Freilichtmuseum Molfsee

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Die neuen Eingangshäuser des Museums im Februar 2021, kurz vor ihrer Fertigstellung

Das 1965 eröffnete Freilichtmuseum Molfsee - Landesmuseum für Volkskunde ist ein gut 50 Hektar großes Freilichtmuseum in der südlichen Kieler Nachbargemeinde Molfsee. Es zeigt in einer Vielzahl von historischen Bauernhäusern, die aus ganz Schleswig-Holstein in das Museum umgesetzt wurden, die Alltagsgeschichte des ländlichen Raumes von etwa 1550 bis zum Ersten Weltkrieg.

Vorgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Idee zu einem solchen zentralen Museum mit translozierten Häusern gab es bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg zeigte sich, dass die Alternative, erhaltenswerte Gebäude an ihrem ursprünglichen Ort zu erhalten und zu pflegen, aus verschiedenen Gründen nicht realistisch und nicht zielführend war.

Ein weiterer Anstoß ergab sich dadurch, dass ein Eiderstedter Haubarg 1956 an das Freilichtmuseum in Lyngby bei Kopenhagen verkauft worden war (dort 1960 eröffnet)[1], nachdem sich in Schleswig-Holstein keine Möglichkeit für den Erhalt des Hauses gefunden hatte.[2]

Standortfrage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 25. Februar 1958 gründete sich in Rendsburg auf Betreiben des Segeberger Landrats Walter Alnor der Verein Schleswig-Holsteinisches Freilichtmuseum, ohne dass es bereits einen Standort für ein Museum gab. Als Konkurrenten traten damals Schleswig, Rendsburg und Kiel auf, die jeweils gute Argumente vorbrachten. Kiel bot ein Gelände im Vieburger Gehölz an. Die Stadt argumentierte mit der Nähe zur Universität und damit, dass die Stadt in ihrer Museumslandschaft einen Ersatz für die Sammlungen des Thaulow-Museums brauche, dessen Sammlungen sich seit dem Zweiten Weltkrieg im Schleswiger Schloss Gottorf befänden.

Im Frühjahr 1959 sprach sich der Wissenschaftliche Beirat des Museumsvereins für Kiel aus, während die Stadt Kiel gleichzeitig vom Vieburger Gehölz abrückte, weil dort dazu große Teile des Mischwaldes beseitigt werden müssten. Die Stadt brachte dazu das nur wenige Kilometer entfernte Gelände südlich des Schulensees in der Gemeinde Molfsee ins Gespräch, auf dem das Museum schließlich auch errichtet wurde.

Dieses Gelände gehörte allerdings schon seit 1955 der Baugesellschaft Neue Heimat, die dort Ein- und Mehrfamilienhäuser für etwa 3000 Personen errichten wollte. Die Gemeinde Molfsee stellte aber keine Bauplanung dafür auf, weil sie befürchtete, dass die Baugesellschaft dort zu hohe und große Häuser bauen würde. Das wurde Ende 1955 durch die Ausweisung eines großräumigen Landschaftsschutzgebietes durch das Land Schleswig-Holstein flankiert, das auch das Gelände der Neuen Heimat in Molfsee einschloss.

Die Stadt Kiel brauchte aber dringend weiteren Wohnraum. Sie durchschlug den Knoten, indem sie das heutige Museumsgelände von der Neuen Heimat im Tausch gegen Bauland im 1958 eingemeindeten Stadtteil Suchsdorf erwarb. Obwohl Schleswig noch versuchte, gegen diese Weichenstellung zu intervenieren, beschloss der Museumsverein im Februar 1960, dass das Museum am Molfseer Standort gebaut werden solle.[3]

So steht das Freilichtmuseum heute zwar in der Gemeinde Molfsee, aber auf Grund und Boden, welcher im Eigentum der Stadt Kiel ist.

Bauvorbereitungen und erste Bauten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Parallel zu den Standortdiskussionen begannen die Vorbereitungen für den Bau des Museums. Unter der Federführung von Hans August Herrmann wurde eine Bestandsaufnahme geeigneter Gebäude im Land vorgenommen und eine Bebauungsplanung für das Museumsgelände durchgeführt. Dazu waren im Wasserwerk Schulensee Büro- und Lagerräume angemietet worden.

Herrmann war auch mit der Leitung des Ab- und Wiederaufbaus der Häuser betraut und inventarisierte das erste Sammlungsgut.

Seit 1962 war der Kunsthistoriker Alfred Kamphausen, der vorher das Dithmarscher Landesmuseum im Meldorf geleitet hatte, erster Leiter des Museums. Trotz begrenzter Mittel, die für den Ankauf und die Umsetzung der Häuser zur Verfügung standen, gelang es ihm, bis zur Eröffnung am 19. Juni 1965 bereits 13 Häuser begehbar und zum Teil auch ausgestattet zu präsentieren.

Die Eröffnung konnte drei Jahre früher als ursprünglich geplant geschehen und bestand in einer zweitägigen Veranstaltung. Am ersten Tag fand die offizielle Eröffnung mit geladenen Gästen in einem Festakt in der Winkelscheune statt; der zweite Tag war Publikumstag mit Darbietungen und freiem Eintritt für die Besucher.

Weitere Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Museumsausbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Museumskonzept sah vor, die Gebäude jeweils in einer Umgebung wieder aufzubauen, die ihrer Ursprungslandschaft ähnelte. Hierfür bot das hügelige Moränengelände gute Voraussetzungen. So konnten ursprungstypische Hausgruppen wie die Bordesholmer Hausgruppe, die Stapelholmer Gruppe, die Friesenhäuser oder die Elbmarschenhäuser gebildet werden.

Aus den 13 Eröffnungshäusern waren bis 1974 bereits 39 Gebäude geworden. Anfang der 1970er-Jahre konnte das Museumsgelände nördlich anschließend auf 52,5 Hektar erweitert werden, was den Aufbau der Angeliter Häuser ermöglichte. Mit rund 70 Objekten war der Aufbau des Museums am Ende der 1980er-Jahre weitgehend abgeschlossen.

Besondere Gebäude[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gebäude wurden in ihrer Mehrzahl am Ursprungsort irgendwo im Land dokumentiert, ab- und im Museum originalgetreu wieder aufgebaut. Sie sind jetzt innerhalb des Museums für die Besucher zu besichtigen. Dabei gibt es aber einige Besonderheiten:

  • Beim Torhaus, das bis 2021 den Eingangsbereich des Museums darstellte, handelt es sich ein seinerzeit geplantes, aber nie ausgeführtes Torhaus für das Gut Deutsch Nienhof. Es wurde nach den damaligen Plänen im Museum neu errichtet.
  • Die Bockwindmühle ist zwar transloziert worden, sie stammt aber nicht aus Schleswig-Holstein, sondern aus dem niedersächsischen Algermissen, 10 km nördlich von Hildesheim. Das liegt daran, dass in Schleswig-Holstein keine Mühle dieses Typs mehr existierte.
  • Der Drathenhof und die sog. Räucherkate des Drathenhofs (offiziell Durchfahrtshaus aus Dargow) gehören zwar zum Museum, befinden sich aber außerhalb des eintrittspflichtigen Museumsbereichs, weil sie als öffentlich zugängliches Restaurant genutzt werden.
  • Das Eutiner Kutschenhaus liegt etwa 200 m südlich außerhalb des Museumsbereichs. Es beherbergte von 1984 bis 1998 das Brandschutzmuseum der Provinzial-Versicherung. Dieses war aus Platzgründen aus der Kieler Gartenstraße nach Molfsee umgezogen. Nach der Auflösung des Museums wurden die Exponate an andere Museen abgegeben. Das Gebäude wird heute von Gewerbetrieben und dem Schleswig-Holsteinischen Heimatbund genutzt. Zwischenzeitlich war dort auch der Trägerverein des Museums ansässig.

Verlorene Gebäude[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Museum hat seit seiner Eröffnung zwei Gebäude durch Schadenfeuer verloren:

  • In der Nacht zum 9. März 2000 brannte die reetgedeckte Walscheune, die vom Schilkseer Gut Seekamp stammte, vollständig nieder. Die Scheune stand zwischen dem Parkplatz und dem Eingangsbereich des Museums. Sie befand sich im Umbau, weil geplant war, sie drei Wochen später als neues Eingangsgebäude des Museums in Betrieb zu nehmen.[4] Der Verlust der Walscheune wurde ab 2021 durch ein als Neubau errichtetes, neu konzipiertes Eingangsgebäude kompensiert.
  • Die Scheune aus Schipphorsterfeld bei Bothkamp brannte am 3. Januar 2010 nieder. Dabei kamen elf Schafe, darunter sieben tragende Muttertiere, ums Leben. Mit der Scheune war auch das zugehörige Wohnhaus mitsamt Inventar in das Museum gekommen. Das Wohnhaus konnte, obwohl es nur drei Meter neben der Scheune stand, gerettet werden[5]; die Scheune konnte originalgetreu wieder aufgebaut werden, ist also heute kein historisches Originalgebäude mehr.

Museumsleitungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1961-1978: Alfred Kamphausen (1906-1982; Kulturpreis der Stadt Kiel 1976)
  • 1979-2000: Carl-Ingwer Johannsen (* 1935; Ehrenprofessur des Landes Schleswig-Holstein 2002)
  • 2000-2009: Hermann Heidrich
  • 2009-2012: Carl-Ingwer Johannsen (kommissarisch)
  • 2012-2022: Wolfgang Rüther
  • seit 2022: Kerstin Poehls

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Information auf der Webseite des Frilandsmuseet Lyngby (auf dänisch), abgerufen am 23. August 2022
  2. Geschichte des Fördervereins Schleswig-Holsteinisches Freilichtmusum e. V., abgerufen am 23. August 2022
  3. Ulrike Looft-Gaude: "Schleswig-Holsteinisches Freilichtmuseum oder das Freilichtmuseum Molfsee - Wie es zum Standort und der gebräuchlichen Bezeichnung kam" in: Jahresblätter des Kommunalvereins Molfsee e.&bnsp;V. 2010, Herausgeber: Kommunalverein Molfsee e.&bnsp;V., S. 14 ff
  4. Bericht über den Brand der Walscheune aus Seekamp in der WELT vom 10. März 2000, gelesen am 02. Februar 2020
  5. Bericht über den Brand der Scheune aus Schipphorsterfeld in den Kieler Nachrichten vom 05. Januar 2010, gelesen am 02. Februar 2020