umgeladen wurde. So bestand aber seit jeher der Wunsch nach einer sicheren und durchgängig schiffbaren Verbindung quer über die kimbrische Halbinsel.

Als frühe Lösungen dafür galten der Stecknitzkanal (1398) zwischen Lübeck und Lauenburg sowie der Alster-Beste-Kanal, der im 16. Jahrhundert Hamburg mit Lübeck verband. Schon zu Zeiten der Gründung Kiels (1242) wurde wahrscheinlich die Eider für kleinere Schiffe bis in die Nähe von Kiel genutzt, wo die Waren an Stapelplätzen umgeladen werden und dann auf dem Landweg an die Ostsee gebracht werden konnten. Die dortigen Lagehäuser wurden als Hude bezeichnet und die Ortsnamen Flemhude (flämische Hude) und Hohenhude (hochgelegene Hude) stützen diese Annahme.

Planung und Bau

Schon vorher hatte es Pläne für einen Kanal zwischen Nord- und Ostsee gegeben, der die wirtschaftliche Entwicklung der Herzogtümer fördern sollte. 1774 wurde durch königlich-dänische Kabinettsorder eine Kanalkommission gebildet, die mit dem Schatzmeister Heinrich Carl Graf Schimmelmann (Vorsitz) und dem Außenminister Andreas Peter von Bernstorff hochrangig besetzt war. Von Bernsdorff war gleichzeitig Leiter der Deutschen Kanzlei in Kopenhagen. Bei der Kanzlei handelte es sich um die leitende Behörde für die Angelegenheiten der Herzogtümer Schleswig und Holstein im dänischen Gesamtstaat.

Das Ziel von König Christian VII. war es ursprünglich gewesen, in den Herzogtümern ein Kanalnetz zu schaffen, um "den Handel zu fördern und auszubreiten sowie alle Gewerbezeige im Lande auszubreiten". Dies ließ sich aus finanziellen Gründen nicht im gewünschten Umfang verwirklichen, so dass es schließlich bei einem Kanal zwischen Rendsburg und Kiel blieb.

Für den Bau des Kanals waren anfangs 1000 Arbeiter angeworben worden, die später auf 2600 aufgestockt wurden. Die Arbeiter waren in Baracken oder Zelten untergebracht oder bei der Bevölkerung einquartiert. Nach zeitgenössichen Berichten herrschten unhaltbare hygienische und medizinische Zustände, die u. a. 1783 in einer Fleckfieber-Epedemie gipfelten, von der 1400 Arbeiter betroffen waren.

Die anfangs auf 620.000 Reichstaler veranschlagten Baukosten stiegen schließlich auf 2,3 Millionen Reichstaler.

Maße

Die Fahrstrecke von Holtenau bis Tönning betrug 180,5 km. Lediglich die 34 km lange Strecke bis zum Schirnauer See wurde als künstlicher Kanal gegraben. Unter Einbeziehung der 9 km langen Strecke entlang des Eiderlaufs durch den Schirnauer See bis zur Rendsburger Schleuse hatte der Kanal eine Gesamtlänge von 43 km. Die weitere Fahrt von Rendsburg bis Tönning folgte der Eider.

Im östlichen Abschnitt ging das Flüsschen Levensau vollständig im Kanal auf. Er schnitt den Flemhuder See im Norden an und folgte dann soweit möglich dem Eiderverlauf. Der Kanal hatte am Wasserspiegel und an der Sohle eine Breite von 28,7 m bzw. 18 m und war 3,45 m tief.

Bauliche Ausstattung

Um den Höhenunterschied von 7 m zwischen Holtenau und Rendsburg zu überwinden, besaß der Kanal sechs Schleusen; die ersten drei Schleusen hoben die von Holtenau kommenden Schiffe auf die Scheitelstrecke im Niveau des Flemhuder Sees, die weiteren drei senkten sie wieder auf des Eiderniveau bei Rendsburg ab. Die Schiffe konnten gesegelt oder getreidelt werden, später wurde der Kanal auch von Dampfschiffen befahren.

Bei den fünf Schleusen in Holtenau, Knoop, Königsförde, Kluvensiek und Rendsburg führten Straßenbrücken über den Kanal, die als holländische Zug- oder Klappbrücken ausgebildet waren. Lediglich die Rathmannsdorfer Schleuse besaß keine Brücke. Eine weitere Brücke gab es bei Levensau für die Landstraße von Kiel nach Eckernförde. Etwas weiter westlich, bei Schwartenbek, stand eine eiserne Fachwerk-Drehbrücke für die Eisenbahnlinie nach Eckernförde.

Parallel zu jeder Schleuse gab es eine 5 m breite Freischleuse. Sie waren als Staubecken konzipiert, aus denen die Schleusen durch sogenannte Zapfschütten in der Trennmauer befüllt werden konnten. Die Entleerung erfolgte ebenfalls durch Zapfschütten, die das Wasser in das niedrigere Niveau ableiteten. Dieses Konzept war damals innovativ und vermied die Befüllung und Entleerung durch die Schleusentore. Über die Freischleusen führten gemauerte, feste Steinbrücken.

Allerdings führte das Zapfschüttensystem zu Problemen, weil diese schnell verstopften, vor allem durch Abfall, den die Schiffe hinterließen. Erhaltene Reste der Rathmannsdorfer Schleusentore lassen vermuten, dass nachträglich wieder Schieber in die Tore eingebaut wurden.[1]

In Holtenau, Rendsburg und Tönning wurde jeweils für die Lagerung der Waren ein Packhaus errichtet. Alle drei Gebäude sind erhalten und stehen unter Denkmalschutz.

Während der Nutzungszeit des Kanals wurde er von knapp 300 000 Schiffen befahren. Etwa 100 Jahre nach seiner Inbetriebnahme wurde der Eiderkanal durch den Nord-Ostsee-Kanal abgelöst.

Trivia

Im Juni 1881 nutzte Jules Verne mit seiner Dampfyacht "Saint Michel III" bei seiner Reise nach Kopenhagen den Eiderkanal für die Hin- und Rückreise. Sein Bruder Paul nahm an der Hinreise teil. Sein Reisebericht ist der einzige zeitgenössische Bericht, der eine Fahrt durch den Eider-Kanal detailliert wiedergibt.[2]

Heutiger Zustand

Die Schleusen in Rathmannsdorf, Klein Königsförde und Kluvensiek sind erhalten und stehen unter Denkmalschutz; die letzten beiden Schleusen einschließlich ihrer Brücken.

Außerdem gibt es eine Reihe von Kanalabschnitten, die nicht in den Nord-Ostsee-Kanal aufgegangen sind und meist von Wanderwegen, den ehemaligen Treidelpfaden, begleitet werden.

Bilder

Weblinks

 Commons: Eiderkanal – Sammlung von Bildern
  • Kaviarkarte von J. S. Hohlenberg bei www.jernkysten.dk mit den Schiffsverlusten zwischen 1858 und 1882, abgerufen am 25.11.2022
  • Mehr zum Kanal bei apt-holtenau.de
  • Mehr zum Verkehr auf dem Kanal bei apt-holtenau.de

Einzelnachweise

  1. Rohweder, Jürgen: "Der Eiderkanal - Ein technischen Denkmal von Weltrang", in: Maritimes Viertel e. V. (Hrsg.): "125 Jahre+1 - Nord-Ostsee-Kanal", Kiel (Selbstverlag) 2021, S. 85-96
  2. Paul Vernes Bericht über die Fahrt durch den Eiderkanal bei apt-holtenau.de